Nicht zuletzt die Ölkrise in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat uns sehr deutlich unsere wirtschaftliche und auch soziale Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern Erdöl und Erdgas vor Augen geführt. Auch in der heutigen Zeit mehren sich immer mehr die Stimmen, die vor einer zunehmenden Rohölverknappung in den nächsten Jahrzehnten und den daraus wohl rapide steigenden Preisen für fossile Brennstoffe warnen.
Hinzu kommt der immer noch steigende Ausstoß an Treibhausgasen durch die Verbrennung von Erdöl und dessen Derivaten. Als Paradebeispiel hierfür gilt sicherlich die CO2-Emission im Straßenverkehr. So wird damit gerechnet, dass die CO2-Emissionen in der EU im Verkehrsbereich in den Jahren 1990 - 2010 um 50 % auf ca. 1,113 Mrd. Tonnen steigen werde, wobei der Straßenverkehr für 84% des CO2-Ausstoßes verantwortlich sei.
Inhaltsverzeichnis
1 Vorwort
2 Kunst- und Verbundstoffe auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen
2.1 Biologisch abbaubare Kunststoffe aus Stärke
2.1.1 Thermoplastische Stärke und Verbundmaterialien mit Stärke .
2.1.2 Laborversuch: Herstellung einer Stärkefolie
2.1.3 Stärke in Blends (Mischungen) mit anderen Polymeren
2.2 Verpackungen aus Polymilchsäure
2.2.1 Herstellung
2.2.2 Biologischer Abbau
3 Biogene Hydraulik- und Schmieröle
3.1 Chemischer Hintergrund
3.1.1 Naturbelassene Öle
3.1.2 Synthetische Ester
3.2 Diskussion der Vor- und Nachteile biogener Hydraulik- und Schmieröle
4 Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen
4.1 „Biodiesel“
4.1.1 Herstellung
4.1.2 Laborversuche zur basenkatalysierten Umesterung von Rapsöl .
4.1.3 Vergleich mit handelsüblichem Diesel
4.1.4 Auftretende Probleme in der Praxis
4.2 „Bioethanol“
4.2.1 Herstellung
4.2.2 Laborversuch zur Herstellung von „Bioethanol“
4.2.3 Vergleich mit handelsüblichem Benzin
5 Nachwort
Literaturverzeichnis
Bild- und Abbildungsnachweis
Kapitel Vorwort
Nicht zuletzt die Ölkrise in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat uns sehr deutlich unsere wirtschaftliche und auch soziale Abhängigkeit von den fossilen Energieträ- gern Erdöl und Erdgas vor Augen geführt. Auch in der heutigen Zeit mehren sich immer mehr die Stimmen, die vor einer zunehmenden Rohölverknappung in den nächsten Jahr- zehnten und den daraus wohl rapide steigenden Preisen für fossile Brennstoffe warnen. Hinzu kommt der immer noch steigende Ausstoß an Treibhausgasen durch die Verbren- nung von Erdöl und dessen Derivaten. Als Paradebeispiel hierfür gilt sicherlich die CO2 - Emission im Straßenverkehr. So wird damit gerechnet, dass die CO2-Emissionen in der EU im Verkehrsbereich in den Jahren 1990 - 2010 um 50 % auf ca. 1,113 Mrd. Tonnen steigen werde, wobei der Straßenverkehr für 84% des CO2-Ausstoßes verantwortlich sei[1].
Die Nutzung von Erdöl beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Lieferung von Ener- gie. Nicht zu unterschätzen ist auch das Potential von Erdöl und Erdgas Rohstoff für die organisch-chemische Industrie. Auf den von der Petrochemie aus Erdöl gewonnenen Grundstoffen basiert eine Vielzahl von Produkten des alltäglichen Gebrauchs wie Seifen, Waschmittel, Kunststoffe, Kunstseide,...[2]. Tritt die erwartete Rohölverknappung bzw. Rohölverteuerung ein, so sind wohl auch Einschnitte in diesem Bereich zu erwarten. Auf- grund dieser Vielzahl von Problemen und Schwierigkeiten ist es unumgänglich, sich auf die Suche nach neuen Energieträgern und Rohstoffen zu begeben, die sowohl umweltschonend als auch billig sind.
Nichts liegt dabei näher, als die einheimischen und nachwachsenden Rohstoffe zu verwen- den. Diese land- und forstwirtschaftlich erzeugten Stoffe und Materialien, die von der Natur kontinuierlich aufgebaut und produziert werden, versprechen auch im Nichtnahrungsmit- telbereich eine umweltgerechte und nachhaltige Nutzung.
Die nachfolgende Facharbeit will anhand ausgewählter Beispiele nicht nur die vielfälti- gen Verwendungsmöglichkeiten für nachwachsende Rohstoffe aufzeigen, sondern hat neben der Darstellung der Verarbeitungs- und Produktionsprozesse auch das Ziel, die chemisch- technischen Hintergründe darzulegen. Nicht verschwiegen werden sollen aber auch die Schwierigkeiten, die momentan evtl. noch auftreten. Ein großes Augenmerkt soll aber vor allem auf die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen im Kraftstoffsektor gelegt wer- den, da hier gewiss das größte Interesse in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft besteht.
Kapitel 2 Kunst- und Verbundstoffe auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen
Kunststoffe sind heutzutage ein unverzichtbarer Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Durch ihr geringes Gewicht und ihrer dabei doch großen Stabilität, aber auch wegen ihrer Formbarkeit und vielseitigen Verwendbarkeit sind sie nicht mehr wegzudenken. Allerdings können sie als synthetisch hergestellte Stoffe von den natürlichen Mikroorgranismen in der Regel nicht abgebaut werden und verrotten so nicht in der freien Natur. Des Weiteren werden sie zum größten Teil aus Erdöl hergestellt und unterliegen somit in einiger Zeit wohl ebenfalls der allgemeinen Rohstoffknappheit des Erdöls.
Aus unseren einheimischen nachwachsenden Rohstoffen ist es möglich, Kunststoffe herzu- stellen. Diese haben vielmals sogar den Vorteil, eine Molekülstruktur zu besitzen, die es Mikroorganismen ermöglicht, den Kunststoff zu Kohlenstoffdioxid und Wasser abzubauen. Dies soll an den folgenden ausgewählten Beispielen veranschaulicht werden.
2.1 Biologisch abbaubare Kunststoffe aus Stärke
Stärke ist ein vielfältig einsetzbarer nachwachsender Rohstoff. Sie ist großer Bestandteil vieler bei uns heimischer Pflanzen wie Mais und Kartoffeln und kommt in allen Getreide- arten vor. Für die Kunststoffproduktion ist von Interesse, dass sie zum einen kostengünstig ist (Überproduktion in der Landwirtschaft, z.B. im Getreideanbau), zum anderen für ther- moplastische1 Verarbeitungsfahren auf den herkömmlichen Produktionsmaschinen geeignet ist. Nachteilig sind aber die geringe mechanische Festigkeit und die große Empfindlichkeit gegenüber Wasser und Feuchtigkeit und mikrobiologischem Befall durch Pilze und Bakte- rien [3, 4].
2.1.1 Thermoplastische Stärke und Verbundmaterialien mit Stärke
Chemisch unveränderte Stärke, wie sie in den Pflanzen vorkommt, liegt in fünf bis 200 μm großen Körnern vor. Für die Kunststoffproduktion wird wasserhaltige Stärke ver- wendet. Bei 200◦C und hohem Druck werden die Körner in einem Extruder2 zerstört.
„ Durch eine spezielle Fahrweise [Anm. des Verfassers: der Kunstoffverarbeitungsmaschi- nen] kann ein Aufschäumen erzielt werden “[3]. Die zusätzliche Beimischung von Treib- mitteln wie Natriumhydrogencarbonat kann das Aufblähen der Stärke (bedingt durch die CO2−Entwicklung) nach dem Austritt aus dem Extruder verstärken. Dadurch entstehen sehr leichte schüttfähige Stärkechips (Loose-Fill ), die beispielsweise anstelle von Styro- por im Transportwesen zerbrechliche Waren vor Beschädigungen schützen können. Es ist aber auch möglich, die Stärkemasse (nachdem sie mit Wasser, Farbstoffen und evtl. Na- turfasern gemischt wurde) durch Hitze und Druck in Formteile zu überführen. Praktische Anwendung hierfür findet beispielsweise Getreidemehl, das so zum Beispiel zu Geschirr verarbeitet wird. Zusätzlich muss jedoch bei vielen Stärkeprodukten durch eine Beschich- tung oder ähnliches eine Wasserresistenz aufgebaut werden [3, 4].
Durch die Einlagerung von Pflanzenfasern (z.B. Flachs, Hanf, Jute) in die Stärke kön- nen auch Verbundmaterialen entstehen, die sich in ihrer deutlich besseren mechanischen Festigkeit von den reinen Stärkeprodukten unterscheiden. Als Beispiel soll hier der fa- serverstärkten Kunststoff BIOPAC näher beleuchtet werden. Dieser besteht zu 80 % aus Kartoffelstärke und Faserstoffen. Hinzu kommen noch neben Wasser (11 %), modifizierte Cellulose (4 %), Harz und Öl (3 %) sowie Verdickungs- und Trennmittel (2 %). Der daraus entstehende Kunststoff ist wasserunlöslich und wärmeisolierend und besitzt eine Dichte von 0,15 bis 0,3 g/cm[3]. Verwendung findet dieses Produkt beispielsweise als Geschirr im Schnellimbissbereich. Allerdings war der Endpreis des fertigen Produktes im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffen deutlich höher, sodass sich dieses Produkt nicht richtig durch- setzen konnte[3].
2.1.2 Laborversuch: Herstellung einer Stärkefolie
Die Folienherstellung erfordert nur geringen Material- und Zeitaufwand. Hierzu werden in Anlehnung zu[5] in einem Becherglas 3 g Stärke, 20 ml Wasser und 2,5 ml Glycerinlösung (Konzentration: 50 %) erhitzt. Um ein zu starkes Abdampfen von Wasser und Glycerin zu vermeiden, wird das Becherglas mit einem Uhrglas abgedeckt. Bereits nach einer Erhit- zungszeit von etwa drei Minuten verändert das Gemisch im Becherglas seine Konsistenz zu einem gelartigen Brei. Dieser Brei wird in noch heißem Zustand auf eine Klarsichtfolie aufgebracht (Abb.2.1), dünn und glatt ausgestrichen und anschließend mehrere Tage bei Zimmertemperatur getrocknet. Nach der Trocknungszeit lässt sich die durchsichtige Folie dann sehr leicht von der Klarsichtfolie abheben (Abb. 2.2).
Die im Versuch hergestellte Folie ist nur bis zu einem gewissen Grad elastisch und wird mit der Zeit vor allem an den Stellen, an der ihre Dicke etwas größer ist, spröde.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: heißer Stärkebrei zur Folienherstellung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.2: Folie nach dem Trocknen
2.1.3 Stärke in Blends (Mischungen) mit anderen Polymeren
Zur besseren Resistenz gegenüber den geschilderten äußeren Einflüssen ist oftmals eine Verarbeitung bzw. Mischung der Stärke mit anderen biologisch abbaubaren Werkstoffen (BAW) nötig. Diese können beispielsweise Celluloseacetate, Polymilchsäure, aliphatische Polyester, etc. sein. Die daraus entstehenden Stärkeblends (engl. blend = Mischung) kön- 100 nen immer noch einen Stärkeanteil von bis zu 90 % besitzen und weiterhin biologisch abbaubar sein[4]. Allerdings können die anderen BAW teilweise aus petrochemischer Produktion stammen und führen so nicht zu einer besseren und umweltgerechteren Nutzung nachwachsender Rohstoffe.
2.2 Verpackungen aus Polymilchsäure
105 Aus Milchsäure kann ebenfalls ein biologisch abbaubarer Kunststoff, die sog. Polymilch- säure (Polylactid PLA) erzeugt werden. Die Verarbeitung ist dabei mit den herkömmlichen Produktionsverfahren und -maschinen durchführbar. Allerdings besteht die Gefahr, dass beim Erhitzen eine ungewollte Rückreaktion zum cyclischen Ausgangsprodukt stattfin- det. Daher muss die Verarbeitungszeit und -temperatur an die Polymilchsäure angeglichen 110 werden.
2.2.1 Herstellung
Als Ausgangsmaterial wird Milchsäure (2-Hydroxypropansäure) benötigt. Diese kann bei- spielsweise fermentativ, also durch den Einsatz von Bakterien und anderen Mikroorga- nismen, aus zucker- und stärkehaltigen Pflanzen, wie Rüben, Getreide, Mais und Kartof- 115 feln, gewonnen werden. Die Stärke wird z.B. durch Enzymeinsatz in den Zucker Maltose gespalten. Dieser wird dann gemäß nachfolgender Summengleichung durch Bakterien in Milchsäure überführt[6].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Polymilchsäure wird in der Technik durch katalytische Ringöffnungspolymerisation des 120 Lactids hergestellt. Es sind dabei Polymerisationsgrade von 700 bis 15.000 möglich.
Einen Formelausschnitt der Polymilchsäure zeigt nachfolgende Abbildung:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.3: Polylactid
Das Lactid entsteht durch Erhitzen der beispielsweise fermentativ gewonnen Milchsäuremoleküle. Diese bilden dabei unter Abspaltung zweier Wassermoleküle einem cyclischen Carbonsäureester aus zwei Milchsäuremolekülen (Abb. 2.4), welcher wie oben beschrieben zur Polymilchsäure polymerisiert wird[6].
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.4: Lactidbildung aus 2 Milchsäuremolekülen
Dies stellt die einfachste Form eines auf Milchsäure basierenden abbaubaren Kunststoffs dar. Es ist auch möglich, das Lactid mit anderen cyclischen Estern, wie Glycolid, Dioxanon oder Trimethylencarbonat, zu vermischen und dann einer Polymerisation zu unterziehen. Dabei entstehen Produkte mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften, die dadurch für vie- le verschiedene Einsatzgebiete geeignet sind. Allerdings können manche dieser Monomere nicht aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden[3].
2.2.2 Biologischer Abbau
Nach TÄNZER folgt „im Anfangsstadium und außerhalb lebender Organismen [...] der Bioabbau unter Abnahme der Molmasse rein hydrolytisch [Anm. des Verfassers: Also unter Einlagerung von Wassermolekülen;] In Organismen gewinnen in der Endphase auch andere Abbaumechanismen an Bedeutung.“ Interessant ist außerdem die Tatsache, dass „ im alka- lischen Bereich (pH > 7,5) [...] im Gegensatz zu den meisten anderen biologisch abbaubaren Kunststoffen eine schnelle Hydrolyse [erfolgt]. Im menschlichen Organismus verläuft der Abbau schneller als unter Kompostierbedingungen. Die für den Bioabbau verantwortlichen Enzyme sind: Pronase, Proteinase K, Ficin, Esterase und Trypsin.“ Die Abbauzeit in ei- nem Organismus wurde 1994 von ENTENMANN bestimmt. Dabei benötigt der Abbau von Poly(L-lactid) eine Zeit von 18 bis 24 Monaten, der Abbau von Poly(D,L-lactid) hingegen nur 12 bis 16 Monate[3].
Durch die Abbaubarkeit der Polymilchsäure, auch im menschl. Organismus, ist es mög- lich, diese als medizinisches Nähmaterial zu verwenden. Die Fäden werden dabei im Laufe der Zeit durch die oben beschriebenen Vorgänge und Enzyme vom menschlichen Körper abgebaut.
Kapitel 3 Biogene Hydraulik- und Schmieröle
Bei vielen mobilen und stationären Arbeitsgeräten und Maschinen finden sich Hydraulik- systeme, die mittels einer Druckflüssigkeit (Hydrauliköl) Kräfte übertragen. Mineralöle, denen Additive zur Verbesserung der physikalischen Eigenschaften zugegeben sind, haben dabei bei den Hydraulikölen einen Anteil von 85 %. Daneben gibt es noch schwerentflamm- bare Druckflüssigkeiten, die auch noch bei hohen Temperaturen eingesetzt werden können und beispielsweise aus Polyglykol-Wasser-Gemischen, Fluor-Carbonen, Siliconen oder chlo- rierten Kohlenwasserstoffen bestehen[7]. All diesen Flüssigkeiten ist aber gemeinsam, dass sie beispielsweise beim Einsatz in der Bau-, Land- und Forstwirtschaft im Falle von Lecka- gen am Hydrauliksystem (es wird teilweise mit Arbeitsdrücken bis 400 bar gearbeitet) in die Umwelt gelangen können und dort nachhaltige Schäden an Flora, Fauna, Grundwasser, etc. verursachen. Daneben kommt kaum eine Maschine ohne ausreichende Schmierung aus. In der Bundesrepublik Deutschland summiert sich so der Einsatz von Schmierstoffen auf jährlich etwa 1,1 Millionen Tonnen. Allerdings gelangt durch Verlustschmierung, Verduns- tung, Unfälle, etc. etwa die Hälfte in die Umwelt[8].
Auch hier können die einheimischen nachwachsende Rohstoffe Abhilfe schaffen. Es wur- den aus ihnen Hydraulik- und Schmieröle entwickelt, deren Verwendungseigenschaften mit denen der synthetischen Produkte übereinstimmen, jedoch aufgrund ihres natürlichen Cha- rakters von Mikroorganismen im Falle eines Lecks abgebaut werden können und somit für die Natur wesentlich unschädlicher sind.
In der Technik wird zwischen Hydraulik- und Schmierölen unterschieden, wobei an Hy- drauliköle weitaus höhere Anforderungen gestellt werden. Da es sich hier aber nicht um eine Arbeit über die speziellen Erfordernisse eines Schmier- oder Hydrauliköles handelt, wird im Folgenden der Einfachheit halber keine strenge Trennung zwischen beiden Arten gezogen.
3.1 Chemischer Hintergrund
Hydraulik- und Schmieröle auf der Basis von nachwachsenden Rohstoffen lassen sich in zwei verschiedene Gruppen einteilen. Zum einen finden naturbelassene Öle wie Raps- oder Sonnenblumenöl Anwendung, zum anderen werden synthetische Ester verwendet [8, 9]:
3.1.1 Naturbelassene Öle
Natives Raps- oder Sonnenblumenöl ist bereits für den Einsatz als Hydraulik- oder Schmier- öl geeignet. Diese Öle (Triglyceride) sind Dreifachester des dreiwertigen Alkohols „Glycerin“ (1,2,3 Propantriol) und drei Fettsäuren, also längerkettige, unverzweigte Monocarbonsäu- ren, die gesättigt (d.h. ohne Doppelbindungen zwischen den einzelen C-Atomen) oder unge- sättigt (mit z.T. mehreren C=C-Doppelbindungen im Kohlenwasserstoffrest) sein können. Zur Veranschaulichung der strukturellen und räumlichen Gestalt eines jeweils willkürlich gewählten Fettmoleküls sollen die folgenden Abbildung 3.1 und 3.2 dienen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.1: Strukturmodell eineswillkürlichen Fettmoleküls
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.2: 3D-Modell eines will- kürlichen Fettmoleküls
Sie besitzen zwar gute Schmiereigenschaften, können diese aber nur für ein paar Stunden gewährleisten, da sie sehr schnell oxidieren und aufgrund von Polymerisationen (Verharzun- gen) Ablagerungen bilden. Dabei gilt, dass je höher der Anteil der C=C-Doppelbindungen im Kohlenwasserstoffrest der Fettsäuren, desto anfälliger ist das Öl für Oxidationen. Als Faustregel gilt, dass mit jeder weiteren Doppelbindung die Oxidationsgeschwindigkeit um den Faktor zehn steigt. Allerdings ist ein völliger ungesättigter Charakter des Öles eben- falls nachteilig. Durch viele gesättigte Fettsäuren entstehen große intermolekulare Van- der-Waals-Wechselwirkungen, die das Öl für die Schmierung zu dickflüssig und fest werden lassen. Am besten für die Schmierwirkung hat sich daher ein hoher Gehalt an Ölsäure (18 C-Atome, eine Doppelbindung) im Öl erwiesen. Es ist sehr beständig gegen Oxidation und besitzt eine gute Schmierwirkung. Durch Züchtungen von speziellen Sonnenblumen konnte ein hoher Gehalt an Ölsäure im Öl erreicht werden.1
Im Falle der Hydrauliköle besteht bereits bei den naturbelassenen Ölen eine Klassifizie- rung als HETG (Hydraulic Oil Environmental Triglyceride)[9]. Sie erfordern aufgrund ihres naturbelassenen Charakters nur geringen Produktionsaufwand und sind daher rela- tiv kostengünstig. Allerdings wird ein Einsatz nur in einem Temperaturbereich von -20◦C bis +70◦C empfohlen.
3.1.2 Synthetische Ester
Synthetische Ester bestehen meist aus nachwachsenden Rohstoffen, wie beispielsweise Fett- säuren, die mit petrochemischen Erzeugnissen verbunden werden. Als Beispiel soll an dieser Stelle der so genannte TMP-Ester2: näher betrachtet werden. Er wird durch „Umesterung“ produziert. Hierbei wird der in Pflanzenölen veresterte Alkohol „Glycerin“ (s.o.) durch den aus der Petrochemie stammenden dreiwertigen Alkohol „Trimethylolpropan“ ausgetauscht. In der Abbildung 3.3 wird der bei der Umesterung ablaufende chemische Vorgang nochmals veranschaulicht. Eine genauere Betrachtung des Umesterungsvorgangs findet im Rahmen dieser Arbeit im Kapitel „Biodiesel“ statt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3.3: Chemischer Prozess bei der Herstellung eines TMP-Esters
Der TMP-Ester besitzt ähnliche Eigenschaften wie Triglyceride, ist aber aufgrund eines anderen Molekülbaus stabiler gegen Oxidation oder Hydrolyse.3
Es ist aber auch möglich, anstelle der bisher angesprochenen Dreifachester Monoester aus einwertigen Alkoholen und Fettsäuren zu verwenden. Diese können beispielsweise als Kühl- schmierstoffe Verwendung finden. Interessant ist in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass als Rohstoffe nicht unbedingt Pflanzenöle verwendet werden müssen. OLIVER FALK ent- wickelte beispielsweise aus Tierfetten und Altspeißeölen durch Umesterungsverfahren Ester aus Fettsäuren und 2-Ethyl-1-Hexanol, die sich als Kühlschmierstoffgrundöle eignen[10]. Im Falle des Hydrauliköls sind die synthetischen Ester als HEES (Hydraulic Oil Environ- mental Ester Synthetic) genormt. Sie weisen im Allgemeinen gegenüber den naturbelasse- nen Ölen eine höhere Belastbarkeit auf und sind so zum Beispiel alterungs- und tempera- turbeständiger.
Es sei aber angemerkt, dass die Eigenschaften vieler Bioöle, egal, ob sie nun naturbelassen sind, oder synthetische Ester darstellen, nur durch eine zusätzliche Additivierung, beispiels- weise mit Antioxidantien, Additiven, die die Temperaturbeständigkeit erhöhen, etc. (über eine längere Zeit) gewährleistet werden können.
[...]
1 Thermoplastische Kunststoffe können bei einem bestimmten Temperaturbereich reversibel verformt werden.
2 Eine Produktionsmaschine zur Kunststoffherstellung, bei der in einem Zylinder die Kunststoffrohstoffe über eine rotierende Schnecke unter hohen Druck und Temperatur vermischt und verflüssigt werden und danach ausgespritzt werden.
1 Besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang Herrn DR. HEINRICH THEISSEN vom „Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen der RWTH Aachen“ für die Übermittlung von umfangreichen Informationen.
2 Dieser Ester besteht zwar nicht zu 100 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen, da aber auch Hydraulik- und Schmieröle, die größtenteils aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen und biologisch abbau- bar sind, eine Förderung durch das „Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirt- schaft“ erfahren, wird diese Art von teilsynthetischen Estern in dieser Arbeit ebenfalls kurz angesprochen.
3 Dr. HEINRICH THEISEN
- Citar trabajo
- Herbert Fackler (Autor), 2006, Nachwachsende einheimische Rohstoffe und ihre Verwendung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/270227
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