Prävention bezieht sich nicht auf das tatsächliche Verhalten einer Person, sondern auf die Umstände, die zu einem unerwünschten Verhalten führen und die Faktoren, die dabei eine Rolle spielen. Der verwendete Gewaltbegriff dieses Kapitels ist dabei sehr weit gefasst. Sowohl körperlich als auch seelische Gewalt wie auch Aggressionen, die sich gegen Schuleigentum richten, werden hier als Gewalt verstanden. Sollte diese Definition in Einzelfällen noch mehr ausgeweitet oder aber eingeschränkt werden, wird dies explizit angesprochen.
Vom lateinischen prävenire stammend, bezeichnet die Prävention alle Maßnahmen, die zur Verhinderung oder Verminderung von Gewalt dienen. Dabei können entsprechend Caplan drei Varianten der Gewaltprävention unterschieden werden, die sich auf den Zeitpunkt des Eingreifens beziehen. Die primäre Gewaltprävention soll gewaltbereitschaft und gewalttätiges Verhalten erst gar nicht entstehen lassen und wendet sich damit an alle Schüler, während sich die sekundäre Prävention auf eine sich abzeichnende Gewaltentwicklung bezieht, die rechtzeitig erkannt werden soll, um ihr wirksam entgegenzutreten. Die tertiäre Gewaltprävention beschreibt die Verhinderung des Rückfalls bereits gewaltauffälliger Schüler. Das Ziel schulischen Handelns unter diesem Aspekt besteht also darin, pädagogisch Arbeit so zu gestalten, dass Gewalt gar nicht auftritt oder dass das bereits registrierte Gewaltniveau deutlich reduziert wird. Notwendig dafür ist der Aufbau prosozialen Verhaltens, denn die Abwesenheit von Aggression lässt sich nur an dem Vorhandensein von positivem Sozialverhalten wirklich sicher ausmachen. Allerdings unterliegt prosoziales Verhalten einer gewissen Veränderung, da sie ein gewisses Maß an Reife erfordert. Um es zu erreichen, muss der Lehrer und die Schule eine Atmosphäre schaffen, in der prosoziales Verhalten bemerkt und vor allem auch belohnt wird.
Die primäre und sekundäre Gewaltprävention soll in dieser Arbeit die Hauptrolle spielen, da sie dem hier gewählten definitorischen Verständnis noch am nächsten kommen. Beipiele für den Bereich der primären Gewaltprävention wäre das Programm „Faustlos“. Maßnahmen zur Gewaltprävention bergen jedoch immer die Gefahr aktionistisch, also ohne Konzept, vorzugehen, wodurch ihre Wirkung nicht anschlägt. Dies geschieht vor allem dann, wenn Gewaltereignisse eine Schule unter Handlungsdruck setzen. Um dieser Konzeptlosigkeit vorzubeugen, sollen im Folgenden einige Konzepte beschrieben werden.
Einleitung
„Der Retter hatte gerade das erste Opfer erfolgreich mit Erste-Hilfe-Maßnahmen behandelt, da sah er eine [weitere] Frau, die kurz vor dem Ertrinken war, und zog auch sie an Land. Die Geschichte wiederholte sich ein halbdutzend Mal, aber plötzlich drehte sich der Retter um und lief davon, während der Fluss einen weiteren Ertrinkenden herantrug. ‚Willst du den etwa nicht retten?‘, fragte ein in der Nähe stehender Mensch. ‚Zum Teufel, nein‘, erwiderte der Retter. ‚Ich gehe jetzt flussaufwärts und schaue nach, was alle diese Leute ins Wasser schubst.‘“ (Bertet/Keller 2011: S. 29).
Diese kurze Geschichte verdeutlicht das Wesen der Prävention vor allem im Vergleich zur Intervention auf eindrückliche Art und Weise und dient ebenso dazu, einige Probleme der Prävention zu verdeutlichen.
Wie aus dieser Geschichte abgeleitet werden kann, bezieht sich Prävention nicht auf das tatsächliche Verhalten einer Person, sondern auf die Umstände, die zu einem unerwünschten Verhalten führen und die Faktoren, die dabei eine Rolle spielen. In dem hier gewählten Kontext der Prävention von Gewalt an Schulen, wären diese Faktoren die Erwachsenen, Lehrer, Mitschüler, Peers und räumlichen Umstände, die einen Schüler dahingehend beeinflussen können Gewalt zu zeigen oder sie abzulehnen. Der verwendete Gewaltbegriff dieses Kapitels ist dabei sehr weit gefasst. Sowohl körperlich als auch seelische Gewalt wie auch Aggressionen, die sich gegen Schuleigentum richten, werden hier als Gewalt verstanden. Sollte diese Definition in Einzelfällen noch mehr ausgeweitet oder aber eingeschränkt werden, wird dies explizit angesprochen.
Vom lateinischen prävenire stammend, bezeichnet die Prävention alle Maßnahmen, die zur Verhinderung oder Verminderung von Gewalt dienen (vgl. Bertet/Keller 2011: S. 29 f.). Dabei können entsprechend Caplan drei Varianten der Gewaltprävention unterschieden werden, die sich auf den Zeitpunkt des Eingreifens beziehen. Die primäre Gewaltprävention soll gewaltbereitschaft und gewalttätiges Verhalten erst gar nicht entstehen lassen und wendet sich damit an alle Schüler, während sich die sekundäre Prävention auf eine sich abzeichnende Gewaltentwicklung bezieht, die rechtzeitig erkannt werden soll, um ihr wirksam entgegenzutreten. Die tertiäre Gewaltprävention beschreibt die Verhinderung des Rückfalls bereits gewaltauffälliger Schüler. Das Ziel schulischen Handelns unter diesem Aspekt besteht also darin, pädagogisch Arbeit so zu gestalten, dass Gewalt gar nicht auftritt oder dass das bereits registrierte Gewaltniveau deutlich reduziert wird. Notwendig dafür ist der Aufbau prosozialen Verhaltens, denn die Abwesenheit von Aggression lässt sich nur an dem Vorhandensein von positivem Sozialverhalten wirklich sicher ausmachen. (vgl. Bertet/Keller 2011: 30 f.) Allerdings unterliegt prosoziales Verhalten einer gewissen Veränderung, da sie ein gewisses Maß an Reife erfordert. Um es zu erreichen, muss der Lehrer und die Schule eine Atmosphäre schaffen, in der prosoziales Verhalten bemerkt und vor allem auch belohnt wird (vgl. Schramkowski 2012: 115).
Die primäre und sekundäre Gewaltprävention soll in dieser Arbeit die Hauptrolle spielen, da sie dem hier gewählten definitorischen Verständnis noch am nächsten kommen. Beipiele für den Bereich der primären Gewaltprävention wäre das Programm „Faustlos“, dass für die Klassen eins bis vier entwickelt wurde oder aber das Programm „Lions-Quest“, das sich speziell an die Klassen fünf und sechs richtet. Im sekundären Bereich finden sich gezielte Workshops wie das „Anti-Aggressivitäts-Training“ oder auch „Coolness-Training“, welche vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Frankfurt (ISS) und vom Deutschen Institut für Konfrontative Pädagogik in Hamburg (IKD) angeboten werden.
Maßnahmen zur Gewaltprävention bergen jedoch immer die Gefahr aktionistisch, also ohne Konzept, vorzugehen, wodurch ihre Wirkung nicht anschlägt. Dies geschieht vor allem dann, wenn Gewaltereignisse eine Schule unter Handlungsdruck setzen (vgl. Bertet/Keller 2011: 32). Um dieser Konzeptlosigkeit vorzubeugen, sollen im Folgenden einige Konzepte beschrieben werden. Ausführliche Programme wie zum Beispiel das bereits angesprochene Coolness-Training werden hier nicht behandelt, da dies mehrtägige bzw. mehrwöchige Workshops für Klassen sind, die sich leicht über eine Internetrecherche finden lassen. Sie bedürfen jedoch ihrer großen Ausführlichkeit und professioneller Anleitung, um Handlungstragend zu sein, weshalb sie sich für diesen begrenzten Rahmen weniger eignen.
Die Täter-Opfer-Typologie – Erkennen um zu Handeln
Um Gewaltprävention direkt auf der Ebene des Schülers betreiben zu können, ist es wichtig für Lehrkräfte zu erkennen, von wem die Gewalt ausgeht in einer Auseinandersetzung ausgeht und vor allem wer von ihr betroffen ist. Jene Schüler, die Gewalttaten ausüben, werden von Wolfgang Melzer und Parviz Rostampour als „Täter“ begriffen (vgl. Rostampour/Melzer 1996). Jene die diesen Taten ausgesetzt sind hingegen als „Opfer“ (vgl. Rostampour/Melzer 1996).
Die Täter bilden den auffälligeren Part dieser Gruppierung. Sie zeichnen sich durch ein hohes Selbstwertgefühl auf und agieren oft in Gruppen. Dies zeigt sich durch eine Untersuchung von Wolfgang Melzer, Wilfried Schubarth und Frank Ehninger, in welcher nachgewiesen werden konnte, dass es mehr Schüler mit Täterstatus (8%) als Opferstatus (7%) gibt, was nahelegt, dass im Schulkontext mehrere Schüler gegen einen einzelnen vorgehen oder eine größere Anzahl an Tätern gegen eine kleinere Gruppe von Opfern (vgl. Melzer/Schubarth/Ehninger 2011: 115). Das dadurch gewonnene Peerkapital der Täter sorgt in der Regel für Anerkennung und damit zusätzliche Bestärkung in den verübten Taten. Darüber hinaus meinen die Täter ihre Zeit außerhalb der Schule besser nutzen zu können, da sie sich innerhalb schulischer Aktivitäten von den Lehrern oft bereits als „abgeschrieben“ betrachten, was auch daran liegen mag, dass sich in dieser Gruppe im Durchschnitt eher die schlechteren Schüler versammeln (vgl. Melzer/Schubarth/Ehninger 2011: 114). Ihrer Empfindung nach gehen die Lehrer mit ihrem Unterricht zu wenige auf sie ein, beantworten ihre Fragen nicht, halten sie für dumm, sind unfreundlich und vermitteln den Unterrichtsstoff schlecht (vgl. Melzer/Schubarth/Ehninger 2011: 114). Ganz gleich wie gerechtfertigt diese Annahme im konkreten Einzelfall auch immer sein mag, für das große Ganze beinhaltet sie eine wichtige Erkenntnis: egal wie wenig Interesse von Seiten des Schülers an der Schule oder dem Unterricht besteht, so ist der Lehrer doch eine wichtige Person und sein Verhalten von unglaublicher Relevanz für die Wahrnehmung des Schülers. Da der außerschulische Kontext jedoch einen derart hohen Rang einnimmt, sollten vielleicht gerade hier Ansätze erfolgen, diese Schüler zu erreichen. Der Zugang in der Gemeinde oder über organisierte Freizeitaktivitäten wie Sport, kann dabei sehr viel leichter fallen als über die Schule. Auch ihre Einstellung zu Gewalt ist keineswegs unveränderbar. Oft fehlt ihnen nicht einmal ein notwendiges Schuldbewusstsein. Es gelingt ihnen jedoch, dieses zu umgehen, indem sie ihr Verhalten ideologisch rechtfertigen, wie zum Beispiel, dass es manchmal eben notwendig sei, zu Gewalt zu greifen, um seine Interessen durchzusetzen (vgl. Melzer/Schubarth/Ehninger 2011: 114).
Opfer hingegen bilden in vielen Hinsichten den Gegensatz zu den Tätern. Sie sind häufig isolierte Außenseiter mit dem Gefühl keine Freunde finden zu können, weshalb sie auch seltener sozialen Gruppen oder Cliquen angehören. Diese soziale und klimatische Beeinträchtigungen bestehen oft bereits in der Familie, auch wenn die Eltern dieser Schüler häufig durchaus Interesse an der Schule zeigen und auch hohe Erwartungen an ihre Kinder stellen (vgl. Melzer/Schubarth/Ehninger 2011: 114 f.). Aus diesen Umständen resultiert ein geringes Selbstwertgefühl und Klagen über das schlechte Schulklima.
Diese Merkmalsaufzählung zieht eine für die Prävention sehr hinderliche Schlussfolgerung nach sich: Lehrer kennen oft nur die Extremen, nehmen aber selten die Unscheinbaren war. Eben diese Unscheinbaren stellen jedoch in den meisten Fällen gerade jene Gruppe an Schülern dar, die der Gewalt ausgesetzt sind. Tertiäre präventive Maßnahmen von Seiten der Lehrer müssen also in erster Hinsicht darin beginnen, dass die notwendige Aufmerksamkeit herrscht, um sowohl Opfer als auch Täter wahrzunehmen bzw. bei Verdacht gezielt nach ihnen zu suchen (vgl. Melzer/Schubarth/Ehninger 2011: 120). Der zweite Schritt sollte darin bestehen, die unbeteiligten Schüler, also jene die weder in der Täter noch in der Opferrolle sind und immerhin 55,8% der Schülerschaft ausmachen, in die Geschehnisse mit einzubeziehen und sie dergestalt zu „Verbündeten“ des Lehrers zu machen, da Schüler oft sehr viel mehr von ihren Mitschülern mitbekommen als die Lehrer (vgl. Melzer/Schubarth/Ehninger 2011: 115). Schließlich sollte durch die Thematisierung von Bedürfnissen und Rollen innerhalb der Klasse Schritt für Schritt versucht werden, das Außenseitertum für die betroffenen Schüler zu beseitigen, indem Empathie und Verständnis aufgebaut werden. (vgl. Rostampour/Melzer 1996: 135)
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- Citation du texte
- Jan Seichter (Auteur), 2013, Prävention von Gewalt an Schulen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/269442
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