Die vorliegende Erzählung, erstmals erschienen im Jahr 1868, illustriert eine frühe Phase des Schaffens von Mark Twain. 1835 als Samuel Langhorne Clemens in Florida, Missouri geboren, fing Twain schon früh mit dem Schreiben an. Seit Anfang der 1860er war er für verschiedene regionale und überregionale Zeitungen als Redakteur und Reporter tätig, und veröffentlichte dort vor allem interessante Reiseberichte. 1865 erweckte Twain erstmals nationales Interesse als Autor, als sein erstes Buch „The Notorious Jumping Frog of Calaveras County, and other sketches“ veröffentlicht wurde. Er erarbeitete sich innerhalb kurzer Zeit einen Ruf als Verfasser von „...lighthearted colorful tales...“ (Neider, 1990:I) - spannender, vor allem aber humoriger und satirischer Erzählungen, die stark von Lokalkolorit geprägt waren, zu denen neben anderen, wie z.B. „Journalism in Tennessee“ oder „A Day at the Niagara“ auch die hier zu untersuchende Geschichte zu zählen ist. Allerdings entbehrten diese Geschichten oft auch nicht eines zuweilen bissigen Sarkasmus. Diese früheren Werke erschienen zum Teil im „Overland Monthly“, einer zwischen 1868 und 1930 in San Francisco publizierten Zeitschrift. Ein interessantes Detail am Rande ist, dass der erste Redakteur dieser Zeitschrift zwischen 1868 und 1870 Bret Harte war, der Twain so stark beeinflussen sollte, dass er später meinte: „(Harte) trimmed and trained and schooled me from an awkward utterer of coarse grotesqueness to a writer of paragraphs and chapters.“.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Plot
3. Erzählperspektive
4. Charaktere
5. Setting
6. Interpretationsmöglichkeiten
7. Literaturverzeichnis
Anhang A: Mark Twain: „Cannibalism in the Cars“
1. Einleitung
Die vorliegende Erzählung, erstmals erschienen im Jahr 1868, illustriert eine frühe Phase des Schaffens von Mark Twain. 1835 als Samuel Langhorne Clemens in Florida, Missouri geboren, fing Twain schon früh mit dem Schreiben an. Seit Anfang der 1860er war er für verschiedene regionale und überregionale Zeitungen als Redakteur und Reporter tätig, und veröffentlichte dort vor allem interessante Reiseberichte. 1865 erweckte Twain erstmals nationales Interesse als Autor, als sein erstes Buch „The Notorious Jumping Frog of Calaveras County, and other sketches“ veröffentlicht wurde. Er erarbeitete sich innerhalb kurzer Zeit einen Ruf als Verfasser von „...lighthearted colorful tales...“ (Neider, 1990:I) - spannender, vor allem aber humoriger und satirischer Erzählungen, die stark von Lokalkolorit geprägt waren, zu denen neben anderen, wie z.B. „Journalism in Tennessee“ oder „A Day at the Niagara“ auch die hier zu untersuchende Geschichte zu zählen ist. Allerdings entbehrten diese Geschichten oft auch nicht eines zuweilen bissigen Sarkasmus. Diese früheren Werke erschienen zum Teil im „Overland Monthly“, einer zwischen 1868 und 1930 in San Francisco publizierten Zeitschrift. Ein interessantes Detail am Rande ist, dass der erste Redakteur dieser Zeitschrift zwischen 1868 und 1870 Bret Harte war, der Twain so stark beeinflussen sollte, dass er später meinte: „(Harte) trimmed and trained and schooled me from an awkward utterer of coarse grotesqueness to a writer of paragraphs and chapters.“.
Seinen (finanziellen) Höhepunkt fand die Karriere sicherlich mit den verarbeiteten Erinnerungen an seine Kindheit am Mississippi, den sogenannten „boyhood-stories“, die sich in den sich glänzend verkaufenden Tom Sawyer- und Huckleberry Finn-Geschichten wiederfanden. Dies sind auch die bekanntesten und am ehesten mit Twain assoziierten Erzählungen.
In seinen späten Jahren wurde Twain dann immer pessimistischer und entfernte sich von seinen Lesern, sicher nicht zuletzt durch persönliche Tragödien (Krankheit und Tod der Töchter, und später auch seiner Frau). „The Man that Corrupted Hadleyburg” muss hier sicherlich als ein bezeichnender Text für diese Schaffensphase genannt werden. In dieser Zeit, als er nunmehr verzweifelt über „the damned human race“ (Twain) schrieb, sanken die Verkaufszahlen seiner Werke dramatisch, obwohl sein literarischer Stellenwert unter den Kritikern gerade jetzt gefestigt wurde.
Mark Twain starb am 21. April 1910.
In der folgenden Hausarbeit soll nun versucht werden, die Geschichte im Hinblick auf den Aufbau und den Inhalt zu analysieren und mögliche Interpretationsvarianten aufzuzeigen.
2. Plot
Wie oben erwähnt, ist die vorliegende Erzählung “Cannibalism in the Cars” der frühen Schaffensperiode Mark Twains zuzurechnen. Allerdings ist die Einteilung in Kategorien wie „lustig“ oder „spannend“ hier nicht ohne weiteres möglich, da der Plot einiges an Überraschungen und Unorthodoxem bereithält.
Ein Reisender trifft während einer Zugfahrt einen ihm fremden Mann, der auch im weiteren Verlauf der Geschichte namenlos bleibt. Nach einer kurzen Unterhaltung wird der Fremde durch einen Passanten an eine Erlebnis aus seiner Vergangenheit erinnert. Er beschließt, dem (ebenfalls namenlosen) Reisenden diesen Vorfall zu schildern. Nun entfaltet sich eine merkwürdige Erzählung, offenbar wurde der Fremde vor etlichen Jahren während einer Zugfahrt eingeschneit. Er und die anderen Passagiere, allesamt ehrbare Männer, saßen wochenlang in diesem Zug fest, und obwohl genug Holz zum Heizen vorhanden war, gab es nichts Essbares mehr. Nun verfielen die Passagiere dem Kannibalismus, und nach und nach wurde die Reisegesellschaft dezimiert. Die Auswahl des jeweils nächsten ‚Opfers’ geschah dabei auf höchst demokratische Weise, durch Wahlgänge, Vorschläge und Diskussionen. Die Geschichte des Fremden endet damit, dass Rettung für ihn kam, da er zu denn letzten Überlebenden zählte. Nachdem die Erzählung geendet hat, bleibt der Reisende fassungslos zurück, da der Fremde inzwischen ausgestiegen war. Der Schaffner klärt ihn später allerdings darüber auf, dass der Fremde ein ehemaliges Mitglied des Kongresses war, der wirklich eingeschneit, infolgedessen aber verrückt wurde, und deshalb die immer gleiche, fiktive Geschichte zum Besten gibt, immer mit dem Schluss, dass er als letzter Überlebender übrigbleibt.
3. Erzählperspektive
Was zunächst auffällt, ist die Unterteilung in zwei verschiedene Teile der Geschichte, die Rahmenhandlung und die Erzählung des Fremden, wobei beide jeweils aus der Ich-Perspektive erzählt werden. Diese Technik der „framed story“ findet man oft in Twains Kurzgeschichten, er und andere Schriftsteller seiner Zeit benutzten sie als ein wichtiges Stilmittel, indem es der Geschichte eine zweite Erzählebene hinzufügte, die vor allem humoristisch (z.B. durch Gegensätze der einzelnen Erzähler und deren Ziele) genutzt werden konnte.
Bei „Cannibalism in the Cars“ ist die Sache etwas anders, hier wird durch die Verschachtelung eine größere Authentizität des Erzählten zu erreichen versucht.
Natürlich wäre die Story auch erschreckend, würde Sie durchgehend von einer Person geschildert werden, aber dann würden die Vorkommnisse im Zug „gefiltert“ wirken. Der Erzähler würde praktisch eine gehörte Geschichte „aus zweiter Hand“ wiedergeben, wodurch Distanz zum Leser geschaffen wird.
Durch diesen „Ich höre das alles auch zum ersten Mal.“ - Effekt und den doppelten Ich-Erzähler wirkt das Grauen präsenter, frischer, der Leser sieht praktisch beide Situationen durch die Augen unmittelbar Beteiligter, die Rahmenhandlung und das Geschehen im Zug.
4. Charaktere
Die beiden Erzähler sind demzufolge auch die Hauptcharaktere der Story, wobei der zuerst Auftretende quantitativ gesehen zwar den kleineren Anteil hat, er aber stellvertretend für den Leser die Ereignisse hört, und am Anfang und am Ende zu Wort kommt, und so sowohl den Einstieg als auch die Auflösung der Ereignisse liefert.
Über den Fremden werden nur sehr wenige Informationen gegeben, über den Reisenden eigentlich so gut wie gar nichts.
Was man sicher sagen kann ist, dass der Reisende sich auf einem Weg von St. Louis nach Westen befindet, und aus Washington stammt. Über Aussehen, soziale Stellung usw. wird nichts gesagt, man kann aber aus der Zugreise, dem Bildungsstand und den Gesprächsthemen schließen, dass der Reisende gebildet und wohlhabend sein muss. Möglicherweise soll die Person Twain selbst darstellen, aber dies lässt sich nicht zuverlässig verifizieren.
Über den Fremden kann man schon mehr erfahren, er ist ein „...mild, benevolent-looking gentleman of about forty-five, or maybe fifty...“(Z. 9-10), er ist vertraut mit den Einzelheiten des politischen Lebens in Washington, da er, wie wir später erfahren, ein ehemaliger Kongressabgeordneter ist. Allerdings traf diese Beschreibung wohl auf 80% aller damaligen Kongressabgeordneten zu, und außerdem wird nicht deutlich, aus welchem Bundesstaat er stammt, so dass der Fremde wohl eher ein Sinnbild für den durchschnittlichen Politiker, einen typischen Abgeordneten ist.
Kurze Auftritte haben die beiden Männer, die den Anlass für den Rückblick des Fremden geben und der Schaffner, der den Reisenden letztlich aufklärt. Alle drei sind für den Fortgang der Geschichte zwar wichtig, aber ersetzbar, so dass sie nicht weiter porträtiert werden. Darüber hinaus gibt es natürlich noch die anderen 24 Passagiere in der Erzählung des Fremden, die allerdings einzeln zu beschreiben unnötig ist, da sie alle mehr oder weniger gleich charakterisiert werden. Alle sind sie ehrbare Männer, und viele werden namentlich genannt, meist mit den Bundesstaaten, aus denen sie stammen. Die „Stellung“ innerhalb der Gruppe ist unterschiedlich, ändert sich aber im Laufe der Geschichte, da nach und nach die Passagiere aufgegessen werden. Die einzigen Merkmale, die wir über einzelne Personen lesen können sind allerdings meist keine herkömmlichen Charaktereigenschaften, sondern eher Beschreibungen der Qualität der Mahlzeit, die diese abgegeben haben. So können wir zum Beispiel lesen: „I shall always remember Walker. He was a little rare, but very good” (Z. 187) oder: “…after that we had […] McElroy (there was some complaint about McElroy, because he was uncommonly short and thin) (Z. 197-199). Die anderen Passagiere sind also keine Charaktere an sich, sondern nur Staffage, Teile der „Ausstattung“ des Zuges.
5. Setting
Wie oben bereits erläutert, hat die Geschichte zwei Erzählebenen und demzufolge auch zwei verschiedene Settings. Beide Handlungsorte sind sich sehr ähnlich, da der erste Handlungsort sozusagen als Auslöser für das Erzählen der Geschichte und damit den Sprung zu dem zweiten Ort verursacht.
Die Rahmenhandlung findet in einem Zugabteil statt, irgendwo westlich von Terre Haute, Indiana, zeitlich ist das Geschehen irgendwann zwischen 1854 und 1868 anzusiedeln, dabei wohl eher später, da die Geschichte des Fremden schon einige Zeit zurückliegt.
Die Erzählung des Fremden beginnt am 19. Dezember 1853 und endet irgendwann im Januar 1854, findet also mitten im Winter statt. Der Handlungsort ist ein Zug, der von St. Louis nach Chicago fahren sollte und der kurz nach dem Dorf Welden, inmitten der leeren Prärie, 50 Meilen von jeder Behausung entfernt, eingeschneit wird.
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- Arbeit zitieren
- MA Thorsten Schankin (Autor:in), 2002, Mark Twain: "Cannibalism in the cars" - eine Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26859
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