Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, welche Rolle die NGOs im aktuellen politischen Geschehen spielen und welche Funktionen ihnen im Demokratieprozess zukommen. Grundlage der Betrachtungen bilden drei Texte aus dem Buch „Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates“ . Die in diese Hausarbeit einfließenden Texte von Joachim Hirsch, Roland Roth und Alex Demirovic setzen sich mit dem Thema „NGO“ aus unterschiedlichen Perspektiven auseinander.
Den ersten Teil der Hausarbeit bildet eine Definition des Gegenstandes NGO. Anschließend folgt ein Überblick über die Entstehungsgeschichte der NGOs, um aus der Entwicklungsgeschichte heraus ein besseres Verständnis aktueller Problemstellungen zu gewinnen. Im anschließenden Punkt 4 werden auf der Grundlage des Textes von Roland Roth zunächst die Strukturen und Charakteristika der NGO genauer beleuchtet, ihre mögliche Rolle als neue Form der Partizipation am Demokratieprozess diskutiert und diese abschließend einer kritischen Betrachtung unterzogen. Punkt 5 beschäftigt sich mit den Analysen Joachim Hirschs bezüglich der NGOs im Rahmen einer Internationalisierung der Nationalstaaten und inwiefern NGOs als Ausdruck eines „erweiterten Staates“ zu bewerten sind. Anschließend erfolgt die kritische Auseinandersetzung mit einer möglichen demokratisierenden Funktion der NGOs. Die grundsätzlichen, staatstheoretischen Überlegungen Demirovics und seine darauf aufbauenden Analysen der NGOs werden unter Punkt 6 behandelt.
Im abschließenden Resümee werden die einzelnen Ergebnisse zusammengefasst und bewertet.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsdefinition NGO
3. Entstehungsgeschichte der NGOs
4. Roland Roths Analyse der NGOs als Hoffnungsträger einer neuen Form der Demokratiepartizipation
4.1. Strukturen und Charakteristika der NGO
4.2. NGOs als neue Möglichkeit der Partizipation an Demokratie S
4.3. Kritik am Hoffnungsträger NGO
5. Joachim Hirschs Untersuchungen zur Rolle der NGOs im Prozess voranschreitender Internationalisierung
5.1. Die Internationalisierung des Nationalstaates
5.2. NGO als Ausdruck eines „erweiterten Staates“
5.3. Demokratisierungsfunktion von NGOs
6. Demirovics staatstheoretische NGO-Analyse
6.1. Der veränderte Kapitalerwerb und seine gesellschaftlichen
Folgen
6.2. Demirovics Poulantzas-Kritik und die Bewertung der NGOs im Rahmen globalisierter Staatlichkeit
7. Resümee
1. Einleitung
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, welche Rolle die NGOs im aktuellen politischen Geschehen spielen und welche Funktionen ihnen im Demokratieprozess zukommen. Grundlage der Betrachtungen bilden drei Texte aus dem Buch „Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates“[1]. Die in diese Hausarbeit einfließenden Texte von Joachim Hirsch, Roland Roth und Alex Demirovic setzen sich mit dem Thema „NGO“ aus unterschiedlichen Perspektiven auseinander.
Den ersten Teil der Hausarbeit bildet eine Definition des Gegenstandes NGO. Anschließend folgt ein Überblick über die Entstehungsgeschichte der NGOs, um aus der Entwicklungsgeschichte heraus ein besseres Verständnis aktueller Problemstellungen zu gewinnen. Im anschließenden Punkt 4 werden auf der Grundlage des Textes von Roland Roth zunächst die Strukturen und Charakteristika der NGO genauer beleuchtet, ihre mögliche Rolle als neue Form der Partizipation am Demokratieprozess diskutiert und diese abschließend einer kritischen Betrachtung unterzogen. Punkt 5 beschäftigt sich mit den Analysen Joachim Hirschs bezüglich der NGOs im Rahmen einer Internationalisierung der Nationalstaaten und inwiefern NGOs als Ausdruck eines „erweiterten Staates“ zu bewerten sind. Anschließend erfolgt die kritische Auseinandersetzung mit einer möglichen demokratisierenden Funktion der NGOs. Die grundsätzlichen, staatstheoretischen Überlegungen Demirovics und seine darauf aufbauenden Analysen der NGOs werden unter Punkt 6 behandelt.
Im abschließenden Resümee werden die einzelnen Ergebnisse zusammengefasst und bewertet.
2. Begriffsdefinition NGO
Der Begriff Non-Governmental-Organization beinhaltet einige Schwierigkeiten bezüglich einer präzisen Abgrenzung. Die sehr weit gefasste Begrifflichkeit der NGO, welche lediglich aussagt, dass sie nicht der Regierung zuzurechnen ist und es sich um eine Organisation handeln muss, führt zu Problemen. „Gehören auch private Vereinigungen dazu, die staatliche Aufgaben erfüllen und aus öffentlichen Mitteln finanziert werden? Wo liegt die Grenzlinie bei den vielen teils private, teils öffentliche Funktion wahrnehmenden Einrichtungen, wie z.B. den Handwerkskammern? Sind soziale Bewegungen auch NGO? ... Gehören nicht auch Drogenkartelle und Organisationen vom Typus der Mafia zur NGO-Familie?“[2] Diese Fragestellungen umreißen die Problemfelder, die sich in Bezug auf die Definition aus dem Wortsinn heraus ergeben. Sie trifft sowohl auf kriminelle Organisationen als auch auf kirchliche Einrichtungen zu. Ebenfalls ist zu klären, wo und in welcher Form die Trennlinie zwischen Staat und nichtstaatlicher Organisation zu ziehen ist. Viele dieser Organisationen erfüllen staatliche Aufgaben oder werden mit Geldern des Staates direkt oder über Subventionierungen finanziert.
Da sich eine rein semantische Definition als ungenügend erweist, muss die inhaltliche Abgrenzung über die Definition „von außen“ erfolgen, dass heißt im Rahmen des allgemeinen politischen Diskurses über das Verständnis einer NGO. So stellt Joachim Hirsch unter Berufung auf Peter Wahl fest: „Nach Wahl (1997, 313) sind unter NGO freiwillige Zusammenschlüsse zu verstehen, die staats- und parteiunabhängig, nicht an wirtschaftlichem Gewinn und auch nicht an den Eigeninteressen ihrer Mitglieder orientiert sowie weder, ethnisch, noch national, religiös oder geschlechtsspezifisch exklusiv sind.“[3] Allerdings besitzt diese Definition einen eher normativen Charakter und ist in der Realität in dieser präzisen Abgrenzung nur schwer zu finden.[4] Joachim Hirsch erweitert die kategoriale Abgrenzung der NGO um weitere Parameter: Non-Profit-Orientierung, stellvertretende oder „advokatische“ Interessenwahrnehmung, formelle organisatorische und finanzielle Unabhängigkeit von Staatsapparaten und Unternehmen, Professionalisierung und organisatorische Dauerhaftigkeit.[5]
Ein weiteres Problem der NGO-Definition sind die verschiedenen Bewertungskriterien der unterschiedlichen Institutionen. Während im zivilgesellschaftlichen Diskurs die Definition von Peter Wahl weitgehend Gültigkeit besitzt, unterscheidet sich die Anerkennung als NGO im internationalen Kontext zum Teil erheblich. So wird beispielsweise die Internationale Handelskammer (International Chamber of Commerce), welche anhand der Definition Wahls aus dem Kreis der NGO aufgrund ihrer Funktion als Interessenvertretung ihrer Mitglieder auszuschließen wäre, nicht nur von der OECD als NGO anerkannt, sondern stellt eine der für sie wichtigsten NGOs überhaupt dar, mit einem hohen konsultativen Stellenwert.
Ein weiterer Umstand, der eine unstrittige Definition nur schwer möglich macht, liegt in der Entstehungsgeschichte der NGOs und ihrem nicht endgültig zu beantwortenden Verhältnis zu den sogenannten sozialen Bewegungen begründet. Zur schlüssigen Darlegung der Problematik folgt im anschließenden Teil zunächst eine kurze Darstellung der Entstehungsgeschichte der NGOs.
3. Entstehungsgeschichte der NGOs
Die Ursprünge der NGOs reichen zurück auf die sich im Mittelalter herausbildenden kirchlichen Organisationsstrukturen und die großen globalen Handelshäuser. Aus diesen Strukturen heraus haben sich im 19. und 20. Jhd. transnationale soziale Bewegungen gebildet, wie die Temperenzler Bewegung, die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei oder die internationalen Arbeiter-, Frauen und Friedensbewegungen. Sie verfolgten eine Politik „von unten“ und über Ländergrenzen hinweg, die oft in Widerspruch zu der offiziellen staatlichen (Außen-)Politik stand. Den stärksten Zuwachs hatten die NGOs seit der Gründung des Völkerbundes am 10. Januar 1920 zu verzeichnen. Diese Entwicklung wurde lediglich durch den 2. Weltkrieg unterbrochen, der einen starken Einbruch in der Anzahl der NGOs mit sich brachte. Der eigentliche NGO-Boom mit den Organisationsstrukturen, wie sie auch heute noch weit verbreitet sind, fand ab ca. 1960 statt. Stilbildend für diese Entwicklung war Amnesty International. Im Zuge dessen und mit einer zunehmenden Sensibilisierung für Themen wie Umweltschutz und Menschrechte entstanden in den 70er Jahren die Bürgerinitiativen und sozialen Bewegungen. Aus ihnen heraus entwickelten sich in den achtziger Jahren die Nichtregierungsorganisationen wie z. B. Greenpeace, die auch heute noch für einen großen Bereich von Nichtregierungsorganisationen als Orientierungsgrundlage dienen. NGOs stellen „… eine Parallele zur Entwicklung von grünen Parteien dar. Im letzteren Fall professionalisierten sich politische Aktivisten, indem sie zu beruflichen Parteipolitikern und Parlamentariern werden. In einem kleinen Segment der sozialen Bewegungen, vor allem dem Umweltbereich, professionalisierten sich Bewegungsaktivisten, indem sie Nichtregierungsorganisationen gründen.“[6] Dies bedeutet jedoch nicht, dass NGOs ausschließlich von ehemaligen Aktivisten der sozialen Bewegungen gegründet wurden, sondern erklärt lediglich unter anderem die rasante Zunahme der NGO-Gründungen. Ebenfalls zum Ausdruck kommt dadurch das miteinander verwobene Verhältnis zwischen sozialen Bewegungen und NGOs. Allerdings ist sich die Politikforschung uneins darüber, wo genau die Trennlinie zwischen transnationalen Bewegungen und NGOs verläuft. Während einige beide Formen zu den NGOs zählen, die lediglich in ihrer Zielsetzung bzw. der Erreichung dieser Ziele unterschiedliche Mittel einsetzen, wird von anderen Forschern die Trennlinie graduell unterschiedlich lokalisiert.[7]
Um die Unterschiede zu sozialen Bewegungen deutlich zu machen und so die genaueren Charakteristika von NGOs herauszuarbeiten, folgt im nächsten Abschnitt eine Schilderung der für alle NGOs gemeinsamen Organisationsstrukturen.
4. Roland Roths Analyse der NGOs als Hoffnungsträger einer neuen Form der Demokratiepartizipation
4.1. Strukturen und Charakteristika der NGOs
Roland Roth arbeitet die Hauptcharakteristika der NGOs, abseits einer wie unter Punkt 2 vorgenommenen normativen Definition, mittels einer Gegenüberstellung mit den sozialen Bewegungen heraus, um zu einem Verständnis von deren Rolle im Transformationsprozess des Staates zu gelangen. Bezugnehmend auf Forschungsergebnisse von Olejniczak stellt er fest: „NGO agieren, …als eine hierarchische nationale und internationale professionelle Elite mit bezahltem Personal, orientiert an konsultativen Prozessen mit nationalen Regierungsinstitutionen und internationalen Organisationen weit abgehoben von lokalen und regionalen Solidaritätsinitiativen, die zumeist auf ehrenamtlicher und freiwilliger Basis arbeiten und weniger als 10 Prozent ihrer finanziellen Mittel vom Staat erhalten.“[8] Roth schildert in dieser Äußerung nicht nur einige wesentliche Merkmale von NGOs, sondern definiert damit auch die Unterschiede zwischen ihnen und den sozialen Bewegungen. NGOs unterhalten fachlich hochqualifiziertes und professionalisiertes Personal. Diese Spezialisten stellen ihre Dienste den NGOs nicht unentgeltlich zur Verfügung, so wie es bei den Mitgliedern von sozialen Bewegungen zumeist der Fall ist. Da die NGOs einen gemeinnützigen Charakter haben müssen, sind sie auf Mittel angewiesen, die in Form von freiwilligen Spenden oder durch Beiträge aufgebracht werden müssen. Diese reichen jedoch nicht aus, um den hohen Anteil an fest angestelltem Fachpersonal zu beschäftigen. Deshalb sind NGOs auf öffentliche Gelder auf nationaler und internationaler Ebene angewiesen. Der Anteil dieser öffentlichen Mittel macht oft einen erheblichen Anteil der zur Verfügung stehenden Mittel der NGOs aus und liegt oft, vor allem auf dem internationalen Sektor, bei weit über 50 %.[9] Sie sind hierarchisch organisiert und an keine geregelte Charta gebunden, d. h., weder die Bedingungen zur Gründung einer NGO noch die internen Formen der Organisation oder die Mitbestimmung ihrer Mitglieder sind in irgendeiner Art und Weise festgeschrieben oder geregelt. Die in der Öffentlichkeit mitschwingende Annahme, dass aufgrund der Entwicklung „von unten“ heraus, dass heißt aus einem nicht staatlich organisierten öffentlichen Interesse, die NGOs in irgendeiner Form basisdemokratisch sein müssen, entbehrt einer realen Grundlage. NGOs können sich demokratisch organisieren, dies ist jedoch nicht ihre konstitutive Basis.
Weiterhin diagnostiziert Roth in seinem Text ein Auseinanderdriften der beiden Akteure, denn durch die zwangsläufige thematische Orientierung der NGOs in Richtung Institutionen aufgrund der Abhängigkeit von öffentlichen Geldern „… hat die NGO-Elite ihre lokalen Wurzeln, soweit sie überhaupt vorhanden waren, gekappt und ist wenig interessiert an der Transparenz des Informations- und Verhandlungsgeschehens, zu dem ihre Repräsentanten Zugang haben.“[10]
[...]
[1] Brand, Ulrich: Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates. Münster 2001.
[2] Roth, Roland: NGO und transnationale soziale Bewegungen: Akteure einer „Weltzivilgesellschaft“? In: Brand, Ulrich u. a.: Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates. Münster 2001.
[3] Hirsch, Joachim: Des Staates neue Kleider. In: Brand, Ulrich u. a.: Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates. Münster 2001. S. 15.
[4] Ebd. S. 15.
[5] Ebd. S. 16.
[6] Demirovic, Alex: NGO, Staat und Zivilgesellschaft. In: Brand, Ulrich u. a.: Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates. Münster 2001. S. 142.
[7] Vgl. Roth, Roland: NGO und transnationale soziale Bewegungen: Akteure einer „Weltzivilgesellschaft“? In: Brand, Ulrich u. a.: Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates. Münster 2001. S. 46.
[8] Ebd. S. 53.
[9] Roth, Roland: NGO und transnationale soziale Bewegungen: Akteure einer „Weltzivilgesellschaft“? In: Brand, Ulrich u. a.: Nichtregierungsorganisationen in der Transformation des Staates. Münster 2001. S. 62.
[10] Ebd. S. 53.
- Citar trabajo
- Sven Zalac (Autor), 2010, NGOs und die Transformation des Staates, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268476
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