Die Unternehmensnachfolge bei inhabergeführten Unternehmen stellt in den nächsten Jahren eine komplexe Herausforderung mit beträchtlichem Umfang dar. Diese Ausarbeitung stellt übersichtlich und verständlich die Problemstellungen mit entsprechenden Lösungsansätzen dar. Hierbei wird schwerpunktmäßig auf aktuelles Steuerrecht (inkl. Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 29.06.2013) eingegangen, aber auch nicht steuerliche Aspekte werden genannt und erläutert.
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis
A Das Einzelunternehmen als Gegenstand der vorweggenommenen Erbfolge
I Ausgangssituation
II Bestandsermittlung und Wertfindung
III Steuerbarwertminimierung als Zielsetzung
B Unentgeltlichkeit, Teilentgeltlichkeit, Vollentgeltlichkeit
C Behandlung der Übertragung im Zivilrecht
I Haftung
II Pflichtteilsrecht
III Widerrufsvorbehalte
IV Verhältnis Zivil- und Schenkungsteuerecht
D Behandlung der Übertragung im Einkommensteuerrecht
I Grundsatz der Buchwertfortführung
II Gleichstellungsgelder
III Versorgungsleistungen
IV Nießbrauchsvorbehalte
V Behandlung von Verlustvorträgen des alten Inhabers
VI Zurückbehalt von einzelnen Wirtschaftgütern
VII Die Verkaufslösung
E Behandlung der Übertragung im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
I Begünstigung für Betriebsvermögen
1 Begriff und Anwendungsmerkmale
2 Verschonungsregelungen
3 Verwaltungsvermögen
4 Lohnsummenklausel
5. Nachsteuer
II Freibeträge
III Steuerklassen
F Unterschiede bei den Rechtsformen im Rahmen der Nachfolgeplanung
G Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
A Das Einzelunternehmen als Gegenstand der vorweggenommenen Erbfolge
I Ausgangssituation
Die Regelung der Unternehmensnachfolge stellt eine existenzielle unternehmerische Herausforderung dar. Mit ihr entscheidet sich nicht nur die Zukunft des Unternehmens ganz entscheidend, sondern auch die des Nachfolgers und zahlreicher seiner Arbeitnehmer. Vor dem Hintergrund, dass der deutsche Mittelstand 70 % der in der Bundesrepublik beschäftigten Arbeitnehmer einstellt und ganz maßgeblich für die deutsche Wirtschaftsleistung verantwortlich ist, verdichtet sich die Anforderung an eine strategische und vorausschauende Planung der Unternehmensnachfolge. Um die Erhaltung des Unternehmens und seine Profitabilität auch weiterhin zu sichern, ist es daher entscheidend, sich frühzeitig um die Nachfolgeregelung im Unternehmen zu kümmern.[1]
Aus der Betrachtungsweise einer steueroptimalen Gestaltung erweist sich eine strategische Nachfolgeregelung ebenso als empfehlenswert. So können aufgrund der Vertragsfreiheiten Gestaltungen unternommen werden, welche die vorzeitige Übertragung gegenüber der Übertragung des Todes wegen vorteilig erscheinen lässt. Die verschiedenen Optionen können zu unterschiedlichen Steuerbelastungen führen. Daher sollten die Akteure über die möglichen Gestaltungsvarianten und deren Ausprägungen informiert sein. Hierbei sollten die Entscheidungen keinesfalls ausschließlich von steuerlichen Erwägungen abhängig gemacht werden. Zumeist ist außerdem eine außersteuerliche Betrachtung zumindest so flexibel, als dass sie den steuerlichen Erfordernissen einer vorteilhaften Gestaltung genügen kann.[2]
Als Ausgangssituation wird ein einzelunternehmerischer Gewerbebetrieb betrachtet, welcher mit seinem vollhaftenden Geschäftsinhaber zur Gruppe der Betriebspersonenunternehmen gehört. Hierbei wird im Weiteren unterstellt, dass sowohl der alte als auch der neue Inhaber Kaufmann im Sinne des HGB sind und demnach zur Bilanzaufstellung verpflichtet sind. Der ursprüngliche Geschäftsinhaber beabsichtigt im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge sein Unternehmen auf einen einzigen Angehörigen zu übertragen.
Da es beim Einzelunternehmen keine Gesellschafter gibt, ist es selbstverständlich, dass sich Gestaltungen, die sich nach den Beziehungen des Beschenkten hinsichtlich der Altgesellschafter richten, erübrigen. Gemeint sind insbesondere die Beachtung von Fortsetzungs-, Nachfolge- und Eintrittsklauseln. Diese Tatsache reduziert die Komplexität der Nachfolge bei einem Einzelunternehmen erheblich.
Die Frage nach der Unternehmensnachfolge stellt sich zwingend erst beim Tod des bisherigen Inhabers, da das Vermögen nicht subjektlos werden kann und daher rechtlich jemandem zugeordnet werden muss. Sofern der Inhaber nicht lediglich durch testamentarische Anordnung für den Todesfall seine Vermögensübertragung einrichten möchte, sondern auch auf den Zeitpunkt der Übertragung Einfluss nehmen möchte, kann er die vorweggenommene Erbfolge nutzen.[3]
Unter der vorweggenommenen Erbfolge versteht man die Vermögensübertragung, die unter Lebenden getätigt wird. Die Übertragung erfolgt unter Rücksicht der künftigen Erbfolge. Für den Begriff der vorweggenommenen Erbfolge gibt es keine gesetzliche Definition. Der Begriff wird allerdings im Bürgerlichen Gesetzbuch vorausgesetzt (§ 539a BGB). Nach der Definition des BGH vom 30.01.1991, welche der BFH in seinem Urteil vom 08.12.1993[4] übernommen hat, ist darunter die „Übertragung des Vermögens (oder eines wesentlichen Teils davon) durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als (künftige) Erben in Aussicht genommene Empfänger“ zu verstehen. Hiernach fehle es, wenn ein Schenker nicht seine volle Rechtsstellung, sondern nur einen Teil hiervon überträgt. Des Weiteren beschränkt sich die Rechtsprechung nicht auf Angehörige als Schenkberechtigte, vielmehr können unter den Begriff der vorweggenommenen Erbfolge auch fremde Dritte fallen.[5]
Die Urform der vorweggenommenen Erbfolge ist die Hofübergabe eines landwirtschaftlichen Betriebs. Hier stehen in der Regel sowohl die Betriebsfortführung als auch die Altersrente des Übergebers im Fokus.[6]
Der wesentliche Vorteil der vorweggenommenen Erbfolge liegt in ihrer Planbarkeit und der resultierenden Gestaltung der verschiedenen steuerlichen und auch zivilrechtlichen Aspekte. Neben diesen Aspekten spielen auch physiologische Faktoren eine erhebliche Rolle, so kann aus der Sicht des Schenkers durch Vertragsvereinbarungen gezielt weiterhin Einfluss auf die betrieblichen Aktivitäten genommen und die eigene ökonomische Existenz gesichert werden.[7]
Man spricht von der vorweggenommenen Erbfolge bei einer unentgeltlichen oder einer teilentgeltlichen Übertragung. Eine vollentgeltliche Übertragung ist in der Systematik der vorweggenommenen Erbfolge ausgeschlossen, da sie zumindest eine teilweise unentgeltliche Übertragung vorsieht.[8]
Da es sich um Rechtsgeschäfte unter Lebenden handelt, existiert eine weite Vertragsfreiheit, die je nach Absicht und Ausgangslage genutzt werden kann. So unterliegt die vorweggenommene Erbfolge weder erbrechtlichen Vereinbarungen noch ist sie an bestimmte Vertragstypen gebunden. Sie ist somit eine Schenkung unter Lebenden, die darüber hinaus ergänzende Vereinbarungen, je nach Einzelfall, vorsehen kann.[9]
Bei der vorweggenommenen Erbfolge fallen je nach Umstand Schenkungsteuer und Einkommensteuer an. In Deutschland wird die Schenkungsteuer nach dem Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz erhoben (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Eine gesetzliche Definition für Schenkungen unter Lebenden findet sich in § 7 ErbStG. Vermögensübertragungen im Rahmen der vorweggenommen Erbfolge unterliegen keiner Einkunftsart des § 2 Abs. 1 Nr. 1-7 EStG. Damit sind Überschneidungen zwischen der Einkommensteuer und der Erbschaftsteuer in der Regel ausgeschlossen. Ist die Einkommensteuer noch im Betrieb des ursprünglichen Inhabers entstanden und hat er sie beglichen, mindert dies entsprechend den Unternehmenswert. Ist sie noch nicht beglichen, liegen beim neuen Geschäftsinhaber abziehbare Erbfallschulden nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG vor.[10] Eine mögliche Doppelbesteuerung durch Erbschaftsteuer und Einkommensteuer könnte für den Fall eintreten, dass Wirtschaftsgüter, die beim Übertragenden noch keine Einkommensteuer ausgelöst haben, im Folgenden auf den Erben übertragen werden, hierdurch Erbschaftsteuer auslösen, und sich danach zusätzlich in einkommensteuerpflichtige Einkünfte umwandeln.[11] Ein Beispiel wäre demnach die durch Schenkungsteuer belastete Übertragung stiller Reserven, die im Anschluss durch Veräußerung des neuen Inhabers realisiert werden. § 35b EStG, der in solchen Fällen eine Ermäßigung der Einkommensteuer vorsieht, greift hier offensichtlich nicht, da er ausschließlich für Erbfälle anwendbar ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine doppelte Besteuerung sollten also im Vorfeld vermieden werden.[12]
Da der Gesetzgeber einige Freibeträge und Begünstigungen für Betriebsvermögensübertragungen vorsieht, kann bei guter Ausgangssituation und strategischer Planung die Besteuerungsbelastung sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei der Schenkungsteuer in voller Höhe ausfallen.
Im Rahmen dieser Arbeit werden die verschiedenen zivilrechtlichen, einkommen- und erbschaftsteuerlichen Aspekte einer Unternehmensübertragung unter Lebenden auf einen Angehörigen erläutert und Vorschläge im Hinblick auf eine steueroptimale Gestaltungspraxis gemacht. Diesbezüglich wird auch die Möglichkeit von Nießbrauchsvorbehalten, wiederkehrenden Leistungen und Gleichstellungsgeldern, welche an pflichtteilsberechtigte Dritte gezahlt werden, detailliert dargestellt.
II Bestandsermittlung und Wertfindung
Das Einzelunternehmen hat grundsätzlich keine eigene Rechtsfähigkeit. Es kann daher nicht das Zuordnungsobjekt von Rechten und Pflichten sein. Die verschiedenen Rechte und Pflichten werden dem Rechtsträger zugeordnet, der der Inhaber des Unternehmens ist. Der Rechtsträger ist rechtsfähig und wird daher Rechtssubjekt des Unternehmens genannt. Das führt dazu, dass das Einzelunternehmen kein Eigentum erwerben kann. Folglich gibt es kein Gesellschaftsvermögen als solches. Zivilrechtlich wird beim Einzelunternehmen nicht zwischen dem Privat- und dem Betriebsvermögen unterschieden. Dieser Sachverhalt führt bei der Übertragung, sei sie entgeltlich oder unentgeltlich, zu Irritationen. Da das Unternehmen kein eigenes Eigentum hat, kann nur das Eigentum an dem Unternehmensträger zur Übertragung in Frage kommen (share deal) oder es werden die einzelnen Wirtschaftsgüter, die den Betrieb definieren, übertragen (asset deal). Da man bei dem Inhaber nicht von einer Beteiligung am Unternehmen sprechen kann, kommt eine Übertragung in Form einer Beteiligung nicht in Frage. Somit bleibt nur der „asset deal“ als Übertragungsmöglichkeit bestehen. Durch die Übertragung werden die Wirtschaftsgüter von ihrem bisherigen Unternehmensträger getrennt und dem neuen Unternehmensträger zugewiesen. Dadurch, dass die Übertragung zu einem neuen Inhaber des Einzelunternehmens führt, muss die Änderung in das Handelsregister eingetragen werden.[13]
Zivilrechtlich wird nicht zwischen Privat- und Betriebsvermögen unterschieden. Anders verhält es sich im Steuerrecht: Die steuerliche Gewinnermittlung wird durch die Differenz des Betriebsvermögens am Anfang eines Wirtschaftsjahres mit dem am Ende eines Wirtschaftsjahres ermittelt (§ 4 Abs. 1 EStG). Daher ist die Abgrenzung zwischen Privat- und Betriebsvermögen von zentraler Wichtigkeit zur Ermittlung des steuerlichen Gewinns. Maßgebend für die Abgrenzung ist das Veranlassungsprinzip nach § 4 Abs. 4 EStG. Es besagt, dass alle jene Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen gehören, welche betrieblich veranlasst bzw. hergestellt oder eingelegt wurden. Eine betriebliche Veranlassung liegt regelmäßig vor, wenn ein wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftsgut und dem Unternehmen besteht. Eine Unterteilung des Betriebsvermögens liegt durch die Gliederung von notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen vor. Problematisch für die Unterteilung sind solche Wirtschaftsgüter, die sowohl betrieblich als privat genutzt werden. Notwendiges Betriebsvermögen liegt dann vor, wenn das Wirtschaftsgut objektiv erkennbar und endgültig zu einem unmittelbaren Einsatz in dem Betrieb bestimmt ist.[14] Gewillkürtes Betriebsvermögen, bezeichnet Wirtschaftsgüter, die einerseits subjektiv bestimmt und andererseits objektiv dazu geeignet sind den Betrieb zu fördern. Außerdem darf dieses Wirtschaftsgut nicht schon notwendiges Betriebs- oder Privatvermögen sein. Entscheidend für die Zuordnung ist das Ermessen des Steuerpflichtigen.[15] Privatvermögen wird gesetzlich zwar nicht definiert, aber eine Definition ergibt sich durch die gegenläufige Analogie zum Betriebsvermögen. Gemäß der oben genannten Darstellung kann nur notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen zur Übertragung bezüglich der Unternehmensnachfolge relevant sein.[16]
Nachdem in den letzten Jahrzehnten zur Vermögensbewertung bei Personenunternehmen stets die Kapitalkonten, also die Salden aus Vermögenswerten und Schulden, zur Unternehmensbewertung herangezogen wurden, werden seit dem Erbschaftssteuerreformgesetz 2009 auch Personenunternehmen, synchron zu Kapitalgesellschaften, mit dem gemeinen Wert angesetzt.[17] Somit sind stille Reserven und Firmenwerte zur Unternehmensbewertung einzubeziehen. Fraglich ist allerdings, ob latente Steuern auf die stillen Reserven zu berücksichtigen sind. Anfänglich ist der gemeine Wert aus Verkäufen an fremden Dritten, die weniger als ein Jahr vor dem Besteuerungszeitpunkt zurückliegen, abzuleiten. Ist eine Bewertung diesbezüglich nicht möglich, erfolgt eine Unternehmensbewertung. Bei den anzuwendenden Bewertungsmethoden existiert eine Bandbreite an Möglichkeiten, so sind alle marktgängigen Verfahren zulässig[18]. Es gelten insbesondere die ertragswertorientierten und zahlungsflussorientierten Bewertungsmethoden. Hier ist insbesondere das „vereinfachte Ertragswertverfahren“ als unkompliziertes und günstiges Verfahren zu nennen. Diese Bewertungsmethode ist in den §§ 199 ff. BewG verankert. Der vereinfachte Ertragswert besteht demnach aus dem Ertragswert des betriebsnotwendigen Betriebsvermögens, dem Nettowert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens, dem gemeinen Wert der Beteiligungen sowie dem Nettowert des jungen Betriebsvermögens. Hierbei wird der Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens durch Multiplikation des zukünftig erzielbaren Jahresertrags mit einem Kapitalisierungsfaktor errechnet. Zu diesem Zweck ist der in der Vergangenheit erzielte Durchschnittsertrag, der aus den Betriebsergebnissen der letzten drei Wirtschaftsjahre zu ermitteln ist, maßgebend. Allerdings sollte von einer Verwendung dieses Bewertungsverfahrens abgesehen werden, wenn begründete Zweifel an der Genauigkeit bestehen. Begründete Zweifel seien: Das Vorhandensein von komplexen Strukturen, verbundenen Unternehmen, neugegründeten Unternehmen, eines Branchenwechsels des Unternehmens oder branchenbezogenen oder allgemeinen Krisenzeiten. Die Untergrenze bildet be Unternehmensfortführung stets der Substanzwert (§ 11 Abs. 2 S. 3 BewG).[19]
III Steuerbarwertminimierung als Zielsetzung
Die strategische Unternehmensnachfolge stellt in der Regel einen über Jahre andauernden Prozess dar. Aus steuerlicher Sicht ist die Unternehmensnachfolge daher mit dem Hauptziel verbunden, die mit der Vermögensübertragung verbundene steuerliche Belastung ausgehend von den Steuerbarwerten zu minimieren. Hierbei obliegt der Unternehmensnachfolge die Besonderheit der Zielsetzung einer Steueroptimierung auf mehrere Personen. Es kann demnach nicht von primärem Interesse sein den Fokus der Steueroptimierung nur auf ein Steuersubjekt zu konzentrieren, es kommt vielmehr auf die Summe sämtlicher Steuerbelastungen der beteiligten Steuersubjekte an. Hierfür ist bei dem Anspruch einer gerechten Verteilung der Steuerlast ein Ausgleich zwischen den Beteiligten wegen der verschiedenen Steuerbelastungen denkbar.[20]
Da je nach Ausgangslage neben erbschaftsteuerlichen bzw. schenkungsteuerlichen Überlegungen auch einkommensteuerliche Auswirkungen entstehen können, bedarf es bei dem Oberziel Steuerminimierung einer Konkretisierung auf die Subziele Minimierung der Schenkungsteuer, Minimierung der Einkommensteuer und Minimierung der sonstigen Steuern. Das Subziel der Minimierung der Schenkungsteuer beinhaltet die Nutzung der begünstigten Vermögenswerte in dem Sinne, dass ein möglichst großer Anteil von steuerlich begünstigtem Vermögen übertragen werden soll. Dem objektiven Nettoprinzip entsprechend gilt es darüber hinaus Verbindlichkeiten und Lasten, die im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung stehen, als Erwerbsschmälerungen zum Abzug zu bringen und damit steuerlich geltend zu machen. Eine weitere Maßnahme zur Erfüllung des Subzieles der Minimierung der Schenkungsteuer liegt in der Ausnutzung von Freibeträgen und günstigen Steuertarifen. Hier sind sowohl die Freibeträge für Betriebsvermögen gem. § 13a ErbStG als auch die persönlichen Freibeträge, die je nach Verhältnisgrad zum Übertragenden ausfallen, von Bedeutung. Grundsätzlich ist bei Übertragungen mit Personen verschiedener Steuerklassen eine Verteilung der Gesamtbelastung wünschenswert. Hierbei ist darauf zu achten, dass hoch bewertete Vermögensteile auf Personen mit günstiger Steuerklasse und niedrig bewertete Vermögensteile auf Personen mit nachteiliger Steuerklasse zuzuweisen sind. Da die Übertragung eines Betriebes als einheitliches Ganzes erfolgen soll und die Teilbarkeit in der Regel steuerschädlich erfolgen würde, ist diese kombinierte Übertragung von einzelnen Vermögenswerten eher irrelevant. Darüber hinaus kann der Steuerbetrag durch Wahlrechte des Erbschaftsteuergesetzes, die zu Kürzungen des Steuerbarwertes führen, realisiert werden. Hier ist insbesondere die Stundung gemeint. So kann bei Bedarf und nach Antrag die Schenkungsteuer nach § 28 ErbStG auf einen Zeitraum von zehn Jahren gestundet werden.[21]
Das Subziel der Minimierung der Einkommensteuer kann insbesondere durch die Vermeidung einer Aufdeckung stiller Reserven erfolgen. Bei der Unternehmensnachfolge wird in der Regel eine steuerneutrale Buchwertfortführung angestrebt, umso durch Steuerzahlungen Liquiditätsbelastungen zu vermeiden. Aus Sicht des Nachfolgers ist andererseits eine Anhebung der steuerlichen Buchwerte der Vermögenswerte wünschenswert, da aus ihr in den Folgejahren grds. eine Erhöhung der Abschreibungen und damit eine Steuerminimierung resultiert. Darüber hinaus ist die volle Anerkennung von gezahlten wiederkehrenden Leistungen erstrebenswert. Während Versorgungsleistungen bei einer unentgeltlichen Übertragung innerhalb der vorweggenommenen Erbfolge als Sonderausgaben abzugsfähig sind, kommt es bei Unterhaltsleistungen zu einem steuerlichen Abzugsverbot gem. § 12 Nr. 2 EStG. Auf der anderen Seite möchte der Empfänger der Erträge aus wiederkehrenden Leistungen, diese möglichst einer niedrigen Steuerbelastung unterwerfen. Hier spielt auch der Aspekt eine wichtige Rolle, dass wohl in nicht seltenen Fällen das bisher geführte Unternehmen die wesentliche Grundlage für die Altersvorsorge darstellt. Neben dem Übertragenden können aber auch andere Personen, beispielsweise solche, die Abfindungen oder Gleichstellungsgelder durch einen möglichen Pflichtteilsverzichts erhalten, von einkommensteuerlichen Belastungen betroffen sein. Desweiteren sind einkommensteuerliche Vergünstigungen auch auf den Nachfolger zu sichern. Relevant sind hier in erster Linie die Regelungen, die an personenbezogene Verbleibens- und Verwendungsvoraussetzungen gebunden sind. Hierunter können Sonderabschreibungen, steuerfreie Rücklagen und Investitionszulagen fallen.[22]
Die erläuterten Zielsetzungen im Hinblick der Schenkungsteuer und der Einkommensteuer stehen wohl im Mittelpunkt einer steueroptimalen Gestaltung im Rahmen der vorweggenommen Erbfolge. Allerdings können auch die sonstigen Steuern, wie Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer im Einzelfall von Bedeutung sein. Hier sollte insbesondere bei einem Zurückbehalt von wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die einkommensteuerliche Behandlung hingewiesen werden, da hierdurch evtl. der komplette Übertragungsvorgang der Umsatzsteuer unterliegen kann.[23]
Da es bei der Unternehmensnachfolge nicht ausschließlich um steuerliche Zielsetzungen gehen kann, bedarf es der Errichtung eines Zielsystems, welches die einzelnen steuerlichen und außersteuerlichen Ziele mithilfe von Ordnungskriterien integriert und darstellt.[24]
B Unentgeltlichkeit, Teilentgeltlichkeit, Vollentgeltlichkeit
Die unentgeltliche Übertragung bezeichnet eine Schenkung unter Lebenden. Sie ist eine freigiebige Zuwendung und ist in § 516 BGB definiert. Die Schenkung hat für die Nachfolgeplanung die wesentlichste Bedeutung. Bei einer unentgeltlichen Übertragung gilt somit nicht das Erbrecht sondern die Regelungen der §§ 516 ff. BGB Voraussetzung für eine Schenkung ist die Entreicherung des Schenkers, d. h. dass eine dauerhafte Belastung seiner Vermögenssphäre eintritt und eine konkludente Bereicherung des Beschenkten mit einer materiellen Vermögensmehrung entsteht. Von der Schenkung sei die Leihe, eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, sei sie auch auf Lebzeiten geduldet, abzugrenzen.[25] Ebenso wird eine Schenkung versagt, wenn der Empfänger eine Leistung als Treuhänder hält oder zur Weitergabe an Dritte verpflichtet ist.[26]
Die unentgeltliche Übertragung besagt, dass keine Gegenleistung für die Schenkung vereinbart oder gewährt wird. Eine Gegenleistung wird beispielweise vermutet, wenn diesbezüglich ein gegenseitiger Vertrag i. S. d. § 320 BGB besteht. Sollte eine Gegenleistung nicht vereinbart sein, aber faktisch durchgeführt wird, spricht man von einem verdecktem Rechtsgeschäft gem. § 117 Abs. 2 BGB.[27]
Die Schenkung wird nur durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen relevant (§ 516 Abs. 1 BGB). Wobei das Schweigen auf Seiten des Beschenkten als konkludente Annahme gewertet wird (§ 516 Abs. 2 BGB). Die Form der Schenkung richtet sich nach § 518 Abs. 1 BGB, nachdem die Schenkung eine notarielle Beurkundung vorsieht. Die notarielle Beurkundung ist für sämtliche Rechtsgeschäfte zwingend, welche die notarielle Form vorsieht. Ein Formmangel führt gem. § 125 BGB zur Nichtigkeit der Willenserklärungen. Durch Vollzug der Schenkung wird der Formmangel bezüglich der Willenserklärungen allerdings geheilt.[28]
Die Übernahme von Betriebsschulden im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge, selbst wenn sie den Buchwert des Aktivvermögens übersteigen, ist eine unentgeltliche Übertragung.[29] Dies gilt allerdings nur, sofern keine sonstigen Gegenleistungen erbracht werden. Die Vereinbarung von Nebenleistungen, beispielsweise die Zahlung von Gleichstellungsgeldern, würde somit zu einer Versteuerung des kompletten negativen Kapitalkontos auf Seiten des Übertragenden führen. Der Übernehmer hätte in diesem Fall Anschaffungskosten in Höhe der Nebenleistungen zzgl. des übernommenen negativen Kapitalkontos.[30]
Teilentgelt bezeichnet eine Gegenleistung, welche unterhalb der Buchwerte des steuerlichen Kapitalkontos liegt. Erfolgt die Übertragung teilentgeltlich, dann wendet die Rechtsprechung die sog. Einheitstheorie an. Die Einheitstheorie besagt, dass keine Unterteilung zwischen vollentgeltlichen und unentgeltlichen Anteil existiert. Belaufen sich die Zuführungen insgesamt über den Buchwerten des steuerlichen Kapitalkontos, spricht man in der Folge von einer vollentgeltlichen Übertragung, liegen sie darunter geht man insgesamt von einem unentgeltlichen Vorgang aus.[31]
Die Trennungstheorie differenziert bei teilentgeltlichen Vorgängen in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Vorgang. Während der unentgeltliche Teil zu Buchwerten übertragen wird und es dementsprechend nach § 6 Abs. 3 EStG zu keiner einkommensteuerlichen Besteuerung kommt, löst der entgeltliche Teil eine Veräußerung, mit der teilweisen Aufdeckung stiller Reserven, aus.[32]
Die vollentgeltliche Übertragung entspricht einer Betriebsveräußerung wie unter fremden Dritten. Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge obliegt dieser Möglichkeit eine eher untergeordnete, praktische Bedeutung, da die Übertragung im Generationenverbund in der Regel zumindest teilentgeltlich übertragen wird. Für die steuerliche Gestaltungspraxis kann sie allerdings je nach Ausgangssituation und je nach Besitzverhältnissen von Bedeutung sein. Dies könnte insbesondere auf Übertragungen zutreffen, die nicht unter die Begünstigungen der §§ 13a, 13b ErbStG fallen.[33]
C Behandlung der Übertragung im Zivilrecht
I Haftung
Unterschiede zu allgemeinen erbrechtlichen Regelungen ergeben sich insbesondere bei der Unternehmensfortführung des neuen einzelkaufmännischen Unternehmensinhabers bei der Haftung der übernommenen Verbindlichkeiten, die aus dem Handelsgeschäft resultierten. Bei solchen Verbindlichkeiten haftet der neue Inhaber auch persönlich und uneingeschränkt. Die erweiterte handelsrechtliche Haftung gem. § 27 Abs. 1 HGB sieht eine unbeschränkte Haftung für diese Verbindlichkeiten vor. Voraussetzung ist die Unternehmensfortführung mit oder ohne Beifügung eines Nachfolgevermerks. Die Beschränkungen zur Erbenhaftung im Bürgerlichen Gesetzbuch bleiben insoweit ohne Anwendung.[34] Ein Haftungsausschluss für die alten, betriebsbedingten Verbindlichkeiten kann nach § 25 Abs. 2 HGB erfolgen. Der handelsrechtlichen Vollhaftung kann der neue Unternehmensinhaber außerdem entgehen, indem er die Fortführung des geschenkten Betriebes innerhalb von drei Monaten, nach Kenntnisnahme der Übertragung, beendet. Nach der Geschäftseinstellung haftet er nach den Regeln der §§ 1967 ff. BGB unbeschränkt, aber beschränkbar.[35]
II Pflichtteilsrecht
Die gesetzliche Erbfolge sieht für Angehörige gewisse Pflichtteile nach § 2303 ff. BGB vor. Somit wird die gewillkürte Erbfolge, nach der der Erblasser frei über sein zu übertragendes Vermögen verfügen kann, teilweise durchbrochen. Pflichtteilsberechtigt sind die Kinder des Erblassers, der Ehegatte, der eingetragene Lebenspartner sowie die Eltern des Erblassers, sofern keine Kinder vorhanden sind. Der Pflichtteil ist somit ein Abfindungsanspruch zugunsten der engsten Verwandten. Er berechnet sich aus der Hälfte der gesetzlichen Erbquote und dem anteiligen Unternehmenswert, der sich von anerkannten Bewertungsverfahren ableiten lässt. Der Anteil ist als Geldanspruch fällig.[36]
Bei Übertragungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge spricht man bei oben stehendem Sachverhalt von Pflichtteilergänzungsansprüchen. Hierdurch soll der Pflichtteilberechtigte so gestellt werden, wie er stünde, wenn der Erblasser den Wert des Nachlasses zu Lebzeiten nicht durch Schenkungen reduziert hätte. Hierzu wird der Pflichtteil nach der Neufassung des § 2325 BGB auf einen Zeitraum von zehn Jahren, zwischen der Schenkung und dem Erbfall, ratierlich mit einem Abschlag von zehn Prozent pro Jahr abgeschmolzen. Schenkungen, die vor zehn Jahren oder länger nach Eintritt des Erbfalls getätigt wurden, enthalten demnach keine Pflichtteile mehr. Schenkungen an Ehegatten und übertragende Vermögensgegenstände, die wirtschaftlich weiterhin dem Erblasser verwendbar sind, enthalten zu der oben genannten Regelung abweichende Einzelfälle. Die Zahlungsansprüche sind in der Regel aus der übertragenen Vermögensmasse zu leisten. Diese so genannten Gleichstellungsgelder können auf der Seite des Beschenkten zu Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1, Nr. 1a EStG führen.[37]
III Widerrufsvorbehalte
Die Erklärung eines Widerrufs der Schenkung macht auch bei engen Angehörigen Sinn. Der Schenker sollte auf die Sicherungsmechanismen der gesetzlichen Rückforderungs- und Widerrufsrechte nicht verzichten. Es sind folgende Konstellationen denkbar: Die Rückforderung bei Nichterfüllung einer Auflage, die Rückforderung wegen Bedürftigkeit, der Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks oder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Der Widerruf ist darüber hinaus als Sicherungsmechanismus gegen den Zugriff Dritter auf das übertragende Vermögen und für atypische Situationen (z.B. Tod des Beschenkten) sinnvoll.[38]
Widerrufsrechte können auch steuerliche Bedeutung haben, so sieht beispielsweise § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG die Steuerbefreiung für Vermögensgegenstände, die im Wege vorweggenommener Erbfolge übertragen wurden und durch Todesfall des Beschenkten zum Schenker zurückfallen. Hier setzt allerdings die enge gegenständliche Auslegung die Rückübertragung desselben Gegenstandes voraus.[39] Hierunter fallen nicht die Rückübertragungen aufgrund eines vertraglich vereinbarten Rückforderungsrechtes. Solche Sachverhalte lösen beim Beschenkten einen Steuerrückerstattungsanspruch nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG aus und auf Seiten des ursprünglichen Schenkers fallen aufgrund des fehlenden Schenkungscharakters keine Schenkungsteuerbelastung an. Voraussetzung für die schenkungsteuerliche Neutralität ist, dass das Rückforderungsrecht bereits im Schenkungsvertrag vereinbart wurde und zivilrechtlich einredefrei bestanden hat.[40]
In der Regel hindert eine freie Widerrufsvereinbarung die steuerliche Anerkennung der Schenkung nicht. Allerdings ist aus mehreren Gesichtspunkten vor der Entrechtung des Beschenkten und der allzu vorteilhaften Stellung des Schenkers Vorsicht geboten. Maßgebend für die Übertragung seien das Unternehmerrisiko und die Unternehmerinitiative auf Seiten des Beschenkten, um von einer einkommensteuerlichen und schenkungsteuerlichen Schenkung sprechen zu können.[41] Folgend würden die Gewinne einkommensteuerrechtlich weiterhin auf den Übertragenden zuzurechnen sein. Schenkungsteuerlich sind durch eine fehlende Unternehmerinitiative insbesondere die Verschonungsabschläge nach §§ 13a, 13b ErbStG gefährdet. Auch die, Pflichtteilsrecht betreffende, Zehn Jahres-Grenze und die Freibetragsgrenze sind bei einer verkappten Schenkung zu versagen.[42]
Eine mögliche Maßnahme zur Vermeidung steuerlicher Nachteile wäre die Einräumung einer atypischen Unterbeteiligung der Beschenkten. Diese Form der Beteiligung wird, nach entsprechender Gestaltung, als Mitunternehmerstellung gewertet. Im Zuge stärkeren Vertrauens in den Nachwuchs kann dann eine vollständige Anteilsübertragung vollzogen werden.[43]
IV Verhältnis Zivil- und Schenkungsteuerecht
Im Allgemeinen stehen das Zivilrecht und das Steuerrecht gleichrangig nebeneinander. Sie beurteilen denselben Sachverhalt aus anderen Gesichtspunkten und nach unterschiedlichen Bewertungsmaßstäben. Trotz der Selbstständigkeit des Steuerrechts verwendet es teilweise Begriffe, die aus dem Zivilrecht entnommen sind. In diesen Fällen bedarf es der Prüfung der jeweiligen Wortbedeutung, ob das Steuerrecht den Auslegungen des Zivilrechts folgt oder ob es einen eigenständigen Sachverhalt aufweist. Ergibt sich ein eigenständiger Sachverhalt, so ist die Wortbedeutung nach dem steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang, nach dem Zweck des jeweiligen Steuergesetzes und dem Inhalt der Einzelregelung zu interpretieren.[44]
Eine Besonderheit des Erbschaftsteuergesetzes ist die Verbindung zum BGB. Hierdurch entsteht eine „bürgerlich-rechtliche Prägung des Erbschaftsteuerrechts“ und steht insoweit der allgemeinen Eigenständigkeit des Steuerrechts auf das Erbschaftsteuerecht entgegen. Bei der Auslegung des ErbStG ist daher zu unterscheiden, ob und inwiefern die Norm an das Zivilrecht angelehnt ist. Dies wiederrum bedarf ebenfalls einer Auslegung. Man unterscheidet daher, je nach Stärke der Bindung des ErbStG an das Zivilrecht, nach drei Fallgruppen:
1) Das ErbStG verweist in einzelnen Normen ausdrücklich auf das BGB. Für eine steuerrechtliche Deutung besteht insoweit keine Anwendung.
2) An einigen Stellen enthält das ErbStG Begriffe, die dem Zivilrecht entnommen sind, ohne hierbei ausdrücklich auf deren Bedeutung zu verweisen. Hier besteht keine generelle Maßgeblichkeit des Zivilrechts für das ErbStG. Diese Begriffe können eine eigenständige, vom Zivilrecht unabhängige, Bedeutung bekommen.
3) Das ErbStG verwendet Begriffe, die keinem anderen Rechtsgebiet entnommen sind. Hierbei besteht keine Maßgeblichkeit des Zivilrechts. Hier ist eine eigenständige Bedeutungsauslegung vorzunehmen.
Trotz der Nähe des ErbStG zum Zivilrecht kann man nicht von einer grundsätzlichen Maßgeblichkeit des Zivilrechts sprechen. Eine eigenständige schenkungsteuerliche Prüfung, wie der II. Senat sie fordert, ist somit nur zur Bestimmung der Bedeutung erbschaftsteuerrechtlicher Begriffe statthaft.[45]
D Behandlung der Übertragung im Einkommensteuerrecht
I Grundsatz der Buchwertfortführung
Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs führt grundsätzlich zum Gebot der Buchwertfortführung auf Seiten des Beschenkten (§ 6 Abs. 3 EStG). Voraussetzung ist, dass der Betrieb mit seinen funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen wird. Funktional wesentlich sind alle jene Betriebsgrundlagen, die der Betrieb zur Unternehmensfortführung benötigt. Ein Zurückbehalt von diesen Wirtschaftsgütern führt zu einer Betriebsaufgabe und damit zu einer Bewertung des gesamten Vermögens mit dem gemeinen Wert und den damit verbundenen einkommensteuerlichen Konsequenzen bezogen auf das gesamte übertragende Vermögen. Grundsätzlich gilt, dass sämtliche Vermögenswerte, die dem Betriebsvermögen zuzuordnen sind, bei der Übertragung allerdings vorenthalten werden, den Sachverhalt einer Privatentnahme darstellen und einkommensteuerlich mit dem gemeinen Wert angesetzt werden.[46]
Zu beachten ist, dass Geldschulden, die durch die Gewährung eines Nießbrauchsvorbehalts oder durch Gleichstellungsgelder bestehen, einen steuerlichen Veräußerungsvorgang darstellen, sofern die Verbindlichkeiten durch Hingabe steuerlich verhafteter Vermögensgegenstände beglichen werden. Eine weitere Voraussetzung besteht nach § 6 Abs. 3 EStG darin, dass die Übertragung auf eine natürliche Person stattfinden muss. Demnach ist eine Einbringung des Einzelunternehmens in eine, beispielsweise dem Sohn gehörende, GmbH nach dieser Norm ausgeschlossen. Darüber hinaus ist die Buchwertfortführung durch die unentgeltliche Aufnahme eines Partners in ein einzelkaufmännisches Unternehmen seit dem Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz zwingend anwendbar (§ 6 Abs. 3 S. 1 2. HS EStG). Die Anwendbarkeit des Bewertungswahlrechts nach § 24 UmwStG wird hierdurch ausgeklammert.[47]
Die Übernahme von betrieblichen Schulden führt nicht zu einer entgeltlichen Übertragung. Dies gilt auch, wenn der steuerliche Saldo der Buchwerte negativ ist. Erst die Verpflichtung der Übernahme von privaten Schulden im Rahmen einer Unternehmensübertragung führt zu einem entgeltlichen Vorgang und damit zu einer Versagung des § 6 Abs. 3 EStG.[48]
Die Buchwertfortführung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge findet am häufigsten Anwendung, da hierdurch keine stillen Reserven aufgedeckt und der Versteuerung unterzogen werden. Allerdings gilt es auch zu beachten, dass durch die Aufdeckung stiller Reserven die Abschreibungsbasis aufgestockt wird und damit eine in den Folgejahren reduzierte Besteuerung stattfinden kann. Daher muss je nach Einzelfall zwischen Buchwertfortführung und einer möglichen Verkaufslösung abgewogen werden.[49]
II Gleichstellungsgelder
Die sich aus den Pflichtteilsrechten (§§ 2303 ff. BGB) ergebenen Gleichstellungsgelder können bei dem neuen Unternehmensinhaber zu erheblichen Liquiditätsengpässen und schließlich zur Gefährdung der Unternehmensfortführung führen. Pflichtteilsberechtigt sind nach § 2303 BGB die Abkömmlinge des Übertragenden, seine Eltern und sein Ehegatte, sofern sie von der Erbfolge ausgeschlossen wurden. Die Höhe des Pflichtteils wird unter Beachtung des § 2310 BGB ermittelt. Die Gleichstellungsgelder können beim Leistenden nach § 10 Abs. 1, Nr. 1a EStG als Sonderausgaben abgezogen werden. Der Anspruch ist ein Geldanspruch und wird nach den Grundsätzen der Unternehmensbewertung ermittelt. Sowohl der alte als auch der neue Unternehmensinhaber sollten aufgrund der oben genannten Aspekte eine Minimierung der Gleichstellungsgelder anstreben.[50]
Der Pflichtteilsanspruch ist als Geldanspruch sofort fällig. Der neue Unternehmensinhaber kann aber, sofern er selbst pflichtteilsberechtigt wäre, in Ausnahmefällen durch die drohende Zerschlagung von Wirtschaftseinheiten und der damit verbundenen unbilligen Härte die Stundungsvorschrift des § 2331a BGB einbringen. Hiernach wäre der Anspruch zu stunden. Das Recht des Pflichtteilberechtigten nach Sicherheit und Verzinsung bleibt unberührt (§ 2331a Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 1382 Abs. 2, 3 BGB). Bei der Prüfung einer unbilligen Härte ist auch das Privatvermögen des neuen Inhabers anzusetzen. Außerdem darf nach restriktiver Rechtsprechung auch zur diesbezüglichen Aufnahme von Krediten gedrängt werden. Daher dürfte die praktische Relevanz der Stundung von Gleichstellungsgeldern eher untergeordneter Natur sein [51]
[...]
[1] Vgl. SPIEGELBERGER: Unternehmensnachfolge (2009), S. 3
[2] Vgl. GEBEL: Betriebsvermögensnachfolge (2002), S. 160
[3] LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 110 f.
[4] Vgl. BFH Urteil vom 08.12.1993, II R 61/89
[5] Vgl. BFH Urteil vom 25.1.2001, II R 92/98, BB 2001, 819
[6] Vgl. SPIEGELBERGER: Unternehmensnachfolge (2009), S. 182
[7] Vgl. JOACHIM: Die vorweggenommene Erbfolge (2009), S. 3
[8] Vgl. BFH, Gr. S., Beschluss vom 05.07.1990, BStBl. II 1990, S. 851
[9] Vgl. GEBEL: Betriebsvermögensnachfolge (2002), S. 160
[10] Vgl. FISCHER/ JÜPTNER/ PAHLKE/ WACHTER: ErbStG: Einführung (2012), S. 13
[11] Vgl. WISSING: Doppelbelastung mit Erbschaftssteuer und Einkommensteuer vermeiden (2010), S. 1
[12] Vgl. FROTSCHER: EStG § 35b Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer (2010), Rz. 4
[13] Vgl. MEYERING: Einzelunternehmen (2012)
[14] Vgl. BFH Urteil vom 13.11.1996, XI R 31/95
[15] Vgl. BFH Urteil vom 22.09.1993, X R 37/91
[16] Vgl. MEYERING: Einzelunternehmen (2012)
[17] Vgl. §§ 109, 11 Abs. 2 BewG-E
[18] Vgl. STAHL/ STRAHL/ FUHRMANN: Beratungsbrennpunkte: Erbschaftssteuerreform, Vorweggenommene Erbfolge, Testamentsgestaltung (2008), S. 32
[19] Vgl. RB 199.1 Abs. 6 ErbStR 2011
[20] Vgl. LUTTERBACH: Steuerorientierte Planung der Unternehmensnachfolge (2002), S. 37
[21] Vgl. LUTTERBACH: Steuerorientierte Planung der Unternehmensnachfolge (2002), S. 43 f.
[22] Vgl. ZIMMERMANN/ HOTTMANN/ HÜBNER/ SCHAEBERLE/ VÖLKEL: Die Personengesellschaft im Steuerrecht (2013), S. 465
[23] Vgl. LUTTERBACH: Steuerorientierte Planung der Unternehmensnachfolge (2002), S. 49
[24] Vgl. LUTTERBACH: Steuerorientierte Planung der Unternehmensnachfolge (2002), S. 50 f.
[25] Vgl. BGH Urteil vom 13.07.1994, XII ZR 1/93, BGHZ 127, 48; in FROTSCHER: EStG Anhang 3 zu 15, Unternehmensnachfolge (2012)
[26] Vgl. FISCHER/ JÜPTNER/ PAHLKE/ WACHTER: ErbStG 2009, § 7 ErbStG Rz. 201
[27] Vgl. SPIEGELBERGER: Unternehmensnachfolge (2009), S. 152 f.
[28] Vgl. FROTSCHER: EStG Anhang 3 zu 15, Unternehmensnachfolge (2012), Rz. 24a
[29] Vgl. MÄRKLE: DStR 1993, S. 1005 ff.
[30] Vgl. BFH Urteil vom 16.12.1992, BStBl. II, 436
[31] Vgl BFH Urteile vom 21.06.2012 und 19.09.2012
[32] Vgl. PRINZ/ HÜTTIG: Der Betrieb (2012), Heft 46, S. 2597- 2602
[33] Vgl. LEHMANN: Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (2009), S. 235 ff.
[34] Vgl. FROTSCHER: EStG Anhang 3 zu 15, Unternehmensnachfolge, Rz. 72
[35] Vgl. LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 111
[36] Vgl. LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 27
[37] Vgl. LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 31
[38] Vgl. LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 67 f.
[39] Vgl. BFH BStBl. II1994, 656, 657 f., in LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 66
[40] Vgl. IVENS: ZErb (2010), S. 286
[41] Vgl. DStR 1989, S. 706
[42] Vgl. FROTSCHER: EStG Anhang 3 zu 15 Unternehmensnachfolge (2012), Rz. 124
[43] Vgl. LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 69
[44] Vgl. LEHMANN: Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (2009), S. 29
[45] Vgl. LEHMANN: Gesellschaftsrechtliche Gestaltungen im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (2009), S. 30
[46] Vgl. LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 63 f.
[47] Vgl. HINRICHS: Steuerliche Aspekte der Unternehmensnachfolge (2012), S. 17
[48] Siehe hierzu Kap. B: „Unentgeltlichkeit, Teilentgeltlichkeit, Vollentgeltlichkeit" (S. 12)
[49] Vgl. MÄHLMANN: RSM Germany: Nachfolgeregelungen und Vorsorgeüberlegungen für Familienunternehmer und Privatpersonen (2012), S. 21
[50] Vgl. FROTSCHER: EStG Anhang 3 zu 15, Unternehmensnachfolge, Rz. 73
[51] Vgl. LORZ/ KIRCHDÖRFER: Unternehmensnachfolge (2011), S. 29
- Citar trabajo
- Egon Lennert (Autor), 2013, Die Gestaltung der vorweggenommenen Erbfolge bei einem mittelständischen Einzelunternehmen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/268127
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