Die sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) als eine ambulante und betreuungsintensive Form öffentlicher Erziehungshilfe entstand mit der Reform des Jugendhilferechts. Sie wurde entwickelt als
präventive Maßnahme im Vorfeld von Heimerziehung, als
Alternative zu dieser oder auch als nachgehende Hilfe bei der Rückführung von Kindern und Jugendlichen. Bei der sozialpädagogischen Familienhilfe werden die Stabilisierung der Eigenkräfte der Familie und eine Erweiterung ihrer Selbsthilfekompetenz angestrebt. SPFH ist eine intensive Form von ambulanter sozialpädagogischer Hilfe, welche die Familie als
Ganzes in den Blick nimmt.
Es stellt sich jedoch die Frage, wie diese Hilfemaßnahme konkret erbracht wird und in welchen Familien sie sinnvoll ist. Kann SPFH eine Fremdunterbringung von Kindern wirklich verhindern? Wenn eine sozialpädagogische Familienhilfe in einer hilfebedürftigen Familie installiert wurde, welche Wirkung hat sie dann und welche Erfolge können erzielt werden? In Anbetracht dessen wäre es auch interessant zu erfahren, ob es Fälle gibt, in denen SPFH praktisch unmöglich ist.
Diesen Fragen soll in der folgenden Arbeit nachgegangen werden.
Inhalt
1 Einleitung
2 Definition „Sozialpädagogische Familienhilfe“
3 Der Familienhelfer
3.1 Qualifikation und Kompetenzen
3.2 Aufgaben
4 Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe
4.1 Problemlagen der Familien
4.2 Mindestanforderungen und Ausschlusskriterien
4.3 Vermittlung durch das Jugendamt
5 Die Arbeit im Rahmen der SPFH
5.1 Arbeitsansätze
5.2 Methodisches Handeln
6 Möglichkeiten der SPFH
6.1 Leistung und geplante Wirkungen
6.2 Verdeutlichung am Fallbeispiel Familie S
7 Grenzen der SPFH
7.1 Schwierigkeiten und Hindernisse
7.2 Abbrüche der Hilfemaßnahme
8 Schlussgedanken
9 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) als eine ambulante und betreuungsintensive Form öffentlicher Erziehungshilfe entstand mit der Reform des Jugendhilferechts. Sie wurde entwickelt als präventive Maßnahme im Vorfeld von Heimerziehung, als Alternative zu dieser oder auch als nachgehende Hilfe bei der Rückführung von Kindern und Jugendlichen.[1] Bei der sozialpädagogischen Familienhilfe werden die Stabilisierung der Eigenkräfte der Familie und eine Erweiterung ihrer Selbsthilfekompetenz angestrebt. SPFH ist eine intensive Form von ambulanter sozialpädagogischer Hilfe, welche die Familie als Ganzes in den Blick nimmt. Es stellt sich jedoch die Frage, wie diese Hilfemaßnahme konkret erbracht wird und in welchen Familien sie sinnvoll ist. Kann SPFH eine Fremdunterbringung von Kindern wirklich verhindern? Wenn eine sozialpädagogische Familienhilfe in einer hilfebedürftigen Familie installiert wurde, welche Wirkung hat sie dann und welche Erfolge können erzielt werden? In Anbetracht dessen wäre es auch interessant zu erfahren, ob es Fälle gibt, in denen SPFH praktisch unmöglich ist.
Diesen Fragen soll in der folgenden Arbeit nachgegangen werden.
2 Definition „Sozialpädagogische Familienhilfe“
Sozialpädagogische Familienhilfe ist eine Form der Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz). Sie ist eine ambulante Hilfe, welche die Entwicklung von Kindern und das Erziehungsverhalten von Eltern fördern soll. Ein Anlass für diese Hilfe besteht dann, wenn „eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist“[2].
Unter den acht Hilfen zur Erziehung nimmt die sozialpädagogische Familienhilfe eine besondere Stellung ein: Es geht nicht nur um die
Probleme eines einzelnen Kindes oder Jugendlichen, sondern die Hilfe bezieht sich grundsätzlich auf die ganze Familie. Die SPFH orientiert sich an den bestehenden Schwierigkeiten und vorhandenen Ressourcen des gesamten Familiensystems, einschließlich des sozialen Netzwerkes. Der Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe soll vor allem die Erziehung der Kinder innerhalb der eigenen Familie ermöglichen, d.h. eine Fremdunterbringung und somit eine Trennung von Eltern und Kindern vermeiden.[3]
Ihre rechtliche Grundlage hat sozialpädagogische Familienhilfe im § 31 SGB VIII. Hier wird sie wie folgt definiert:
„Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.“[4]
Die konkrete Ausgestaltung der Hilfe entwickelt sich in der Zusammenarbeit von der Familie und dem Familienhelfer.
3. Der Familienhelfer
Die sozialpädagogische Familienhilfe wird von freien oder öffentlichen Trägern angeboten und von einem sogenannten Familienhelfer durchgeführt. Hierbei handelt es sich um eine besoldete Kraft, die für im Einzelfall vereinbarte Zeiten – meist täglich – in der Familie tätig ist. Im Folgenden soll nun auf Fragen der Qualifikation und auf die Aufgaben des Familienhelfers eingegangen werden.
3.1 Qualifikation und Kompetenzen
Die Anforderungen an die Qualifikation eines Familienhelfers kann man teilweise aus dem § 31 SGB VIII ableiten. Hier wird die Hilfeform SPFH als sozialpädagogisch charakterisiert, sie soll Hilfe zur Selbsthilfe geben, und es soll eine intensive Betreuung und Begleitung von Familien in umfassender Hinsicht stattfinden. Zudem richtet sich das Angebot in der Regel an Familien, die sich in vielfältig schwierigen Lebenslagen befinden, somit ist eine Unterstützung in mehreren Bereichen und auch eine breite Methodenkenntnis erforderlich. Demnach scheint die Qualifikation Sozialpädagoge/Sozialarbeiter für dieses komplexe Arbeitsfeld notwendig und sinnvoll zu sein.[5]
Es kommen jedoch noch andere Berufsgruppen in Betracht. Die Qualifikationen der Familienhelfer sind in der Praxis sehr unterschiedlich. So sind zum Beispiel auch Erzieher, Psychologen oder Krankenschwestern und teilweise auch Laien im Rahmen der sozialpädagogischen Familienhilfe tätig.[6] Verbindliche Kriterien für die Festlegung auf eine bestimmte Berufsgruppe fehlen bislang weitgehend. Dennoch lässt sich die fachliche Komponente genauer bestimmen:[7]
- Die Qualifikation muss eine dominante sozialpädagogische Dimension haben.
- Die pädagogische Qualifikation sollte sich nicht nur auf den Umgang mit Kindern beziehen, sondern die Fähigkeit einschließen, die gesamte Familie in den Betreuungsprozess einzubeziehen.
- Die oftmals unzureichende materielle/finanzielle Situation der Familien verlangt von dem Familienhelfer Kenntnisse in den Bereichen des Arbeitslosen- und Sozialhilferechts sowie der Schuldnerberatung. Erforderlich sind auch Erfahrung und Geschick im Umgang mit Ämtern und Behörden. (Jedoch müssen Familienhelfer auch ihre eigenen Grenzen kennen und ggf. an andere Stellen wie zum Beispiel Schuldnerberatungsstellen vermitteln.)
Familienhelfer brauchen eine Reihe von professionellen Kompetenzen und persönlichen Eigenschaften, die für ihre Arbeit wichtig und notwendig sind. Es würde hier den Rahmen sprengen, alle, als idealtypisch[8] geltende, Kompetenzen und Eigenschaften aufzuzählen. Einige sollen jedoch erwähnt werden. Eine wichtige Fähigkeit in der sozialpädagogischen Familienhilfe ist, nicht nach vorgefassten Plänen zu agieren, sondern situationsspezifisch zu handeln. Weiterhin sollte der Familienhelfer über Kompetenzen wie zum Beispiel ressourcenorientiertes Denken, strukturiertes Handeln, Kooperationsfähigkeit, Gesprächsführung und Selbstevaluation verfügen. Es sollte auch die Fähigkeit vorhanden sein, die Situation von Familien nicht nur unter Defizitgesichtspunkten, sondern auch unter dem Aspekt gesellschaftlicher Benachteiligung zu sehen und positive Anknüpfungspunkte für eine Veränderung zu finden. Auch persönliche Eigenschaften wie Beziehungsfähigkeit, Empathie, Frustrationstoleranz, Geduld, Zuverlässigkeit und Flexibilität sind in der sozialpädagogischen Familienhilfe wichtig.[9]
3.2 Aufgaben
Die Aufgaben der Familienhelfer liegen in der praktischen Unterstützung der Familien bei Haushalt, Kinderpflege, Arztbesuchen, Umgang mit Ämtern, Freizeitgestaltung mit den Kindern und bei Bedarf auch für die Erwachsenen. Die Arbeit des Familienhelfers besteht aus beratender und praktischer Hilfe im Rahmen des Auftrages, mit dem er in den einzelnen Familien tätig ist. Wenn die Familie im Verlauf der Hilfe zusätzliche Problembereiche mit dem Familienhelfer bearbeiten möchte, sollten diese dem prozesshaften Charakter der SPFH entsprechend berücksichtigt werden.[10]
Die erste Aufgabe des Familienhelfers ist die Entwicklung von Vertrauen. Ohne Vertrauensbasis in der Familie kann die Arbeit nicht gelingen. Um diese unverzichtbare Basis herzustellen, muss die Familie über die Berichtspflichten des Familienhelfers aufgeklärt sein, und der Familienhelfer muss das Selbstbestimmungsrecht der Familien wahren. Mitteilungen an das Jugendamt (oder andere Stellen) sollte der Familienhelfer nur weitergeben, wenn die Familie zuvor informiert wurde und einverstanden ist. Neben diesen formalen Aspekten zur Vertrauensbildung sollte es der Familie zu Beginn der Hilfe möglich sein, sich gegen den Familienhelfer zu entscheiden. Vertrauensentwicklung wird wesentlich von menschlicher Zuneigung entschieden.[11]
Zu den ersten Tätigkeiten des Familienhelfers zählen häufig gemeinsame Einkäufe, Beseitigung der chaotischen und unhygienischen Wohnsituation, Begleitung zu Behörden etc. und Kinderversorgung wie regelmäßiges Essen, zur Schule schicken, Hausaufgabenhilfe. Neben den praktischen Hilfen sind Beratungsgespräche mit den Eltern sehr wichtig, bei denen meist Erziehungsfragen und Partnerschaftsprobleme im Mittelpunkt stehen. Die Arbeit des Familienhelfers erfordert eine empathische Begleitung, außerdem ist sie sehr zeitintensiv. Wegen der hohen Anforderungen an die Persönlichkeit und Kompetenz des Familienhelfers ist Supervision erforderlich, um die Arbeit reflektieren zu können.[12]
4. Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe
Sozialpädagogische Familienhilfe wird überwiegend in „Multiproblemfamilien“ eingesetzt. In diesen Familien bestehen meist angehäufte Probleme in mehreren Bereichen:
- Ökonomische Probleme (z.B.: geringes Einkommen, Arbeitslosigkeit, wirtschaftliche Abhängigkeit vom Sozialamt oder Schulden)
- Soziale Probleme (z.B.: Isolation, viele Kinder, unzureichende Wohnverhältnisse oder soziale Folgeprobleme, die aus langfristiger Arbeitslosigkeit resultieren wie Verlust von Status und sozialer Sicherheit)
- Biographische Probleme (z.B.: Fremdunterbringungserfahrungen bei Eltern und Kindern, belastete Partnerschaften aufgrund von Alkohol, Gewalt oder Inhaftierungen, gering entwickelter Bildungsgrad der Eltern oder fehlende Berufsausbildung)
Die Familien, denen SPFH gewährt wird, sind weitestgehend mit unzureichenden Mitteln ausgestattet (ökonomisch, sozial und biographisch), um Krisen erfolgreich begegnen zu können. Wenn eine Krise eskaliert, ist nicht selten das gesamte Familienleben bedroht.[13]
[...]
[1] Vgl. Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge (Hg.): Fachlexikon der sozialen Arbeit, 4. überarbeitete Auflage, Stuttgart u.a. 1997, S. 321
[2] Ulrich Stascheit (Hg.): Gesetze für Sozialberufe, 9. Auflage, Baden-Baden 2002, Sozialgesetzbuch Achtes Buch, § 27 (1)
[3] Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)(Hg.): Handbuch Sozialpädagogische Familienhilfe, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1999, S. 6f
[4] Ulrich Stascheit (Hg.): Gesetze für Sozialberufe, 9. Auflage, Baden-Baden 2002, Sozialgesetzbuch Achtes Buch, § 31
[5] Vgl. BMFSFJ (Hg.): Handbuch Sozialpädagogische Familienhilfe, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1999, S. 94
[6] Vgl. Rothe, Marga: Sozialpädagogische Familien- und Erziehungshilfe. Eine Handlungsanleitung, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart u.a. 1994, S. 5f
[7] Vgl. Elger, Wolfgang: Sozialpädagogische Familienhilfe, Neuwied 1990, S. 43
[8] Laut BMFSFJ (Hg.): Handbuch Sozialpädagogische Familienhilfe, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1999
[9] Vgl. BMFSFJ (Hg.): Handbuch Sozialpädagogische Familienhilfe, 3. überarbeitete Auflage, Stuttgart 1999, S. 96ff
[10] Vgl. Textor, Martin R. (Hg.): Hilfen für Familien. Ein Handbuch für psychosoziale Berufe, Frankfurt am Main 1990, S. 442
[11] Vgl. Textor, Martin R.: Hilfen für Familien. Ein Handbuch für psychosoziale Berufe, Frankfurt am Main 1990, S. 442
[12] Vgl. Fieseler, Gerhard/Herborth, Reinhard: Recht der Familie und Jugendhilfe. Arbeitsplatz Jugendamt/Sozialer Dienst, 5. überarbeitete Auflage, Neuwied u.a. 2001, S. 246
[13] Vgl. Textor, Martin R. (Hg.): Hilfen für Familien. Ein Handbuch für psychosoziale Berufe, Frankfurt am Main 1990, S. 439f
- Arbeit zitieren
- Daniela Dorn (Autor:in), 2004, Möglichkeiten und Grenzen der Sozialpädagogischen Familienhilfe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26789
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