Traditionelle Konzepte der Arbeitskraftnutzung des Taylorismus und Fordismus versuchen durch starre Kontrolle und Überwachung der Arbeitstätigkeiten das sog. Transformationsproblem zu lösen. Solche Arbeitskonzepte stellen eine Mindestbereitschaft der Arbeitenden sicher, indem sie durch eine strenge betriebliche Überwachung gezwungen werden, die Arbeitstätigkeit im Sinne des Unternehmens auszuführen. Steigende Nachfrage und die zunehmende Globalisierung setzen Unternehmen vor die Herausforderungen die vorherrschende Produktivität zu steigern. Tayloristische und fordistische Methoden der Arbeitskraftnutzung erweisen sich diesbezüglich als ungenügend, weil weitere Kontrollverschärfungen überproportionale Kosten erzeugen, die Leistungsbereitschaft der Arbeitenden weiter begrenzt wird und der Zugang zu den Fähigkeiten der Arbeitenden, schnell und kreativ auf komplexe Anforderungen zu reagieren, verhindert wird (Voß, Pongratz 1998: 138). Ein neueres arbeitssoziologisches Konzept, welches diese Probleme berücksichtigt, ist das der Subjektivierung von Arbeit, das gleichzeitig die Grundlage entgrenzter Arbeitsverhältnisse darstellt.
Subjektivierung von Arbeit beschreibt die beidseitige Reaktion von Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden auf den Versuch einer zunehmenden Produktivitätssteigerung. Betriebliche Veränderungen der Arbeitsformen und eine Erweiterung der relativen Autonomie der Beschäftigten verlagern die Transformation von Arbeitspotenzial in tatsächliche Arbeitsleistungen auf die Arbeitenden selbst. Diese richten in gleichem Maße neuartige subjektive Ansprüche an die Arbeit, um ihren eigenen Fähigkeiten und Selbstentfaltungswünschen geltend zu machen.
Klassische Arbeitsverhältnisse werden diesen Ansprüchen immer weniger gerecht. Sowohl betriebliche Ansprüche der Produktivitätssteigerung, als auch subjektive Geltungsansprüche führen zu einer Veränderung der Arbeit, der sog. Entgrenzung der Arbeit. Arbeitsverhältnisse werden in ihren wichtigsten Dimensionen aufgelöst. Festgelegte zeitliche Regelungen werden zu vagen Vereinbarungen, gleichermaßen wird der Ort der Arbeitsausführung unwichtiger; von höchstem Interesse ist nur ein hochwertiges Endprodukt.
„Jung zählt auf das ‚volle Commitment‘ der ganzen Belegschaft und meint selbstkritisch, man funktioniere teilweise fast wie eine ‚Sekte‘: ‚Wir mussten Leuten schon den Firmenschlüssel wegnehmen, um sie von der Arbeit rund um die Uhr abzuhalten. […]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Subjektivierung von Arbeit
- 2.1. Formen von Subjektivität
- 2.2. Normative Subjektivierung
- 3. Der Arbeitskraftunternehmer
- 3.1. Die drei Dimensionen des Arbeitskraftunternehmers
- 3.2. Kritik an der Theorie des Arbeitskraftunternehmers
- 4. Entgrenzung von Arbeit
- 5. Ambivalente Folgen entgrenzter Arbeitsverhältnisse
- 6. Bedeutung und Wirkung der Arbeit
- 7. Einflüsse auf motivationales Verhalten von Erwerbspersonen in entgrenzten Arbeitsverhältnissen
- 7.1. Arbeitsmotivation
- 7.2. Arbeitszufriedenheit
- 7.3. Belastung und Beanspruchung
- 7.4. Identifikation und Commitment mit Organisationen
- 8. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Motivationsfaktoren erwerbstätiger Personen in entgrenzten Arbeitsverhältnissen. Sie analysiert den Wandel des Verhältnisses von Individuum und Arbeit im Kontext zunehmender Subjektivierung und Entgrenzung der Arbeit. Die Arbeit beleuchtet die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Arbeitsmotivation, -zufriedenheit, Belastung und Beanspruchung sowie auf die Identifikation und das Commitment der Beschäftigten.
- Subjektivierung von Arbeit und ihre Auswirkungen
- Der Arbeitskraftunternehmer als gesellschaftliche Folge
- Entgrenzung von Arbeit und die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben
- Einflussfaktoren auf die Arbeitsmotivation in entgrenzten Arbeitsverhältnissen
- Zusammenhang zwischen Entgrenzung, Arbeitszufriedenheit und Belastung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt den Wandel des Verhältnisses von Arbeit und Individuum. Sie thematisiert das Transformationsproblem von Bravermann und die Grenzen tayloristischer und fordistischer Arbeitskonzepte im Angesicht steigender Produktivitätsanforderungen und Globalisierung. Die Subjektivierung von Arbeit wird als neueres arbeitssoziologisches Konzept vorgestellt, das die Grundlage entgrenzter Arbeitsverhältnisse bildet. Es wird auf die zunehmende Verlagerung der Verantwortung für die Transformation von Arbeitspotenzial in tatsächliche Arbeitsleistung auf die Arbeitenden selbst hingewiesen.
2. Subjektivierung von Arbeit: Dieses Kapitel beschreibt die Subjektivierung von Arbeit als wechselseitige Reaktion von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf den Druck zur Produktivitätssteigerung. Betriebliche Veränderungen und zunehmende Autonomie der Beschäftigten führen dazu, dass die Arbeitenden selbst die Transformation von Arbeitspotenzial in Arbeitsleistung steuern. Gleichzeitig entwickeln sie neue subjektive Ansprüche an die Arbeit, um ihren Fähigkeiten und Selbstentfaltungswünschen gerecht zu werden. Die Unvereinbarkeit klassischer Arbeitsverhältnisse mit diesen Ansprüchen führt zur Entgrenzung der Arbeit.
3. Der Arbeitskraftunternehmer: Dieses Kapitel beleuchtet den "Arbeitskraftunternehmer" als mögliche Folge der zunehmenden Subjektivierung von Arbeit. Die drei Dimensionen Selbstkontrolle, Selbstökonomisierung und Selbstrationalisierung werden diskutiert. Kritische Auseinandersetzung mit dieser Theorie wird ebenfalls angezeigt. Das Kapitel argumentiert, dass die zunehmende Verantwortung der Arbeitnehmer für ihre eigene Produktivität und die Gestaltung ihrer Arbeit zu einer neuen Form der Arbeitsbeziehung führt, in der die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen.
4. Entgrenzung von Arbeit: Dieses Kapitel fokussiert sich auf die Entgrenzung von Arbeit als besondere Herausforderung für die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben. Es analysiert die Auflösung traditioneller Arbeitsverhältnisse in zeitlichen und örtlichen Dimensionen, wobei der Fokus auf dem Ergebnis der Arbeit liegt. Die Kapitel untersucht die Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Lebensqualität der Beschäftigten und die Herausforderungen für die Gestaltung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen beruflichen und privaten Aktivitäten.
5. Ambivalente Folgen entgrenzter Arbeitsverhältnisse: Dieses Kapitel untersucht die ambivalenten Folgen entgrenzter Arbeitsverhältnisse für die Beschäftigten. Es beleuchtet die Auswirkungen der Entgrenzung auf verschiedene Aspekte des Arbeitslebens und die damit verbundenen Herausforderungen und Chancen. Die Kapitel präsentiert die Auswirkungen der Entgrenzung auf das Wohlbefinden der Arbeitnehmer und die damit verbundenen positiven und negativen Aspekte.
6. Bedeutung und Wirkung der Arbeit: Dieses Kapitel befasst sich mit der Bedeutung und Wirkung der Arbeit aus verschiedenen Perspektiven. Es werden Theorien wie die Bedürfnispyramide nach Maslow und der "moderne Arbeitnehmer" nach Baethge herangezogen, um das komplexe Verhältnis von Individuum und Arbeit zu beleuchten. Die Kapitel zeigt wie die Arbeit die Bedürfnisse und die Identität der Arbeitnehmer prägt.
7. Einflüsse auf motivationales Verhalten von Erwerbspersonen in entgrenzten Arbeitsverhältnissen: Dieses Kapitel analysiert verschiedene Theorien der Arbeitsmotivation (Motivtheorie, Selbstbestimmungstheorie, VIE-Theorie), Arbeitszufriedenheit (Zwei-Faktoren-Theorie, Job-Characteristic-Model, Bruggemann Modell) und Belastung/Beanspruchung, sowie Identifikation und Commitment. Die Übertragbarkeit dieser Theorien auf entgrenzte Arbeitsverhältnisse wird diskutiert. Es werden die Faktoren untersucht die die Motivation, Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Arbeitnehmer in entgrenzten Arbeitsverhältnissen beeinflussen.
Schlüsselwörter
Subjektivierung von Arbeit, Entgrenzung von Arbeit, Arbeitskraftunternehmer, Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit, Belastung, Beanspruchung, Identifikation, Commitment, Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, Transformationsproblem.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Motivationsfaktoren erwerbstätiger Personen in entgrenzten Arbeitsverhältnissen
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Motivationsfaktoren von Erwerbstätigen in entgrenzten Arbeitsverhältnissen. Sie analysiert den Wandel der Beziehung zwischen Individuum und Arbeit im Kontext zunehmender Subjektivierung und Entgrenzung der Arbeit und deren Auswirkungen auf Arbeitsmotivation, -zufriedenheit, Belastung, Beanspruchung, Identifikation und Commitment der Beschäftigten.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Zentrale Themen sind die Subjektivierung von Arbeit und ihre Auswirkungen, der Arbeitskraftunternehmer als gesellschaftliche Folge, die Entgrenzung von Arbeit und die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, Einflussfaktoren auf die Arbeitsmotivation in entgrenzten Arbeitsverhältnissen sowie der Zusammenhang zwischen Entgrenzung, Arbeitszufriedenheit und Belastung.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in acht Kapitel: Einleitung, Subjektivierung von Arbeit, Der Arbeitskraftunternehmer, Entgrenzung von Arbeit, Ambivalente Folgen entgrenzter Arbeitsverhältnisse, Bedeutung und Wirkung der Arbeit, Einflüsse auf motivationales Verhalten in entgrenzten Arbeitsverhältnissen und Fazit. Jedes Kapitel wird in der vorliegenden Übersicht zusammengefasst.
Was versteht die Arbeit unter Subjektivierung von Arbeit?
Die Subjektivierung von Arbeit wird als wechselseitige Reaktion von Arbeitnehmern und Arbeitgebern auf den Druck zur Produktivitätssteigerung beschrieben. Zunehmende Autonomie der Beschäftigten führt dazu, dass sie die Transformation von Arbeitspotenzial selbst steuern und gleichzeitig neue subjektive Ansprüche an die Arbeit entwickeln.
Was ist der „Arbeitskraftunternehmer“?
Der „Arbeitskraftunternehmer“ wird als mögliche Folge der Subjektivierung von Arbeit dargestellt. Die drei Dimensionen Selbstkontrolle, Selbstökonomisierung und Selbstrationalisierung werden diskutiert, ebenso kritische Aspekte dieser Theorie. Die zunehmende Verantwortung der Arbeitnehmer für ihre Produktivität führt zu einer neuen Arbeitsbeziehung mit verschwimmenden Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben.
Wie wird die Entgrenzung von Arbeit definiert und welche Folgen hat sie?
Die Entgrenzung von Arbeit beschreibt die Auflösung traditioneller Arbeitsverhältnisse in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, wobei der Fokus auf dem Arbeitsergebnis liegt. Die Arbeit analysiert die Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Herausforderungen für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Es werden sowohl positive als auch negative Folgen beleuchtet.
Welche Theorien werden zur Analyse der Arbeitsmotivation und -zufriedenheit herangezogen?
Zur Analyse der Arbeitsmotivation werden die Motivtheorie, die Selbstbestimmungstheorie und die VIE-Theorie verwendet. Für die Arbeitszufriedenheit werden die Zwei-Faktoren-Theorie, das Job-Characteristic-Model und das Bruggemann-Modell herangezogen. Die Übertragbarkeit dieser Theorien auf entgrenzte Arbeitsverhältnisse wird diskutiert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Subjektivierung von Arbeit, Entgrenzung von Arbeit, Arbeitskraftunternehmer, Arbeitsmotivation, Arbeitszufriedenheit, Belastung, Beanspruchung, Identifikation, Commitment, Vereinbarkeit von Arbeit und Leben, Transformationsproblem.
Wie wird die Einleitung beschrieben?
Die Einleitung führt in die Thematik ein, beschreibt den Wandel des Verhältnisses von Arbeit und Individuum und thematisiert das Transformationsproblem von Bravermann sowie die Grenzen tayloristischer und fordistischer Arbeitskonzepte im Kontext von steigenden Produktivitätsanforderungen und Globalisierung.
Welche weiteren Kapitel werden zusammengefasst?
Die Zusammenfassungen umfassen Kapitel 2 (Subjektivierung von Arbeit), 3 (Der Arbeitskraftunternehmer), 4 (Entgrenzung von Arbeit), 5 (Ambivalente Folgen entgrenzter Arbeitsverhältnisse), 6 (Bedeutung und Wirkung der Arbeit) und 7 (Einflüsse auf motivationales Verhalten in entgrenzten Arbeitsverhältnissen). Jedes Kapitel beschreibt den jeweiligen Schwerpunkt und die wichtigsten Aspekte.
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- Michael Schaaf (Author), 2013, Arbeit in Entgrenzung. Was motiviert Erwerbstätige in entgrenzten Arbeitsverhältnissen zu arbeiten?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266938