In den Jahren 1347-1351 wurde Europa von einer der schlimmsten Seuchen der Menschheitsgeschichte heimgesucht. Die Beulen- und Lungenpest raffte in diesen 5 Jahren etwa ein Drittel der Bevölkerung dahin. Die geschätzte Opferzahl von 20 Millionen lässt dieser zunächst nüchtern anmuteten Zahl eine schier unglaubliche Dimension zukommen. Das Viren sich schlicht gesagt nicht darum kümmern, welcher gesellschaftlicher Schicht der Betroffene angehört scheint aus heutiger, moderner Sicht selbstverständlich. Doch dürfte es mittelalterlichen Menschen durchaus unbegreiflich vorgekommen sein, dass die Pest sowohl den treuen Diener Gottes als auch dem gotteslästerlichen Menschen gleichermaßen den Tod brachte. Bei einer solch hohen Zahl an Todesopfern kann sich sicher jeder ausmalen, dass nicht nur ganze Familien ausgelöscht, sondern ebenso komplette Landstriche entvölkert wurden. Dies muss sich in allen Lebensbereichen, von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bis hin zum Alltag der Menschen verheerend ausgewirkt haben.
Man kann sich sicherlich vorstellen, dass ein solches Extremereignis nicht einfach ohne eine tiefgreifende gesellschaftliche Veränderung von Statten gegangen ist. So kann man heute tiefgreifende Brüche im späten 14. Jahrhundert erkennen und diese mehr oder weniger direkt beziehungsweise indirekt mit der Pest in Verbindung bringen. Doch bereits in den Jahren vor dem schwarzen Tod zeichneten sich gewaltige Umbrüche in der spätmittelalterlichen Gesellschaft ab. Dinzelbacher sieht aufgrund der Pest eine „Intensivierung des laikalen Frömmigkeitslebens“. Er versteht die Zeit des 14. Jahrhunderts allgemein als eine globale Krise, die zusätzlich zu den oft grassierenden Hungersnöten, oder auch Erdbeben darüber hinaus noch von der Pest gequält wurde. Franktisek Graus sah in seiner 1988 erschienenen und in der Pestforschung sicherlich als Standardwerk zu bezeichnenden Monographie „Pest – Geißler – Judenmorde. das 14. Jahrhundert als Krisenzeit“ die Pest als eine Katastrophe von vielen und keine von einschneidender Zäsur. Auch Bergdolt erkannte in der Pest nur „das Ferment“ welches „den Zusammenbruch bereits vorher ins Schwanken geratener Weltbilder beschleunigte“. Ob diese relativierenden Aussagen jedoch zutreffend sind, lässt sich nach meiner Auffassung durchaus bezweifeln. Schwer vorstellbar in den Augen des heutigen Betrachters scheint, es eine „Mortalitätskrise“ von solch gewaltigem Ausmaß als eine Katastrophe unter vielen abzutun.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Methodisches Vorgehen
- Die Pest von 1348
- Ein ereignisgeschichtlicher Überblick
- Mentalitätswandel in Quellen
- Marien- und Heiligenverehrung im Fokus der spätmittelalterlichen Pest
- Fazit
- Quellen- und Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Auswirkungen der spätmittelalterlichen Pest, insbesondere des Höhepunkts von 1348, auf die Mentalität der Menschen in Europa. Dabei steht im Vordergrund, ob die Pest einen tiefgreifenden Wandel im sozialen und religiösen Denken und Handeln der Bevölkerung bewirkt hat.
- Die Pest von 1348 als Extremereignis und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft
- Die Rolle der Marienverehrung in der spätmittelalterlichen Frömmigkeitspraxis
- Die Entwicklung des Todesbewusstseins im Spätmittelalter
- Die Bedeutung des Heiligenkults im Kontext der Pest
- Die Frage nach einem Mentalitätswandel im Spätmittelalter
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Pest und ihrer Bedeutung für die europäische Geschichte ein. Sie stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit dar, nämlich ob die Pest einen Mentalitätswandel im Spätmittelalter bewirkt hat.
Das Kapitel "Methodisches Vorgehen" erläutert die Herangehensweise an die Fragestellung. Aufgrund des zeitlichen und inhaltlichen Umfangs der Thematik wird der Fokus auf bereits erschlossene Quellen gelegt, insbesondere auf Klaus Bergdolts Werk "Die Pest 1348 in Italien".
Das Kapitel "Die Pest von 1348" bietet einen umfassenden Überblick über die Pest in ereignisgeschichtlicher und symptomatischer Hinsicht. Es beleuchtet die Ausbreitung der Krankheit, ihre Symptome und die damaligen Behandlungsmethoden.
Im Unterkapitel "Mentalitätswandel in Quellen" werden verschiedene Quellen zur Pest analysiert, um die Reaktionen der Bevölkerung auf die Seuche zu verstehen. Hierbei wird insbesondere auf das Werk "Decameron" von Giovanni Boccaccio eingegangen.
Das Unterkapitel "Marien- und Heiligenverehrung im Fokus der spätmittelalterlichen Pest" untersucht die Rolle der Marienverehrung und des Heiligenkults im Kontext der Pest. Es wird gezeigt, dass die Pest die Verehrung Marias und anderer Heiliger verstärkte und sie zu Symbolen der Hoffnung und des Schutzes gegen die Krankheit machten.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die spätmittelalterliche Pest, Mentalitätswandel, Marienverehrung, Heiligenkult, Todesbewusstsein, Krisenzeit, Frömmigkeitspraxis, Chiliasmus, Eschatologie, Apokalypse, Geißler, Judenpogrome, "Decameron", "Legenda aurea", "Salus Populi Romani", "Sieben Schmerzen Mariens", "Sieben Freuden Mariens", "Schutzmantelmadonna", "Rosenkranz".
- Quote paper
- Andreas Seibel (Author), 2011, Pest und Marienverehrung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/266354
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