Im Rahmen dieser Arbeit wurde untersucht und analysiert, ob die angestrebten Ziele der Energiewende, die durch die Bundesregierung festgelegt wurden, eingehalten werden können und welche Probleme und Herausforderungen die Energiewende beeinflussen.
Neben dem Aufzeigen von Problemen werden eingeleitete Maßnahmen und mögliche Lösungen dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Ausgangssituation
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau und Methodik derArbeit
1.4 Eingrenzungdes Themas
2 Akteure und Rahmenbedingungen der Energiewende
3 Die Energiewende und das energiepolitische Zieldreieck
3.1 Ziele der Energiewende
3.2 Das energiepolitische Zieldreieck
3.2.1 Versorgungssicherheit
3.2.2 Wirtschaftlichkeit
3.2.3 Umweltverträglichkeit
4 Handlungsfelder zur Verwirklichung der Energiewende
4.1 Erneuerbare Energien
4.2 Netzausbau
4.3 Kraftwerke
4.4 Energieforschung
4.5 Energieeffizienz
4.6 Die Kosten der Energiewende
5 Akzeptanz und Transparenz der Energiewende
6 Umsetzungsstand der Energiewende
7 Fazit
Literaturverzeichnis
Internetquellenverzeichnis
Anhang 1 : Restlaufzeiten der Kernkraftwerke
Anhang 2: Übersichtskarte der Kernkraftwerke
Anhang 3: Aufbau des Netzes
Anhang 4: Deutsches Höchstspannungsnetz - Projekte des EnLAG
Anhang 5: Regionale Verteilung erneuerbarer Stromproduktion in Deutschland 2010
Anhang 6: Interpretation des DEX
Anhang 7: Dimension Versorgungssicherheit
Anhang 8: Dimension Wirtschaftlichkeit
Anhang 9: Dimension Klima- und Umweltverträglichkeit
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2: Aufteilung der Regelzonen in Deutschland
Abbildung 3: Dimensionen des energiepolitischen Zieldreiecks
Abbildung 4: Versorgungssicherheit entlang der Wertschöpfungsstufen
Abbildung 5: Systematik der Leistungsbilanz
Abbildung 6: Netzausbau - vom Plan zum Gesetz
Abbildung 7: Logik der Strompreisbildung anhand der Merit-Order-Kurve
Abbildung 8: Bisherige und zukünftige Energielandschaft
Abbildung 9: Anzahl der Einspeisetarife / Quotensysteme
Abbildung 10: Deutscher Energiewende-Index
Abbildung 11: Umsetzungsstand der Energiewende
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 : Status Quo und ausgewählte quantitative Ziele der Energiewende
Tabelle 2: Leistungsbilanz Gesamtdeutschland
Tabelle 3: Übersicht überArt und Nutzungsformen erneuerbarer Energien
Tabelle 4: Erneuerbare Energien - Anteil am Stromverbrauch
Tabelle 5: Beitrag der erneuerbaren Energien zur Energiebereitstellung
Tabelle 6: Speichermöglichkeiten in Deutschland
Tabelle 7: Kostenberechnung der Energiewende
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Ausgangssituation
Der Begriff Energiewende trat erstmals Anfang der 80er Jahre auf. Zu diesem Zeitpunkt wurde damit die Abkehr von endlichen Energiestoffen wie Kohle, Erdöl, Erdgas oder Uran, hin zu erneuerbaren Energiequellen beschrieben. Spricht man heute von der Energiewende, steht der Begriff vor allem für den Aufbruch in das Zeitalter der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz.1
Entscheidender Auslöser für das Umdenken war eines der stärksten Erdbeben und ein dadurch ausgelöster Tsunami, welcher im März 2011 die Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima mit anschließender Kernschmelze verursachte. In Folge dieses Unglücks bewertete die Bundesregierung die im Energiekonzept dargestellte Rolle der Kernkraftwerke neu. Im Mai 2011 wurde beschlossen, dass Deutschland bis spätestens Ende 2022 vollständig auf die Nutzung der Kernenergie zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität verzichten wird. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde der Betrieb der sieben ältesten Kernkraftwerke sowie des Kernkraftwerkes Krümmel dauerhaft eingestellt. Die übrigen neun Kernkraftwerke werden sukzessiv vom Netz genommen.2 (siehe Anhang 1 und Anhang 2)
Die Wende hin zu erneuerbaren Energien wird nicht ausschließlich aufgrund der riskanten Kernenergie angesichts möglicher Strahlenschäden eingeleitet, sondern auch wegen der ungeklärten Lagerung des radioaktiven Abfalls. Ein weiterer Grund ist, dass die fossilen Energieträger nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen und dass die Abgase der thermischen Kraftwerke Kohlendioxid enthalten, welche als klimaschädlich eingestuft werden.3
Bis zum Jahr 2050 sol die Energieversorgung in Deutschland weitestgehend durch erneuerbare Energien gewährleistet werden. Ein grundlegender Umbau der Energieversorgungssysteme ist dafür unumgänglich. Da Deutschland auch weiterhin ein wettbewerbsfähiger Industriestandort bleiben soll, werden steigende ökonomische und technologische Herausforderungen eine immer größere Rolle spielen. Das Energiekonzept vom September 2010 sowie die Beschlüsse zur Beschleunigung der Energie-wende vom Sommer 2011 sind die Grundlage für den Weg in ein neues Energiezeitalter.4
1.2 Zielsetzung
Seit der Reaktorkatastrophe in Fukushima findet das Thema Energiewende fast täglich in den Medien Beachtung oder wird in der Politik diskutiert.5 Die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende ist eine der größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Die Sicherstellung einer zuverlässigen, bezahlbaren und umweltverträglichen Energieversorgung spielt dabei eine zentrale Rolle.6
Im Rahmen dieser Arbeit soll untersucht und analysiert werden, ob die angestrebten Ziele der Energiewende, die durch die Bundesregierung festgelegt wurden, eingehalten werden können und welche Probleme und Herausforderungen die Energiewende beeinflussen. Neben dem Aufzeigen von Problemen sollen eingeleitete Maßnahmen und mögliche Lösungen dargestellt werden.
Die in diesem Zusammenhang stehenden und zu lösenden zentralen Forschungsfragen sind:
- Was sind die größten Problemfelder der Energiewende?
- Wie entwickeln sich die Kosten der Energiewende?
- Ist eine Umsetzung im Zeitplan möglich?
1.3 Aufbau und Methodik der Arbeit
In der Bachelor-Thesis werden zunächst die zentralen Akteure und Rahmenbedingungen der Energiewende beschrieben. Nachdem das Leitbild der Energiepolitik konkretisiert wird, werden die Hauptziele bis zum Jahr 2020 bzw. 2050 für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende sowie das energiepolitische Zieldreieck dargelegt. Anschließend wird analysiert, wie die konkreten Ziele und Maßnahmen der Bundesregierung für die jeweiligen Handlungsfelder umgesetzt werden sollen. Neben dem aktuellen Umsetzungsstand ist das zentrale Thema der Arbeit, welche derzeitigen Probleme und Herausforderungen die Umsetzung der Energiewende behindern sowie eine Darlegung von eingeleiteten Maßnahmen und möglichen Lösungen. Nachdem die Akzeptanz und Transparenz der Energiewende untersucht wurde, erfolgt abschießend ein Fazit.
Die Erstellung dieser Bachelor-Thesis erfolgt auf der Grundlage einer Recherche von Büchern, Fachartikel, Studien und Forschungsarbeiten. Des Weiteren werden vorhandene Dokumentationen und Interviews analysiert. Ebenso fließen Auswertungen von Fachvorträgen sowie gesetzliche Regelungen und Bestimmungen in die Arbeit ein. Es handelt sich hierbei um eine interdisziplinäre Arbeit, welche die unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen verbindet. Zentrale Rolle spielt neben der Volkswirtschaftslehre und der Betriebswirtschaftslehre auch die Politikwissenschaft. Des Weiteren werden auch technische Aspekte in der Arbeit berücksichtigt.
Die folgende Abbildung soll das Grundgerüst der Arbeit widerspiegeln.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.4 Eingrenzung des Themas
Die Bachelorarbeit wird sich mit der Energiewende, welche im Zuge der Reaktorkatastrophe von Fukushima eingeleitet wurde, auseinandersetzen. Es werden dabei nicht die Anfänge der Energiewende berücksichtigt. Weiterhin ist das Thema Energiewende ständigen Neuerungen und Veränderungen ausgesetzt. Deshalb können aktuelle Änderungen und Entscheidungen nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden.
Angesichts der Komplexität des Themas wird diese Arbeit insbesondere das Handlungsfeld Strom analysieren. Die Handlungsfelder Wärme (Effizienzsteigerung im Gebäudebereich) und Verkehr (Elektromobilität, Erhöhung Bio-Kraftstoffanteil) finden dabei keine Beachtung.
Es werden vor allem die primären Ziele und die dazugehörigen Hauptmaßnahmen der Energiewende hinsichtlich der Verwirklichung und des Umsetzungsgegenstandes analysiert. Es werden nicht alle Ziele und Einzelmaßnahmen beleuchtet. Diese Arbeit soll einen Überblick über die geplante Umsetzung verschaffen und Probleme sowie Lösungsansätze analysieren. Weiterhin wird untersucht, ob die fristgerechte Realisierbarkeit der Primärziele möglich ist.
2 Akteure und Rahmenbedingungen der Energiewende
Die Energiewende ist nicht nur eine politische, sondern auch gesellschaftliche Herausforderung. An der Umsetzung müssen dementsprechend viele unterschiedliche Akteure mitwirken und vor allem Verantwortung übernehmen. Zu den Akteuren der Energiewende gehören unter anderem Politik, Netzbetreiber, Bundesnetzagentur, Stadtwerke und Kommunen aber auch Verbände und Institutionen, wie zum Beispiel die Deutsche Energie-Agentur (dena) sowie Bürgerinitiativen.7 Die Hauptakteure werden im Folgenden beschrieben:
- Politik: Die Politik hat vor allem die Aufgabe, schnell geeignete Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Anreize zu setzen, damit die erneuerbaren Energien künftig optimal in das Netz eingespeist werden können. Dabei dürfen kurzfristige Effizienzgewinne kein Orientierungspunkt sein, sondern es muss der langfristige Nutzen der Volkswirtschaft im Zentrum stehen. Federführende Ministerien sind dabei das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, das Bundesministerium für Finanzen sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung.8
Das Paket zur Energiewende setzt sich aus mehreren Gesetzen und Verordnungen zusammen. Mit den folgenden sechs Gesetzten wurde die Energiewende eingeleitet:
- Dreizehntes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes: Die Änderung des Atomgesetztes hat den Ausstieg aus der Kernenergie bis spätestens zum Jahr 2022 zur Folge.9
- Gesetz zur Neuregelung des Rechtsrahmens für die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EEG): Die Novelle verankert die Ziele des Energiekonzeptes für Strom im EGG. Es wird der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch quantitativ festgelegt.10
- Gesetz zur Neuregelung energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften (EnWGÄndG): Dieses Gesetz trennt den Bereich Netz von den Wettbewerbsbereichen Erzeugung und Vertrieb von Energie. Weiterhin werden die Netzbetreiber verpflichtet, den Netzausbau zu koordinieren, um ein stabiles und leistungsfähiges Stromnetz zu gewährleisten.11
- Gesetz über Maßnahmen zur Beschleunigung des Netzausbaus Elektrizitätsnetze (NABEG): Da der Ausbau der Netzinfrastruktur erheblich beschleunigt werden muss, soll dieses Gesetz dafür sorgen, dass die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt werden.12
- Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Energie- und Klimafonds": Ab 2012 fließen alle Einnahmen des Bundes aus der Versteigerung der Emissionszertifikate in den „Energie- und Klimafonds“. Durch die Verkürzung der Laufzeiten der Kernkraftwerke werden durch Kernkraftwerksbetreiber keine Zahlungen mehr in diesen Fonds fließen.13
- Gesetz zur Stärkung der klimagerechten Entwicklung in den Städten und Gemeinden: Dieses Gesetz ändert in erster Linie Vorschriften im Baurecht. Von den Änderungen soll vor allem die Windkraft profitieren. Ältere Windanlagen werden durch modernere und leistungsfähigere Anlagen - vorzugsweise in Windparks - ersetzt. Dieses sogenannte Repowering soll ein „Aufräumen der Landschaft“14 unterstützen.15
- Übertragungsnetzbetreiber: In Deutschland gibt es derzeit vier ÜNB: Amprion, Tennet, TransnetBW und 50Hertz. Dabei ist Deutschland in vier Regelzonen gegliedert, in der jeweils ein ÜNB die Verantwortung für das Gleichgewicht von Ein- und Ausspeisungen im Stromnetz hat.16 Die Aufteilung kann der Abbildung 2 entnommen werden. Zusätzlich sind die ÜNB verantwortlich für den sicheren Transport des Stroms über weite Entfernungen. Diese vier Unternehmen sind maßgeblich an der Umsetzung der Energiewende beteiligt. Da heutzutage immer weniger verbrauchsnahe Großkraftwerke Strom produzieren, sondern Anlagen fernab der Städte, an der Küste oder auf dem Land den Strom produzieren, werden immer höhere Ansprüche an das Netz gestellt. Aufgabe ist es, den Strom möglichst verlustfrei über Hunderte Kilometer zu transportieren. Dazu braucht es Spannungen von 220 kV oder 380 kV. Die wesentlichen Anforderungen an die Übertragungsnetzbetreiber sind der Bau dieses Höchstspannungsnetz und dessen Unterhaltung sowie die Garantie eines reibungslosen Ablaufes. Die Energiewende stellt die Unternehmen vor neue Herausforderungen - in den kommenden zehn Jahren müssen Tausende Kilometer Stromleitungen neu- oder umgebaut werden. Der Gesetzgeber hat dazu die Netzbetreiber verpflichtet, sich untereinander abzustimmen, wo und wann diese den Ausbaubedarf sehen. Dazu wurde ein Netzentwicklungsplan, der einen Zeitraum von zehn Jahren betrachtet, erstellt.17
Abbildung 2: Aufteilung der Regelzonen in Deutschland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Bundesnetzagentur: Die Bundesnetzagentur ist zuständig für die Überwachung des Elektrizitäts- und Gasmarktes. Seit 2005 fällt in ihre Zuständigkeit die Regulierung des deutschen Elektrizitätsmarktes. Hauptaufgaben sind die Entflechtung der Energiewirtschaft sowie die Gewährleistung von diskriminierungsfreien Netzzugängen und angemessenen Entgelten für die Netznutzung. Auch beim Ausbau des Stromnetzes spielt die Bundesnetzagentur eine zentrale Rolle. Darüber hinaus ist sie verantwortlich für die Ausgestaltung des regulatorischen Rahmens für den Netzbetrieb. Mit Inkrafttreten des Bundesbedarfsplangesetzes im Dezember 2012 ist die Bundesnetzagentur Planungs- und Genehmigungsbehörde für grenz- und länderübergreifende Höchstspannungsleitungen. Damit kann sie über Kosten des Netzausbaus und über den Verlauf der Stromleitungen entscheiden. In den Bundesbedarfsplan wurden sämtliche Maßnahmen, die die Bundesnetzagentur Ende November 2012 im ersten Netzentwicklungsplan bestätigt hatte, übernommen. Im Bundesbedarfsplangesetz wird festgelegt, welche Ausbauvorhaben im Übertragungsnetz unumgänglich und energiewirtschaftlich notwendig sind.18 (siehe Kapitel 4.2)
Problematisch ist, dass in den Ministerien und Verbänden Plattformen und Foren etabliert wurden, in denen vor allem technische Themen diskutiert werden. Da diese Debatten oftmals fragmentiert bleiben, läuft die Energiewende Gefahr, zu einem technokratischen Projekt zu werden, dem die positive Resonanz der Gesellschaft verloren geht. Ein verbindendes Element wäre hier eine mögliche Lösung. Die EthikKommission „Sichere Energieversorgung“ hatte aus diesem Grund im Mai 2011 die Gründung eines Nationalen Forums Energiewende (NFE) vorgeschlagen.19
Das NFE soll den öffentlichen Diskurs zur Energiewende organisieren. Transparenz soll hierbei oberstes Gebot sein. Weiterhin sollen Anregungen und Vorschläge von Bürgern aufgegriffen werden und an die Verantwortlichen der Politik weitergeleitet werden. Vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und dem Word Wide Fund for Nature (WWF) wurde der Vorschlag von der Ethik-Kommission aufgegriffen und zusätzlich konkretisiert. Aufgabe des Forums soll es sein, die wichtigsten Akteure zusammenzubringen. Zusätzlich sollen Herausforderungen rechtzeitig erkannt und angegangen werden, damit diese in den Fokus der gemeinsamen Arbeit gestellt werden können. Das NFE soll neben der Wahrnehmung von Aufgaben zentrale Kompetenzen bündeln. Zu den Aufgaben soll unter anderem gehören, dass eine kontinuierliche Überprüfung des eingeschlagenen Weges stattfinden soll. Dazu soll im Rahmen eines jährlichen Energiewende-Kongresses, auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme über die Zielerreichung der Energiewende, die Arbeit des NFE diskutiert werden. Weiterhin soll das NFE den Austausch und die Abstimmung für die grundsätzliche Ausrichtung von gemeinsamen Aktivitäten des Bundes, der Länder und Kommunen fördern. Neben der Kommunikationsaufgabe soll das NFE auch Barrieren beseitigen und Bürger beteiligen. Derzeit wird die Motivationslage einzelner Bürgerinitiativen zwar erfasst, aber es werden oft nur Einzelfalllösungen konzipiert. Effizient würde es sein, wenn die einzelnen Problemlagen und Positionierungen der Bürgerinitiativen analysiert werden würden, um daraus gemeinsame Lösungsmuster aufzuzeigen. Erfolgreiche Lösungen müssen dann auf vergleichbare Fälle adaptiert werden. Mit diesem Model könnten Bürger vor Ort intensiver eingebunden und kompetenter beraten werden.20
Das erarbeitete Konzept wurde vom BDEW und WWF fertiggestellt und man plant derzeit, dass das Forum spätestens nach der nächsten Bundestagswahl ins Leben gerufen werden kann.21
3 Die Energiewende und das energiepolitische Zieldreieck
3.1 Ziele der Energiewende
Im September 2010 wurde von der Bundesregierung das Energiekonzept beschlossen, welches die energiepolitische Ausrichtung Deutschlands bis zum Jahre 2050 beschreibt. Insbesondere werden in diesem Konzept die Maßnahmen zum Ausbau der erneuerbaren Energien und Netze sowie die Maßnahmen zur Energieeffizienz festgelegt. Im März 2011 wurde aufgrund der Kernschmelze in Fukushima die dargestellte Rolle der Kernenergie im Energiekonzept neu bewertet. Zusammen mit dem im Juni 2011 beschlossenem Energiepaket, welches die Maßnahmen des Energiekonzeptes ergänzt und die Umsetzung beschleunigt, bildet das Energiekonzept die aktuelle Energiepolitik der Bundesregierung ab.22
Im Rahmen des Energiekonzeptes und der Energiewende wurden die in der Tabelle 1 dargelegten Ziele konkretisiert. Es handelt sich hierbei um einen Auszug.
Tabelle 1: Status Quo und ausgewählte quantitative Ziele der Energiewende
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Mit der Festlegung der quantitativen Ziele bis zum Jahr 2050 enthält das Energiekonzept eine Gesamtstrategie für die nächsten vier Jahrzehnte. In 40 Jahren soll der Stromanteil, welcher derzeit zu mehr als 80 % aus fossilen Brennstoffen und Kernenergie besteht, bereits zu mehr als 80 % aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Damit werden die erneuerbaren Energien den Hauptpfeiler für die Stromversorgung bilden. Für einen erfolgreichen Umbau sind vor allem neue Netze, Kraftwerke, Speicherkapazitäten und Technologien notwendig. Ein wesentlicher Eckpfeiler für den Umbau der Energieversorgung stellt das folgende Leitbild der Bundesregierung dar.23 „Energiepolitik ist Grundlage für Wachstum und Wohlstand.“24 Von entscheidender Bedeutung für den Umbau ist, dass Unternehmen und auch Verbraucher diesen Weg mitgehen. Damit Deutschland ein wettbewerbsfähiger Industriestandort bleibt, muss die Politik den Umbau auf eine solide ökonomische Grundlage stellen.25
Einen weiteren Eckpfeiler der Energiewende bilden die Handlungsfelder. Dazu gehören die erneuerbaren Energien als eine tragende Säule der zukünftigen Energieversorgung, die leistungsfähige Netzinfrastruktur für Strom und Integration erneuerbarer Energien, die Energieforschung für Innovationen und neue Technologien, die Schlüsselfrage Energieeffizienz sowie eine transparente Umsetzung der Energiewende.26
Im Oktober 2011 wurde von der Bundesregierung eine unabhängige Expertenkommission, bestehend aus vier Energiewissenschaftlern, bestellt, die die jährlich erstellten Monitoring-Berichte zur Energiewende begutachten und kommentieren sollen. Aus Sicht der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ muss für eine erfolgreiche Bewältigung der Energiewende eine Zielhierarchie erstellt werden. Dazu müssen die Ziele definiert und priorisiert werden. Die angestrebten Ziele sollten mit Ober- und Unterzielen konkretisiert werden. Die Expertenkommission empfiehlt, dass die Oberziele, welche Konstanz und Planungssicherheit schaffen, mit den Unterzielen flankiert werden und durch konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. Die Unterziele und Maßnahmen dürfen jedoch nicht als unverrückbar betrachtet werden. Diese Flexibilität trägt dazu bei, dass die Oberziele bezahlbar, sicher und umweltgerecht erreicht werden können.27
Ausschlaggebend zum Entschluss und damit zur Umsetzung bestimmter Ziele und Maßnahmen ist die Orientierung am energiepolitischen Zieldreieck. Das Zieldreieck setzt sich, wie in Abbildung 3 dargestellt, aus den Komponenten Sicherheit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit zusammen. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass die drei Dimensionen langfristig in einem ausgewogenen Verhältnis gehalten werden. Nach Einschätzung der oben genannten Expertenkommission würde der Ausfall einer Dimension auch die langfristige Erreichung der anderen beiden Komponenten negativ beeinflussen, sodass eine ausgewogene Energieversorgung unwahrscheinlich wäre. Zwischen den Dimensionen kann es sowohl Zielkonflikte aber auch Synergieeffekte geben. Eine bessere Umweltverträglichkeit oder auch eine bessere Versorgungssicherheit führt beispielsweise häufig zu höheren Preisen.28
Abbildung 3: Dimensionen des energiepolitischen Zieldreiecks
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3.2 Das energiepolitische Zieldreieck
3.2.1 Versorgungssicherheit
Die Energieversorgungssicherheit stellt ein zentrales energiepolitisches Ziel dar. Faktoren, die die Versorgungssicherheit gewährleisten sollen, sind zum einen ein ausgewogener Energieträgermix und zum anderen ein vernetztes und zuverlässiges Stromnetz.29
Die Bundesregierung versteht unter Versorgungssicherheit die dauerhafte und nachhaltige Bedarfsdeckung. Dies schließt sämtliche Stufen der Elektrizitätsversorgung ein - die Bereitstellung von Primärenergieträgern, die Stromerzeugung, den Transport des Stroms sowie den Handel und Vertrieb. Die Zuverlässigkeit, also die Unterbrechungsfreiheit, der Versorgung entlang der Wertschöpfungsstufen ist dabei wesentlicher Bestandteil.30
Eine Unterteilung der Wertschöpfungsstufen führt zu folgender Aufgliederung.
Abbildung 4: Versorgungssicherheit entlang der Wertschöpfungsstufen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Gewährleistung der Primärenergieerzeugung und der Stromversorgung durch ausreichend Kraftwerkskapazitäten gehört zu der erzeugungsseitigen Versorgungssicherheit. Die netzseitige Versorgungssicherheit beinhaltet den sicheren Betrieb des Übertragungsnetzes sowie die Zuverlässigkeit im Verteilnetz.31
Risikofaktoren, die die Energieversorgungssicherheit beeinträchtigen können, sind technische, menschliche und natürliche Faktoren. Zu den technischen Risikofaktoren gehören unter anderem die Interdependenz der Infrastruktur und das mechanische Versagen. Bei den menschlichen Risikofaktoren sind vor allem die Nachfragefluktuation, die politische Instabilität und die Möglichkeit, dass zu wenige Investitionen in den Ausbau der Kapazitäten erfolgen, zu erwähnen. Naturkatastrophen und die Erschöpfung natürlicher Ressourcen gehören zu den natürlichen Risikofaktoren. Die einzelnen Risikofaktoren haben unterschiedliche Auswirkungen auf die Energieversorgungssicherheit. Die Intensität hängt dabei von zusätzlichen Faktoren wie Größe, Dauerhaftigkeit oder auch Häufigkeit ab.32
Die erzeugungsseitige Versorgungssicherheit trägt maßgeblich zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit bei. Durch die Abschaltung von acht Kernkraftwerken im Jahre 2011 mit einer Gesamt-Nettoleistung von 8.422 MW sowie dem endgültigen Atomausstieg bis zum Jahre 2022 ist eine Analyse notwendig, ob die Versorgungssicherheit in Deutschland gefährdet ist. Hierbei ist anzumerken, dass das Kernkraftwerk Brunsbüttel seit 2007, das Kernkraftwerk Krümmel seit 2009 und Biblis B revisionsbedingt seit Ende Februar 2011 keine Erzeugungskapazitäten bereitstellen. Durch das Moratorium wurden demzufolge ca. 5.000 MW abgeschaltet. Gegenwärtig trägt damit die Hälfte aller Kernkraftwerke nicht mehr zur Stromerzeugung bei. Von der Abschaltung sind hauptsächlich Kernkraftwerke im Süden von Deutschland betroffen.33
Bei der erzeugungsseitigen Versorgungssicherheit muss analysiert werden, ob zu jedem Zeitpunkt ausreichend gesicherte Erzeugungsleistung im Inland zur Deckung der inländischen Last zur Verfügung steht. Ein wichtiger Indikator ist dafür die Leistungsbilanz. Diese beschreibt den Umfang der gesicherten Kraftwerkskapazitäten zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast beziehungsweise zu einem Referenzzeitpunkt. Dieser bildet die kritische Versorgungssituation eines Jahres ab (minimal gesicherte Leistung und maximale Last). Für die Betrachtung der Systemstabilität ist also nicht die installierte, sondern die gesicherte Kraftwerksleistung ausschlaggebend. Speziell erneuerbare Energien stehen nur mit geringfügigen Sicherheiten zur Verfügung. Bei der konventionellen Erzeugung müssen auch auf Grundlage von revisionsbedingten Stillständen oder Ausfällen Abzüge vorgenommen werden.34
Zur Verdeutlichung wird die Systematik der Leistungsbilanz in der Abbildung 5 dargestellt.
Abbildung 5: Systematik der Leistungsbilanz
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Laut Analysen des Verbandes der europäischen Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) besteht in Deutschland für 2011 eine installierte Leistung von 160,2 GW. Davon stehen 93,1 GW gesichert zur Verfügung. Unter Abzug der abgeschalteten Kernkraftwerke bleibt eine gesicherte Leistung von 86,8 GW bestehen. Bei einer Höchstlast von 80,6 GW beträgt die verbleibende Leistung 6,2 GW. Da ENTSO-E allerdings ein Sicherheitsniveau von 7,3 GW empfiehlt, würde die verbleibende Leistung von 6,2 GW geringfügig unterschritten werden.35
Nach Einschätzung der Übertragungsnetzbetreiber ist die Erzeugungssituation in den Jahren 2011 bis 2013 gefährdet. Mit einer Verbesserung wird erst im Jahr 2014 gerechnet. Die Voraussetzung dafür ist, dass die in Planung und im Bau befindlichen Kraftwerksprojekte fristgerecht realisiert werden und es keine außerplanmäßigen Stilllegungen gibt. Die erstellte Leistungsbilanz der Übertragungsnetzbetreiber, siehe Tabelle 2, spiegelt diese Einschätzung wider. Für das Jahr 2011 wurden dabei zwei Fälle zugrunde gelegt. Zum einen wurde die tatsächliche Einspeisesituation der Kraftwerkskapazitäten zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast (2011a) dargestellt und zum anderen zu einem Referenztag, welcher einen kritischen Fall beschreibt, der gleichermaßen hätte eintreten können (2011b). Die Daten für das Jahr 2011a wurden anhand einer Expost-Analyse ermittelt. Die Einspeisesituation für die anderen Jahre wurde anhand einer Prognose und Schätzmethode ermittelt.36
Tabelle 2: Leistungsbilanz Gesamtdeutschland
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Engpässe können mit Stromimporten abgedeckt werden. Eine exakte Ermittlung der ausländisch verfügbaren Erzeugungskapazitäten ist jedoch schwierig. Nach Angaben der ENTSO-E kann als Indikation für eine frei verfügbare Leistung aus dem Ausland eine Menge von 10.000 MW angenommen werden. Es handelt sich hierbei allerdings um eine grobe Abschätzung und um eine theoretisch verfügbare Kapazität. Weitere systemtechnische Faktoren bleiben unberücksichtigt. Die Herangehensweise unter-stellt beispielsweise, dass die frei verfügbare Leistung ausschließlich Deutschland zur Verfügung gestellt wird.37
Für eine zusätzliche Sicherstellung der Versorgungssicherheit gibt es die Möglichkeit der Aktivierung von Kaltreserven. Es handelt sich hierbei um Kraftwerksblöcke, die sich in Reserve befinden. Da diese derzeitig außer Betrieb sind, wird eine gewisse Vorlaufzeit für die Wiederinbetriebnahme benötigt. Allerdings stellt dies einen Eingriff in den Markt dar und es sollte bewertet werden, ob dies die Errichtung von Neuanlagen bremst oder ob dadurch Altanlagen aus dem Markt gedrängt werden. Mit dieser Möglichkeit könnten 2.000 MW bereitgestellt werden. Die Zu- und Abschaltung von Lasten ist eine weitere Möglichkeit zur Kapazitätsbereitstellung. Hier bleibt jedoch abzuwarten, welches Potenzial verfügbar ist.38
Mit einer durchschnittlichen Nichtverfügbarkeit von 15,31 Minuten im Jahr 2011 auf der Nieder- und Mittelspannungsebene verfügt Deutschland auch im internationalen Vergleich über ein außergewöhnlich hohes Maß an Zuverlässigkeit bei der Stromversorgung. Dies zeugt von einem hohen Niveau bezüglich der netzseitigen Versorgungssicherheit. Anhand von Analysen wird jedoch ersichtlich, dass es Belastungssituationen gibt, die eine zunehmende Transportanforderung mit den bestehenden Netzkapazitäten problematisch macht. Es handelt sich hierbei nicht um flächendeckende Engpässe, sondern um Belastungssituationen, die an mehreren Punkten im Übertragungsnetz bestehen. Ein weiterer Anstieg der Transportanforderungen speziell auf den ausgelasteten Nord-Süd-Trassen ist durch den weiteren Ausbau der Windenergienutzung on- und offshore zu erwarten. Die notwendige Netzerweiterung wurde bereits identifiziert.39 (siehe Kapitel 4.1)
Nach Angaben der Bundesnetzagentur ist die Versorgungssicherheit angespannt aber beherrschbar. Auch die Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ sieht die Versorgungssicherheit in der Elektrizitätswirtschaft kritisch. Diese ist insbesondere bei der regionalen Betrachtung für den süddeutschen Raum gefährdet. Es zeigt sich, dass die aktuell geplanten Kapazitäten nicht ausreichen. Investitionen in steuerbare Kraftwerke und ein beschleunigter Netzausbau würden die Situation entschärfen.40
[...]
1 Vgl. Zuk (2012), S. 1; BMU (2011), o. S.
2 Vgl. BMU (2012a), S. 22.
3 Vgl. Krüger (2012), S. 7.
4 Vgl. BMU (2011a), o. S.
5 Vgl. Gartmair (2012), S. 7.
6 Vgl. BMWi/BMU (2012), S. 11.
7 Vgl. Forum Netzintegration (o. J.), o. S.
8 Vgl. Forum Netzintegration (o. J.), o. S; BMU (2011b), o. S.
9 Vgl. Bundesregierung (2011), o. S.
10 Vgl. Bundesregierung (2011), o. S.
11 Vgl. Bundesregierung (2011), o. S.
12 Vgl. Bundesregierung (2011), o. S.
13 Vgl. Bundesregierung (2011), o. S.
14 Bundesregierung (2011), o. S.
15 Vgl. Bundesregierung (2011), o. S.
16 Vgl. Care Energy (2013), o. S.
17 Vgl. BMWi (2012d), S. 8.
18 Vgl. BMWi (2012c), S. 8; BMWi (2012e), o. S.
19 Vgl. BDEW (2012), S. 22 f.
20 Vgl. NFE (2012), S. 2; NFE (2012), S. 4-6.
21 Vgl. BDEW (2012), S. 25.
22 Vgl. BMU (2011c), o. S.
23 Vgl. BMWi (2012a), S. 5.
24 BMWi (2012a), S. 5.
25 Vgl. BMWi (2012a), S. 5.
26 Vgl. BMU (2011a), o. S.
27 Vgl. Löschel et al. (2012), S. Z-1; Löschel et al. (2012) S. 6.
28 Vgl. Löschel et al. (2012), S. 9 f. ; Klaudt (2012), S. 18.
29 Vgl. ifo Institut/FfE (2012), S. 32 f.
30 Vgl. BMWi (2011), S. 3; Klaudt (2012), S. 20.
31 Vgl. Klaudt (2012), S. 20.
32 Vgl. ifo Institut/FfE (2012), S. 33.
33 Vgl. Bundesnetzagentur (2011), S. 1 f.
34 Vgl. BDEW (2011a), S. 15-16; Löschel et al. (2012), S. 75.
35 Vgl. BDEW (2011a), S. 15 f.
36 Vgl. Löschel et al. (2012), S. 76 f.
37 Vgl. BDEW (2011b), S. 10.
38 Vgl. BDEW (2011b), S. 12; BDEW (2011b), S. 17 f.
39 Vgl. ifo Institut/FfE (2012), S. 34; Maurer et al. (2010), S. 28.
40 Vgl. BDEW (2011b), S. 7; Löschel et al. (2012), S. 74.
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