Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Darstellung interkultureller Identität im Migrationskontext anhand ausgewählter Romane des maghrebinischen Autors Tahar Ben Jelloun. Unter besonderer Berücksichtigung seiner Herkunft und Vergangenheit, ebenso wie der Kolonialgeschichte Marokkos, sollen Aspekte der Identitätsproblematik, die die Romanfiguren durchleben, herausgestellt werden. Ebenso sollen enthaltene autobiographische Merkmale analysiert werden
Die hier relevante Beziehung von Literatur und Geschichtsschreibung resultiert aus der französischen Kolonialgeschichte und der ab den 50er Jahren sich anschließenden Immigrationsbewegung der nordafrikanischen Staaten Marokko, Tunesien und Algerien nach Europa. Diese Immigrationswelle der Maghrebstaaten führte zu neuen kulturellen Konstellationen, neuen Familienbildern und politischen sowie sozialen Konflikten, wodurch verschiedene Assimilationsstrategien zum Tragen kommen
Diese Konflikte betreffen vor allem das Aufwachsen der Immigrantenkinder in einem neuen kulturellen und sozialen Umfeld, umgeben von fremden Wertvorstellungen und einer neuen und unbekannten Religion. Einerseits wird zu Hause in der Familie die islamische Tradition gelebt, andererseits werden sie in der Schule mit der westlichen Kultur konfrontiert. Dieses Aufwachsen zwischen zwei Welten stellt diese Generation vor eine nur schwer zu bewältigende soziale wie emotionale Aufgabe und führt in der Regel zu Identitätskonflikten.
Inwieweit der Autor Tahar Ben Jelloun seine persönlichen Erfahrungen, Lebensereignisse und persönliche Wertungen in seine Romane einfließen lässt, soll unter anderem in dieser Arbeit herausgestellt werden.
Gliederung:
1. Abkürzungsverzeichnis
2. Einleitung
3. Fragestellung und Methodik
4. Biographie - Tahar Ben Jelloun
5. Schreiben in der Sprache des Anderen
6. Identität und Interkulturalität
7. Soziokulturelle Hintergründe der postkolonialen maghrebinischen Literatur
8. Autobiographie
9. Analyse der Werke „L’enfant de sable“,„La nuit sacrée“ und „Les yeux baissés“
9.1. Inhalt und zeitgeschichtliche Einordnung der Romane
9.1.1. L’enfant de sable
9.1.2. La nuit sacrée
9.1.3. Les yeux baissés
9.2. Die Erzählsituation
9.2.1. Die Erzählsituation in „L’enfant de sable“ und „La nuit sacrée“
9.2.2. Die Erzählsituation in „Les yeux baissés“
9.3. Analyse der Romane
9.3.1. Die Identitätsproblematik
9.3.1.1. Ahmed-Zahra auf der Suche nach seiner ‚féminité‘
9.3.1.2. Fathma - Aufwachsen zwischen zwei Welten
9.3.2. Analyse der autobiographischen Merkmale in den Romanen
9.3.3. Das soziokulturelle Umfeld und seine Folgen für die Romanfiguren
10. Fazit
11. Bibliographie
1. Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Einleitung
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Darstellung interkultureller Identität im Migrationskontext anhand ausgewählter Romane des maghrebinischen Autors Tahar Ben Jelloun. Unter besonderer Berücksichtigung seiner Herkunft und Vergangenheit, ebenso wie der Kolonialgeschichte Marokkos, sollen Aspekte der Identitätsproblematik, die die Romanfiguren durchleben, herausgestellt werden. Ebenso sollen enthaltene autobiographische Merkmale analysiert werden.
Die hier relevante Beziehung von Literatur und Geschichtsschreibung resultiert aus der französischen Kolonialgeschichte und der ab den 50er Jahren sich anschließenden Immigrationsbewegung der nordafrikanischen Staaten Marokko, Tunesien und Algerien nach Europa. Diese Immigrationswelle der Maghrebstaaten führte zu neuen kulturellen Konstellationen, neuen Familienbildern und politischen sowie sozialen Konflikten, wodurch verschiedene Assimilationsstrategien zum Tragen kommen.1
Diese Konflikte betreffen vor allem das Aufwachsen der Immigrantenkinder in einem neuen kulturellen und sozialen Umfeld, umgeben von fremden Wertvorstellungen und einer neuen und unbekannten Religion. Einerseits wird zu Hause in der Familie die islamische Tradition gelebt, andererseits werden sie in der Schule mit der westlichen Kultur konfrontiert. Dieses Aufwachsen zwischen zwei Welten stellt diese Generation vor eine nur schwer zu bewältigende soziale wie emotionale Aufgabe und führt in der Regel zu Identitätskonflikten:
Die Identität in kultureller und nationaler Hinsicht erweist sich als ein komplexes Problem. Die Möglichkeit der inneren Zerrissenheit ist sowohl in literarischen Texten als auch in der Sekundärliteratur so oft als Problem der kolonialisierten und der Immigranten in Frankreich genannt und beschrieben bzw. untersucht worden.2
Der Autor der dieser Arbeit zugrunde liegenden Werke, Tahar Ben Jelloun, ist in Marokko geboren und aufgewachsen. Er emigrierte als Erwachsener nach Frankreich und greift diese Thematik der Immigration und Identitätsproblematik sowie damit verbundene Probleme des Rassismus immer wieder in seinen Werken auf. Durch seine eigene Lebens- und Immigrationsgeschichte, die persönliche Betroffenheit und interkulturelle Kompetenz verfügt Ben Jelloun nicht nur über ein fundiertes Insiderwissen der Migrationskultur und -problematik, sondern lässt seine eigene Identität in die Werke einfließen. Raqbi (2005) stellt die These auf, dass die persönliche Identität sowie Beschreibungen des autoreigenen Umfelds bei der Entstehung eines Romans eine große Rolle spielen:
L’écrivain ne se limite plus à raconter l’histoire qu’il invente mais à se raconter lui-même (sans le reconnaître) et à parler aussi des siens, de son pays, tout en prétendant qu’il fait de la fiction.3
Inwieweit Tahar Ben Jelloun seine persönlichen Erfahrungen, Lebensereignisse und persönliche Wertungen in seine Romane einfließen lässt, soll unter anderem in dieser Arbeit herausgestellt werden.
3. Fragestellung und Methodik
Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit ist die These, ob die ausgewählten Werke „L’enfant de sable“, „La nuit sacrée“ und „Les yeux baissés“ autobiographische Aspekte enthalten, oder ob es sich um Autofiktion handelt.
Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt darauf, der Frage nachzugehen, wie die Protagonisten in Ben Jellouns Werken mit der Identitätsproblematik umgehen, ins besonders zwischen den Kulturen. Weiter soll analysiert werden, wie sich die Migration dabei auswirkt und wie die Romanfiguren mit den daraus resultierenden Konflikten umgehen. Diese Fragestellung wird anhand ausgewählter Textstellen der genannten Werke analysiert. Dem schließt sich die Auseinandersetzung mit den bei der Identitätsfindung in einer fremden Kultur stattfindenden Prozessen an. Auf der Seite des Autors schließt sich die Frage an, ob die dargestellten Erlebnisse der Romanfiguren auf ihn selbst übertragbar sind, also autobiographisch, sind. Zeichnet Ben Jelloun in seinen Romanen in der Tat seine eigene Lebensgeschichte nach und sind die dargestellten Handlungen und beschriebene Räume geprägt von seinen persönlichen Erfahrungen während der Kolonialherrschaft Frankreichs sowie seiner Zeit im Exil?
Zunächst wird auf die Biographie des Autors eingegangen, um so die Erfahrungen und Stationen seines Lebens in Bezug auf die autobiographischen Elemente in seinen Romanen darstellen zu können, die später die Grundlage für die Analyse der Romane bilden. Für seinen Roman, der später auch für diese Arbeit analysiert wird, gewann Tahar Ben Jelloun als erster nordafrikanischer Autor erstmals den ‚Prix Goncourt‘.4 Dieser brachte nicht nur Tahar Ben Jelloun selbst große Anerkennung, sondern steigerte ebenfalls das öffentliche Interesse für die gesamte maghrebinische Literatur. Diese ist unter den Gesichtspunkten der Identitätsfindung sowie Rassismus und Ausgrenzung besonders interessant. Hinzu kommt, dass eine Vielzahl dieser Romane, oftmals Exilliteratur, autobiographisch oder autofiktiv ist.
Im darauf folgenden Kapitel schließt sich die Erörterung der Bedeutung der Sprache an. Da die postkoloniale Literatur geprägt von der Sprache der Kolonialmacht ist, ist es interessant zu beobachten, dass viele maghrebinische Autoren Französisch als Literatursprache wählen.5 Dieser Abschnitt beschäftigt sich vorwiegend mit den Fragen, was zum einen die Gründe für die Wahl des Französischen als Literatursprache sind und zum anderen, welche Rolle die Kolonialgeschichte hier spielt? Hier wird zudem der Begriffe der Hybridität beschrieben, da diese durch die Koexistenz verschiedenster Sprachen im Maghreb von besonderer Bedeutung ist. Es stellt sich hier die Frage, inwieweit diese sprachliche Vielfältigkeit für maghrebinische Autoren eine Chance ist oder einen „Konfliktherd“6 darstellt.
Anschließend wird der für diese Arbeit zentrale Begriff der Identität definiert. Ebenso wird in diesem Kapitel näher auf die Identitätsproblematik als Folge der Kolonialgeschichte sowie der Immigration eingegangen. Weiter werden die Bestandteile, die die Identität eines Individuums ausmachen, genauer betrachtet. Hierunter fallen beispielsweise die soziale Identität, die persönliche Identität und die offizielle Identität.7 Schließlich wird die Rolle der Sprache bei der Identitätsfindung berücksichtigt sowie die verschiedenen Akkulturationsstrategien dargestellt.
Es folgt ein Kapitel über die sozio-kulturellen Hintergründe des Maghreb und der islamischen Kultur sowie eine kurze Skizzierung der Kolonialgeschichte, um den zu analysierenden Werken die theoretische Grundlage zu bieten. Die Schilderung der historischen Ereignisse bezieht sich größtenteils auf die Darstellungen von Susanne Heiler (2005) in „Der maghrebinische Roman“.8 Die geschichtlichen Ereignisse im Maghreb spielen eine wichtige Rolle für die Analyse der gewählten Romane, da Marokko als Folge der Kolonialherrschaft Frankreichs ein von verschiedensten Sprachen, Kulturen und Herrschaftsregimen geprägtes Land geworden ist und ihr ebenfalls die maghrebinische französischsprachige Literatur zu verdanken ist.
Anschließend wird im letzten Kapitel des theoretischen Teils dieser Arbeit die Thematik der Autobiographie dargestellt und definiert. Diese ist elementarer Bestandteil der Maghrebliteratur und daher in der Analyse ausgewählter Romane maghrebinischer Autoren kaum zu umgehen. Das Genre der ‚Autobiographie‘ erfährt großes Interesse in der Literaturwissenschaft, wodurch sich die ‚Autobiographik‘ als eigene Forschungsrichtung herausgebildet und eine Vielzahl an Definitionen hervorgebracht hat.9 In diesem Kapitel sollen einige der Definitionsversuche kurz vorgestellt werden, daran anschließend sollen die Merkmale und Kriterien einer Autobiographie erläutert werden.
Den Hauptteil der Arbeit bildet die Analyse der drei Romane „L’enfant de sable“, „La nuit sacrée“ und „Les yeux baissés“. Diese stellen besonders die Identitätsfindung junger Frauen in der islamischen Kultur dar, ebenso wie die Entwicklung der Migration aus den Maghrebstaaten nach Europa, beziehungsweise Frankreich. Zudem spiegeln sie die persönliche Haltung des Autors gegenüber der islamischen Kultur und Religion wider, ebenso wie die kritischen Aspekte der Immigration und ihre Folgen. Hierunter fallen zum Beispiel die Problematik des Rassismus, das Aufwachsen fern der Heimat und die Entwurzelung des Individuums durch das Verlassen der vertrauten Umgebung.
Bei der Analyse der Romane wird nach einem kurzen inhaltlichen und zeitgeschichtlichen Überblick näher auf die Fragen eingegangen, welche Identitätsprobleme Ben Jelloun in Bezug auf seine Protagonisten aufzeigt und wie sich das Aufwachsen und die Zeit der Adoleszenz zwischen zwei Welten abspielt. Ebenso soll die Frage geklärt werden, welche Rolle Immigration und Interkulturalität im postkolonialen Kontext spielen und wie Ben Jelloun diese Problematik in seinen Romanen und vor allem durch seine Protagonisten darstellt. Schließlich wird analysiert, ob diese Romane sogar autobiographische Elemente enthalten. Als Vergleichsgrundlage wird hier zum einen die Biographie des Autors herangezogen, zum anderen seine Autobiographie „L’écrivain public“ (1983).
4. Biographie - Tahar Ben Jelloun
Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die Lebensgeschichte Tahar Ben Jellouns gegeben, damit in den anschließenden Kapiteln der Analyse der Zusammenhang zwischen dem Autor und seinen Werken deutlich erkennbar wird. Die biographischen Ausführungen beziehen sich überwiegend auf die Angaben Roland Spillers (2000),10 das „Dictionnaire des écrivains francophones classiques“11 sowie die autoreigene Website.12
Tahar Ben Jelloun wird am 1. Dezember 1944 in Fès, Marokko geboren und wächst in einfachen Verhältnissen auf. Ben Jelloun selbst sieht seine Heimatstadt als „Paradigma kultureller Hybridität, das den Ursprung der marokkanischen Identität symbolisiert.“13 Er beschreibt dies so: „Zuerst war Fès ein Traum, eine Idee, dann wurde diese Stadt zum Ort des Ursprungs, der Wurzeln14. Hier beginnt seine Lebensgeschichte.
In Fès besucht er zunächst der islamischen Kultur folgend die „école coranique.“15 Im Anschluss daran besucht er die französische „école primaire franco-marocaine“ mit bilingualem Unterricht sowohl in Französisch als auch in Arabisch. Somit wird Ben Jelloun bereits in frühem Kindesalter eine erste Annäherung an die französische Sprache und Kultur zuteil. Er selbst erinnert sich in seiner Biographie: „Le matin l'enseignement était donné en français, l'après-midi en arabe. L'école était dirigée par un Français.“16
Fès kommt neben der Geburtsstadt Ben Jellouns eine weitere prägende Rolle in Leben des Autors zu, da sie als Küstenstadt sehr stark dem Einfluss fremder Kulturen ausgesetzt war. Somit gleicht die Stadt einem multikulturellen „melting pot“17, denn dort prallen die verschiedensten Kulturen und Religionen aufeinander. Diese Verschmelzung wird auch als „kulturelle Hybridität“ bezeichnet. Der Einfluss interkultureller Identitäten und das eigene Aufwachsen zwischen verschiedensten Kulturen hatten großen Einfluss auf den Autor und spiegeln sich auch in der Wahl seiner Themen sowie im literarischen Schreibstil wider.
1955 verlässt er mit seinen Eltern Fès und zieht nach Tanger, der nördlichsten Stadt Afrikas. Tanger wird aufgrund seiner geografischen Lage oft als „Tor zu Europa“ bezeichnet und ist somit Sprungbrett vieler Immigranten nach Europa. In Tanger besucht Ben Jelloun zunächst gemeinsam mit seinem Bruder die „l'école primaire du détroit“, anschließend schließt er das „lycée Ibn Khatib“ mit der mittleren Reife ab. 1963 erhält er vom „Lycée francais Regnault“, dem ältesten „lycée français“ Marokkos,18 das Abitur. Diese französisch geprägte Schulbildung ermöglicht ihm einen frühen Bezug zur französischen Sprache und Kultur und ist auch einer der Gründe, warum Tahar Ben Jelloun für seine späteren Romane Französisch als Literatursprache wählt.
Im Anschluss schreibt er sich für das Studium der Philosophie an der „Université Mohammed -V“ in Rabat, eine Stadt im Nordwestesten Marokkos, ein. Dort besucht er unter anderem die Vorlesungen des bekannten Soziologen und Poeten Abdelkébir Khatibi.19 Während seiner Studienzeit in Rabat beginnt Ben Jelloun sich intensiv für die Menschenrechte in Marokko einzusetzen und schließt sich ebenfalls einer oppositionellen Gruppe an. Am 23. März 1965 kommt es zu einem studentischen Aufstand für mehr Demokratie in allen großen Städten Marokkos. Sein Studium muss er kurz darauf aufgrund des Verdachts, diesen Aufstand organisiert zu haben, unterbrechen. Ben Jelloun wird „gemeinsam mit 94 anderen Studenten, in militärische Straflager zwangsversetzt, zunächst nach El Hajeb, dann nach Ahermemou, im Osten.“20 1968 wird er wieder frei gelassen und kann nach anderthalb Jahren Unterbrechung sein Studium wieder aufnehmen. Die Zwangsrekrutierung in das „camp disciplinaire de l’armée“ und die gewaltsame Repression des Aufstands stellen einen traumatischen Einschnitt in Ben Jellouns Lebensgeschichte dar, was er in seinen Roman verarbeitet. Er selbst bezeichnet seine Romane als „porteur de témoignage, d’émotions et aussi de mémoire.“21 Somit fungieren Ben Jellouns Romane, wie auch die vieler weiterer Autoren als „identitätsstiftende Erinnerungs- und Trauerarbeit“22 und legen Zeugnis über traumatische Ereignisse der Geschichtsschreibung ab.
Nach seiner Gefangenschaft nimmt er im Oktober 1986 einen Lehrauftrag am „lycée Charif Idrissi“ in Tétouan an, wo er als der erste Philosophielehrer tätig wird und sich eingehend mit der Philosophie Nietzsches, befasst.23 Spiller (2000) schreibt hierzu: „Ben Jelloun bewundert insbesondere die Kraft Nietzsches poetischer Sprache und die damit verbundene Vorstellung einer besonderen Authentizität,“24 was ebenfalls in den jellounschen Romanen zu tragen kommt. In diesem Jahr veröffentlicht Ben Jelloun ebenfalls sein erstes Gedicht „L’aube des dalles“ in der Zeitschrift „Souffles,“25 Diese hatte bereits heimlich in seiner Gefangenschaft geschrieben.
Kurz nach der Veröffentlichung erfolgt jedoch im Oktober 1970 seine Versetzung an das „lycée Mohamed V“ in Casablanca. Im Jahr 1971 ordnet schließlich das Innenministerium an, den Philosophieunterricht an Gymnasien ab sofort zu arabisieren,26 woraufhin Ben Jelloun mangels ausreichender Befähigung dazu beschließt, seine Heimat Marokko zu verlassen und nach Frankreich zu emigrieren.
Am 11. September 1971 kommt Ben Jelloun schließlich in Paris an, wo er in einem Studentenwohnheim unterkommt und durch caritative Mittel finanziell unterstützt wird. Dort studiert er zunächst von 1971 bis 1972 Soziologie, im Anschluss von 1972 bis 1975 Sozialpsychiatrie. Während seiner Studienzeit in Paris schreibt und veröffentlicht er regelmäßig in der französische Zeitung „Le Monde“ Gedichte und Romane. In den folgenden Jahren schreibt er noch weitere Gedichte und Romane, unter anderem seinen ersten autobiographischen Roman „Harrouda.“27 1987 erhält er schließlich für seinen Roman „La nuit sacrée“ den angesehensten französischen Literaturpreis, den „Prix Goncourt,“ als erster aus Nordafrika stammender Autor.
Durch diesen Preis erlangt nicht nur Tahar Ben Jelloun selbst große Anerkennung, sondern steigt ebenfalls das öffentliche Interesse für die gesamte maghrebinische „littérature beur.“28 Die literarischen Werke maghrebinischer Autoren setzen sich intensiv mit den Themen Rassismus und Ausgrenzung auseinander und sind oftmals autobiographisch.
Für Ben Jelloun bedeutete der „Prix Goncourt“ eine weitere Stärkung der literarischen Autonomie im gleichzeitig aufgewerteten Feld der maghrebinischen Kultur. Seit 1903 hatten nur sieben Nicht-Franzosen den Preis erhalten.29
Mit dem Thema Rassismus setzt sich Ben Jelloun ebenfalls besonders intensiv und vor allem kindgerecht in seinen beiden Romanen „Le racisme expliqué à ma fille“ (1997) und „L’Islam expliqué aux enfants“ (2000) auseinander. Diese beiden Romane beruhen inhaltlich auf Gesprächen mit seiner eigenen Tochter, doch auch seine anderen Romane sind an seiner eigenen Biographie angelehnt.30 Zentrale und immer wiederkehrende Themen seiner Romane sind unter anderem die Suche nach den Wurzeln und die Integration in einem fremden Land.
Ebenfalls typisch für die maghrebinische Literatur ist die literarische Mündlichkeit.31 Dieser Begriff beschreibt den „Rückgriff auf Diskurse der Oralität und der Volkstradition.“32 So wirken die Romane Ben Jellouns wie mündlich übersetzte Erzählungen. Dennoch zeigt sich hier eine starke Ambivalenz, da orale Traditionen meist dem „dialektalen Arabisch oder dem Berberischen vorbehalten sind,“33 Ben Jelloun jedoch Französisch, die Sprache der ehemaligen Kolonialmacht, als Literatursprache wählt. Warum er Französisch als Literatursprache favorisiert und welche Rolle die „Sprache des Anderen“ in Bezug auf die Interkulturalität spielt, soll im folgenden Kapitel näher beleuchtet werden.
5. Schreiben in der Sprache des Anderen
Die Literatur des Maghreb ist gekennzeichnet durch Prozesse der Hybridisierung, Oralität sowie der Übersetzung.34 Als Maghreb werden geopolitisch die nordafrikanischen Staaten Lybien, Mauretanien, Algerien, Marokko und Tunesien bezeichnet. Im Arabischen bedeutet ‚Al -maghrib‘ ‚Westen‘ und ‚Ende der Welt‘, im französischen Terminus 'Afrique du Nord.“35 Die Bezeichnung ‚Maghreb‘ stammt von den Arabern, die diese Region ab dem 7. Jahrhundert zu islamisieren begannen. Diese Region gilt als besonders hybrid, denn dort leben seit tausenden von Jahren Muslime und Juden friedlich zusammen.36
Somit stellt der Maghreb „eine kulturell und linguistisch bunte Landschaft“37 dar, die durch die „Koexistenz von drei Sprachen (dem Arabischen, dem Berberischen und dem Französischen) charakterisiert ist.“38 Der Begriff ‚Hybridisierung‘ ist jedoch noch weiter gefasst und beschreibt nicht nur die „Koexistenz“ verschiedener Kulturen und Sprachen, sondern vor allem auch deren Vermischung. Hybridisierung wird ebenso als positiver Gegenentwurf zu dichotom konstruierten Identitäten verstanden, als ein Gegenentwurf, der personale und kollektive Selbstbilder nicht in Abgrenzung von Anderen bestimmt, sondern der die Grenze zwischen Eigenem und Fremden letztlich auflöst.39
Diese Koexistenz mehrerer Sprachen eröffnet Autoren wie Ben Jelloun nun die Gelegenheit, zwischen „verschiedenen Sprachen wählen zu können.“40 Diese Situation wird jedoch weniger als Chance denn als „Konfliktherd gesehen,“41 da durch die Wahl des Französischen als Literatursprache die arabo-berberische Sprachtradition aufgegeben wird. Das Schreiben in der Sprache des Anderen führt zu einer Distanzierung der Autoren zu ihrem Heimatland und ihrer Muttersprache: „Das Schreiben in der Sprache, mit den literarischen Ausdrucksmitteln des anderen und die Distanznahme zur eigenen Kultur entfremden die Autoren dem eigenen Publikum.“42
Das Finden der eigenen Identität wird folglich besonders erschwert. Dieses Problem der Identitätssuche und -findung stellt sich besonders prägnant bei maghrebinischen Autoren, die in Französisch schreiben. Autoren maghrebinischer Literatur in französischer Sprache werden auch „Frankomaghrebiner“ oder autochthone Maghrebiner43 genannt.44 Viele der maghrebinischen Autoren französischer Literatur haben das Französische jedoch nicht aus freien Stücken als Literatursprache gewählt. Die große Mehrheit der Autoren, wie auch Ben Jelloun, studierten während der Kolonialzeit an französischen Schulen oder gingen in das Exil nach Paris und begannen so mit dem Schreiben der Sprache der Kolonialmacht. Die französische Sprache war diesen Autoren nicht nur durch die Kolonialgeschichte vorherbestimmt, sondern erbrachte ihnen auch einen großen Vorteil, wie Déjeux (1993) beschreibt:
Les auteurs se servent du français en tant que Maghrébins parce que l´histoire de leurs pays l´a voulu ainsi. Ils sont allés á l´école française, au Lycée et même á l´Université de nos jours et depuis les indépendances surtout. Ils se servent donc d´un instrument qui leur rend de grands services (…).45
Hier muss jedoch die Frage angestellt werden, wer das Publikum der maghrebinischen Autoren darstellt und welche Gründe sie zum Schreiben bewegen.
Zum einen begründet die Thematik der maghrebinischen Literatur die Wahl des Französischen als Literatursprache. Da zentrale Themen dieser Literatur vor allem der Rassismus und das Leiden unter der Kolonialherrschaft sind, ist es vielen maghrebinischen Autoren ein Anliegen, diese Themen dem französischsprachigen Publikum nahe zu bringen. Dies können sie jedoch nur mit Französisch als Literatursprache erreichen. Ben Jelloun (1983) schreibt hierzu in seinem Werk „L’écrivain public“:
J’ai essayé de témoigner sur ce que j’avais vu, entendu, senti (…). Peut-être que si je n’avais pas vécu ces journées de terreur et d’angoisse où se révélait à moi le visage banal, ordinaire, brutal de l‘ordre et de l’injustice, peut-être que je n’aurais jamais écrit. (…) Alors me restaient les mots.46
Aus diesen Worten des Autors wird der Grund seines Schreibens ersichtlich: Schreiben als Zeitzeugnis. Das Schreiben hilft, das Erlebte aufzuarbeiten und zu verarbeiten. Hinzu kommt der Aspekt der Identitätskonstruktion durch das Schreiben, welche Ben Jelloun in dem Gedichtband „Poésie complète“ formuliert:
Je suis ce qui me manque. Ce manque c’est tout ce qui constitue ma démarche, mon itinéraire, mon objectif. Ce que je crée c’est tout ce qui me fait défaut. Je dénonce. La parole. J’enlève le voile.47
Ben Jelloun sieht den Schreibprozess zum einen als Identitätsstiftung, da es ihm hilft, seinen Weg und sein Ziel in der Welt zu finden, zum anderen ist es für ihn ein Weg, die Wahrheit zu schreiben, sowohl über die Geschehnisse unter der Kolonialherrschaft Frankreichs als auch die Zeit im Exil: „Je découvre la honte“ (PC, S. 100).
Somit gilt das Schreiben in der Sprache des Anderen auch als Befreiung,48 da das Französische den maghrebinischen Autoren neue Möglichkeiten des Ausdrucks eröffnet. In der arabischen Kultur, die von der Lyrik dominiert ist, gibt es die Gattung Roman bisher nicht. Diese „Adaption einer neuen Gattung samt Sprache“49 stellt den maghrebinischen Autoren völlig neue Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung. Bisher tabuisierte soziale Themen können aufgegriffen werden, selbst „das große Tabu der Selbstenthüllung und der Preisgabe von Persönlichem“50 stellen einen großen Fortschritt dar. Hinzu kommt, dass viele der maghrebinischen Romane autobiographische Aspekte enthalten und somit vorrangig in der ersten Person Singular geschrieben werden. Dies stellt allerdings in der arabischen Schriftkultur ein Problem dar, da es „in der islamischen Tradition negativ bewertet“ ist51. Gronemann (2002) erläutert diesen Tabubruch folgendermaßen:
Die moderne europäische Praxis der Autobiographie und das in ihr als unverwechselbar gezeigte Ich stellt eine Übertretung des Islam dar und wird teilweise als Verrat an islamischen Traditionen gedeutet. Das Sprechen über sich selbst wie das Heraustreten aus der Anonymität der Gruppe sind bereits ein Tabubruch. Wenn der Gläubige, so die Vorschrift, das Sprechen über sich nicht vermeiden kann, sollte er zumindest anonym und niemals in der
1. Person von sich sprechen.52
Hieraus geht hervor, dass in der islamischen Kultur „das Kollektiv mehr als das Individuum zählt“53 und erst durch die Kolonialherrschaft Frankreichs und dem Eindringen der Französischen Sprache die Autobiographie als Gattung entstehen konnte.
Das Französische hingegen gilt als „langue natale du ‚je’, langue de l’émergence pénible du moi.“54 Diese neu verliehene Identität, ausgedrückt durch das französische ‚Je‘, erlaubt maghrebinischen Autoren nun erstmals das Schreiben über sich selbst und ermöglicht ihnen zudem eine völlig neue Gattung, die Autobiographie. Mathieu (1996) erklärt dies folgendermaßen: „Écrire en français, c’est oublier le regard de Dieu.“55 Somit wird deutlich, welche Rolle die Religion bei der Wahl der Literatursprache spielt. In der arabischen Sprache muss jeder ich-Bezug vor Gott entschuldigt werden:
Elle [sc. la langue français] m’a permis pour la première fois d’utiliser la première personne du singulier, „Je“, sans la faire suivre de la traditionnelle formule: „Que Dieu me préserve de l’usage d’un pareil pronom, car il est l’attribut du Diable.56
Ein weiterer Aspekt, der in französischsprachigen Romanen maghrebinischer Autoren zum Tragen kommt, ist die Oralität. Von einem sprachwissenschaftlichen Standpunkt aus wirken viele der Romane wie übersetzt, das heißt die „mündlich tradierte Berberkultur“57 kommt darin zum Vorschein. Die Romane sind stark geprägt von ‚langue parlée‘ und ‚langue familier‘, hinzu kommt der häufige Gebrauch von ‚Maghrebinismen‘.58 Da die Autoren der französischsprachigen Literatur nicht in ihrer Muttersprache schreiben, fehlt das natürliche Sprachgefühl für das Französische, wodurch die Autoren mit einem ständigen kulturellen und sprachlichen Übersetzungsprozess konfrontiert werden.
Somit kann festgehalten werden, dass die Wahl der Sprache eng verbunden ist mit der Suche nach der eigenen Identität und „oftmals eine kulturelle und zugleich politische Stellungnahme“59 impliziert. Mit der Wahl des Französischen als Literatursprache stellt sich der Autor auf die Seite der ehemaligen Kolonialherrscher und verleugnet so seine Herkunft. Winckler (2004) nennt einen weiteren Grund für diese Entscheidung: Die meisten Autoren dieser Generation sprechen „zwar ihre Muttersprache, fühlen sich jedoch nicht in der Lage, sich in ihr literarisch auszudrücken.“60
Es stellt sich die Frage, warum Ben Jelloun nun die Sprache des ehemaligen Kolonialherrschers als Literatursprache wählt, und nicht seine Muttersprache arabisch oder berberisch. Wie in der Biographie ersichtlich wurde, hat Ben Jelloun eine stark französisch geprägte Schullaufbahn durchlaufen und erlernte so die Ausdrucksfähigkeit der französischen Sprache. Hinzu kommt das Problem, dass er das Hocharabisch nicht ausreichend beherrscht und dieses auch stark von islamischer Tradition geprägt ist. Zudem eröffnet das Französische ihm die Möglichkeit, sich von seinem Heimatland zu distanzieren und so einen ungetrübten Blick auf dessen Tradition und Kultur zu werfen. Die ‚Sprache des Anderen‘ erlaubt ihm, Kritik zu üben und auch von sich selbst zu schreiben, was ihm die islamische Tradition untersagt.
6. Identität und Interkulturalität
In diesem Kapitel soll nun näher auf die Identitätsproblematik als Folge der Immigration eingegangen werden. Hierzu bedarf es jedoch zunächst einer klaren Definition des Begriffs Identität. Etymologisch gesehen stammt der Begriff Identität aus dem Lateinischen ‚idem‘, der- oder dasselbe im deutschen und bedeutet so viel wie „vollkommene Gleichheit oder Übereinstimmung.“61 Diese Bedeutung steht im Widerspruch zur allgemein bekannten Definition, Identität sei die eigene Vorstellung davon wer man ist und was die eigene Persönlichkeit ausmacht. Diese Vorstellung verändert und entwickelt sich im Laufe des Lebens immer weiter und wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, zum einen vom sozialen Umfeld, wie zum Beispiel Familie oder Freunde, zum anderen auch durch die Sprache.
Weiter bezeichnet Identität die Gesamtheit der Erfahrungen, die durch den Kontakt mit dem Umfeld eines Individuums gesammelt werden:
Identität meint den Zielzustand, sich durch Integration neuer Erfahrungen wandeln und mit widersprüchlichen Normen umgehen zu können, ohne die eigenen Intentionen aufzugeben.62
Identität, wie auch die Erziehung, wird also bestimmt von äußerlich wirkenden Faktoren wie Normen und Werten, die ein Individuum seine Persönlichkeit entfalten und sie so einzigartig werden lassen.
Ferner müssen die genauen Bestandteile die die Identität eines Individuums ausmachen, genauer betrachtet werden, da die Gesamtidentität in verschiedene Dimensionen unterteilt werden kann. Diese stehen jedoch nicht einzeln für sich sondern überschneiden sich in der Konstruktion der Gesamtidentität. Unterschieden werden kann zum einen die soziale Identität, das heißt die Zugehörigkeit einer Person zu einem bestimmten sozialen und kulturellen Umfeld, geprägt von Normen und Wertvorstellungen.
Dieses soziale Umfeld können sowohl Familie als auch Freunde darstellen. Die persönliche Identität ist die, die ein Individuum sich selbst erschafft, das heißt wie es seine eigene Identität aus Erfahrungen heraus konstruiert. Hinzu kommen die Aspekte, in denen sich der Mensch von anderen unterscheidet und so seine Einzigartigkeit konzipiert. Letztlich kann die offizielle Identität als Teil der Gesamtidentität gesehen werden. Diese ergibt sich unter anderem aus der Staatsangehörigkeit.63
Hier stellt sich jedoch die Frage an, welchen Effekt eine Veränderung im sozialen Umfeld, der Werte, der Religion und des Zugehörigkeitsgefühls haben. Diesbezüglich spielt die Immigration eine wichtige Rolle, da das Verlassen des Heimatlandes und das Leben in einer neuen Kultur und einem fremden Land die Identität einer Person auf eine harte Probe stellen. Das Individuum steht nun zwischen zwei Welten, der alten Welt, in der es ein bekanntes und vertrautes Umfeld zurücklässt, und der neuen Welt, voller neuer Eindrücke, neuer Sprache und Kultur. Dies kann entweder als Chance betrachtet werden oder einen Konfliktherd darstellen.64 Diese Konflikte resultieren unter anderem aus mangelnder Integration, Intoleranz gegenüber der neue Kultur oder dem entgegengebrachten Rassismus in der neuen Heimat.65
Dieses Problem wird im Zeitalter der Globalisierung immer immenser. Durch stetige Migrationsbewegungen, bedingt durch persönliche, politische, religiöse oder wirtschaftliche Faktoren, treffen in Westeuropa die verschiedensten ethnischen Gruppen zusammen. Hierdurch entsteht eine stark kulturell differierende Gemeinschaft. Lützeler (1995) merkt hierzu an, dass es im heutigen Europa kaum noch eine Nation gibt, die nicht durch die internationalen und multikulturellen Gegebenheiten des späten 20. Jahrhunderts geprägt ist.66 Die hieraus resultierenden Chancen, Herausforderungen und Konflikte sind oben erwähnt. Im Verlauf der Arbeit wird sich zeigen, wie einige der dargestellten Charaktere in den ausgewählten jellounschen Werken an dieser Herausforderung scheitern.
Die Problematik der Identitätssuche stellt sich im Grunde einem jeden Individuum, spätestens in der Pubertät kommt die Frage auf „Wer bin ich?“ oder „Wer möchte ich sein?“ Die Beantwortung dieser Fragen bleibt jedem Menschen selbst überlassen, hilfreich sind jedoch äußere beeinflussende Faktoren wie Familie, Religion oder Sprache. Eben dieser Prozess der Identitätssuche während des Aufwachsens und in der Pubertät nutzt Ben Jelloun, um die Identitätsproblematik der Hauptcharaktere seiner Romane herauszustellen.
Ungeachtet dessen ob die Charaktere die Pubertät in Marokko oder in Frankreich durchleben, sie wachsen alle in instabilen Verhältnissen auf, gezeichnet von Elend, Armut, Fremdbestimmung, Migration und Unterdrückung. Faktoren, die die freie Entfaltung der Persönlichkeit stark hemmen. Unter diesen Umständen stellt sich die Identitätssuche äußerst problematisch dar. Diese Spannungen stellt Ben Jelloun in seinen Werken kritisch heraus. In seinem Werk „L’hospitalité française“ beschreibt Ben Jelloun die Identität eines maghrebinischen Migranten in Frankreich wie folgt:
Terre d’asile et d’exil où l’immigration est une nationalité en soi, une violence et une condition dévalorisée. Parce que l’immigré est celui que se salit les mains, qui travaille avec son corps et l’expose au risque, a l’accident, au rejet.67
Eine wichtige Rolle bei der Identitätsfindung spielt, wie oben bereits erwähnt, die Sprache. Der Sprecher einer Sprache gilt als sozialer Akteur, der in Auseinandersetzung mit Kultur und Sprache der Herkunfts- sowie der Aufnahmegesellschaft zu einer identitären Neuverortung kommt.68
Dieser Sprecher befindet sich somit in einem „hybriden dritten Raum,“69 in dem die verschiedensten Kulturen und Sprachen aufeinander prallen, „in dem Ambiguitäten und Diskontinuitäten Platz haben und der Impulse für kreative Neuerungen gibt.“70
Die Aufnahme und Verarbeitung dieser Migrationserfahrung lässt den Migranten zu einem neuen „Identitäts-Status“71 und seiner sprachlichen Identität finden. Bei der Entwicklung der sprachlichen Identität spielt die Sprachkompetenz eine tragende Rolle. Hierbei kommen verschiedene Prozesse zum Tragen, wie zum Beispiel die Bewahrung oder der Verlust der Herkunftssprache sowie der Erwerb der Aufnahmesprache.72 Möglich ist auch eine Kombination aus verschiedenen Sprachen, zum Beispiel das Erlernen der Aufnahmesprache unter Einbeziehung muttersprachlicher Elemente. Hieraus resultiert eine hybride sprachliche Varietät „als Ausdruck [der] jeweiligen Identität.“73 Der hier beschriebene Prozess wird auch als sprachliche Akkulturation bezeichnet.74 Der Begriff Akkulturation wurde von Anthropologen eingeführt und bezeichnet Prozesse und kulturelle Veränderungen, die als Folge des Aufeinandertreffens verschiedener Kulturen entstehen.75 Folglich werden Veränderungen auf beiden Seiten erforderlich:
Acculturation comprehends those phenomena, which result when groups of individuals having different cultures come into continuous first-hand contact with subsequent changes in the original cultural patterns of either or both groups.76
Dieses Phänomen setzt sich aus verschiedenen Strategien zusammen: Integration, Assimilation, Separation und Oszillation. Diese sollen im Folgenden näher erläutert werden.
Unter sprachlicher Integration wird der Erwerb der Aufnahmesprache „zum Zweck der Kommunikation mit den Einheimischen“77 verstanden. Dabei wird die muttersprachliche Kompetenz erhalten, die Aufnahmesprache wird Teil der neu zu konstruierenden Identität.78 Folglich ergibt sich eine bilinguale Identität. Je nach Umfeld, Situation oder Kommunikationspartner wird die sprachliche Identität gewechselt und erschwert unter Umständen die Identitätsfindung, da der Migrant sich in keiner der Sprachen mehr ‚zu Hause fühlt‘.
Sprachliche Assimilation beschreibt die Übernahme der Aufnahmesprache bei gleichzeitiger Aufgabe der Muttersprache. Dieser Prozess gleicht einem „Sprachwechsel.“79 Ursache hierfür ist nach Gugenberger (2010) zum Beispiel der Mangel an Gelegenheiten, in denen die Herkunftssprache benötigt wird. Jedoch kann sich durch „Nicht-Gebrauch einer Sprache“ die „Selbstwahrnehmung und Selbstbewertung ändern,“80 da sich der Migrant nicht mehr als Sprecher seiner Muttersprache fühlt und somit seine ‚Wurzeln‘ verliert. Weiter führt der Nicht- Gebrauch „zum allmählichen Rückgang der sprachlichen Fähigkeiten“81 der Herkunftssprache. Ein weiterer besonderer Faktor der Assimilationsstrategie ist, dass die Muttersprache nicht an die nächste Generation weitergegeben wird. „Die nachfolgenden Generationen sind dann monolingual in der Aufnahmesprache.“82
Im Kontrast dazu bezeichnet die sprachliche Separation die völlige Isolation von der Aufnahmesprache, das heißt der Migrant „gebraucht ausschließlich oder weitgehend die Herkunftssprache“83 und sucht sich Kommunikationspartner mit denen er diese sprechen kann. Dies impliziert die völlige Identifikation mit der Muttersprache und die Ablehnung der Aufnahmesprache. Diese Strategie geht auf, solange das muttersprachliche Netzwerk und die Gemeinschaft, in der die Herkunftssprache gesprochen wird, geschlossen bleiben. Kommt es zu einer Öffnung dieser isolierten Gemeinschaft, müssen unter Umständen andere Strategien zum Einsatz kommen.
Die Strategie der Oszillation bezeichnet das Pendeln des Sprechers zwischen Herkunfts- und Aufnahmesprache:
Es ist die Strategie, die Sprachwahl dem Gesprächspartner zu überlassen, sich nicht festzulegen, sich der jeweiligen Situation anzupassen, um sich nicht zu exponieren oder Gefahr zu laufen, diskriminiert zu werden.84
[...]
1 Vgl. Smith Castro, Vanessa (2003): Acculturation and Psychological Adaptation. London (Greenwood Press): S. 11.
2 Schmauser, Caroline (1998) : Texte von Colonisateur und Beur. In: Arend, Elisabeth; Kirsch, Fritz Peter(Hrsg.): Der erwiderte Blick.. Würzburg (Könighausen & Neumann). S. 83-100: S. 93.
3 Raqbi, Ahmed (2005): Le moi masqu é de Tahar Ben Jelloun. In : Dalhousie French Studies: diversité culturelle et désir d'autobiographie dans l'espace francophone Vol. 70. S. 21-29 (Dalhousie University Press) : S. 21.
4 Vgl. Spiller, Roland (2000): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen. Darmstadt (Wissenschaftliche Buchgesellschaft): S. 94.
5 Spiller (2000): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen, S. 47.
6 Schuchardt, Beatrice (2006): Schreiben auf der Grenze. Postkoloniale Geschichtsbilder bei Assia Djebar. Köln (Böhlau Verlag Köln Weimar): S. 128.
7 Vgl. Hargreaves, Alec (1991): Voices from the North African Immigrant Community in France. New York/Oxford (Berg, French Studies Series): S.20.
8 Heiler, Susanne (2005): Der maghrebinische Roman. eine Einführung. Tübingen (Gunter Narr Verlag).
9 Vgl. Malo, Markus (2009): Behauptete Subjektivität. Eine Skizze zur deutschsprachigen jüdischen Autobiographie im 20. Jahrhundert. Berlin (Walter de Gruyter): S. 9.
10 Spiller, Roland (2000): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen. Darmstadt: (Wissenschaftliche Buchgesellschaft).
11 Chaulet-Achour, Christiane / Blanchaud, Corinne (2010): Dictionnaire des é crivains francophones classiques. Afrique subsaharienne, Cara ï be, Maghreb, Machrek, Oc é an Indien. Paris (Honoré Champion): S. 58.
12 Ben Jelloun, Tahar (s.a.): Biographie - De La Philosophie à La Po é sie. Taharbenjelloun.org. Web. <http://www.taharbenjelloun.org/index.php?id=3>. (21.02.2013).
13 Spiller (2000): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen, S. 25.
14 Ben Jelloun (1999): F è s du schöne, stolze Stadt In: Merian 1/87: S.12.
15 Die Lehre der „école coranique“ verschreibt sich voll und ganz den islamischen Grundsätzen, d.h. dem Koran, der den Grundstein der Bildung legt. Vgl. Ahmadi, Mohsine El (2011) L ’ enseignement Traditionnel Au Maroc: www.cse.ma. PDF. (14.03.2013).
16 Ben Jelloun, Tahar: <http://www.taharbenjelloun.org/index.php?id=3>.
17 Begriff aus der Soziologie; beschreibt die Vermischung verschiedener Migranten-Kulturen zu einer neuen, „nationalen Kultur“. Vgl. Zangwill, Israel / Nahshon, Edna (2006): From the Ghetto to the Melting Pot. Israel Zangwill's Jewish Plays. Detroit (Wayne State University Press).
18 Chaulet-Achour/ Blanchaud (2010): Dictionnaire des écrivains francophones classiques, S. 59.
19 Chaulet-Achour/ Blanchaud (2010): Dictionnaire des écrivains francophones classiques, S. 59.
20 Kozmus, Janko (2012): Kritischer Blick Auf Das Literarische Schaffen Von Tahar Ben Jelloun. Tahar Ben Jelloun Auf Der Marabout-Seite - Portrait / Biographie (Marabout Verlag) <http://www.marabout.de/Ben_Jelloun/ben_jelloun.htm> (21.02.2013).
21 Ben Jelloun, Tahar (s.a.): Biographie - De La Philosophie à La Po é sie. Taharbenjelloun.org. http://www.taharbenjelloun.org/index.php?id=3 (21.02.2013).
22 Grimm, Jürgen (1991): Französische Literaturgeschichte. Stuttgart (Metzler): S. 477.
23 Spiller (2000): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen, S. 89
24 Ebd.
25 Titel einer Zeitschrift, unter deren Programmatik viele Schriftsteller wie z.B. Abdelkebir Khatibi und Tahar Ben Jelloun die Gesellschaft und die Stellung von Literatur und Kultur in ihr verändern wollten. Ein typisches Merkmal der Schriftsteller von Souffles war der Bruch mit den Traditionen, d.h. eine Hinwendung zur Öffnung der arabischen Kultur hin zum Französischen. Vgl. Spiller (2000): S. 48.
26 Vgl. Kozmus (2012): http://www.marabout.de/Ben_Jelloun/ben_jelloun.htm (21.02.2013).
27 Vgl. Spiller (2000) Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen, S. 89.
28 Vgl. Grimm (1991): Französische Literaturgeschichte, S. 471.
29 Spiller (2002): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen, S. 94.
30 Kozmus (2012). <http://www.marabout.de/Ben_Jelloun/ben_jelloun.htm>.
31 Spiller (2000): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen, S. 20.
32 Mayer, Linda (2001) : Positionen zur französischsprachigen Literatur des Maghreb. Untersuchungen zu den Texten L'enfant de sable (1985), La nuit sacr é e (1987) und Les yeux baiss é s (1991) von Tahar Ben Jelloun. Berlin (Dissertation.de): S. 194.
33 Mayer (2001): Positionen zur französischsprachigen Literatur des Maghreb, S. 195.
34 Vgl. Mayer (2001): Positionen zur französischsprachigen Literatur des Maghreb, S. 202.
35 Grimm (1991): Französische Literaturgeschichte, S. 469.
36 Spiller (2000): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen, S. 24.
37 Medghar, Abdelkrim (2011): Zur Rezeption Arabischsprachiger Gegenwartsliteratur Des Maghreb Im Deutschsprachigen Raum: Eine Empirische Studie. Giessen (Universität Giessen): S. 20.
38 Ebd.
39 Delianidou, Simela (2010): Transformative, transitäre, transgressive Identitätsmodelle. autothematische Exilliteratur zwischen Moderne und Postmoderne. Würzburg (Königshausen & Neumann): S. 123.
40 Schuchardt, Beatrice (2006): Schreiben auf der Grenze. Postkoloniale Geschichtsbilder bei Assia Djebar. Köln (Böhlau Verlag Köln Weimar): S. 128
41 Ebd.
42 Grimm (1991): Französische Literaturgeschichte, S. 472.
43 Als Autochthone Maghrebiner werden diejenigen bezeichnet, die im Land selbst geboren wurden.
44 Vgl. Grimm (1991): Französische Literaturgeschichte, S. 470.
45 Déjeux, Jean (1993): Maghreb Litt é ratures de langue fran ç aise. Paris (Arcantère Éditions) : S. 169.
46 Ben Jelloun, Tahar (1983): L' é crivain public. Paris (Éditions du Seuil): S. 108. Im folgenden wird das Werk mit ‘EP’ abgekürzt.
47 Ben Jelloun, Tahar (1966-1995): Po é sie compl è te. Paris (Éditions du Seuil) :S. 100. Im folgenden wird das Werk mit ‘PC’ abgekürzt.
48 Kaiser (2011): Vom Körper als Medium zum Medium des Textes - Körpersprache als narrative Strategie in der Literatur maghrebinischer Autoren. In: Elze, Jens, et. Al. (Hrsg.): Möglichkeiten und Grenzen der Philologie. Philologische Forschung in internationaler Perspektive. (Publikationsplattform Germanistik): S. 89-103: S. 95.
49 Ebd.
50 Ebd.
51 Schuchardt, Beatrice (2006): Schreiben auf der Grenze, S. 121.
52 Gronemann, Claudia (2002): Postmoderne /postkoloniale Konzepte der Autobiographie in der französischen und maghrebinischen Literatur. Autofiction - Novelle Autobiographie - Double Autobiographie - Aventure du texte. Hildesheim (Olms): S. 136.
53 Winkelmann, Esther (2000): Assia Djebar. Köln (Pahl-Rugenstein Verlag): S. 43.
54 Kacimi, Mohamed (1997): Langue de Dieu et langue du Je. In: Autrement, série Monde, Vol. 60, H.S. - Mars 1992 („Algérie, 30 ans“): S. 119.
55 Mathieu, Martine (1996): Litt é ratures autobiographiques de la francophonie. Paris (Editions L'Harmattan): S. 188.
56 Ebd.
57 Spiller (2000): Tahar Ben Jelloun. Schreiben zwischen den Kulturen, S. 48.
58 Grimm (1991): Französische Literaturgeschichte, S. 471.
59 Winckler, Barbara (2004): Vom Schreiben in der Feindessprache - Assia Djebar und die verschütteten Stimmen der algerischen Geschichte. In: Neuwirth, Angelika / Pflitsch, Andreas / Winckler, Barbara: Arabische Literatur, postmodern. München (Ed. Text Kritik): S. 352.
60 Winckler (2004): Vom Schreiben in der Feindessprache, S. 352.
61 Vgl. Grill, G. (1992): Meyers gro ß es Taschenlexikon. Mannheim (B.I. Taschenbuchverlag): S. 119- 120.
62 Keck, R. / Sandfuchs, U. (1994). Wörterbuch Schulpädagogik. Ein Nachschlagewerk für Studium und Schulpraxis. Bad Heilbrunn (Julius Klinkhardt Verlag): S. 156.
63 Hargreaves, Alec (1991): Voices from the North African Immigrant Community in France. New York/Oxford (Berg, French Studies Series): S.20.
64 Vgl. Gronemann (2002): Postmoderne /postkoloniale Konzepte der Autobiographie in der französischen und maghrebinischen Literatur, S. 136.
65 Hargreaves (1991): Voices from the North African Immigrant Community in France, S.20.
66 Lützeler, Paul Michael (1995): Vom Ethnozentrismus zur Multikultur. Europäische Identität heute. In: Kessler, Michael / Wertheimer, Jürgen: Multikulturalität. Tendenzen, Probleme, Perspektiven im europäischen und internationalen Horizont. Tübingen (Stauffenburg-Verlag): S. 98.
67 Ben Jelloun, Tahar (1984) : L ’ hospitalit é fran ç aise. Paris (Éditions du Seuil): S. 15. Im folgenden wird das Werk mit ‘HF’ abgekürzt.
68 Gugenberger, Eva (2010): Das Konzept der Hybridität in der Migrationslinguistik. In : Röseberg, Dorothee/Ludwig, Ralph (Hrsg.): Tout-Monde. Interkulturalität, Hybridisierung, Kreolisierung : Kommunikations- und gesellschaftstheoretische modelle zwischen „ alten “ und „ neuen “ Räumen. Pieterlen (Peter Lang): S. 68
69 Gugenberger (2010): Das Konzept der Hybridität in der Migrationslinguistik, S. 68.
70 Ebd.
71 Marcia, James E. (1980). Identity in adolescence. In: Adelson, J. (Hrsg.), Handbook of adolescent psychology. New York (Springer): S. 160.
72 Vgl. Gugenberger (2010): Das Konzept der Hybridität in der Migrationslinguistik, S. 68.; Aufnahmesprache bezeichnet hier die Sprache der Aufnahmekultur, d.h. die Gesellschaft in die der Immigrant aufgenommen wird.
73 Ebd.
74 Im Folgenden beziehe ich mich auf das Akkulturationskonzept Berrys (1996).
75 Vgl. Smith Castro, Vanessa (2003): Acculturation and Psychological Adaptation, S. 8.
76 Redfield, R. (1936): Memorandum on the study of acculturation. In: American Anthropologist, 38: S. 149.
77 Gugenberger (2010): Das Konzept der Hybridität in der Migrationslinguistik, S. 74.
78 Vgl. Gugenberger (2010): Das Konzept der Hybridität in der Migrationslinguistik, S. 74.
79 Gugenberger (2010): Das Konzept der Hybridität in der Migrationslinguistik, S. 75.
80 Ebd.
81 Ebd.
82 Gugenberger (2010): Das Konzept der Hybridität in der Migrationslinguistik, S. 76.
83 Ebd.
84 Gugenberger (2010): Das Konzept der Hybridität in der Migrationslinguistik, S. 77.
- Citation du texte
- Anna Uhlhorn (Auteur), 2013, Interkulturelle Identität und Autobiographie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/265444
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