Wie werden die Deutschen und der Nationalasozialismus im italienischen Film von 1945 bis heute dargestellt? Welche Rolle spielt die Auseinandersetzung mit den Deutschen in der Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg und bei der Ausbildung der eigenen kollektiven Identität in Italien? Und welche Beziehung besteht dabei zwischen gesellschaftspolitischen Ereignissen und Gegebenheiten und dem Deutschenbild im Film? Hat der Film einen Beitrag zur Ausformung des öffentlichen Gedächtnisses und zum kollektiven Deutschenbild in Italien geleistet?
Diesen Fragen geht die vorliegende Arbeit nach. Es wird herausgearbeitet, welche Bedeutung der Film im Kanon der geschichtspolitischen Instrumente einnimmt und ob er überhaupt das Potential besitzt, Einfluss auf den gesellschaftlich-politichen Diskurs auszuüben oder diesen womöglich sogar zu verändern, und wenn ja, welche Bedingungen und Mechanismen dafür nötig sind. Die Arbeit versteht sich damit als Beitrag zu den geschichtspolitischen Forschungen, welche die Deutung des Nationalsozialismus und die Aufarbeitung des Zweiten Weltkriegs in Italien zum Thema haben.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Bestimmung des Untersuchungsgegenstands
1.2. Italiens Umgang mit seiner faschistischen Vergangenheit: Resistenza-Mythos und Revisionismus.
1.3. Der Film als Erinnerungsträger und geschichtspolitisches Medium - Quellen und Methoden
2. Italienischer Burgfrieden gegen die germanischen Barbaren - Genese eines Narrativs
2.1. Roberto Rossellini - Roma città aperta und Paisà
2.2. Der deutsche Antichrist - Die Katholiken und der Widerstand
2.3. Der deutsche Klassenfeind-Angriff von links
3 Politische Verspannung und filmische Entspannung
3.1.In Frieden leben.
3.2. Vittorio Cottafavi - Zu deutschfreundlich!.
4.. Italienische Kriegshelden und die nationale Befriedung
4.1. Versöhnung auf italienisch - gegen die Deutschen.
4.2. „Verrat auf deutsch“ - Die Wiederherstellung der Ehre des italienischen Militärs
4.3. Die italienische Zensur: Staatlich verordnete Immunität der Deutschen?
5.. Eine antideutsche Kampagne?
5.1. Der wiederentdeckte Feind - Krise und Neuauslotung des nationalen Selbstverständnisses.
5.2. Italienische Aufarbeitung deutscher Vergangenheit - Kriegsverbrecherprozesse und die Kritik an der (bundes-) deutschen Gegenwartsgesellschaft
5.3. „Die 4 Tage von Neapel“ - Ein Film gefährdet die deutsch-italienischen Beziehungen.
6. „Gli anni della contestazione“ - Die Jahre des Protests
6.1. Suche nach Antworten auf die Gegenwart in der deutschen Vergangenheit.
6.2. Revival des Kriegsfilms - Revival des bösen Deutschen?
7 Im Auge des Zyklons
7.1. Der Film als Akteur in der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung um deutsche Kriegsverbrechen
7.2. Das Hitler-Revival und die Objetivierung des Deutschenbildes.
8.. Die Deutschen sind zurück!
8.1. Reaktivierung des Gegensatzes.
8.2. Kephalonia und die Aussöhnung im Namen des Vaterlandes
10. Fazit
Anhang
Filmographie
Quellen- und Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1. Bestimmung des Untersuchungsgegenstands
„Das Bild vom Deutschen, sei es nun, daß dieser als der <wiedergefundene Feind> im Kampf für die demokratische und nationale Befreiung oder aber erneut als der <Verbündete> betrachtet wurde, ist in jedem Fall von identitätsstiftender Bedeutung für die Italiener [.. -].“[1]
Für das kollektive Gedächtnis der Italiener sind die Deutschen von derartiger Bedeutung, dass sie es als eine von nur zwei Nationen geschafft haben, zu einem lieu de mémoire zu avancieren: Im Sammelband „I luoghi della memoria“, herausgegeben von Mario Isenghi, wird den Tedeschi ein zwanzigseitiger Aufsatz von Enzo Collotti gewidmet.[2] Letzterer kommt zu dem Schluss, dass das Bild der Italiener vom Deutschen als dem „oppressore, del carnefice, del barbaro tout court“ vor allem eine Folge der zwei Weltkriege sei. Dies scheint nicht kaum diskutabel. So gut wie alle direkt oder indirekt kriegsbeteiligten Staaten konstruierten ihr Wahrnehmungsmuster der Deutschen primär auf der Grundlage des Zweiten Weltkriegs.[3] Es ist jedoch offensichtlich, dass sich im Falle Italiens eine Besonderheit auftut: Das Land kämpfte bis zum 8. September 1943 selbst an der Seite des Deutschen Reichs, bevor es in Folge des Waffenstillstands mit den Alliierten vom Besatzer zum Besetzten wurde. Im Folgenden bildeten die anschließende Teilung Italiens, die Gründung der Repubblicca sociale italiana und besonders die Resistenza, der Widerstand gegen die deutsche Besatzung von 1943 bis 1945, den Grundstein für das Heterostereotyp vom cattivo tedesco. Dieses diente den Italienern in Abgrenzung zum Autostereotyp des bravo italiano, und unter Hervorhebung der eigenen Opposition zu den Verbrechen des Nationalsozialismus, zur Legitimation derjungen Republik und zur Herausbildung einer nationalen Identität.[4] Im Rahmen der Geschichtspolitik wird den Medien bei der Konstruktion und Verbreitung solcher Geschichtsbilder im allgemeinen eine bedeutende Rolle beigemessen.[5] So schreibt beispielsweise Vordemann mit Bezug auf die Zeit bis 1961, dass die Mehrzahl der italienischen Kriegsfilme das monotone Bild des „dümmlichen, tolpatschigen, brutalen“, aber militärisch überlegenen deutschen Soldaten dem cleveren, vor nichts zurückschreckendem Partisanen, der trotz unterlegener Waffen den Sieg davon trägt, gegenüberstellen würden.[6] Gefragt werden muss allerdings, ob der Film selbst die gesellschaftliche Etablierung eines neuen Diskurses hervorruft oder ob er lediglich einen bereits etablierten Diskurs aufgreift und festigt.[7]
Die vorliegende Untersuchung wird daher von zwei Grundfragestellungen geleitet, die anhand der im folgenden zu erläuternden Teilfragestellungen zu beantworten sind. Einerseits soll die Entwicklung der Darstellung der Deutschen im Film von 1945 bis heute, das heißt die italienische Interpretation vom Nationalsozialismus und vom Deutschtum, wie sie im Film vermittelt wird, aufgezeigt werden. Im Fokus steht dabei die Frage, ob sich Verbindungen zwischen dem Wandel von Deutschlandbildern und den veränderten politischen Gegebenheiten herauskristallisieren lassen. Kritisch diskutiert wird aber auch der Allgemeinplatz, dass das Deutschenbild einseitig vom Topos des brutalen und bösen Unmenschen geleitet sei. Andererseits wird gefragt, in welcher Beziehung der Film als Erinnerungsträger und geschichtspolitisches Medium zum öffentlichen Gedächtnis steht und welchen Beitrag er zu seiner Ausformung leistet. Inwieweit war der Film an der Etablierung des kollektiven Erinnerungsbildes vom bösen Deutschen beteiligt? Es soll herausgearbeitet werden, welche Bedeutung der Film im Kanon der geschichtspolitischen Instrumente einnimmt und ob er überhaupt das Potenzial besitzt Einfluss auf den gesellschaftlich-politischen Diskurs auszuüben oder diesen womöglich sogar zu verändern, und wenn ja, welche Bedingungen und Mechanismen dafür nötig sind. Die Arbeit versteht sich also als Beitrag zu den geschichtspolitischen Forschungen, die die Deutung des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs in Italien zum Thema haben.
1.2. Italiens Umgang mit seiner faschistischen Vergangenheit: Resistenza-Mvthos und Revisionismus
„An welchen Krieg erinnert sich die italienische Öffentlichkeit, wenn vom Zweiten Weltkrieg die Rede ist? Die Antwort ist leicht: Es handelt sich fast ausschließlich um den nationalsozialistischen Krieg innerhalb Europas und um die Zeit der deutschen Besetzung Italiens vom September 1943 bis Kriegsende.“[8]
So die synthetische Feststellung von Lutz Klinkhammer, dessen Beiträge zum Thema der italienischen Geschichtspolitik neben denen Filippo Focardis besonders hervorzuheben sind. Die Konstruktion jener partiellen Erinnerung setzte bereits während des Krieges ein und folgte drei pragmatischen Zielen, wie Focardi in einem Aufsatz von 1996 herausgearbeitet hat: Die Kräfte des nationalen Befreiungskomitees (CLN - Comitato di liberazione nazionale) und die Badoglio-Regierung mussten einerseits die Propaganda des neu installierten Salò-Regimes und sein Narrativ vom italienischen Verrat kontrastieren sowie die italienische Bevölkerung zum Massanaufbegehren gegen die deutschen Besatzer und den faschistischen Marionettenstaat mobilisieren. Andererseits sollte die Hervorhebung der nationalsozialistischen Verbrechen unter gleichzeitiger Betonung der nunmehrigen Mitkriegsführung (cobelligeranza) auf Seiten der Alliierten dem italienischen Bemühen um günstige Bedingungen in den folgenden Friedensverhandlungen in die Hände spielen.[9]
Das durchaus „politisch legitime“ Antifaschistische Narrativ> propagierte die Vorstellung von der alleinigen Kriegsschuld Mussolinis, der das italienische Volk gegen seinen Willen zuerst in das Bündnis mit dem verhassten Erzfeind Deutschland und dann in den Krieg gezwungen habe. Die wenn überhaupt minimale Mitschuld der Italiener sei durch den massenhaften Charakter der Resistenza, des Volksaufstands gegen die Nazifaschisten, bereits ausgelöst worden.[10] Klinkhammer erkennt dabei drei Phasen im Prozess der Ausformung des Gedenkens an den Zweiten Weltkrieg, in dessen Verlauf die Erinnerung an den Krieg an der Seite der Deutschen durch die Erinnerung an Besetzung und Widerstand ausgeblendet wurde: Im Anschluss an die Kodifizierung eines homogenen Narrativs, die 1948, nach dem Ausschluss der Kommunisten aus der Regierung, als abgeschlossen gelten konnte, folgte bis 1963 eine Phase, in der die politische Führungsriege sich allgemein auf patriotische Ideale und die Aussöhnung unter den Italienern berief. Die Resistenza wurde nicht thematisiert, da die von den Christdemokraten geführte Regierung den Kommunisten mit dieser Karte nicht Zuspielen wollte. Mit dem ersten Mitte-Links Bündnis ab 1963 aber begann eine Transformation, an deren Ende die Etablierung des Resistenza-Mythos als „gesamtgesellschaftlich-antifaschistische Deutung [...], geradezu als Zivilreligion“[11], stand.[12]
Teil dieses Diskurses war von Beginn an auch das Stereotyp vom bösen Deutschen, denn „der deutsche Sündenbock erleichterte es ungemein, die Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg und die Verbrechen in den gemeinsam besetzten Gebieten auf die schrecklichen Nachbarn [...] abzuwälzen, zumal der Topos von den bösen Deutschen noch durch den Topos von den guten Italienern ergänzt wurde [,..].“[13] Das Bild des Deutschen ist demnach untrennbar mit der italienischen Interpretation des Faschismus verbunden; mehr noch, es ist dessen begründendes Element und wie sich in der Folge zeigen wird auch das einzig konsensfähige, welches die Geschichtsdeutungen aller politischen Lager verbindet.[14] Dies erklärt auch seine Persistenz im öffentlichen Gedächtnis. Wie Focardi anknüpfend an Missiroli schreibt, fungiere der „riflesso antitedesco“ in Italien als politisches Instrument, welches in Krisensituationen, die die offizielle Geschichtsdeutung vom Resistenza-Mythos gefährden, beliebig aktivierbar werde.[15] In solch einer Krisensituation befindet sich Italien seit den 90ern. Nach dem Umbruch in Osteuropa und dem Zerfall des italienischen Parteiensystems, welches die offizielle Deutung von Faschismus und Zweitem Weltkrieg getragen hatte, geriet auch das antifaschistische Paradigma unter Druck von rechts. Mit den zwei Wahlsiegen von 1994 und 2001 der AN {Alleanza Nazionale-Nachfolgepartei des neofaschistischen MSI-Movimento sociale italiano), der Lega Nord und von Forza Italia, der Partei Berlusconis, setzte eine Geschichtspolitik ein, die eine Umdeutung der jüngsten Vergangenheit verfolgt, orientiert an den Kernpunkten der nationalen Versöhnung und der Aufwertung des Faschismus durch die Anerkennung seiner politischen Ziele: „Heute sind Faschismusapologie und Duce-Bewunderung in der Mitte der Gesellschaft angekommen.[...] Historiker, Publizisten und Filmemacher stellen die antifaschistische Vulgata immer mehr in Frage.“, kommentiert Aram Mattioli.[16]
Unverändert bleibt in diesem revisionistischen Prozessjedoch das Deutschen-Stereotyp.
Im Gegenteil, man kann sogar von einer viel stärker gewordenen Bezugnahme auf die Verbrechen des Nationalsozialismus sprechen. Klinkhammer schreibt, dass seitens der Linken „das ehemals positiv definierte antifaschistische Paradigma abgelöst [wird] durch die Erinnerung an die NS-Verbrechen, womit auf indirekte Weise eine <Rettung> der Resistenza verbunden ist.“[17] Aber auch die Rechtsparteien profitieren von der Propagierung der Verbrechen des Nationalsozialismus, da dies die gleichzeitige Aufwertung des Faschismus flankiert und eine öffentliche Aufarbeitung seiner Verbrechen verhindert. Erst in jüngster Zeit haben Historiker wie Giorgio Rochat, Angelo Del Boca oder Brunello Mantelli begonnen sich bisher von der Geschichtswissenschaft übergangenen Themen wie den italienischen Kriegsverbrechen in Afrika und auf dem Balkan sowie der Zustimmung zum faschistischen Regime zuzuwenden - aber: „Die neuen Forschungen brechen mit dem Bild vom <braven Italiener>,[...] [haben] die breite Öffentlichkeitjedoch noch nicht erreicht [...].“[18] Der besagte Zusammenhang zwischen der Kanonisierung des Resistenza-Mythos, bei fortschreitender Verdrängung der italienischen Verantwortlichkeiten im Ventennio[19], und der Stereotypisierung des Bildes vom allein schuldig gewordenen bösen Deutschen wurde bisher an sehr zahlreichen Quellenkorpora untersucht. So hat Eva Sabine Kuntz in ihrer Arbeit zum Deutschenbild in der italienischen Presse nach 1945 gezeigt, wie die unterschiedlichen Intensitäten deutsch-italienischer diplomatischer Beziehungen auch Auswirkungen auf die italienische Deutschlandberichterstattung hatten, aber vor allem, dass in Krisensituationen, wie beispielsweise der Kappler-Flucht 1977, trotz ausgewogener politischer Beziehungen das deutsche Schreckgespenst umgehend reaktiviert wurde.[20]
Filippo Focardi hingegen hat die oben genannten Phasen der Ausformung der Kriegserinnerung in seiner gut dokumentierten Publikation anhand politischer Reden, sowie in einem Aufsatz unter Auswertung der Zelebrierung von Gedenktagen nachgewiesen[21], wobei allerdings die Bedeutung des Deutschenbildes kaum Beachtung fand. Dessen konstituierende Relevanz hat er lediglich für den Zeitraum der frühen Nachkriegszeit, mit wohl aber mehr als erschöpfender Quellengrundlage, untersucht zum Fazit gelangend, dass die Dämonisierung des Deutschen, trotz divergierender Nuancen, ein Bindeglied zwischen allen politischen Lagern darstellte, wobei der Deutsche zum Alibi für die italienische Unschuld avancierte.[22] Eine Gesamtdarstellung, die den Zeitraum von 1945 bis heute umfasst, lieferte ebenfalls Focardi, allerdings in dem bereits erwähnten, nur etwa fünfzehnseitigen Aufsatz, dessen Quintessenz in den Deutschen den negativen Bezugspunkt identifiziert, der in italienischen nationalstaatlichen Krisen als Blitzableiter und Projektionsfläche für die die eigene Vergangenheit betreffende Ressentiments fungiert.[23]
Keiner der besagten Autoren, die sich eingehend mit der italienischen Vergangenheitsbewältigung beschäftigt haben, hat bisher den Film als eigenständige Quelle in seinem Anteil an der Ausformung der Kriegserinnerung untersucht. Freilich lassen sich gelegentlich Hinweise auf dessen dann doch anerkannte Relevanz finden. So behandelt Joachim Staron in einem eigenen Kapitel den diplomatischen Streit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien infolge des Erscheinens von Die 4 Tage von Neapel von Nanni Loy, der die Wehrmacht als eine Brigade von Kriminellen darstellte.[24]
Desgleichen unterstützt er seine These, dass Kappler in den 60ern zu einer „negativen Symbolfigur der Resistenza“ geworden war, durch das Anführen zweier Filme, in denen der ehemalige SD-Chef in Rom als Ausgeburt des Bösen stilisiert wird.[25] Auch Lutz Klinkhammer stellt in seinem Aufsatz zur Kriegserinnerung im Wandel der Generationen fest, dass der Film „ein wichtiges Medium zur Verbreitung einer kanonisierten Resistenzadeutung [darstellte]“.[26] Eine eingehende Beschreibung und Analyse dieses Zusammenhangs fehlt aber bisher - wenn man von der zeitlich begrenzten Untersuchung der Deutschenbilder in den Filmen Roberto Rossellinis von Ulrich Döge[27] absieht.
Die Arbeit hat daher zum Ziel, einen Beitrag zur Aufarbeitung dieses weißen Flecks in der Forschung zu leisten und, auch unter Bezugnahme auf andere Quellengattungen, das Verhältnis zwischen dem Film als Erinnerungsträger und der Ausgestaltung des Resistenza-Mythos, sowie zwischen dem Film und dem Deutschenbild und dem Resistenza-Mythos und dem Deutschenbild aufzuzeigen. Denn wie bereits erwähnt, steht die Resistenza als Staatsgründungsmythos in Korrelation zum Bild von den Deutschen. Dessen Evolution müsste demnach eng mit jener des Widerstandsnarrativs verbunden sein und die von Klinkhammer herausgearbeiteten Phasen sich auch für die Interpretation der Resistenza und der Deutschen im Film belegen lassen. Dabei würde eine chronologische Kongruenz die Bedeutung des Films als Transmissionsriemen der Vergangenheitsdeutung eindeutig nachweisen.
1.3. Der Film als Erinnerungsträger und geschichtspolitisches Medium - Quellen und Methoden
Obwohl der Film als Quelle unter Historikern heute weitgehend akzeptiert zu sein scheint, soll an dieser Stelle dennoch kurz auf die Forschungsdiskussion zu diesem Thema eingegangen werden. Für die Geschichtswissenschaft gibt es zwei Arten sich dem Film als Bildquelle zu nähern: Zum Einen kann er als historische Darstellung betrachtet werden, oder wie Rainer Rother es nennt als „Historiographie in bewegten Bildern“[28]. Zum zweiten aber kann der Film selbst zum historiographischen Zeugnis werden, zum Dokument also, welches über die Zeit Auskunft gibt, in der es produziert wurde. Der erste, der sich mit dem Film als Ausdruck der ihn produzierenden Kultur auseinandergesetzt hat, war wohl Siegfried Kracauer in seinem kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erschienenen Werk From Caligari to Hitler, in dem er anhand der Filme des deutschen Expressionismus bestimmte latente mentale Tendenzen der deutschen Kultur nachwies, die dazu beitragen können den Aufstieg Hitlers nachzuvollziehen. Auch wenn die Argumentation Kracauers oft mit deterministischen Kategorien operiert, so besteht das Verdienst seiner Arbeit dennoch darin, die Bedeutung des Films als Dokument der Gesellschaft für Historiker und Soziologen herausgestellt zu haben.[29] In der jüngsten Zeit hingegen kann man sicherlich vom französischen Historiker Marc Ferro als dem bedeutendsten Theoretiker zum Film als historisches Dokument sprechen[30]. Nach Ferro sei in einer Untersuchung zur Geschichtsinterpretation im Film das Hauptunterscheidungskriterium „zwischen Filmen, die mit gängigen - vorherrschenden oder minoritären - Denkströmungen im Einklang stehen, und Filmen, die umgekehrt einen unabhängigen und neuen Blick auf die Gesellschaft ermöglichen“ gesucht werden.[31] Der Film kann also einerseits bereits etablierte Diskurse aufgreifen und zu deren breitenwirksamer Weitergabe beitragen. Er gibt dann Auskunft darüber wie eine Gesellschaft oder eine gesellschaftliche Teilgruppe sich selbst sieht und wie sie auch von anderen Gesellschaften wahrgenommen werden möchte. Oder aber der Film eröffnet einen innovativen Diskurs, bietet einen anderen Blick auf die Geschichte (oder auf die Gesellschaft in politisch- und gesellschafts-kritischen Filmen z.B.), greift Themen auf die bisher im wissenschaftlichen oder öffentlichen Bereich keine Relevanz besaßen. Letztere Art von Film bezeichnet Ferro als Filme, die „Gegen-Geschichte“[32] schreiben, d.h. eine andere Geschichte als die öffentlich anerkannte. Injedem Fall aber haben Filme eine enge Beziehung zum kollektiven Gedächtnis: entweder sie tragen durch die Verbreitung bestimmter gesellschaftlich akzeptierter Inhalte zu seiner Formierung und Festigung bei oder sie stellen es in Frage und regen somit eine öffentliche Diskussion an. So sind der Film und die Massenmedien spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten für die Geschichtswissenschaft geworden, denn, wie Anton Kaes schreibt:
„Die Sinnstiftung, die [...] Geschichtsfilme heute leisten, ist von großer [...] Bedeutung: Sie interpretieren für breite Bevölkerungsmassen nationale Geschichte, sie organisieren das ööfentliche Gedächtnis und homogenisieren die Erinnerung. Neben Wissenschaft und Schule sind die Massenmedien heute zum breitenwirksamsten Träger von Geschichtsbewusstsein geworden.“[33]
Neben dieser kaum zu negierenden Bedeutung des Films für die Ausformung des öffentlichen Gedächtnisses steht jedoch die Frage, welche Bedingungen ein Film erfüllen muss, um als kollektiver Erinnerungsträger selektiert zu werden. Bezüglich dieses Problemes hat beispielsweise Ferro vom „Potemkin paradox“ gesprochen, welches von William Guynn in seiner Monographie „Writing History in Film“ diskutiert wird. Ferro fragt sich, wie es sein kann, dass ein Film wie Panzerkreuzer Potemkin von Sergej Eisenstein, der so offensichtlich nur auf erfundenen Fakten beruht, mehr und besser als jede geschichtswissenschaftliche Arbeit das kollektive Bild von der Revolution geprägt hat. Guynn kommt zu dem Schluss, dass die Gründe hierfür in der ausreichenden Dramatisierung, der hervorragenden mise en scène und der selbstwussten und innovativen Ästhetik zu suchen sind. Vor allem aber, und das hält er für einen der Hauptfaktoren, die den Erfolg eines historischen Films ausmachen: „Eisenstein establishes a meaningful relationship between past and present, one of the primary tasks of the historian.“[34]
Dass letzteres eine der ’Hauptaufgaben’ des Historikers sei, soll dahingestellt bleiben, für den Film besitzt diese Aussage jedoch einen unbestreitbaren Wahrheitsgehalt, und das nicht nur für Panzerkreuzer Potemkin, der ja ohne Zweifel die Legitimation der jungen Sowjetunion untermauern sollte. Die Bedeutung eines Films für das kollektive Gedächtnis ist demnach eng mit seiner sinnstiftenden Funktion in Bezug auf die Gegenwart verbunden.
Auch Pierre Nora stellt sich in seinen „Lieux de mémoire“ die Frage, welche Eigenschaften ein historisches Ereignis, ein Konzept oder ein Objekt zu einem Erinnerungsort werden lassen. Neben den drei Bedingungen der Funktionalität, der Materialität und der Symbolkraft stellt er als primäre Voraussetzung den Willen der Gemeinschaft zu erinnern heraus. Der dynamische Akt des Erinnerns erfordere die dauerhafte Bereitschaft und Motivation des Kollektivs: „Au départ, il faut qu’il y ait volonté de mémoire.[...] Que manque cette intention de mémoire, et les lieux de mémoire sont des lieux d’histoire.“[35] Natürlich ist dies eine eher abstrakte Kategorie, dennoch ist sie von nicht zu unterschätzender Bedeutung, denn auch das kollektive Gedächtnis hat ohne die subjektiv und bisweilen irrational denkenden Individuen, die es gestalten, keine Daseinsberechtigung.
Eine Arbeit, die die filmische Verarbeitung des Nationalsozialismus und die Darstellung der Deutschen in einem Zeitraum von 60 Jahren untersuchen möchte, begegnet natürlich zunächst einmal der Schwierigkeit, ein gesättigtes Quellenkorpus zusammenstellen zu müssen. Diese Arbeit wurde unterstützt durch die zweibändige Monografie von Gianfranco Casadio, der ein komplettes Korpus an italienischen Filmen, die den Krieg behandeln, ermittelt hat.[36] Zu jedem Film liefert er Kurzinformationen zu Produktion, Regie, Schauspielern, eine kurze Inhaltsangabe und, wenn vorhanden, einen Ausschnitt aus einer Filmkritik. Mithilfe der Inhaltsinformationen war es daher möglich, eine Liste von Titeln zu erstellen, die dem Thema entsprechen. Italienische Produktionen oder Koproduktionen mit einem nicht-italienischen Regisseur fanden allerdings keinen Eingang in die Betrachtung, da dies nicht mehr dem Kriterium der italienischen Deutung des Nationalsozialismus entsprochen und möglicherweise zu Verfälschungen der Schlussfolgerungen geführt hätte.
Dennoch wurde eine Fülle von Filmen ermittelt, in denen Deutsche und der Zweite Weltkrieg eine Rolle spielen, weshalb es notwendig war ein eingrenzendes Kriterium zu finden. Ein ungewolltes Ausschlussverfahren hat sich bei den Recherchen zu dieser Arbeit aufgedrängt, als deutlich wurde, dass eine bestimmte Zahl an Filmen verloren gegangen und in keinem Archiv einsehbar ist. Diese Filme können lediglich in Form von Kurzhinweisen in Informationszeitschriften zu kinematographischen Neuerscheinungen in die Überlegungen einfließen.[37] Die verfügbaren Filme wurden zum Teil über die Amerika-Gedenk-Bibliothek der Zentral- und Landesbibliothek Berlin konsultiert, zum Teil in Form von Fernsehmitschnitten im Internet. Der größte Teil der Filme hingegen wurde aufgrund der schlechten Verfügbarkeit in der Cineteca der Fakultät für Kunst, Musik und Sport der Universität Bologna eingesehen.
Der Einteilung von Ferro folgend sollen zunächst einmal Filme untersucht werden, die einerseits repräsentativ für ihre Produktionsgegenwart sind, die also im gesellschaftlichen Diskurs verbreitete Themen und Ideen aufgreifen. Zum Zweiten finden Filme in die Betrachtung Eingang, die eine öffentliche Debatte angeregt oder ausgelöst haben, indem sie eine innovative Deutung der Geschichte entwarfen. Es gibt allerdings auch Filme, die eine neue Sicht auf die Deutschen beinhalten, die jedoch weder in der Filmgeschichte noch in der Öffentlichkeit Spuren hinterlassen haben. Diese sind für die Untersuchung von besonderem Interesse, da gefragt werden muss, warum sie trotz (oder wegen?) ihrer divergierenden Deutungen in der Bedeutungslosigkeit verschwanden. Weitgehend ausgeschlossen werden Filme, meist melodramatische Liebesgeschichten, in denen die Deutschen nur eine narrative Funktion ausfüllen. Hier fungiert der Deutsche als Symbol für das Böse und dient primär der Hervorhebung der Schlechtigkeit des Charakters bestimmter Figuren. So zum Beispiel in Trieste mia von Mario Costa (1951): Dieser offen antislawische Kriegsfilm untermauert die Diabolizität des Slawen Karl, indem er ihn aus Rachsucht zum Kollaborateur der Deutschen und Verräter der italienischen Protagonisten macht.[38]
Für einen geschichtspolitischen Ansatz, und nicht filmästhetischen, können diese Filme nur von Bedeutung sein, wenn sie ein von den gängigen Darstellungen abweichendes Deutschenbild vermitteln. Auch auf eine explizite Gliederung der Filme in Kriegsfilme, Holocaustfilme, Nazifilme, NS-Spionagefilme etc.[39] wird verzichtet, da diese nur in einer film-oder literaturwissenschaftlichen Arbeit von Relevanz wäre.
Das grundlegende Ordnungsprinzip wird hingegen chronologischer Art sein, da ja gerade der Wandel (oder die Konstanz) der Deutungen des Nationalsozialismus in Korrelation zu den politisch-gesellschaftlichen Transformationen im Blickpunkt stehen soll. Innerhalb dieser groben chronologischen Orientierungslinien wird nach thematischen Kontinuitäten oder Diskontinuitäten anhand der Inhaltsanalyse der Filme gesucht. Im Vordergrund stehen dabei die beiden Begriffe 'der Deutsche' und der ’Nationalsozialismus’, deren Auslegung, bzw. Interpretation anhand des filmischen Materials herausgearbeitet werden sollen.
Ein erste Auswertung der Filme hat des weiteren gezeigt, dass es lohnend ist, bestimmte thematische Indikatoren anzulegen, die differenziertere Aussagen, gerade auch in Bezug auf den politischen Kontext der Filme, ermöglichen. Es handelt sich zum Einen um die Darstellung und Interpretation der aus italienischer Sicht zwei wichtigsten Kriegsereignisse: Der Russlandfeldzug und die Schlacht von El Alamein. Dass vor allem letztere Schlacht bis heute drei mal verfilmt wurde, und das mit großen zeitlichen Abständen, erlaubt es, den Wandel ihrer filmisch vermittelten Interpretation exakt nachzuzeichnen und ihn in Beziehung zu neuen Deutungen in der Geschichtswissenschaft oder zu kontextuellen politischen Veränderungen zu setzen. Zum anderen wird der Inhalt auf die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Akteuren hin untersucht, d.h. das Verhältnis zwischen Resistenza und den Deutschen, zwischen Resistenza und Faschisten und zwischen Deutschen und Faschisten, ebenso die Beziehung zwischen italienischer Bevölkerung und einerseits den Deutschen und andererseits den Faschisten.
Solche inhaltlichen Indikatoren können auch von bestimmten Personen konstiuiert sein, die im filmischen Diskurs immer wieder kehren: So vor allem Herbert Kappler, Albert Kesselring, Erwin Rommel, Kurt Mälzer oder Papst Pius XII.. Dies zeigt bereits, dass sich mitunter auch eine Bezugnahme auf die Darstellung der Italiener als konstruktiv herausstellt, und zwar aufgrund der bereits erwähnten Wechselbeziehung zwischen Selbst- und Fremdbild.[40]
Im Zuge der anschließenden Bewertung dieser Aussagen muss zum Ersten auf die Entstehungsgeschichte der Filme eingegangen werden. Wer hat ihn warum gedreht und produziert? Dies ist jedoch nicht immer möglich. Für viele eher unbedeutende Filme lassen sich aufgrund mangelnder Quellen weder Aussagen zum Regisseur oder zur Produktionsgesellschaft noch zu den Entstehungsgründen überhaupt machen. In solchen Fällen muss versucht werden mithilfe der wenigen vorhandenen Informationen und einer Kontextanalyse Hypothesen aufzustellen.
Zum Zweiten wird die Rezeption der Filme anhand der wichtigsten Filmzeitschriften und Tages- und Wochenzeitungen erarbeitet. Zur Auswertung herangezogen werden primär die Filmzeitschrift Cinema nuovo und die Tageszeitungen La Stampa (linksliberal), Il Corriere della Sera (konservativ), L'Unità (links) und La Repubblica (linksliberal). Gelegentliche Rückgriffe auf Artikel aus anderen Zeitungen und Zeitschriften sollen jedoch nicht fehlen. Nur zwingt die Fülle des Materials zu einer vorherigen Eingrenzung.
Bei der Auswahl der Titel spielte die politische Ausrichtung eine zwar relevante, aber sekundäre Rolle. Im Vordergrund stand gerade bei den Tages- und Wochenzeitungen die Auflagenstarke und die gesellschaftliche Bedeutung im Hinblick auf die opinion leaders.[41]
Insbesondere die Beurteilung der dargestellten Inhalte durch die Zeitgenossen wird Aufschluss über die Beziehung zwischen Film und kollektivem Gedächtnis geben und es erlauben Aussagen darüber zu machen, warum gerade dieser und nicht ein anderer Film zu einem Erinnerungsort geworden ist. Wie Ferro mit Recht bemerkt hat ist in der Tat auch die Lesart eines Films durch die Gesellschaft Zeuge der sozialen Realität, aus der er hervorgeht. So sei beispielsweise La Grande Illusion von Jean Renoir noch vor dem Zweiten Weltkrieg als pazifistisch gefeiert, nach dem Krieg jedoch aufgrund angeblicher kollaborationistischer Tendenzen und übermäßiger Deutschfreundlichkeit abgelehnt worden.[42]
Eng damit verbunden ist die Frage nach der Beziehung, die der Film zwischen der dargestellten Vergangenheit und der Gegenwart herstellt.[43]Gerade in Italien, wo die Auseinandersetzung um die Deutung des Zweiten Weltkriegs stets hoch politisiert war und noch immer ist[44], scheint eine wesentliche Prämisse für den Erfolg eines Films die Fähigkeit zu sein, seine Geschichtsauslegung in den Dienst der Sinnstiftung für die Gegenwart zu stellen. Das filmische Material muss daher in seinen unmittelbaren historisch-politischen Kontext eingebettet werden.
In diesem Zusammenhang ergab sich während der Recherchen zur Arbeit eine Frage, die von nicht unerheblicher Bedeutung für die Untersuchung der Beziehung zwischen Film und kollektivem Gedächtnis scheint: Wenn die Resistenza und das Deutschenbild von solch großer Bedeutung für die Legitimierung des Nationalstaats sind, dann kann vermutet werden, dass die Politik bewusst Einfluss auf dessen Verbreitung genommen hat. Besonders in Italien, wo seit 1947 jeder Film zur öffentlichen Aufführung und zum Export der Genehmigung durch die staatliche Zensurbehörde bedarf, ist dieser Zusammenhang sehr naheliegend. Die vorliegende Untersuchung soll daher auch Aufschluss über die Funktionsweise der lange Zeit von der DC monopolisierten Kulturpolitik geben, d.h. es wird gefragt, inwieweit sich die Regierung ihrer Einflussmöglichkeiten auf die Kultur bediente, um die Gesellschaft im Sinne ihrer politischen Vorstellungen und Dogmen zu prägen.
Zur Beantwortung dieser Frage war es dementsprechend sinnvoll, auch die Unterlagen der besagten Zensurbehörde als Quellengattung mit einzubeziehen. Dank der freundlichen Genehmigung und vor allem engagierten Unterstützung der Direzione Generale per il cinema (DG Cinema) des Ministero per i Beni e le Attività Culturali (MIBAC)[45], des italienischen Kulturministeriums, war es möglich, die Dokumente zu den Genehmigungsverfahren einzusehen und auszuwerten. Zu besonderem Dank verpflichtet bin ich insbesondere Pier Luigi Raffaelli und Gabriele Bigonzoni, die mir nicht nur unzählige Aktenmappen aus dem Ministeriumsarchiv bereitstellten, sondern mich auch ideell unterstützten und meinen Fragen stets offen gegenüberstanden.
2. Italienischer Burgfrieden gegen die germanischen Barbaren - Genese eines Narrativs
2.1. Roberto Rossellini - Roma città aperta und Paisà
„Der Schrei der Magnani („Francesco...! Francesco!“), wie sie sich rabiat losreißt und dem Lastwagen mit den Gefangenen hinterherläuft, bevor sie unter dem Maschinengewehrhagel zu Boden fallt, sind quasi zum Symbol des europäischen Widerstands geworden und haben den Kampf gegen den Faschismus auf direktere und emblematischere Art erzählt als Tausende von Buchseiten und historischen Dokumenten.“[46]
Roberto Rossellini gilt als Vater des italienischen Nachkriegskinos, wenn nicht sogar des modernen Films.[47] Noch 1959 schrieb Jean-Luc Godard, einer der Meister der Nouvelle vague: „Tous les chemins mènent à Rome ville ouverte.“[48] Auch wenn viele Mythen, die sich um seine Filme rankten, heute entzaubert sind, steht doch außer Frage, dass kein Film die kollektive Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg derart geprägt hat wie Rossellinis noch während des Kriegs in Rom gedrehter Film Roma città aperta[49].[50] Der Film erzählt vom Widerstand gegen die Deutschen in Rom. Der sadistischen SS- Clique um den SD-Chef Bergmann (Harry Feist) stehen der Kommunist Manfredi, der Priester Don Pietro (Aldo Fabrizi), der Drucker Francesco und seine Verlobte Pina (Anna Magnani) gegenüber. Während einer Razzia wird die schwangere Pina von einem anonymen SS-Mann erschossen, Manfredi wird von Bergmanns Schergen zu Tode gefoltert und Don Pietro in der finalen Sequenz wegen seiner Kontakte zum Widerstand exekutiert.
Rossellini bedient alle bereits seit dem Mittelalter gängigen Klischees bezüglich der Deutschen[51] und überträgt sie in den Kontext des Widerstands. Nicht nur, dass er auf diese Weise einen Figurenkanon geschaffen hatte, der wegweisend für alle späteren Filme zu diesem Thema wurde; er deckte mit seinen deutschen Typen auch die gesamte Bandbreite der den Deutschen in der zeitgenössischen publizistischen und politischen Diskussion zugewiesenen Attribute ab und verbildlichte somit gewissermaßen den elitären öffentlichen Diskurs, um ihn einem breiten Publikum zugänglich zu machen. So repräsentiert der SD-Chef Bergmann den germanischen Barbaren und sadistischen Unmenschen[52]. Verschiedene Sequenzen des Films wie beispielsweise die Erschießung zweier Lämmer durch deutsche Soldaten und nicht zuletzt die Erschießung eines Priesters etablieren das Bild vom deutschen Antichristen, welches seine Entsprechung im vorwiegend von katholischen Intellektuellen genährten Bild des Nationalsozialismus als gefährlichstem Feind der christlichen Zivilisation fand.[53] Die Figur des Hartmann hingegen, der sich im trunkenen Zustand des verbrecherischen Charakters des Nationalsozialismus bewusst zu werden scheint, dann aber ohne Skrupel die finale Hinrichtung des Priesters durchfährt, verkörpert den preußischen Militarismus, der Gehorsam und Disziplin über ethisch-moralische Prinzipien stellt.[54] Die Nebenfigur eines Wehrmachtsdeserteurs wird gleich zweifach relativiert: Zum ersten wird er explizit als Österreicher bezeichnet.[55] Zum zweiten begeht er nach der Festnahme Selbstmord, um sich nicht dem Verhör stellen zu müssen, womit er Manfredi und Don Pietro, die Folter und Tod mutig ertragen, moralisch untergeordnet wird. Nicht zuletzt assoziierte Rossellini die deutsche politische Perversion bereits mit der nach katholischem Verständnis sexuellen Perversion der Homosexualität, als er die perfide Figur der Ingrid ihre lesbischen Vorlieben ausleben ließ.[56]
Ulrich Döge hat in seiner Publikation zum Bild der Deutschen in den Filmen Rossellinis gezeigt, wie das eher neutrale Sujet im Gegensatz zum fertigen Film einen deutlichen Wandel zuungunsten der Deutschen erfuhr. Alberto Consiglio, der Verfasser, hatte der negativen Figur des Bergmann den positiven deutschen Antagonisten des Franz Rainer gegenübergestellt. Der gesamte erste Teil des Films hätte demnach auf der „sich unter extremen Bedingungen bewährenden Freundschaft“[57] zwischen dem Deutschen Franz und dem Italiener Manfredi (der nicht explizit als Kommunist bezeichnet wird) beruht.[58] Bereits im Drehbuch, das maßgeblich von Sergio Amidei geschrieben worden war, ist der Deutsche zur Nebenfigur des anonymen österreichischen Wehrmachtsdeserteurs degradiert worden.[59] Im nächsten Schritt, vom Drehbuch zum fertigen Film, wurden darüber hinaus durch Rossellinis persönliche Entscheidung die Erschießung Pinas, die im Drehbuch ein Faschist verantwortete, einem SS-Mann zugerechnet, sowie auch die Hinrichtung Don Pietros im Drehbuch durch ein faschistisches Exekutionskommando, im fertigen Film dann vom Deutschen Hartmann durchgeführt wurde[60] (nachdem die Faschisten ihr Ziel bewusst verfehlt hatten, aus Respekt vor dem Priestergewand natürlich).
Die Resistenza wird in Roma città aperta auf den Aspekt des nationalen Befreiuungskampfs gegen die Deutschen reduziert. Wie der Corriere d'informazione anerkennend schreibt, ist es Rossellini gelungen, den gesamten Film zu drehen „ohne auch nur ein einziges Mal jemanden das Wort ’Faschismus’ aussprechen zu lassen“.[61] Demgegenüber wird durch den gemeinsamen Kampf eines Kommunisten und eines Priesters dem transpolitischen Charakter des Widerstands und der Regierung der nationalen Solidarität, an der alle antifaschistischen Parteien beteiligt waren, symbolisch Ausdruck verliehen. Damit wurde der Film selbst gleichsam zum integrierenden Symbol des nationalen Widerstands, noch bevor sich eine offizielle Gedenkkultur herausbilden konnte.
Dies mag wohl auch der Grund sein, warum er von Kritikern aller politischen Richtungen hoch gelobt wurde, ein Privileg, das später nur wenigen Regisseuren zuteil wurde. Roma città aperta wurde als Manifest des italienischen Volksaufstands „gegen die Nazi-Ideologie und ihre lokalen Sklaven [sic!]“[62] und authentische Wiedergabe der italienischen jüngsten Geschichte[63] begriffen. Wie sehr dieses Bild von der jüngsten Geschichte durch den Hass auf die deutschen Besatzer bestimmt war, gibt die, wohl sarkastisch gemeinte, Bemerkung des Corriere zu verstehen, die Deutschen seien im Film mit sportlicher Nachsichtigkeit wiedergegeben worden: „schön, grausam, korrekt. Alle sind gut.“[64] In Wahrheit könnte die Beschreibung der Deutschen in Roma città aperta aber wohl nur noch durch die Bilder des dantesken Infernos übertroffen werden. Später ist Rossellini vorgeworfen worden, er habe mit seinen Filmen die eigene Verstrickung in das faschistische Regime verdrängen und vergessen machen wollen.[65] In der Tat war Rossellini ab 1937 dank Vittorio Mussolini zunächst als Drehbuchschreiber {Luciano Serra pilota, Goffredo Alessandrini, 1938), dann als Regisseur in der faschistischen Filmindustrie tätig. Mit drei Kriegsfilmen {La nave bianca, 1941; Un pilota ritorna, 1942; L'uomo dalla croce, 1943), der sogenannten „Ersten Trilogie des Krieges“, machte er sich unter dem Regime einen Namen.[66] Hierbei darf aber nicht vergessen werden, dass der Regisseur in der Regel nicht der einzige Verantwortliche des Filminhalts ist. Auch Drehbuchautor und Produktionsfirma bestimmen das Endprodukt maßgeblich mit. Zudem vermittelt der Film durchaus keine neuen Sachverhalte. Vielmehr entspricht seine Auffassung von Krieg und Widerstand, fokussiert auf den äußeren deutschen Feind, dem Narrativ, das schon seit 1943 durch die antifaschistischen Parteien, bestärkt durch die Propaganda der Amerikaner, in Publizistik und öffentlichen Stellungnahmen verbreitet wurde.[67]
Die letztlich dargestellten Inhalte dürften wohl eher kommerziellem Kalkül geschuldet sein. Dafür spricht auch, dass Amidei und Rossellini, wie Döge festgestellt hat, den ursprünglich im Sujet enthaltenen Hinweis auf das Massaker in den Fosse Ardeatine getilgt haben. Da die Legitimität des Attentats in der Via Rasella zu diesem Zeitpunkt durchaus umstritten war, hat man es wohl für besser befunden, auf diesen Insert zu verzichten, um durch vorauszusehende Polemiken den Erfolg des Films nicht zu gefährden.[68]
Die ausnahmslos enthusiastischen Kritiken liefern darüber hinaus den Beweis, wie sehr der Film den Nerv der Zeit getroffen hatte. Statt von einem Verdrängungsversuch Rossellinis zu sprechen, muss doch vor allem herausgestellt werden, wie sehr der Film einem kollektiven Verdrängungsprozess Vorschub leistete. Rossellini war bei weitem nicht der einzige Regisseur, der sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit des Themas der Resistenza annahm. Noch 1945 drehten Mario Camerini und Giacomo Gentilomo, die beide unter dem Faschismus zu einiger Berühmtheit gelangt waren, respektive Due lettere anonime und О sole mio. Auch Alessandro Blasetti, der 1946 Un giorno nella vita drehen wird, hatte mit Vecchia guardia den Marsch auf Rom und mit Ettore Fieramosca das Heldentum der italienischen Soldaten unter dem Regime zelebriert.[69] [70] Statt von Bruch muss auch in der Filmlandschaft von Kontinuität zum Faschismus gesprochen werden. Lediglich die Themen wandelten sich entsprechend dem politischen Kontext. Wie sehrjeder einzelne dieser Regisseure mit seiner Arbeit die Erinnerung an seinen ’Dienst’ für den Faschismus verdrängen wollte bleibt wohl deren Geheimnis, entscheidend ist aber, dass die unzähligen zwischen 1945 und ’47 entstandenen Filme zum Widerstand Ausdruck der auch vom politischen Diskurs getragenen Anstrengung waren, die Rolle des Faschismus (und damit womöglich auch eigene Verantwortlichkeiten) zu minimieren und die Rolle Italiens im Kampf gegen die barbarische Nazi-Ideologie herauszustellen.
Zum Erfolg dieser Operation hat der internationale Erfolg Rossellinis nicht unwesentlich beigetragen. Roma città aperta wird in Frankreich und Amerika einen Triumphzug feiern und Rossellini die finanzielle Unterstützung für seinen nächsten Film Paisà[70] einbringen.[71]
Mit amerikanischem Kapital kofinanziert[72], schildert Paisà, dessen Arbeitstitel Seven from the U.S. war, die Befreiuung Italiens durch die Amerikaner (und auch Engländer) in sechs Episoden. Da der Film sich vorrangig auch an das amerikanische Publikum richtete[73], wurde die Verbindung zwischen Italienern und Amerikanern zum Leitmotiv, mit dem Klimax in der sechsten und letzten Episode, in der alliierte Soldaten und italienische Partisanen gegen Wehrmachtssoldaten kämpfen und von letzteren grausam getötet werden. Obwohl die Deutschen (bis auf die letzte Episode) nicht übertrieben brutal und klischeebeladen dargestellt werden, sind sie doch „die eindeutig und einseitig negativen Figuren“[74] denen das gemeinsame Wirken von Amerikanern und Alliierten gegenübergestellt wird.
Wie schon in Roma città aperta wird auch in Paisà kein Bezug auf authentische Persönlichkeiten genommen und werden die deutschen Verantwortlichen für die Greueltaten anonymisiert und entpersonalisiert (so sehen wir bei der Erschießung Pinas nicht, wer aus der großen Gruppe abgedrückt hat). Laut Döge belege dies, dass Rossellini damit die Kollektivschuldthese vertrete.[75] Wenn auch diese Behauptung möglicherweise zu weit greift, so steht zumindest fest, dass der Verzicht auf reale Personen die Möglichkeit einer Begrenzung der Schuld auf einzelne Personen unterbindet und damit die gesamte nationalsozialistische Kriegsmaschinerie (also SS und Wehrmacht) denunziert. Das ist womöglich auch der Grund, warum Rossellini seinen SD-Chef nicht Kappler, sondern Bergmann genannt hat.
In Paisà wird allerdings auch erstmals der Widerstand gegen den Faschismus thematisiert. In der vierten Episode in Florenz wird ein Anhänger der Republik von Salò von den Partisanen gefangen genommen und gelyncht. In den zahlreichen Rezensionen zum Film findet diese Szene allerdings nicht die geringste Erwähnung. Der Film erzähle von der Vertreibung der Nazis aus Italien, so Arturo Lanocita im Corriere[76], während II Secolo XIX die Handlung folgendermaßen resümiert: „auf der einen Seite die fremden Soldaten und Befreier und auf der anderen das Volk, welches die gesamte tragische Schuld für den nicht gewollten Krieg büßt.“[77]
Hat Rossellini also zumindest ansatzweise den Aspekt des politischen Widerstands gegen den inneren Feind des Faschismus erwähnt, so ist die veröffentlichte Meinung vollständig auf den deutschen Feind und die Resistenza als nationalem Befreiungskampf fixiert und beweist somit, dass die Verdrängung des Faschismus einem durchaus kollektiven Bedürfnis entsprach. Bestärkt wurden italienische Filmemacher und Öffentlichkeit in diesem Bedürfnis natürlich auch durch den fulminanten internationalen Erfolg vor allem der beiden Filme Rossellinis. Französische und amerikanische Kritiker sahen in den Filmen über den Widerstand das wahre Italien, das Garibaldis, der Antifaschisten und der Partisanen, und werteten sie als Chance für das italienische Volk, sich von jedweder Schuld zu erlösen. Mit den Filmen über den Widerstand sei Italien rehabilitiert und wieder als gleichrangiger Partner in das internationale Konzert aufgenommen worden, so der Kritiker und Dozent für Filmgeschichte Gian Piero Brunetta[78]. Dieser ’Mythos’ hat sich bis heute gehalten. So sagte Carlo Lizzani, Regisseur der ersten Stunde, in einem Interview mit der Repubblica 2008: „Es ist paradox zu behaupten, dass Italien dank Paisà in den Friedensverhandlungen weniger harte Bedingungen auferlegt bekam. Aber es enthält einen wahren Kern.“[79]
Im Grunde ist der langfristige Erfolg der Filme Rossellinis vor allem auf seine stilistischen Innovationen zurückzuführen. Zusammen mit Luchino Visconti wird er als Begründer des Neorealismo angesehen, auf den sich bis heute unzählige Filmemacher berufen haben. Ist aber der Grund für die Persistenz der Filme Rossellinis im öffentlichen Gedächtnis primär in der ästhetischen Erneuerung zu suchen, so trägt diese gleichzeitig auch zu einer Perpetuierung der Filminhalte bei.
2.2. Der deutsche Antichrist - Die Katholiken und der Widerstand
Auch die Katholiken versuchten vom Zugpferd der Resistenza-Thematik zu profitieren. Noch während des Krieges erkannte die Kirche die potenzielle Führungsrolle des Films in einer zukünftigen katholischen Kulturpolitik. Zu Gute kam ihr dabei, dass ihre kapillare Infrastruktur den Krieg weitgehend intakt überstanden hatte.[80] Während die römischen Filmstudios, Cinecittà, zum Teil zerstört waren, zum Teil als Notlager für Ausgebombte dienten, stellten die Katholiken den Filmschaffenden Räumlichkeiten der Kirche zur Projektplanung zur Verfügung.[81]
Neben dem Aufbau einer Organisationsstruktur begann man allerdings auch, sich in der Produktion von Filmen zu betätigen. Unter dem Dach des Centro cattolico cinematografico (CCC), des katholischen Filmzentrums, gegründet 1935, wurden nach und nach verschiedene Einrichtungen wie die Rivista del Cinematografo, die katholische Filmzeitschrift, und 1943 dann die Orbis Film, die erste Produktionsgesellschaft mit ausschließlich katholischem Kapital, gegründet. Sie schaffte es, große Namen des italienischen Films wie Vittorio De Sica als Regisseur und Cesare Zavattini als Drehbuchschreiber zu verpflichten.[82] [83] Letzterer war auch verantwortlich für das Drehbuch von Un giorno nella vita[83], unter der Regie von Alessandro Blasetti.
Erzählt wird von einem Klausurkloster, in dessen Garten sich von den Deutschen verfolgte Partisanen flüchten. Nach anfänglicher Skepsis versorgen und behandeln die Nonnen die Männer. Während die Partisanen auf einer Erkundungsexpedition in den Bergen sind, dringen die Deutschen gewaltsam in das Kloster ein und töten alle Nonnen als Vergeltungsaktion. Als die Partisanen bei ihrer Rückkehr einige von ihnen gefangen nehmen können und Rache üben wollen, lassen sie beim Anblick der Schwestern davon ab und übergeben die Gefangenen den inzwischen eingetroffenen Alliierten.
Der Film etabliert als einziges Feindbild das der Deutschen. Dass der Kampf auch einen ideologischen Aspekt, d.h. gegen den Faschismus, hat, wird vollständig ausgeblendet. Im Gegenteil: Die Ziele des faschistischen Krieges werden im Umkehrschluss legitimiert, lediglich die Ausführung verurteilt, wenn einer der Partisanen sagt, dass den Krieg nur der machen könne, dem es gut gehe. Und den Italienern fehlte es nun mal an allem.
Als ob der Mord an den Nonnen nicht schon das grausamste Sakrileg dargestellt und den besten Beweis für die antichristliche Mordlust der Deutschen geliefert hätte, wird während des gesamten Films mit plumpen Klischees gearbeitet, um das Bild des bösen Deutschen möglichst zu komplettieren. So hätten sie sich als Priester verkleidet, um Klöster auszurauben[84]. Einem Deutschen werden sogar die Worte „Ah, vescovo kaputt. Italia, Italia kaputt.“[85] in den Mund gelegt. Kurz: Den Deutschen geht jeder Respekt weder vor Gott, noch vor dem menschlichen Leben überhaupt ab. Das Wirken der Partisanen hingegen wird von einer der Schwestern als Dienst an Gott bezeichnet, der dem der Nonnen gleichkomme, wodurch der Widerstand gegen die Deutschen implizit als heiliger Krieg gegen die Ungläubigen stilisiert wird.
Auch wenn der Film kein Publikumserfolg wurde[86], nahm die Kritik ihn schon allein wegen der Thematik, welche „ihre Inspiration aus der jüngsten und schmerzvollen sowie ruhmreichen Wirklichkeit bezieht“[87], mit wohlwollendem Lob auf. Die Stampa bemängelte lediglich einige Details, wie beispielsweise das Insistieren des Regisseurs auf der Weigerung der 2. Oberin, den Partisanen zu helfen.[88] Bevorzugt wurde offensichtlich eine klare Trennung zwischen Italienern, bedingungslosen Unterstützern der Partisanen, und bösen, gottlosen Deutschen.
Un giorno nella vita fügt sich folglich als kulturelle Komponente ein in das Gesamttableau der von katholischer Seite vertretenen offiziellen Position bezüglich der Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und der Beziehung zwischen Vatikan und Nationalsozialismus. Am 2. Juni 1945 hatte Pius XII. in einer richtungsweisenden Rede vor dem Kardinalskollegium die „radikale Opposition zwischen nationalsozialistischem Staat und katholischer Kirche“[89], sowie die durch die Kirche erlittenen Verfolgungen in Deutschland hervorgehoben und den Nationalsozialismus als Apostasie von Jesus Christus und totale Negation seiner Doktrin bezeichnet. Zum Faschismus bezog der Heilige Vater hingegen nicht Stellung, erwähnte ihn mit keinem Wort. Gerichtet war der Diskurs indirekt auch an die Denunziationen der Sowjetpropaganda, der Papst hätte mit dem Hitler-Regime paktiert, so Focardi.[90]
Inwieweit der Film damit Teil einer eventuellen Rechtfertigungsstrategie war, ist schwer zu beurteilen. Fest steht aber, dass die Kirche Grund genug hatte, an der Konstruktion des deutschen Feindbildes als Alleinverantwortlichem für alle vergangenen Schrecken mitzuwirken, war doch ihr Verhalten während Krieg und Besatzungszeit zumindest als ambig[91] zu bezeichnen. Mit einer Reduktion der Schuldfrage auf die Deutschen bei gleichzeitiger Ausblendung des Faschismus konnte einer Auseinandersetzung mit unbequemen Themen wie dem Konkordat von 1929 aus dem Weg gegangen werden.
2,3. Der deutsche Klassenfeind-Angriff von links
Für die kommunistische Partei, den PCI (Partito Comunista Italiano) stellte sich in der unmittelbaren Nachkriegszeit vor allem die Frage, wie die Trennung zwischen Intellektuellen und Gesellschaft überwunden werden konnte. Im Antagonismus zum Idealismus Croces wurde die Kultur aufgerufen, den „moralischen und materiellen Wiederaufbau“ Italiens zu steuern. Der Film spielte in diesem Projekt jedoch zunächst eine untergeordnete Rolle. Erst ab 1947 erkannte die Partei sein Potenzial als zukünftiges Massenmedium und etablierte es als tragenden Pfeiler seiner einheitlichen Kulturpolitik.[92] [93] Bereits ein Jahr zuvor hingegen drehte Giuseppe De Santis, Mitglied des PCI und ehemaliger Widerstandskämpfer, Caccia tragica[93]. Koproduzent war die A.N.P.I Film, Produktionsgesellschaft der Associazione Nazionale Partigiani d'Italia (Nationaler Bund der Partisanen Italiens). Wie schon die Orbis schaltete sich mit der A.N.P.I. eine weitere politische Interessengruppe durch die gezielte Förderung bestimmter Filmprojekte in den medialen Diskurs zur Deutung derjüngsten Geschichte ein.[94] Bei der A.N.P.I. handelte es sich diesmal allerdings um einen von Sozialisten und Kommunisten dominierten Verband.[95]
Dem Film liegt dementsprechend eine Auffassung zu Grunde, die den Widerstand gegen Faschismus und Nationalsozialismus als Klassenkampf gegen die Latifundisten begreift. Einige ehemalige Partisanen gründen mit Tagelöhnern und Bauern eine landwirtschaftliche Kooperative. Die Grundbesitzer drohen, ihnen das Land wegzunehmen, sollten sie die Pacht nicht bezahlen. Daraufhin raubt eine Gruppe bestehend aus einem deutschen Deserteur, welcher Aufseher in einem KZ war, einer italienischen Kollaborateurin und einem italienischen ehemaligen Faschisten und KZ- Invaliden (Alberto) das für die Pacht bestimmte Geld. Später stellt sich heraus, das hinter dieser Perfidie die Grundbesitzer steckten, die das nun von den Minen befreite und erneut bebaute Land zurückhaben wollten. Die Darstellung des deutschen Deserteurs kann wohl als die klischeehafteste des Nachkriegsfilms gelten. Eine grobschlächtige, dümmliche Bestie, welcher nachgesagt wird, sie würde nur töten oder schlafen und zu nichts anderem in der Lage sein. Im Gegensatz zu den Italienern ist er in der Tat auch der einzige, der fähig ist, einen Menschen zu erschießen. Letztlich müssen der Deutsche und die italienische Kollaborateurin sterben. Dem ehemaligen Faschisten hingegen, den die Menge lynchen will, wird vor dem Hintergrund seiner durch die Deutschen im KZ erfahrenen Leiden verziehen. Folglich werden alle gegenwärtigen Übel der Protagonisten direkt oder indirekt auf die Deutschen zurückgeführt: Die Verödung der Felder, die Minentoten, die fehlende Arbeitskraft, weil anscheinend alle Söhne nach Deutschland deportiert wurden - und nicht zuletzt die moralische Misere des fehlgeleiteten Alberto. Dabei wird der Widerstand der Bauern gegen die Grundbesitzer als Fortführung des Widerstands gegen die Deutschen gedeutet; die Mobilisierung der Resistenza soll fortgeführt und für weitergehende soziale Reformen im Sinne der Kommunisten nutzbar gemacht werden. Nicht nur in dieser Hinsicht entsprach der Tenor des Plots der Position der Kommunisten. Der Film war gleichsam Ausdruck der im Jahre 1946 maßgeblich durch den Kopf des PCI, Paimiro Togliatti, in seiner Funktion als Ministro di Grazia e Giustizia (Minister für Gnade und Gerechtigkeit) Amnestiegesetzes[96] und trug diese politische Entscheidung in die Gesellschaft weiter:
„Alberto's pardon and rehabilitation also respect the guidelines set out by Togliatti's 1946 amnesty of Fascist criminals, which legitimised impulses to limit the scope of collective recrimination. By the end of the film, Michele and Alberto have been reconciled: the traumas they suffered at German hands during the war become the basis for their future friendship.“[97]
Die Kulturpolitik wurde als Medium zur Fortsetzung der durch die Resistenza begründeten moralischen Erneuerung des Landes verstanden. Sämtliche politische Akteure[98], Parteien und Organisationen erkannten den Film als Transmissionsriemen für die Vermittlung ihrer Deutung der jüngsten Geschichte. Der gemeinsame Nenner all dieser zumindest in Nuancen differierenden Deutungen war die Fokussierung auf das Bild des bösen Deutschen, in dessen Rahmen eine Erinnerung an den Faschismus keinen Platz fand. Wenn überhaupt, dann trat er, wie in Caccia tragica, in sozusagen reduzierter Form lediglich als Salò-Faschismus auf, ergo als Kollaborateur der Deutschen.
Brunetta spricht in diesem Zusammenhang von einer amnesia diffusa, einer weitverbreiteten Amnesie, des italienischenNachkriegsfilms:
„Von Null anfangen bedeutet auf Grundlage einer idealerweise von allen unterschriebenen Übereinkunft das Wissen vom Vorher zu annullieren, dem Nazi-Verbündeten ein Maximum an Schuld und Bösem zuzuschreiben und die Verantwortlichkeiten der Italiener im Schwarzhemd auf ein Minimum zu reduzieren. Was die vorausgehende Geschichte betrifft, bildet sich auch im Film ein Zustand der weitverbreiteten Amnesie heraus.“[99]
Die Bedeutung, die dem deutschen Feindbild dabei zukommt, liegt auf der Hand, vor allem aufgrund seines einenden Charakters. In dieser Phase der Regierungen der nationalen Einheit sind die Deutschen konstituierend für die Konstruktion einer italienischen staatlichen Identität. Der spätere Erfolg und die Modellfunktion des Neorealismo, dem diese Filme zuzurechnen sind, befördern darüber hinaus die Kanonisierung des im frühen Film etablierten Deutschenbildes; es wird sozusagen zum dauerhaften Bezugspunkt für viele Regisseure und Drehbuchschreiber. Als beispielhaft kann hier die Charakterisierung des Deutschen als Antichrist gelten. Dieses Bild war, wie gezeigt, ein gängiges Topos in der zeitgenössischen Publizistik und im intellektuellen Diskurs. Seine Ursprünge sind natürlich auf die Zeit der lutherischen Reform zurückzuführen und seinen Höhepunkt fand es in der Ablehnung des protestantischen und damit ketzerischen Preußen.[100] Rossellini hat für dieses religiös geprägte Klischee als erster eine Zeichenfolge entwickelt, den Diskurs also in die Bildsprache übertragen, in Form des Priestermörders. Diese Interpretation wurde im Folgenden zu einer filmischen Konvention und der Priestermord zu einer Metapher für das Deutschsein.
Neben der Schaffung eines nachhaltigen Figurenkanons ist das Nachkriegskino aber auch in anderer Hinsicht erster Indikator für die Tendenzen und Mechanismen, die so bestimmend für die italienische Filmproduktion werden sollten: Die enge Verflechtung von Film und Politik, sowohl in Form von eigenen Produktionsgesellschaften politischer Akteure, als auch der oft von politischen Kriterien dominierten staatlichen Filmzensur[101].
3. Politische Verspannung und filmische Entspannung 3.1.In Frieden leben
Mit dem Ausschluss der Linken aus der Regierung im Mai[102] 1947 und verstärkt nach den ersten Parlamentswahlen im April 1948, in denen die Democrazia Cristiana einen fulminanten Wahlsieg mit 48% der Stimmen davontragen konnte begann auch in Italien die erste Phase des Kalten Krieges. Damit schienen die Beschwörung der nationalen Einheit und das Bild vom Priester und vom Kommunisten, die Seite an Seite gegen die Deutschen kämpften, obsolet. Da auch der Friedensvertrag Italiens im Februar 1947 unterzeichnet worden war, entfiel ein weiterer gewichtiger Grund der obsessiven Propagierung der deutschen Schuld und italienischen Unschuld.
Bereits im März 1947 erfolgte die Erstaufführung der Tragikomödie Vivere in pace[103] von Luigi Zampa. Der Film handelt von einem italienischen Bauern, der zwei aus einem Kriegsgefangenenlager geflohene Amerikaner, darunter einen Schwarzen, versteckt, aber gleichzeitig den deutschen Ortskommandanten gelegentlich in seinem Haus empfängt. Unter dem Einfluss des Alkohols begegnen sich der Deutsche und der schwarze Amerikaner, um sich schließlich zu verbrüdern. Sie ziehen feiernd durch das Dorf und verkünden der Krieg sei aus. Als das deutsche Kommando sich auf dem Rückzug befindet, rufen sie im Dorf an um anzuordnen, dass es niedergebrannt werde. Der deutsche Ortskommandant bittet den Bauern, ihm Zivilkleidung zu geben, sodass er desertieren könne. Beide werden schließlich von den inzwischen eingetroffenen Deutschen erschossen. Wenn die deutsche Figur auch zum Teil ambig bleibt und am Ende doch die Deutschen die Alleinverantwortlichen der Tragödie sind, weist das Bild des Deutschen einige Neuheiten auf. Vor allem wird seine Person individualisiert und ihm sogar menschliche Eigenschaften zugesprochen, wie die Liebe für seine Familie, die er unbedingt wiedersehen will. Dem Klischee verhaftet bleibt hingegen weiterhin das Topos der Trunksucht: So kommt der Deutsche eigentlich nur wegen des Weins in das Haus des Bauern und beweist während seiner Alkoholeskapaden eine außerordentliche Standfestigkeit.
Bei der Kritik wurde der Film mit einiger Renitenz aufgenommen, wobei der Grad der Ablehnung sozusagen von rechts nach links zunehmend war. Begrüßt Gian Luigi Rondi im rechten II Tempo endlich eine „heitere und witzige“ Interpretation der Kriegsereignisse[104], nimmt die Stampa den Film betont objektiv und ein wenig herablassend zur Kenntnis, besteht allerdings darauf, den Grund für den finalen Tod des Protagonisten in seinem Irrtum zu suchen, nicht zwischen Freund und Feind unterscheiden zu können und damit alle in gleicher Weise als Menschen zu betrachten: Ein unverhohlener Hinweis auf den deutschen Deserteur, der als Feind gebrandmarkt und dem jede Menschlichkeit und damit auch das Anrecht auf Unterstützung negiert werden muss[105]. Die Unità verreißt den Film vollends, spricht ihm jede ästhetische sowie inhaltliche Kompetenz ab. Er sei das genaue Gegenteil der Meisterwerke wie Roma città aperta oder Paisà, die dem italienischen Kino zu Weltruhm verholfen hätten. Verfemt wird er vor allem „wegen des willkürlichen und falschen Inhalts, der schuldhaften Gleichgültigkeit, mit der er Ereignisse darstellt, die uns gepeinigt haben und deren Folgen wir noch immer ertragen müssen.“[106]
Beim Publikum war Vivere in pace hingegen ein uneingeschränkter Kassenerfolg[107] , ganz im Gegensatz zu seinen tragisch konzipierten Vorgängerfilmen wie Roma città aperta oder Un giorno nella vita.[108] Offensichtlich fühlte sich die Mehrheit des italienischen Filmpublikums den von Zampa vertretenen Ideen eines Lebens in Frieden, in Einklang mit allen aufgrund humaner und nicht politischer Werte, näher als den ideologisch durchdrungenen Filmen der ersten Jahre, die den Widerstand als bewaffneten, politisch und ideologisch motivierten Kampf deuteten. Der friedliebende zio Tigna (Onkel Tigna) in Zampas Film, der sich sowohl mit Faschisten, als auch mit Kommunisten versteht, dabei lediglich deren politischen Eifer kritisierend, entspricht in seinen Verhaltensweisen genau dem von der Bewegung des Uomo qualunque propagierten Menschenbild des ganz normalen Mannes von der Straße, der außerhalb politisch-ideologischer Zwänge lediglich nach der Befriedigung individueller Bedürfnisse, gegenjede staatliche oder sonstige Bevormundung, strebt. Die Bewegung, die einen nicht unbedeutenden öffentlichen Einfluss besaß[109], war um die gleichnamige Wochenzeitung Gulgiemo Gianninis entstanden und richtete sich sowohl gegen den Faschismus, als auch den Kommunismus, ganz zu schweigen von den Berufsantifaschisten[110].
Der Publikumserfolg von Vivere in pace zeugt daher gleichsam von dem weitverbreiteten Bedürfnis, die Schrecken des Krieges und damit verbunden die erzwungene Politisierung und Ideologisierung der Gesellschaft endlich hinter sich zu lassen. Mit dieser programmatischen Indifferenz war auch eine Abschwächung des deutschen Feindbildes zu Gunsten universaler Menschen- und Friedensliebe verbunden, wenn auch kritisch angemerkt werden muss, dass die finale Sequenz an der Alleinverantworlichkeit der Deutschen keinen Zweifel aufkommen lässt, während der Faschismus im Film latent beschönigt wird, sich der faschistische Parteisekretär, der übliche Hanswurst, gegen Ende sogar der Dorfgemeinschaft, gegen die Deutschen, anschließt und von ihr bereitwillig und ohne Groll aufgenommen wird.
[...]
[1] Rusconi, Deutschland-Italien, Italien-Deutschland, S.15
[2] Isnenghi, S.67-86; die zweite Nation ist Amerika als positiver Erinnerungsort
[3] Als erheiternder Beweis kann hierfür die letzte Fußballweltmeisterschaft dienen, während der die internationale Presse ihren Lesern die Spielkraft und den Erfolg der deutschen Mannschaft anhand eindrücklicher Metaphern aus dem Kriegsvokabular verdeutlichte: "The Star": „Deutscher Blitzkrieg versenkt die Socceroos.“ ; "Libération": „Die Deutschen überrollen alle, mit Özil als Drehscheibe, der nach allen Seiten Raketen abschießt.“; "Press": „Mächtige Panzer zeigen das bisher beste Spiel der WM.“ , in: http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1276452203576.shtml. 14.2.2011
[4] Focardi, L'immagine del cattivo tedesco e il mito del bravo italiano, S.II
[5] Vgl. Reichel, S.13: „Sie [die Filme], die sich vor allem subjektiv, authentisch und expressiv mit der Vergangenheit auseinandersetzen, habenje zeittypische Erinnerungsbilder entworfen, <erfunden> und insoweit die zweite Geschichte des Nationalsozialismus [...] beeinflusst. So berühmte amerikanische Filme wie Winds of War [.] und Holocaust [.] haben nationale Geschichte nicht nur interpretiert, sondern darüber hinaus womöglich aus das öffentliche Gedächtnis strukturiert.“
[6] Vordemann, S. 118
[7] Vgl. Die Historikerdebatte zum amerikanischen Kino zwischen 1920 und 1950 und seinem Beitrag zur Begründung einer nationalen Identität; Monaco, S. 262
[8] Klinkhammer, Kriegserinnerung in Italien im Wechsel der Generationen, S. 333
[9] Focardi, Reshaping the past, S.42; zuerst in: ebd., „Bravo italiano“ e „cattivo tedesco“: riflessioni sulla genesi di due immagini incrociate, in: Storia e memoria 5 (1996) H.1, S.55-84
[10] Ebd., Die Erinnerung an den Faschismus und der Dämon der Analogie, S. 179 und 183f; ebd., Reshaping the past, S.41
[11] Klinkhammer, Der Resistenza-Mythos und Italiens faschistische Vergangenheit, S. 127
[12] Ebd., Kriegserinnerung in Italien im Wechsel der Generationen, S. 337
[13] Schlemmer, S.132
[14] Focardi, L'immagine del cattivo tedesco e il mito del bravo italiano, S. IV; Schlemmer, S.131
[15] Ebd., L'ombradel passato, S.79
[16] Mattioli, S.140ff
[17] Klinkhammer, Kriegserinnerung in Italien im Wechsel der Generationen, S. 342
[18] Focardi, Gedenktage und politische Öffentlichkeit in Italien, S.219
[19] Der italienische Terminus für die Ära des faschistischen Regimes: wortwörtlich 'Zeitraum von zwanzig Jahren
[20] Eva Sabine Kuntz, Konstanz und Wandel von Stereotypen, Deutschlandbilder in der italienischen Presse nach dem Zweiten Weltkrieg, Frankfurt a.M. u.a. 1997
[21] Focardi, La guerra della memoria, La Resistenza nel dibattito politisco italiano dal 1945 a oggi, Bari 2005 sowie Ebd., Gedenktage und politische Öffentlichkeit in Italien, 1945-1995
[22] Ebd., L'immagine del cattivo tedesco e il mito del bravo italiano, La costruzione della memoria del fascismo e della seconda guerra mondiale in Italia, Padova 2005
[23] Ebd., L’ombra del passato, I tedeschi e il nazismo nel giudizio italiano dal 1945 a oggi, Un profilo critico, in: Novecento, 3 (2000), S.67-81
[24] Staron, S.250-258
[25] Ebd., S.274
[26] Klinkhammer, Kriegserinnerung in Italien im Wechsel der Generationen, S.338
[27] Ulrich Döge, Barbaren mit humanen Zügen, Bilder des Deutschen in Filmen Roberto Rossellinis, Trier 2009
[28] Rother, S. 11
[29] Siegfried Kracauer, Von Caligari zu Hitler: eine psychologische Geschichte des deutschen Films, Frankfurt a. M. 1999; Originaltitel: ebd, From Caligari to Hitler: a Psychological History of the German Film, 1947
[30] Neben Robert A. Rosenstone, der sich jedoch mit der Darstellbarkeit von Geschichte im Film auseinandersetzt, d.h. mit dem Film als historiographischen Diskurs
[31] Ferro, S. 22
[32] Ebd., S. 23
[33] Kaes, S. 207
[34] Guynn, S. 167
[35] Nora, S. 37f
[36] Casadio, Gianfranco, La guerra al cinema, I film di guerra nel cinema italiano dal 1944 al 1996, 1. Dal Risorgimento alla seconda guerra mondiale, Ravenna 1997 und Ebd., La guerra al cinema, I film di guerra nel cinema italiano dal 1944 al 1997, 2. Dalla seconda guerra mondiale alla Resistenza, Ravenna 1998
[37] Vgl. E non dirsi addio von Silvio Laurenti Rosa (1948), ein pazifistischer Film über die Aussöhnung zwischen Deutschen, Amerikanern und Italienern
[38] Dass der Film vor dem politischen Hintergrund der noch offenen Triest-Frage die antislawischen
Propaganda unterstützt, kann hier nicht eingehender besprochen werden, sollte aber Anknüpfungspunkte für weitere Forschungen zu den politisch-ideologischen Implikationen des italienischen Nachkriegsfilms bieten
[39] Vgl. die in der Einleitung vorgenommene Einteilung von Inken Heeb, Deutschlandbilder im amerikanischen Spielfilm - 1946 bis 1993, Stuttgart 1997
[40] Dies legt ein weiteres Forschungsdesiderat offen. Um die Wechselwirkungen zwischen Selbst-und Fremdbild besser erfassen zu können, müssten auch alle Filme untersucht werden, in denen keine Deutschen vorkommen, sondern nur Italiener, was den Rahmen dieser Arbeit aber gesprengt hätte
[41] Zu Auflagenstärken und Rolle der Medien im politischen System in Italien vgl. Kuntz, S.89ff
[42] Casetti, S. 145
[43] Siehe S.8
[44] Klinkhammer, Der Resistenza-Mythos und Italiens faschistische Vergangenheit, S. 122
[45] Die Dokumente werden im folgenden zitiert: MIBAC, fascicolo X (auf die Aktenmappe gestempelte Bearbeitungsnummer), Name des Films, Datum auf der Aktenmappe
[46] Brunetta, Cent'anni di cinema italiano, S.95f; „[...] il grido della Magnani („Francesco...! Francesco!!), il suo furioso divincolarsi e correre dietro al camion con i prigionieri prima di cadere sotto la raffica del mitra, sono diventati quasi il simbolo della Resistenza europea e hanno raccontato la lotta al fascismo in modo più diretto e emblematico di migliaia di pagine e documenti storici.“
[47] Rondolino, Roberto Rossellini, S.VII
[48] Godard, S.22
[49] Roma città aperta (Rom, offene Stadt), Regie: Roberto Rossellini, Italien 1945
[50] Auch Joachim Staron ist der Meinung, dass der Film „einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf das Geschichtsbild in Italien“ hatte; Staron, S.115
[51] Döge, S.6
[52] Vgl. Focardi, L'immagine del cattivo tedesco e il mito del bravo italiano-, zur Kodifizierung des Bilds von der „Nazibestie“ in Publizistik und politischem Diskurs in der Nachkriegszeit S.91-102
[53] Vgl. beispielsweise den Buchtitel von Giuseppe Piazza: L'Anticristo come io lo vidi (Wie ich den Antichrist gesehen habe), 1945, zit. in Focardi, L'immagine del cattivo tedesco e il mito del bravo italiano, S. 122
[54] So sagt er im Film: „Nur morden, morden, morden. Ganz Europa haben wir mit Leichen übersät. Und auf diesen Gräbern wächst der Hass. Hass! Alle werden wir sterben.“ Zudem stellt er den Zweiten Weltkrieg in eine Linie mit dem verbrecherischen Verhalten der deutschen Truppen im Ersten Weltkrieg, zu dieser Konstruktion einer Tradition der Gewaltherrschaft siehe auch Döge, S.54f
[55] Das positive Verhalten deutscher Soldaten zu rechtfertigen, indem man ihnen eine österreichische oder Volksdeutsche' Nationalität zuschrieb, war ein weit verbreitetes Denkmuster, auch in Presse und Publizistik; vgl. dazu Röhrs, S.39 und S.86ff: Er weist unter anderem nach, wie in den Listen kämpfender Partisanen in Italien im Nachhinein deutsche Namen bewusst 'überarbeitet' und unkenntlich gemacht wurden oder ihnen ein falscher Geburtsort, z.B. in Österreich, hinzugefügt wurde.
[56] Eine Assoziation, die ab Mitter der 70er im Film dominant werden wird, siehe S.
[57] Döge, S.40
[58] Ibid., S.38ff
[59] Ibid., S.46
[60] Ibid., S.58f
[61] i.m., Corriere d'informazione, 24.10.1945; „senza nemmeno lasciar pronunciare una sola volta la parola „fascismo“.“ Corriere d'informazione war der vorübergehende Name des Corriere della Sera; im folgenden nur noch Cdl und Cds
[62] Volpone (Pietro Bianchi), Oggi, 6.11.1945; „all’ideologianazista e ai suoi schiavi locali“
[63] So schreibt die Stampa am 18.11.1945: „Endlich. Ein Film, der unser ist, gefühlt und ehrlich, durchdacht und migelitten: ein Film, der seine Wurzeln in unserejüngste Vergangenheit gräbt.“; „Finalmente. Un film che è „nostro“, sentito e sincero, meditato e sofferto: un film che affonda le sue radici nel nostro più recente passato.“
[64] i.m., Cdl, 24.10.1945; „belli, crudeli, corretti. Tutti bravi: [...]“
[65] Lepre, S.13ff
[66] Rondolino, S.35 und S.39-63
[67] Zur Konstruktion dieses Narrativs in Publizistik und öffentlichem Diskurs siehe Focardi, L'immagine del cattivo tedesco e il mito del bravo italiano, hier besonders S.1-15 und S.33-102
[68] Döge, S.57ff
[69] Casadio, Bd. 2, S.178f
[70] Paisà (meridion. für Landsmann), Regie: Roberto Rossellini, Italien 1946
[71] Rossellini, Il mio dopoguerra, in: Cinema nuovo, 70, 1955, S.345
[72] Döge, S.88: Koproduzent des Films war der Amerikaner Rod Geiger; zur Entstehungsgeschichte des Films, an dessen Drehbuch auch Klaus Mann und Alfred Hayes mitschrieben vgl. Thomas Meder, Vom Sichtbarmachen der Geschichte, Der italienische „Neorealismus“, Rossllinis Paisà und Klaus Mann, München 1993
[73] Ibid.
[74] Ibid., S.102
[75] Ibid., S.lll
[76] Arturo Lanocita, Paisà, CdS, 15.12.1946
[77] Anonym, Il SecoloXIX, 14.12.1946, „da un lato i militari stranieri liberatori, dall’altro il popolo che della guerra non voluta sconta tutto il tragico peso.“
[78] Brunetta, Guida alla storia del cinema italiano, S. 129 und S.143
[79] Paolo D'Agostini, Hotel Meina Lizzani: vi svelo l'altra Germania, La Repubblica, 22.01.2008
[80] Brunetta, Storia del cinema italiano, S.105
[81] Michele Lacalamita, Chiesa, cattolici e cinema, Bianco&Nero, 1957 II, S.1
[82] Brunetta, Storia del cinema italiano, S.108 Fn.
[83] Un giorno nella vita (Ein Tag im Leben), Regie: Alessandro Blasetti, Italien, 1946
[84] Der Topos der Plünderungen Roms zuerst durch die Westgoten 410 und dann durch Karl V: 1527
[85] „Ah, der Bischoff ist kaputt. Italien, Italien kaputt.“ Dabei wird 'kaputt' hier immer in der Bedeutung von 'tot' oder 'zerstört' im materiellen Sinne verwendet. Das Wort findet in den klischeebeladenen Filmen über die Deutschen zumeist eine inflationäre Verwendung und ist damit der sicherste Indikator für einen künstlerisch minder wertvollen Film
[86] Brunetta, Storia del cinema italiano, S.108
[87] A. Valdata, Un giorno nella vita, Cine Teatro, 15.05.1946
[88] Mario Gromo, Un giorno nella vita, La Nuova Stampa, 28.04.1946
[89] Zit. bei Focardi, L'immagine del cattivo tedesco e il mito del bravo italiano, S. 120 Fn.; „radicale opposizione tra lo Stato nazionalsocialista e la Chiesa cattolica“
[90] Ibid. S.121 Fn.
[91] Giovanni Miccoli spricht von einem „fraglichen Verhältnis“; Miccoli, Das katholische Italien und der Faschismus, S.539
[92] Brunetta, Storia delcinema italiano, S.135f
[93] Caccia tragica (Tragische Jagd), Regie: Giuseppe De Santis, Italien 1946
[94] Die A.N.P.I. hatte bereits Il sole sorge ancora von Aldo Vergano (1946), einen weiteren hoch gelobten Film über die Resistenza produziert; auch der CVL (Corpo Volontari della Libertà/Korps der Freiwilligen der Freiheit), das militärische Oberkommando aller Partisanenformationen, angegliedert dem CLN, hatte 1946 den Film Pian delle Stelle von Giorgio Ferroni produziert.
[95] Dogliani, S.153
[96] Woller, Geschichte Italiens im 20. Jahrhundert, S.219
[97] Ben-Ghiat, S.94
[98] Darunter fällt auch die katholische Interessengruppe, die durchaus als politischer Akteur zu bezeichnen ist; vgl. Woller, Geschichte Italiens im 20.Jahrhundert, S.270, sowie Pombeni, Die politische Stabilisierung in Italien und Deutschland, S.268 u. S.283f
[99] Brunetta, Cent'anni di cinema italiano, S.27; Ripartire da zero vuol dire azzerare, in base ad un accordo idealmente sottoscritto da tutti, la conoscenza del prima, attribuire il massimo di colpe eedi mali all'alleato nazista e ridurre al minimo le colpe degli italiani in camicia nera. Per quanto riguarda la storia anteriore si crea anche nel cinema uno stato di amnesia diffusa.“
[100] Focardi, L'immagine del cattivo tedesco e il mito del bravo italiano, S.140f
101Zu einer Konkretisierung dieses Aspekts siehe Punkt 3.3.
[102] Film von Luigi Zampa: Vivere in pace (1947)
[103] Vivere inpace (In Frieden leben), Regie: Luigi Zampa, Italien 1947
[104] Gian Luigi Rondi, Vivere in pace Il Tempo, 20.03.1947
[105] Vice, Vivere in pace, La Stampa, 5.4.1947
[106] l.q., Vivere in pace, L'Unità, 18.03.1947; „per il suo contenuto arbitrario e falso, per la colpevole indifferenza con la quale presenta fatti che ci hann straziato e di cui sopportiamo tuttora le conseguenze.“
[107] Vgl. ebd. sowie Armes, S.174
[108] Vgl. Brunetta, Cent'anni di cinema italiano, S.9f sowie ebd., Storia del cinema italiano, S.108
[109] Focardi, Reshaping the past, S.53f
[110] Vgl. dazu die einzige Publikation zu diesem Phänomen von Sandro Setta: L'uomo qualunque, 19441948, Roma-Bari 1995
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