In der Ethnologie und der Anthropologie wird als Ehebruch das Eingehen gesellschaftlich nicht geduldeter außerehelicher Beziehungen definiert.
In Deutschland beispielsweise gilt Ehebruch zivilrechtlich als unerlaubte Handlung und als Verletzung der aus der Ehe folgenden Verpflichtungen zur ehelichen Lebensgemeinschaft.
Im Realismus bot sich die Familie als überschaubare Einheit an, die Ehe als
Verbindung zweier Personen und zugleich Familien erweiterte dieses Spektrum, und die
Bedrohung der Ehe war der Konfliktfall, dessen individuelle, emotionale Aspekte
ebenso bedeutsam waren wie seine institutionellen und sozialen Implikationen. Das
Ehebruchsthema war somit ein besonders geeignetes Sujet für die Darstellung
gesellschaftlicher Problematik und Zustände. Zudem hatte es sich mit Flauberts
"Madame Bovary" oder Tolstois "Anna Karenina" als solches erfolgreich bewährt.
Im Folgenden werden nun Friedrich Spielhagens "Auf der Düne" und Eduard von
Keyserlings "Wellen" hinsichtlich des Ehebruchthemas verglichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Allgemeines zur Literatur des Realismus
3. Friedrich Spielhagen: Auf der Düne
3.1 Rezeptionsgeschichte
3.2 Clementines Ehebruch bei Gustav
3.3 Unterschiedliche Auffassungen der Ehe
3.4 Untersuchungen über das Milieu
3.5. Realismusbezug
4. Eduard von Keyserling: Wellen
4.1 Doralices Ehebruch bei Graf Köhne-Jasky
4.2 Doralices Ehebruch bei Hans Grill
4.3 Untersuchungen über das Milieu
4.4 Das Motiv der Erotik
4.5 Realismus- und Impressionismusbezug
4.6 Zusammenfassung
5. Vergleich: Auf der Düne - Wellen
6. Schluss
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In der Ethnologie und der Anthropologie wird als Ehebruch das Eingehen gesellschaftlich nicht geduldeter außerehelicher Beziehungen definiert.
In Deutschland beispielsweise gilt Ehebruch zivilrechtlich als unerlaubte Handlung und als Verletzung der aus der Ehe folgenden Verpflichtungen zur ehelichen Lebensgemeinschaft.1
Im Realismus bot sich die Familie als überschaubare Einheit an, die Ehe als Verbindung zweier Personen und zugleich Familien erweiterte dieses Spektrum, und die Bedrohung der Ehe war der Konfliktfall, dessen individuelle, emotionale Aspekte ebenso bedeutsam waren wie seine institutionellen und sozialen Implikationen. Das Ehebruchsthema war somit ein besonders geeignetes Sujet für die Darstellung gesellschaftlicher Problematik und Zustände. Zudem hatte es sich mit Flauberts „Madame Bovary“ oder Tolstois „Anna Karenina“ als solches erfolgreich bewährt.
Im Folgenden werden nun Friedrich Spielhagens „Auf der Düne“ und Eduard von Keyserlings „Wellen“ hinsichtlich des Ehebruchthemas verglichen.
2. Allgemeines zur Literatur des Realismus
Der Realismus will die fassbare Welt objektiv beobachten. Er beschränkt sichjedoch nicht nur auf die bloße Beschreibung der Wirklichkeit, sondern versucht diese künstlerisch wiederzugeben.
Träger dieser neuen Bewegungen war vor allem das Bürgertum. Deshalb spielen in Deutschland im Realismus auch bürgerliche Werte eine Rolle. Die handelnden Charaktere sind in der Regel im Bürgertum angesiedelt.
Die Entstehung der Arbeiterbewegung und die Aufstände von 1848 rückt die sozialen Umstände in den Mittelpunkt des Interesses.
Auch der Konflikt zwischen Individuum und der Gesellschaft wird thematisiert. Für die Realisten steht nicht die Masse der Gesellschaft im Vordergrund, sondern die Persönlichkeit. Dieser psychologische Realismus legt besonderen Wert auf die Beschreibung des Innenlebens der Personen.
Realistische Literatur durfte nicht bloß eine Wiedergabe der Wirklichkeit sein, sondern musste mit literarischen Mitteln die Realität verarbeiten. Die Autoren des Realismus kombinierten dabei eine genaue Realitätsbeschreibung mit einer subjektiven Erzählhandlung. Häufig wurde die Wirklichkeit mit Humor und Ironie verklärt.
Ein weiteres Merkmal realistischer Werke ist die formale, inhaltliche und stoffliche Einfachheit. Auf drastische Stilmittel wurde weitgehend verzichtet. Durch eine harmonische Verbindung der inneren und äußeren Räumlichkeiten in vielen Werken wird beim Leser der Eindruck der Realität und die unmittelbare Anteilnahme daran erweckt.
Die Novelle ist neben dem Roman die dominierende Literaturform des Realismus. Gemeinhin gilt, dass sich der Realismus in der novellistischen Form am prägnantesten verwirklicht hat. Das Realistische in der Novelle tritt darin zu Tage, dass sie ein reale oder jedenfalls mögliche Begebenheit darstellt und bei äußerster Verdichtung und punktueller Konzentration ein Höchstmaß an Typik und Symbolik vertritt.
Die Reflexion über den Erzählvorgang und die Rahmung des Erzählten sind kennzeichnend für die Novelle.2
3. Friedrich Spielhagen: Auf der Düne
3.1 Rezeptionsgeschichte
Friedrich Spielhagens zweites novellistisches Werk „Auf der Düne“ entstand in zwei Etappen. Grund hierfür war eine mangelnde Konzeption und eine zu starke Bindung an die Wirklichkeit. Die Novelle wurde zunächst nur bis zur Hälfte geschrieben und rastlos zur Seite gelegt.
Den Stoff lieferte ein eigenes Erlebnis, Spielhagens Begegnung mit „Hedda“, die er im Sommer 1853 auf dem Landgut eines Freundes traf.
Spielhagen hatte somit einen Mittelpunkt der Handlung. Diesen bildeten zwei Verhältnisse, das eines Helden und Heddas, sowie das des Freundes und seiner Frau, „die im Grunde einander nichts angingen und nur durch die Identität der Zeit, in der, und des Raumes, auf dem sie sich abspielten, äußerlich in einer gewissen Verbindung standen.“
Wie auch im Sommer 1853 sollte mittels einer weiteren Person der „Keim des Konflikts“ in das zweite Verhältnis hineingetragen werden, so wie es Thema der Novelle ist.3
Die Novelle „Auf der Düne“ war hiermit geboren.
Die Ereignisse in Spielhagens Leben häuften sich an. Inzwischen zweifelte er an seiner Liebe zu „Hedda“. In seiner Autobiographie teilt er mit, dass er es nicht über sich gewinnen konnte, „das Verhältnis der beidenjungen Liebenden in der Novelle zu einem glücklichen Abschluss zu bringen, während die Ahnung mit sagte, dass es in Wirklichkeit zwischen den Originalen der Dichtergestalten zu einem solchen nicht kommen werde.“4
Erst im Jahre 1857 erhielt Friedrich Spielhagen das Angebot einer norddeutschen Zeitung für das Feuilleton eine Novelle zu verfassen. Spielhagen griff also auf das Novellenfragment von „Auf der Düne“ zurück, änderte lediglich den Schluss ab.
3.2 Clementines Ehebruch bei Gustav
Clementine wurde in einer Mädchenpension erzogen, da ihre Eltern früh starben. Die alte Dame, welche die Pension leitete und die die Mutterstelle bei Clementine vertreten hatte war Gustavs Tante mütterlicherseits.
Schon immer verspürte sie den Wunsch ihre Lieblingsschülerin mit ihrem Neffen zu verbinden. Dieses Vorhaben wurde von vielen Seiten nicht gebilligt, denn man sagte ihr die Absicht nach, dass sie das große Vermögen des jungen Mädchens nur ihrem Neffen verschaffen wollte.
Es wurde prophezeit, dass die so unpassende Verbindung zwischen einem reichen jungen Mädchen von 18 Jahren und einem armen Mann von nahe 40 nicht anders als übel ausfallen könne.
Gustavs Tante hingegen habe nur das Glück ihrer beiden Lieblinge im Sinn gehabt.
Für die Beteiligten selbst war die Wahl des Gatten ebenso charakteristisch, denn Gustav war ein Bewunderer der Frauen-Schönheit und Frauen-Güte, wie für Clementine, die aus Eitelkeit einen älteren Mann als Gatten gewählt hatte, während sich ihre Gespielinnen mit Tanzbekanntschaften begnügten.
Paul hält solch eine Ehe für ein Wagstück. Ein Mädchen, das gerade eben noch auf der Schulbank gesessen hatte, vertauscht diese nun mit dem Ehrenplatz an dem Tisch eines Mannes, der dem Alter nach ihr Vater sein könnte.
Mit dieser Heirat gibt ein junges Mädchen all ihre Wünsche und Träume auf, die für die Jungend typisch sind, stürzt sich sogleich in die fremde Welt der Erwachsenen und erwacht in der Realität. So ist es nicht selten der Fall, dass sich eine junge Mutter um ihr Kind kümmert, während sich ihre Freundinnen auf einem Ball vergnügen. Für ihn ist es also vorherbestimmt, dass sich die junge Mutter in ihrer Rolle als brave Ehefrau nicht wohl fühlt und Bestätigung bei jüngeren Männer sucht.
„ Wie oft sehen wir, dass sich ein liebes, holdes Mädchen von den äußeren Vorzügen eines Wüstlings, eines Schurken, eines elenden Gesellen betören lässt. Wie häufig, dass ein braver großherziger Mann in die Schlinge fällt, die im eine herzlose Kokette legte oder von dem hübschen Mäskchen eines albernen Geschöpfes bezaubert wird, das nicht würdig ist, bei seinen Kindern Magd zu sein, geschweige denn die Mutter seiner Kinder.“5(S.66)
„Jede Frau, besonders jede jüngere Frau mach sich überjeden jüngeren, der ihr in die Nähe kommt Gedanken.“6
Gleich in der Exposition wird Clementines Interesse an Herrn von Elze, einem Steuerinspektor von ca. 30 Jahren, erwähnt. Paul bemerkt rasch, dass die Ehe seines Cousins Gustav mit seiner Gattin allmählich zerbricht. Die Vermutung, dass Herr von Elze es darauf anlege vor Clementines Augen an Gustav zum Ritter zu werden liegt nahe.
Einen anderen Grund für das Scheitern dieser Ehe kommt für Paul nicht in Frage. Dass Gustav sich aus anderen Gründen in seiner Ehe nicht glücklich fühlen konnte, konnte Paul nicht glauben. Im Gegenteil, sein Cousin und seine Cousine schienen ihm trotz der Verschiedenheit des Alters wie füreinander geschaffen. Sie ist einfach und anspruchslos wie er.
Auch Gustav entgeht Clementines Verhalten Herrn von Elze gegenüber nicht, zieht sich deshalb auf dem Adler immer mehr zurück und lässt seine Besuche auf dem Nedur immer seltener werden. Clementine hingegen fällt das Fortbleiben ihres Mannes auf, deutet dieses als mangelndes Interesse an ihr selbst und nimmt die häufigen Aufmerksamkeiten Herrn von Elzes mit Befriedigung entgegen. In seiner Gegenwart fühlt sich die junge Frau endlich wieder geliebt. Mit ihrer Aussage, dass man selbst schuld sei, wenn sich die eigenen Träume und Wünsche in den jungen Jahren unseres Daseins nicht erfüllten und es ihrer Meinung nach ein Gesetz geben sollte, das jungen Mädchen verbiete, vor dem 25 Jahre zu heiraten, macht sie deutlich, dass sie ihre Ehe mit Gustav bereut.
Im Laufe der Novelle geht Clementine eine immer enger werdende Bindung zu Herrn von Elze ein, der sich in seinem Verhalten nun bestärkt sieht und Clementine schließlich auffordert ihren Gatten zu verlassen.
[...]
1Vgl. BGB: Bürgerliches Gesetzbuch, § 1353 1 S.2 , München 2004, S. 285
2Vgl. Aust, Hugo: Literatur des Realismus, Stuttgart 2000, S. 9-24
3Vgl. Spielhagen, Friedrich: Finder und Erfinder 2, Leipzig 1890, S. 153
4Vgl. Spielhagen, Friedrich: Finder und Erfinder 2, S. 314
5Vgl. Spielhagen, Friedrich: Auf der Düne, Rostock 2003, S. 66
6Spielhagen, Friedrich: Auf der Düne, S. 23
- Citation du texte
- Anja Budich (Auteur), 2008, Vergleich von Sphielhagens "Auf der Düne" mit Keyserlings "Wellen" in Bezug auf das Ehebruchsthema, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/264009
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