In der Literatur der Neuzeit findet sich eine Epoche, die einige Besonderheiten aufweist. Sind die literarischen Epochen und Strömungen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts eher fließend voneinander abgegrenzt und ist der Einfluss von Politik auf das literarische Schaffen meist einer unter vielen Faktoren, vollzieht sich 1933 ein scheinbarer Bruch. Die folgende Epoche ist in Inhalt, Benennung und Dauer politisch definiert durch die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland und des dadurch bedingten Terrors, der in Europa wütete.
Die Literatur dieser Epoche ist in sich nochmals durch die politische Einstellung der Autoren geteilt. Am bekanntesten und am besten erforscht sind die Werke von Autoren, die sich gegen das NS-Regime wandten und – auf freiwilliger oder erzwungener Basis – Deutschland verließen. Diese „Exilliteratur“ wird zumeist als Referenz für die deutschsprachige Literatur von 1933-1945 angegeben, teilweise wird auch noch ein – jedoch umstrittenes – Konzept „Innere Emigration“ als Nachweis für innerhalb der Grenzen Deutschland geschaffene Literatur angeführt.
Eine bisher eher wenig beachtete und demnach mittlerweile auch überwiegend unbekannte Literatur der genannten Zeit ist jene, die innerhalb Deutschland geschaffen wurde und der politischen Linie der nationalsozialistischen Regierung entsprach. Diese NS-Literatur geriet – vor 1945 zur Staatsräson erhoben – nach dem Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ weitgehend in Vergessenheit; die Nichtbeachtung der NS-Literatur wird oftmals mit der minderwertigen Qualität der Werke erklärt, jedoch ohne dass eine tatsächliche Auseinandersetzung mit der Epoche erfolgt. Dass die von den Nationalsozialisten zu Propagandazwecken massiv geförderten Autoren ein zum Teil umfangreiches Werk hinterließen, wird dabei missachtet.
Eine Gemeinsamkeit dieser Werke ist das Vertreten der politischen Linie des Nationalsozialismus, wie sie in „Mein Kampf“ vorgegeben wurde. Diese zum Teil stark epigonale Umsetzung von Politik in Literatur, durch die manche Autoren zu Verfassern von reinen Propagandawerken wurden, ist einer der Gründe, warum das Schaffen der NS-Literaten nach 1945 verschwiegen wurde.
Zum Verständnis der Zeit von 1933-1945 ist es jedoch unabdingbar, auch die Literatur dieser zwölf Jahre aufzuarbeiten. Exemplarisch sei hierfür die „Ostexpansion“ als Ziel des Nationalsozialismus aufgegriffen [...].
Ausgewählt wurden die Literaturgattungen Roman, Lyrik und als NS-spezifische Unterkategorie der Dramatik da
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Begriff „Blut und Boden“
- Die Programmschrift des Nationalsozialismus: Hitlers „Mein Kampf“
- Der Roman als Propagandainstrument des NS-Regimes
- Schlagwort zur Ostexpansion und „Ferienbuch für Landgerichtsdirektoren“: Hans Grimms „Volk ohne Raum“
- Die Saga des „Germanenzugs“: Hanns Johsts „,Ruf des Reiches - Echo des Volkes“
- Trivialliteratur zur nationalsozialistischen Ostpolitik
- Eva Schauwecker: „Heimkehr aus Wolhynien\" und „Sommer im Wartheland“
- Gustav Ucickys Propagandafilm „Heimkehr“
- Karl Götz: „Die große Heimkehr“
- Lyrik im Zeichen des Nationalsozialismus
- Agnes Miegel und die bedrohte Heimat im Osten
- Josefa Berens-Totenohl: Die Verschmelzung von Blut und Boden
- Das Thingspiel: Der „Neubau des deutschen Theaters“ als Massenerlebnis
- Zur Besonderheit der Gattung
- Richard Euringers „Deutsche Passion 1933“ und „Totentanz“. Deutsche Auferstehung und Vernichtung der Internationale
- Arbeit als Einigung des deutschen Volkes: Kurt Heynickes „Neurode“ und „Der Weg ins Reich“
- Eberhard Wolfgang Möller: „Das Frankenburger Würfelspiel“. Umdeutung historischen Freiheitskampfes zum Blut-und-Boden-Spektakel
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Verbreitung der Blut-und-Boden-Ideologie aus Hitlers „Mein Kampf“ in der NS-Literatur. Sie analysiert, wie diese Ideologie in unterschiedlichen Genres, wie Roman, Lyrik und dem spezifischen Theaterformat des Thingspiels, umgesetzt wurde. Die Arbeit beleuchtet den Einfluss der Blut-und-Boden-Ideologie auf die Darstellung von Ostexpansion und Nationalismus in der NS-Literatur.
- Verbreitung der Blut-und-Boden-Ideologie aus „Mein Kampf“ in der NS-Literatur
- Analyse der Umsetzung der Ideologie in verschiedenen Genres
- Darstellung von Ostexpansion und Nationalismus in der NS-Literatur
- Einfluss der Blut-und-Boden-Ideologie auf die Literatur
- Die Rolle der Literatur als Propagandainstrument des NS-Regimes
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema der Arbeit ein und beleuchtet die besondere Stellung der Literatur im nationalsozialistischen Deutschland. Kapitel zwei erläutert den Begriff „Blut und Boden“ im Kontext der NS-Ideologie. Kapitel drei analysiert Hitlers „Mein Kampf“ als Programmschrift des Nationalsozialismus. Kapitel vier untersucht verschiedene Romane als Propagandainstrumente des NS-Regimes. Die Kapitel fünf und sechs beleuchten die Lyrik und das Thingspiel als spezifische Genres innerhalb der NS-Literatur.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Blut-und-Boden-Ideologie, Ostexpansion, NS-Literatur, Propaganda, Roman, Lyrik, Thingspiel, „Mein Kampf“, „Volk ohne Raum“, „Ruf des Reiches - Echo des Volkes“, „Heimkehr aus Wolhynien“, „Sommer im Wartheland“, „Heimkehr“, „Die große Heimkehr“, „Deutsche Passion 1933“, „Totentanz“, „Neurode“, „Der Weg ins Reich“, „Das Frankenburger Würfelspiel“.
- Quote paper
- Frank Bodesohn (Author), 2012, Ostexpansion und deutsche Literatur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263568