Das KJHG wurde vom Gesetzgeber als Achtes Buch in das Gesamtwerk des Sozialgesetzbuches (SGB) eingebracht. 1 Aus diesem Grunde wird es auch oft als SGB VIII zitiert. Durch die Einordnung in das SGB gelten für die Jugendhilfe demzufolge auch die Verfahrensvorschriften nach SGB I und die im SGB X geregelten materiellen Vorschriften des Sozialverwaltungsrechts. Das KJHG zählt somit zu den festen Bestandteilen des SGB, wodurch auch der enge Zusammenhang zwischen Jugendhilfe und Sozialhilfe zum Ausdruck gebracht wird. In § 1 KJHG wurde festgelegt, dass jeder junge Mensch ein Recht auf die Förderung seiner Entwicklung und auf die Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit besitzt. Die Kinder- und Jugendhilfe bietet Kindern und jungen Menschen bis ins Erwachsenenalter eine Unterstützung durch den Staat und die Gesellschaft an, sofern diese benötigt und angefordert wird. 2 Die Maßnahmen dieser Hilfe sollen besonders dann eingreifen, wenn die Entwicklung eines jungen Menschen gefährdet erscheint oder Schwierigkeiten in seiner Familie oder seinem gesellschaftlichem Umfeld auftreten. Dabei stehen nicht finanzielle Leistungen im Vordergrund, sondern eher persönliche Hilfen durch eigens hierfür ausgebildetes und qualifiziertes Personal. Die Belastung der Hilfebedürftigen und ihrer Familien soll dabei weitgehend vermieden werden. [...]
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einordnung in das Sozialgesetzbuch
2. Definition der Jugendhilfe
3. Geschichte des Jugendhilferechts
3.1 Entwicklung bis zum RJWG
3.2 Vom RJWG zum KJHG
4. Personenkreis
5. Tätigkeitsfelder der Jugendhilfe
5.1 Hilfen für Familien in besonderen Lebenslagen
5.1.1 Beratungen in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung
5.1.2 Beratung und Unterstützung bei Ausübung der Personensorge
5.1.3 Gemeinsame Wohnformen für alleinerziehende Mütter und Väter
5.1.4 Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen
5.1.5 Unterstützung bei notwendiger Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht
5.2 Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege
5.2.1 Betreuung von Kleinkindern
5.2.2 Erziehung im Kindergarten
5.2.3 Erziehung im Hort
5.3 Aufgabenfelder im Bereich der Jugend
5.3.1 Jugendarbeit
5.3.2 Jugendsozialarbeit
5.3.3 Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz
5.4 Hilfe zur Erziehung
5.4.1 Ambulante Hilfen
5.4.2 Teilstationäre Hilfe
5.4.3 Stationäre Hilfe
5.5.4 Erstellung eines Hilfeplans
5.5 Vorläufige Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen
5.5.1 Inobhutnahme
5.5.2 Herausnahme
5.6 Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren
5.7 Beistandschaft, Pflegschaft und Vormundschaft
6. Organisation der Jugendhilfe
6.1 Freie Träger
6.2 Öffentliche Träger
6.2.1 Örtliche Träger
6.2.2 Überörtliche Träger
6.3 Finanzierung der Jugendhilfe
7. Jugendhilfe in Hamburg
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einordnung in das Sozialgesetzbuch
Das KJHG wurde vom Gesetzgeber als Achtes Buch in das Gesamtwerk des Sozialgesetzbuches (SGB) eingebracht.[1] Aus diesem Grunde wird es auch oft als SGB VIII zitiert. Durch die Einordnung in das SGB gelten für die Jugendhilfe demzufolge auch die Verfahrensvorschriften nach SGB I und die im SGB X geregelten materiellen Vorschriften des Sozialverwaltungsrechts. Das KJHG zählt somit zu den festen Bestandteilen des SGB, wodurch auch der enge Zusammenhang zwischen Jugendhilfe und Sozialhilfe zum Ausdruck gebracht wird.
2. Definition der Jugendhilfe
In § 1 KJHG wurde festgelegt, dass jeder junge Mensch ein Recht auf die Förderung seiner Entwicklung und auf die Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit besitzt. Die Kinder- und Jugendhilfe bietet Kindern und jungen Menschen bis ins Erwachsenenalter eine Unterstützung durch den Staat und die Gesellschaft an, sofern diese benötigt und angefordert wird.[2] Die Maßnahmen dieser Hilfe sollen besonders dann eingreifen, wenn die Entwicklung eines jungen Menschen gefährdet erscheint oder Schwierigkeiten in seiner Familie oder seinem gesellschaftlichem Umfeld auftreten. Dabei stehen nicht finanzielle Leistungen im Vordergrund, sondern eher persönliche Hilfen durch eigens hierfür ausgebildetes und qualifiziertes Personal. Die Belastung der Hilfebedürftigen und ihrer Familien soll dabei weitgehend vermieden werden.
Die Jugendhilfe hat bei seinen Maßnahmen immer die Entscheidung der Personensorgeberechtigten zu beachten und deren Wünsche möglichst weitgehend zu berücksichtigen. In § 1 Abs. 3 KJHG wurden die Ziele der Jugendhilfe grundlegend festgelegt. Demnach geht es hierbei vordergründig um die Förderung junger Menschen, die Unterstützung der Erziehungsberechtigten bei ihrer Aufgabenwahrnehmung, den Schutz des Kindeswohles und die Mitwirkung an einer kinder- und familienfreundlichen Umwelt. Die Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe dienen insbesondere der Sicherung einer entwicklungsangemessenen Erziehung aller Kinder und Jugendlichen zu selbstsicheren Persönlichkeiten.
Ein weiteres übergreifendes Ziel besteht in der Vorbeugung gegen mögliche Gefährdungen, die von anderen Personen ausgehen können.[3] Dieses Ziel wird vor allem durch spezielle gesetzliche Regelungen, wie z.B. das Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (JÖSchG) oder das Gesetz zum Schutze der arbeitenden Jugend (JArbSchG) realisiert. Die Hilfen für Kinder und Jugendliche sowie deren Erziehungsberechtigte bestehen aber hauptsächlich darin, deren Lebensbedingungen hinsichtlich von Behinderungen einer positiven Entwicklung zu untersuchen. Daraus resultierend sollen dann Maßnahmen erstellt werden, die der Beseitigung solcher Behinderungen dienen. Die Beratung und Unterstützung von Eltern und Erziehungsberechtigten bei der Erziehung spielen in diesem Zusammenhang eine große Rolle.[4]
3. Geschichte des Jugendhilferechts
Im frühen Mittelalter ging die Jugendhilfe hauptsächlich von den Kirchen aus, die zu dieser Zeit Einrichtungen der Armenpflege schufen. Diese Einrichtungen wurden im Zuge der Reformation meist aufgehoben, so dass die Reichsstädte selbst die Armen- und Krankenpflege zu übernehmen hatten. Eine richtige Jugendhilfe in diesem Sinne gab es also noch nicht. Die Unterbringung von Jugendlichen in Armenhäusern diente eher dazu, sie vor Gefahren zu bewahren oder der Bevölkerung einen Schutz vor ihnen zu gewährleisten.
Oberlin und Pestalozzi gehörten zu den tatkräftigen Persönlichkeiten auf dem Gebiet der Jugendhilfe, die echte sozialpädagogische Ziele mit ihrer Arbeit verfolgten und auch in der heutigen Zeit noch dafür bekannt sind. Besonders zu erwähnen wäre an dieser Stelle August Hermann Francke, der durch seine Stiftungen ein Waisenhaus, eine Armenschule und eine Bibelanstalt einrichtete.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden Rettungshäuser als Vorläufer der heutigen Erziehungsheime gegründet. Eines der bekanntesten dieser Art stellt das Rauhe Haus in Hamburg dar, welches 1833 von Johann Hinrich Wichern gegründet wurde.[5] Eine bedeutsame Errungenschaft auf dem Gebiet der Kinderbetreuung stellte der erste allgemeine deutsche Kindergarten dar, welcher 1840 von Fröbel im thüringischen Blankenburg gegründet wurde.
Diese Beispiele lassen ganz klar erkennen, dass die Kinder- und Jugendhilfe schon in den Anfängen vorwiegend auf nicht-staatlicher Betätigung basierten. Daraus resultiert auch der bis in die heutige Zeit geltende Vorrang der freien Jugendhilfe vor der öffentlichen.[6]
3.1 Entwicklung bis zum RJWG
Zum Anfang des 20. Jahrhunderts kam allmählich immer mehr die Idee auf, alle auf Jugend bezogenen Fragen in einem einheitlichen Jugendgesetzbuch zu regeln. In dieses Gesetz wollte man z. B. schutzrechtliche Regelungen, den Jugendarbeitsschutz oder auch die Jugendgerichtshilfe mit einfließen lassen.[7] Die Entstehung eines solchen Jugendgesetzbuches wurde allerdings bis heute noch nicht realisiert.
Die ersten gesetzlichen Regelungen auf dem Gebiet der Jugendhilfe wurden 1839 mit dem „Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiten in den Fabriken“ und den Richtlinien für die Zwangserziehung strafmündiger Kinder erlassen. Hierbei ging es aber hauptsächlich um die Sicherung des Rekrutennachwuchses und den Schutz der Bürger vor Straftaten von Kindern.[8]
In der Reichsverfassung von 1871 wurde die Gesetzgebungskompetenz der einzelnen Bundesstaaten für die Kinder- und Jugendfürsorge geregelt, wobei die öffentliche Erziehung und Hilfe zur Berufsausbildung nicht bei allen Bundesstaaten zu den Pflichtaufgaben der Armenpflege zählte. Zur Armenpflege für Kinder zählten die Waisenpflege, die Aufsicht über Ziehkinder sowie die Amtsvormundschaft.
Die ersten Grundlagen für das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (RJWG) bildeten das 1900 erschiene Preußische Gesetz für die Fürsorgeerziehung Minderjähriger sowie das sächsische Jugendamtsgesetz von 1918 und das Württembergische Jugendamtsgesetz von 1919. In Preußen wurde im Jahre 1911 erstmalig die Bildung von Ortsausschüssen für die Jugendpflege angeregt und im Jahre 1918 kam es hier zur Entstehung des Jugendfürsorgegesetzes. Am 14. Juni 1922 konnte dann endlich nach längeren Debatten das RJWG vom Reichstag verabschiedet werden. Mit diesem Gesetz wurde erstmals eine umfassende Jugendhilfegesetzgebung in Deutschland verwirklicht.
Entscheidende Ansatzpunkte hierfür waren das Recht eines jeden deutschen Kindes auf Erziehung zur leiblichen, seelischen und gesellschaftlichen Tüchtigkeit nach § 1 RJWG und die Zusammenfassung von Jugendpflege und Jugendfürsorge für alle Altersgruppen unter dem Oberbegriff Jugendhilfe nach § 2 RJWG.[9] Außerdem sah das RJWG unter anderem die Konzentration der öffentlichen Jugendhilfe in Jugendämtern vor, die in allen Landkreisen errichtet werden sollten. Die Jugendämter konnten von nun an bei der Fürsorge für gefährdete Kinder und Jugendliche mitwirken.
3.2 Vom RJWG zum KJHG
Im Jahre 1932 wurden die Regelungen des RJWG im Zuge der Notverordnungen wesentlich eingeschränkt. Diese Einschränkungen wurden im Rahmen der ersten Nachkriegsnovelle von 1953 wieder aufgehoben, wodurch der Katalog des § 4 RJWG wieder zur Pflichtaufgabe eines jeden Jugendamtes wurde.[10] Das auf dem Führerprinzip basierende nationalsozialistische Jugendrecht von 1939 konnte in dieser ersten Novelle wieder aus dem RJWG entfernt werden.[11]
1961 entstand mit der zweiten Nachkriegsnovelle zum RJWG das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG), welches das Erziehungsrecht der Eltern stärkte und die Jugendhilfe mehr vom Willen der Eltern abhängig machte. Durch die Zunahme von Ein- Kind- Familien, eine steigende Zahl von Kindern, die bei einem Elternteil aufwuchsen, hohe Scheidungsraten und das veränderte Rollenverständnis von Mann und Frau konnte das JWG seinen gestiegenen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Durch Jugendbildungsgesetze, Jugendförderpläne und Kindergartengesetze wurde dieser Entwicklung in der nachfolgenden Zeit Rechnung getragen.
In der DDR wurden alle Kinder vom dritten Lebensjahr bis zur Einschulung mit Kindergartenplätzen versorgt, während für die Kinder bis zum dritten Lebensjahr ein dichtes Netz von Kinderkrippen bereitgestellt wurde.
Um eine Regelung zu schaffen, die den neuen Anforderungen gerecht werden konnte, wurden von 1973 – 1990 verschiedene Entwürfe für ein Jugendhilfegesetz erarbeitet, wobei die Entstehung eines solchen Gesetzes zunächst im Jahre 1980 an der Ablehnung des Bundesrates scheiterte. Das KJHG konnte somit erst am 03.10.1990 in den neuen Bundesländern und am 01.01.1991 in den alten Bundesländern in Kraft treten.
4. Personenkreis
Die Kinder- und Jugendhilfe umfasst einen sehr großen Aufgabenbereich. Dies lässt sich schon an dem weiten Adressatenkreis erkennen, der im SGB VIII festgelegt wurde.[12] Aus § 69 Abs. 3 SGB VIII geht hervor, dass die Jugendämter für junge Menschen und ihre Familien errichtet wurden. Nach § 7 SGB VIII handelt es sich bei Personen, die noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet haben um Kinder, während die Jugendlichen der Altersgruppe von 14 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zugerechnet werden.
Darüber hinaus kümmern sich die Jugendämter um so genannte junge Volljährige in einem Alter von 18 bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, um Personensorgeberechtigte sowie um sonstige Erziehungsberechtigte. Personensorgeberechtigten steht im Sinne des § 7 SGB VIII allein oder gemeinsam mit einer anderen Person die Personensorge nach den Vorschriften des BGB zu. Als Erziehungsberechtigte werden Personen bezeichnet, die aufgrund einer Vereinbarung mit den Personenberechtigten Aufgaben aus dem Bereich der Personensorge über längere Zeit übernehmen.[13]
Unter der Personensorge versteht man den Teil der elterlichen Sorge, der das Handeln für die Person der Minderjährigen in Form von Erziehung und Aufenthaltsbestimmung vorsieht.[14] Die Einschränkung des Personenkreises nach § 7 SGB VIII gilt jedoch nicht ohne Ausnahme. Hierbei wäre nämlich insbesondere § 11 Abs. 4 SGB VIII zu beachten.[15] Diese Norm sieht bei Angeboten der Jugendarbeit die Erziehung von Personen, die das 27. Lebensjahr bereits vollendet haben, vor.
5. Tätigkeitsfelder der Jugendhilfe
Bei der allgemeinen Förderung der Erziehung in der Familie geht es vorrangig darum, Mütter, Väter und andere Erziehungsberechtigte bei der Wahrnehmung ihrer Erziehungsverantwortung zu unterstützen. Dies soll erreicht werden durch Leistungen in Form von Familienfreizeiten, Erholungsmöglichkeiten, Familienbildung und vor allem durch Familienberatung. Familienbildungsstätten spielen hierbei eine wichtige Rolle, da die Eltern hier Begegnungs- und Bildungsmöglichkeiten wahrnehmen können, in denen sie neue Erfahrungen sammeln und neue Kontakte knüpfen können.[16]
[...]
[1] Vgl. Kunkel; 2001; S. 27 Rn. 32.
[2] Vgl. Marschall; 1997; S. 511.
[3] Vgl. BMFSFJ, Kinder- und Jugendhilfegesetz; 1999; S. 8.
[4] Vgl. BMFSFJ, Kinder- und Jugendhilfegesetz; 1995; S. 9.
[5] Vgl. Kunkel; 2001; S. 11 Rn. 1.
[6] Vgl. Kunkel; 2001; S. 11 Rn. 1.
[7] Vgl. Hasenclever; 1978; S. 2.
[8] Vgl. Kunkel; 2001; S. 12 Rn. 3.
[9] Vgl. Jordan, Münder; 1987; S. 22.
[10] Vgl. Kunkel; 2001; S. 14 Rn. 7.
[11] Vgl. Gitter; 1996; S. 374.
[12] Vgl. Rüfner; 1991; S. 98.
[13] Vgl. Münder; 1991; S. 69 Rn. 3.
[14] Vgl. Kunkel; 2001; S. 470.
[15] Vgl. Gitter; 1996; S. 374.
[16] Vgl. BMFSFJ; 1999; S. 18.
- Arbeit zitieren
- Andreas Holz (Autor:in), 2003, Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26335
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