1.1 Definition des Begriffes Ordnungswidrigkeit
Der Begriff der Ordnungswidrigkeit wird legal definiert durch § 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG). Aus dem Inhalt des Gesetzes ergeben sich folgende Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit: Es muss eine menschliche Handlung vorliegen, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, welches lediglich ein Bussgeld als Rechtsfolge für diesen Tatbestand vorsieht. Der Tatbestand der Handlung muss rechtswidrig und vorwerfbar, also schuldhaft verwirklicht worden sein. In der Literatur spricht man auch von „Zuwiderhandlungen“ oder „Delikten“ bei der Beschreibung von Ordnungswidrigkeiten. 1
1.2 Abgrenzung von Straftaten
Um sich ein klares Bild vom Wesen der Ordnungswidrigkeiten machen zu können, ist es erforderlich, diese klar von den Straftaten abzugrenzen, die nach dem Strafrecht zu ahnden sind.
Ein entscheidender Unterschied lässt sich schon bei dem Vergleich der Rechtsfolgen erkennen. Ordnungswidrigkeiten können nur als solche geahndet werden, wenn der Tatbestand der Handlung ein Gesetz verletzt, welches ein Bussgeld als rechtliche Folge dafür vorsieht. Sofern aber ein Gesetz betroffen ist, welches eine Geld- oder Freiheitsstrafe als Rechtsfolge vorsieht, kann man eindeutig von einer Straftat ausgehen. Bei solchen Delikten muss die Verwaltungsbehörde das Verfahren laut § 46 OWiG grundsätzlich an die Staatsanwaltschaft abgeben.
Bei der Verfolgung von Straftaten durch die Staatsanwaltschaft gilt das Legalitätsprinzip - es besteht also ein Verfolgungs- und Ahndungszwang für den Staat. Bei den Ordnungswidrigkeiten hingegen wird das Opportunitätsprinzip angewendetdemzufolge liegt ihre Verfolgung im Ermessen der jeweilig zuständigen Behörde. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Definition des Begriffes Ordnungswidrigkeit
1.1 Abgrenzung von Straftaten
1.2 Geschichte des Ordnungswidrigkeitenrechts
1.3. Verfassungsrechtliche Grundsätze im Ordnungswidrigkeitenrecht
1.4 Aufbau des OWiG
2. Gesetzliche Grundlagen im Strassenverkehr
2.1 STVG
2.2 StVO
2.3 StVZO
2.4 Fahrerlaubnis– Verordnung
2.5 Bußgeldkatalog- Verordnung
3. Spezifische Rechtsfolgen
3.1 Das Bußgeld
3.1.1 Ziele des Bußgeldes
3.1.2 Höhe des Bußgeldes
3.1.3 Wirtschaftliche Verhältnisse
3.2 Verwarnung mit und ohneVerwarnungsgeld
3.3 Eintragung in das Verkehrszentralregister
3.4 Fahrverbot
3.4.1 Wirksamkeit des Fahrverbotes
3.4.2 Gerichtsentscheidungen
3.5 Halterhaftung
3.6 Führung eines Fahrtenbuches
4. Das Bußgeldverfahren
4.1 Ablauf
4.2 Durchführung
4.3 Bedeutung
4.4 Opportunitätsgrundsatz
4.5Weitere Grundsätze
4.6 Der Bußgeldbescheid
4.7 Verfolgungs- Verjährung
Literaturverzeichnis
1. Definition des Begriffes Ordnungswidrigkeit
Der Begriff der Ordnungswidrigkeit wird legal definiert durch § 1 des Ordnungs-widrigkeitengesetzes (OWiG). Aus dem Inhalt des Gesetzes ergeben sich folgende Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit: Es muss eine menschliche Handlung vorliegen, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, welches lediglich ein Bussgeld als Rechtsfolge für diesen Tatbestand vorsieht. Der Tatbestand der Handlung muss rechtswidrig und vorwerfbar, also schuldhaft verwirklicht worden sein. In der Literatur spricht man auch von „Zuwiderhandlungen“ oder „Delikten“ bei der Beschreibung von Ordnungswidrigkeiten.[1]
1.1 Abgrenzung von Straftaten
Um sich ein klares Bild vom Wesen der Ordnungswidrigkeiten machen zu können, ist es erforderlich, diese klar von den Straftaten abzugrenzen, die nach dem Strafrecht zu ahnden sind.
Ein entscheidender Unterschied lässt sich schon bei dem Vergleich der Rechtsfolgen erkennen. Ordnungswidrigkeiten können nur als solche geahndet werden, wenn der Tatbestand der Handlung ein Gesetz verletzt, welches ein Bussgeld als rechtliche Folge dafür vorsieht. Sofern aber ein Gesetz betroffen ist, welches eine Geld- oder Freiheitsstrafe als Rechtsfolge vorsieht, kann man eindeutig von einer Straftat ausgehen. Bei solchen Delikten muss die Verwaltungsbehörde das Verfahren laut § 46 OWiG grundsätzlich an die Staatsanwaltschaft abgeben.
Bei der Verfolgung von Straftaten durch die Staatsanwaltschaft gilt das Legalitätsprinzip - es besteht also ein Verfolgungs- und Ahndungszwang für den Staat. Bei den Ordnungswidrigkeiten hingegen wird das Opportunitätsprinzip angewendet - demzufolge liegt ihre Verfolgung im Ermessen der jeweilig zuständigen Behörde.[2]
Bei Straftaten wird meist ein Strafurteil durch den Richter ausgesprochen, während bei Ordnungswidrigkeiten ein Bussgeldbescheid durch die Verwaltungsbehörde erlassen wird. Als gesetzliche Grundlage für die Ahndung von Straftaten wird das StGB verwendet - für Ordnungswidrigkeiten gilt das Ordnungswidrigkeitengesetz. Trotz der hier angeführten Unterschiede muss deutlich gemacht werden, dass es immer zu Überschneidungen zwischen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten kommen kann.
Im Strassenverkehr können zum Beispiel von Ordnungswidrigkeiten grössere Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit ausgehen als von bestimmten Straftaten, die nach dem Strafrecht geahndet werden. Dies wäre zum Beispiel bei vorsätzlichem Durchfahren einer Ampel bei Rot trotz Querverkehrs im Vergleich zu einem Gelegenheitsdiebstahl der Fall.
1.2 Geschichte des Ordnungswidrigkeitenrechts
Die Entstehung des Ordnungswidrigkeitenrechts kann auf eine relativ lange Geschichte zurückblicken.
Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde das StGB geschaffen, in welchem man erstmals versuchte, einen Unterschied zwischen Straftaten und Rechtsverstössen deutlich zu machen. Daher teilte man die Straftaten in „Verbrechen“, „Vergehen“ und „Übertretungen“ ein. Zu den Übertretungen zählte man hierbei leichtes Polizei- und Verwaltungsunrecht.
Mit der Zeit ergab sich immer mehr der Bedarf zur Schaffung von „Ordnungsstraftat-Beständen“, die eindeutig von den Tatbeständen des Kriminalunrechts abgetrennt werden sollten. Der Entwurf des StGB von 1925 sah demzufolge die Entwicklung und Ausarbeitung eines „Polizeistrafgesetzbuches“ für Verkehrsübertretungen vor.[3]
Eine erstmalige materielle Abgrenzung zwischen Straftaten und Ordnungswidrigkeiten wurde im Wirtschaftsstrafgesetz von 1949 verwirklicht. Verwaltungsbehörden durften auf dessen Grundlage Zuwiderhandlungen gegen Bewirtschaftungsvorschriften durch Ordnungsstrafen ahnden.
Um eine einheitliche Grundlage für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten auf allen Sachgebieten zu erhalten, wurde 1952 das Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) in Kraft gesetzt. Mit der Weiterentwicklung des OWiG verloren die Übertretungstatbestände im StGB allmählich an Bedeutung, so dass sie im Jahre 1975 vollständig aus dem StGB verschwanden.
In der Fasssung des OWiG von 1968 wurden Verfahrenserleichterungen im Gesetz für sogenannte „Massen- Ordnungswidrigkeiten“ im Strassenverkehr realisiert.
Im Jahre 1987 wurde das OWiG nochmals in einer neuen Fassung veröffentlicht, in der es bis auf einige Änderungen bis heute noch gilt. Hinzu kam dabei die Halterhaftung und der Bussgeldkatalog als einheitliche Richtlinie für die Ahndung von Ordnungs-widrigkeiten im Strassenverkehr.
1.3. Verfassungsrechtliche Grundsätze im Ordnungswidrigkeitenrecht
Da das Verfassungsrecht über dem einfachen formellen Gestz steht, sind alle nationalen Rechtsnormen des Ordnungswidrigkeitenrechts an unserer Bundes-verfassung in Form des Grundgesetzes zu messen. Verfassungsrechtlich wird das Ordnungswidrigkeitenrecht als eine Form des Strafrechts betrachtet. Art. 77 Ziff. 1 des Grundgesetzes sieht deshalb auch für das Ordnungswidrigkeitenrecht eine konkurrierende Gestzgebungskompetenz vor. In diesem Sinne wurde auch der §2 des OWiG verfasst. Der Bund darf jedoch nicht über den Erlass von Bussgeldvorschriften in die Rechtsbefugnis der einzelnen Länder eingreifen. Dennoch ist er befugt, einzelne Bussgeldtatbestände durch Gesetzgebung zu schaffen.[4]
Art. 103 Ziff. 1 des Grundgesetzes sieht einen Anspruch auf rechtliches Gehör für jeden Bürger vor. Dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs wird in § 55 OWiG Rechnung getragen.
In Ziff. 2 des Art. 103 wurde festgelegt, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Dabei ist vor allen Dingen der Zeitpunkt entscheidend, zu welchem die Tat begangen wurde und nicht der Zeitpunkt des Erfolges oder der Feststellung einer Tat. Die Gültigkeit dieses Verfassungsgrundsatzes wird in §3 des OWiG unterstrichen: „Eine Handlung kann als Ordnungswidrigkeit nur geahndet werden, wenn die Möglichkeit der Ahndung gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde“. Daraus ergeben sich folgende Grundsätze für das Ordnungswidrigkeitenrecht:[5]
Das Analogieverbot: Es untersagt die Anwendung jeglicher Analogie zu anderen Gesetzen bei der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, sofern dies zuungunsten des Betroffenen erfolgen soll. Das Bestimmtheitsgebot: Die Bussgeldvorschrift muss zur Ahndung einer Ordnungswidrigkeit einen bestimmten Bussgeldrahmen vorsehen .
Das Rückwirkungsverbot: Nach dem Begehen der Ordnungswidrigkeit erlassene Gesetze dürfen nicht mehr rückwirkend geltend gemacht werden (auch geregelt in § 4 Abs. 1 OWiG).
1.4 Aufbau des OWiG
Das Ordnungswidrigkeitengesetz dient als Rahmengesetz für die Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften auf allen Sachgebieten.
Es lässt sich in vier Teile gliedern. Der erste Teil (§ 1 bis §34) umfasst die allgemeinen Vorschriften des Ordnungswidrigkeitenrechts und entspricht damit dem allgemeinen Teil des StGB. Geregelt wird hier zum Beispiel der Geltungsbereich des Gesetzes, die Grundlagen der Ahndung sowie die allgemeinen Rechtsfolgen in Form von Bussgeld oder Einziehung.
Der zweite Teil des Gesetzes (§35 bis §110) regelt das Verfahrensrecht (Bussgeldverfahren bzw. Strafverfahren) und nimmt dabei in vielen Fragen Bezug auf die Strafprozessordnung.
Im dritten Teil (§111 bis §131) findet man materielle Bussgeldvorschriften, in denen die Rechtsfolge der Verstösse eindeutig durch die Festlegung eines entsprechenden Bussgeldes bestimmt wird. In einigen Paragraphen wird hier auch schon das Höchstmass des zu verhängenden Bussgeldes angegeben. Die Möglichkeit der Ahndung des Verstosses mit einem Bussgeld ist hier aber generell ausgewiesen, wodurch aber auch erst eine eindeutige Abgrenzung der Verstösse von den Straftaten erfolgen kann. Zu den hier geregelten Verstössen zählen z.B. die falsche Namensangabe, das Halten gefährlicher Tiere oder der Missbrauch von Berufstrachten.
Im vierten und letzten Teil des OWiG (§§132,133) sind die Einschränkungen von Grundrechten (körperliche Unversehrtheit, Freiheit der Person und Unverletzlichkeit der Wohnung) nach der Massgabe dieses Gesetzes bestimmt.[6]
2. Gesetzliche Grundlagen im Strassenverkehr
2.1 STVG
Das Strassenverkehrsgesetz zählt zum Bundesrecht. Es gilt in seiner Neufassung seit 1969. Der §24 des Strassenverkehrsgesetzes (StVG) soll eine Entkriminalisierung des Strassenverkehrsrechts bewirken.[7] Als Rechtsgrundlage für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Strassenverkehr bezieht sich diese Norm auf alle Verstösse gegen die Strassenverkehrsordnung (StVO), die Strassenverkehrzulassungsordnung (StVZO) und die Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Durch diese zusätzlichen Verordnungen, in denen die einzelnen Tatbestände für Ordnungswidrigkeiten im Strassenverkehr festgelegt sind, wird § 24 StVG also praktisch ergänzt. § 25 des Strassenverkehrsgesetzes stellt zusätzlich eine gesetzliche Grundlage für die Verhängung von Fahrverboten durch die Behörden dar.
[...]
[1] Vgl. Theisen, R.-D.; Ordnungswidrigkeitenrecht; S. 50.
[2] Vgl. Theisen, R.-D.; Ordnungswidrigkeitenrecht; S. 25.
[3] Vgl. Theisen, R.-D.; Ordnungswidrigkeitenrecht; S. 29.
[4] Vgl. Theisen, R.-D.; Ordnungswidrigkeitenrecht; S. 34.
[5] Vgl. Lemke, M.; Heidelberger Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht; S. 16.
[6] Vgl. Brenner, K.; Ordnungswidrigkeitenrecht; S. 5.
[7] Vgl. Hentschel, P.; Straßenverkehrsrecht; S. 238.
- Arbeit zitieren
- Andreas Holz (Autor:in), 2002, Rechtsfolgen von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26334
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