Die Aufgabe, die sich die vorliegende Arbeit am höfischen Erzähltext des Wolframs von Eschenbach stellt, orientiert sich vor diesem Hintergrund an der Fragestellung, wie die sowohl psychisch-mentale als auch religiöse Entwicklung des Protagonisten vonstattengeht und in welch größeren Kontext der Reifungsprozess des Helden eingeordnet werden muss.
Als Werkzeug der Analyse soll die Theorie der semantischen Räume, die auf den baltischen Semiotiker Jurij M. Lotman zurückgeht, dienen. Der Theorie liegt der Gedankengang zugrunde, die vom Text generierte Weltordnung in sogenannte semantische Räume einzuteilen. Innerhalb dieser Räume agieren die Figuren des Textes, wobei jeder Aktant seinem jeweiligen Raum fest zugeordnet ist. Diese, von Lotman als sujetlos bezeichnete Textschicht, wird in dem Moment sujethaft, wenn eine Figur die eigentlich unüberwindbare Grenze zwischen den semantischen Räumen überschreitet und in einen ihr oppositionell gegenüberstehenden Raum eindringt. Erst hier wird gewissermaßen eine Geschichte erzählt. Herunter gebrochen kann dieser Sachverhalt auch so erklärt werden, dass jegliche Information des Textes gleichsam auf einem gedanklichen Reisbrett ausgebreitet wird, wodurch sich die Perspektive auf die Erzählung bedeutend verändert und den Verständnishorizont des Rezipienten auf beachtliche Weise erweitert. Die Textanalyse folgt daher einem quasi horizontalen Betrachtungsschema, welches sich an den vom Text generierten Raumordnungen orientiert, ohne jedoch den linearen Reifungsprozess des Protagonisten außer Acht zu lassen. Da sich dieser Reifungsprozess ohnehin nur in der vom Text generierten Räumlichkeit manifestieren kann, gilt es daher, die Grenzüberschreitungen des Helden, welche der Erzählung zwangläufig inhärent sind, zu lokalisieren und gleichzeitig deren Ausgangspunkt, deren Motivation sowie deren Folgen für die Erzählung herauszuarbeiten. Vor dem Hintergrund der seelisch-geistigen Entwicklung des Protagonisten erscheint die Grenzüberschreitungstheorie daher als adäquates Arbeitsmittel, um die Tiefenstrukturen des höfischen Epos nach außen zu kehren. Analog hierzu kann mit Blick auf Wolframs Parzival die These formuliert werden, dass Persönlichkeitsentwicklung sowie Identitätsfindung einzig und allein - um in der Terminologie Lotmans zu bleiben - durch Grenzüberschreitungen vonstattengehen kann. Konkretisiert bedeutet dies für die Analysearbeit, das vom Text generierte Netz aus Ordnungsstörungen und Störungstilgungen...
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Jurij M. Lotmans Theorie der semantischen Räume und ihre Weiterführungen
2.1. Der funktionale Bezug zwischen Text und Welt
2.2. Der „künstlerische Raum“ - Der Text als Träger topographischer und topologischer Raumstrukturen
2.2.1 Die interne Gliederung des semantischen Raumes – Der „Extremraum“
2.2.2 Die „Linie im Raum“ – Die Grenze als ordnungsstrukturierendes Element
2.3 Der sujethafte Text – Von der Grenzüberschreitung zum Ereignis
2.3.1 Der Held als ordnungsdestruierendes Element
2.3.2 Die Ereignismodelle der Grenzüberschreitungstheorie
2.3.3 Das Modell der „normalen Ereignisse“
2.3.4 Das Metaereignis und die konflikthafte „innere Handlung“
2.4. Das Konsistenzprinzip – Die obligatorische Tilgung des ereignishaften Zustands
2.4.1 Tilgungsmodelle der Grenzüberschreitungstheorie
2.4.2 Die Fortsetzung der Ereignisstruktur –
„Extrempunktregel“ und „Beuteholerschema“
2.5. Das Zeitkontinuum - Ereignisstruktur und Handlungsverlauf
2.6. Die Ereignishierarchie im sujethaften Text
2.6.1 Die Funktion des Ereignisses im sujethaften Text
2.7. Störung der raumimmanenten Ordnung durch Gewalteinwirkung
2.8. Die Sujetstruktur des höfischen Epos
3. Grenzüberschreitungen im Parzival Wolframs von Eschenbach
- Eine Textanalyse: Der Isolationsraum
3.1 Kontextuierung der zu untersuchenden Textstellen:
Vom Tod Gahmurets bis zur selbstgewählten Isolation Herzeloydes
3.1.1 Die irreversible Grenzüberschreitung Gahmurets – Ein handlungsgenerierender Impuls
3.1.2 Herzeloydes Abhängigkeitsverhältnis –
Surrogatbefriedigung in der Mutter-Kind-Dyade
3.1.3 Motivationen für die topographische Grenzüberschreitung
Herzeloydes – Die Isolation als Selbsterhaltungszweck
3.2 Die Einöde von Soltane – Die Konzeptionellen Aspekte eines Isolationsraumes
3.2.1 Ein semantischer Raum ohne den Aspekt des Rittertums
3.2.2 Ein semantischer Raum ohne Sozialisations- und Entfaltungsmöglichkeiten
3.2.3 Ein semantischer Raum mit defizitärer religiöser Erziehung
3.3 Kontextuierung der zu untersuchenden Textstellen: Die Jagdepisode
3.3.1 Parzivals ritterliche art – Das genetisch- geistige Erbe Gahmurets
3.3.2 ‘waz wîzet man den vogelîn?’ –
Herzeloydes Grenzüberschreitung wider die Ordnung der Natur
3.4 Kontextuierung der zu untersuchenden Textstellen:
Parzivals Begegnung mit Karnahkarnanz
3.4.1 Die Begegnung mit Karnahkarnanz als Initiationsmoment für die Generierung eines Metaereignisses
3.4.2 Parzival der tumbe Narr – Herzeloydes letzte Grenzüberschreitung
3.5 Parzivals Wegzug aus dem Isolationsraum – Die topographische Grenzüberschreitung als Ereignistilgung
4. Grenzüberschreitungen im Parzival Wolframs von Eschenbach -
Eine Textanalyse: Der höfische Raum
4.1 Kontextuierung der zu untersuchenden Textstellen: Die Jeschûte –Episode
4.1.1 Die topographische Grenzüberschreitung Parzivals
vom Isolationsraum in die höfische Welt
4.1.2 Parzivals Eindringen in den Intimraum Jeschûtes –
Eine gewalthaltige Grenzüberschreitung
4.1.3 Parzivals Verhalten als Auslöser massiver Grenzüberschreitungen -
Die unrechtmäßige Sanktionierung Jeschûtes
4.2 Kontextuierung der zu untersuchenden Textstellen: Die Sigune-Episode….
4.2.1 Das sukzessive Aufgehen im Gegenraum –
Parzivals fortschreitende Raumintegration in der Sigune-Episode
4.3 Kontextuierung der zu untersuchenden Textstellen:
Parzival am Artushof und der Kampf gegen Ither von Gaheviez
4.3.1 Parzival als Fremdkörper und Teil des höfischen Raumes
4.3.2 Parzival am Artushof –
Das Eindringen des Helden in den Extremraum der höfischen Welt
4.3.3 Parzivals Kampf gegen den Roten Ritter –
Grenzüberschreitung durch Verwandtentötung
4.3.4 Das Äußere Parzivals –
Symbol für den inneren Zustand des Helden zwischen den Räumen
4.4 Parzivals ritterliche Ausbildung bei Gurnemanz –
Die Integration des Helden in den höfischen Raum
4.4.1 Die Lehren Gurnemanz’ als Prädisposition für die
Grenzüberschreitung Parzivals im Gralsraum
5. Grenzüberschreitungen im Parzival Wolframs von Eschenbach –
Eine Textanalyse: Der Gralsraum
5.1 Kontextuierung der zu untersuchenden Textstellen: Parzivals Heirat mit Condwiramurs und das Versagen auf Munsalvaesche
5.1.1 Ereignistilgung und Ordnungsrestitution im Königreich von Brôbarz
5.2 Parzivals Grenzüberschreitung vom höfischen Raum in die Gralswelt - Grenzüberschreitung durch Versagen
5.2.1 Der Auslöser für die irreversible Grenzüberschreitung –
Die Sündhaftigkeit Parzivals
5.2.2 Grenzüberschreitung durch Gotteshass –
Die dreimalige Verfluchung Parzivals
5.3 Kontextuierung der zu untersuchenden Textstellen: Parzivals Weg zu Trevrizent.
5.3.1 Habt ir geprüevet noch sîn art ? Vergebung und Selbstfindung als Wegbereiter für die Gralsherrschaft.
5.3.2 Die Unterweisungen Trevrizents
5.3.3 Die ritterliche Bewährung als Vorstufe zur Gralsherrschaft –
Die Verwandtenkämpfe gegen Gawan und Feirefiz.
5.3.4 Parzival, du krône menschen heiles - Die Transformation des Extrempunkts im Gralsraum als Manifestation der Grenzüberschreitung Gottes
6. Zusammenfassung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
ein mære will i’u niuwen, / daz seit von grôzen triuwen, / wîplîchez wîbes reht, / und mannes manheit alsô sleht, / diu sich gein herte nie gebouc. / sîn herze in dar an niht betrouc, / er stahel, swa er ze strîte quam, / sîn hant dâ sigelîchen nam / vil manegen lobelîchen prîs. / er küene, træclîche wîs ( den helt ich alsus grüeze ) (4,9-19).[1]
Die einleitenden Worte des Erzählers im Parzival Wolframs von Eschenbach weisen darauf hin, dass über das Leben eines Helden berichtet werden soll, der im Verlauf der Erzählung durch seine außerordentliche Tapferkeit Ehre und Ruhm erlangt. Der Erzähler konstatiert jedoch auch, dass der Protagonist nur træclîche wîs (4,18) wird, woraus geschlussfolgert werden kann, dass zudem der sukzessive Entwicklungsprozess eines Menschen vorgestellt wird, welcher vom Zustand der Unwissenheit schrittweise in einen Zustand des Wissens bzw. der Weisheit gelangt.
Die Aufgabe, die sich die vorliegende Arbeit am höfischen Erzähltext des Wolframs von Eschenbach stellt, orientiert sich vor diesem Hintergrund an der Fragestellung, wie die sowohl psychisch-mentale als auch religiöse Entwicklung des Protagonisten vonstattengeht und in welch größeren Kontext der Reifungsprozess des Helden eingeordnet werden muss.
Als Werkzeug der Analyse soll die Theorie der semantischen Räume, die auf den baltischen Semiotiker Jurij M. Lotman zurückgeht, dienen. Der Theorie liegt der Gedankengang zugrunde, die vom Text generierte Weltordnung in sogenannte semantische Räume einzuteilen. Innerhalb dieser Räume agieren die Figuren des Textes, wobei jeder Aktant seinem jeweiligen Raum fest zugeordnet ist. Diese, von Lotman als sujetlos bezeichnete Textschicht, wird in dem Moment sujethaft, wenn eine Figur die eigentlich unüberwindbare Grenze zwischen den semantischen Räumen überschreitet und in einen ihr oppositionell gegenüberstehenden Raum eindringt. Erst hier wird gewissermaßen eine Geschichte erzählt. Herunter gebrochen kann dieser Sachverhalt auch so erklärt werden, dass jegliche Information des Textes gleichsam auf einem gedanklichen Reisbrett ausgebreitet wird, wodurch sich die Perspektive auf die Erzählung bedeutend verändert und den Verständnishorizont des Rezipienten auf beachtliche Weise erweitert. Die Textanalyse folgt daher einem quasi horizontalen Betrachtungsschema, welches sich an den vom Text generierten Raumordnungen orientiert, ohne jedoch den linearen Reifungsprozess des Protagonisten außer Acht zu lassen. Da sich dieser Reifungsprozess ohnehin nur in der vom Text generierten Räumlichkeit manifestieren kann, gilt es daher, die Grenzüberschreitungen des Helden, welche der Erzählung zwangläufig inhärent sind, zu lokalisieren und gleichzeitig deren Ausgangspunkt, deren Motivation sowie deren Folgen für die Erzählung herauszuarbeiten. Vor dem Hintergrund der seelisch-geistigen Entwicklung des Protagonisten erscheint die Grenzüberschreitungstheorie daher als adäquates Arbeitsmittel, um die Tiefenstrukturen des höfischen Epos nach außen zu kehren. Analog hierzu kann mit Blick auf Wolframs Parzival die These formuliert werden, dass Persönlichkeitsentwicklung sowie Identitätsfindung einzig und allein - um in der Terminologie Lotmans zu bleiben - durch Grenzüberschreitungen vonstattengehen kann. Konkretisiert bedeutet dies für die Analysearbeit, das vom Text generierte Netz aus Ordnungsstörungen und Störungstilgungen, die sich in der Erzählung darlegen, zu systematisieren und den Gesamtkontext einzubinden. Der Polysemantik des wolframschen Werkes kann dieser Ansatz sicher nur bedingt gerecht werden, doch liefern die gewonnenen Erkenntnisse, welche aus der etwas flexibleren Perspektive der Textbetrachtung resultieren, möglicherweise einen Beitrag dazu, das Kunstwerk Parzival ein Stück besser zu verstehen.
Die Gliederung der vorliegenden Arbeit betreffend sollen zunächst in einem theoretischen Teil die Kernpunkte der lotmanschen Raumtheorie, welche insbesondere von Rainer Warning und Hans Krah weitergeführt wurde, erläutert werden. Die Textanalyse des Primärwerks erfolgt dann im Anschluss unter Zuhilfenahme der theoretischen Annahmen.
In Bezug auf die Sekundärliteratur ist anzumerken, dass auf Grund der Vielfalt an Forschungsliteratur zu Wolframs Parzival nur ein verhältnismäßig kleiner und nicht zwangsläufig repräsentativer Ausschnitt konsultiert wurde.
2. Jurij M. Lotmans Theorie der semantischen Räume und ihre Weiterführungen
2.1 Der funktionale Bezug zwischen Text und Welt
Um die auf Texte jeglicher Art bezogene Theorie der semantischen Räume in ihrer Tiefendimension erfahrbar zu machen, ist es notwendig, den Fokus auf das Erzählen selbst zu legen und dem Grundansatz des baltischen Semiotikers Jurij M. Lotman zu folgen, dass stets ein funktionaler Bezug zwischen Text und Welt, Narration und Wirklichkeit besteht.[2]
Von diesem funktionalen Aspekt, den Lotman zum Ausgangspunkt einer literarischen Semiotik gemacht hat, lässt sich indirekt die Fragestellung ableiten, was den Menschen zu dem macht, was er wirklich ist: Der Mensch ist das einzige Wesen, das die Fähigkeit besitzt, Erfahrungen in schriftlicher resp. mündlicher Form festzuhalten, Wissen in Form von Erzählungen und Texten an nachfolgende Generationen weiter zu tradieren und dessen ungeachtet über festgehaltene Geschehnisse zu einer gewissen Orientierung im System „(Um-)Welt“ zu gelangen. Geschichten „machen die Welt [somit] interpretierbar und verleihen dem Kontingenten Sinn.“[3] Auf diese Weise wird deutlich, wie eng fiktionale Texte mit der vom Menschen erfahrenen Realität in Zusammenhang stehen. Erzählungen jeglicher Art beziehen sich auf „die Lebenswelt seines intendierten Publikums, auf seine Schemata der Aneignung, der Interpretation und der handelnden Gestaltung von Wirklichkeit.“[4] Elemente und Komponenten einer vorgegebenen Lebenswelt werden auf diese Weise vom Text aufgenommen und machen selbige, in Form modellhafter Konstruktion durch die dargestellten Systems als „Abstraktum“ wiederum sichtbar. Somit sind alle Texte „narrative Setzungen und damit spezifische Interpretationen jener Wirklichkeit, auf die sie sich so einlässig beziehen. Sie sind, mit Ju. M. Lotman gesprochen, ‚sekundäre modellbildende Systeme‘, semiotische Systeme also, die gleichsam auf dem Rücken des primären Zeichensystems der Sprache operieren und in spezifischer Weise Wirklichkeit modellieren.“[5]
Wird nun der Text unmittelbar als „die modellhafte Abstraktion einer vorgegebenen Wirklichkeit“ gedeutet, so entwickelt die Theorie selbstredend die Grundfrage, „wie der Text selbst sein Original modelliert.“[6] Um diesen Sachverhalt begreiflich zu machen, nähert sich Lotman der Korrelation zwischen Text und Welt über den Begriff des Sujet. Wie Andreas Mahler treffend feststellt, ist das „Sujet […] eine Kategorie des Inhalts; es gehört zur Ebene der histoire.“[7] In Bezug auf den Inhalt und folglich auf die „(Welt-)Ordnung“ des Textes rückt Lotman an dieser Stelle den Begriff des „künstlerischen Raumes“[8] ins Blickfeld der Betrachtung. Die dem Text inhärenten Ordnungsräume und räumlichen Relationen sind das sujetbildende[9] Basiskonstrukt eines jeden Textes, das es im Folgenden näher zu erörtern gilt.
2.2 Der „künstlerische Raum“ - Der Text als Träger topographischer und topologischer Raumstrukturen
Wie bereits angedeutet, bedienen sich fiktionale Texte, die eine „Welt“ entwerfen, einer „Sprache räumlicher Relationen“[10], da sie sich in ihrem Entwurf an einem realen Weltmodell orientieren, das nach Lotman ebenso räumlichen Kategorien unterworfen ist:
„Die allerallgemeinsten sozialen, religiösen, politischen, ethischen Modelle der Welt, mit deren Hilfe der Mensch auf verschiedenen Etappen seiner Geistesgeschichte den Sinn des ihn umgebenden Lebens deutet, sind stets mit räumlichen Charakteristiken ausgestattet, sei es in Form von Gegenüberstellung ‚Himmel – Erde‘ oder ‚Erde – Unterwelt‘ (eine vertikale dreigliedrige Struktur, organisiert längs der Achse „oben – unten“), sei es in Form einer sozial-politischen Hierarchie mit der zentralen Opposition der ‚Oberen – Niedern‘, sei es in Form einer ethischen Merkmalhaltigkeit in der Opposition ‚recht – links‘ […] All das fügt sich zusammen zu Weltmodellen, die deutlich mit räumlichen Merkmalen ausgestattet sind.“[11]
Im Text manifestieren sich demzufolge bspw. topologische Oppositionen wie innen vs. außen, hoch vs. tief oder rechts vs. links, die zu Zeichen semantischer Oppositionen wie gut vs. böse, frei vs. unfrei oder sicher vs. gefährdet werden können.[12] Nichträumliche Elemente bzw. Relationen können auf diese Weise in räumlichen Kategorien gedacht werden. Der Handlungsschauplatz und dessen topographische Relationen sind somit viel mehr als nur „dekorativer Hintergrund“[13] für eine wie auch immer geartete Erzählung. Sie sind vielmehr notwendige Träger zur Verbildlichung topologischer Strukturen.[14]
Demnach wird in der Theorie Lotmans jeder „künstlerische Raum“, sprich der Text an sich, als ein semantischer Raum verstanden, der in zwei disjunkte Teilräume bzw. in zwei sich voneinander abgrenzende Ordnungen mit jeweils bestimmten Merkmalen[15] gegliedert ist. Zwischen diesen binär strukturierten Teilräumen verläuft eine quasi unüberwindbare[16] und ordnungsgarantierende Grenze, welche die Integrität des jeweiligen Raumes herstellt und die ihm inhärente Ordnung von seiner Umwelt abgrenzt.[17]
Wie Hans Krah aufzeigt, ist bei diesen Überlegungen besonders wichtig, dass die Merkmalszuweisung einzelner Textelemente an einen topographischen Raum gebunden sein kann, dies aber nicht zwangsläufig der Fall sein muss. Liegt die Anbindung von Textelementen an einen topographischen Raum vor, so kann von „semantisierten Räumen“ gesprochen werden. Ist die Merkmalszuweisung von der „räumlichen Ordnung gelöst“, spricht man von „abstrakt semantischen Räumen“.[18] „Diese abstrakt semantischen Räume sind somit nur über ihr spezifisches Merkmalsbündel gegeben; sie können als Menge für sie gültiger Regeln, mengentheoretisch umformuliert als allquantifizierende Ordnungssätze […], modelliert werden.“[19]
Um diese Überlegungen zu komplettieren, scheint als ein weiterer Aspekt, neben der fast immer gültigen räumlichen Opposition oben vs. unten, „ein […] wesentliches Merkmal der Organisation einer räumlichen Struktur des Textes“ relevant zu sein: die sich oppositionell gegenüberstehenden Begriffe offen vs. geschlossen. Dem geschlossenen Raum, durch Bilder, wie z.B. Heimat, vertreten und durch Merkmalszuweisungen wie z.B. Sicherheit und Geborgenheit, ausgestattet, steht diametral entgegengesetzt der offene Außenraum gegenüber, der sich i.d.R. über Begriffe wie Fremde, Kälte und Gefahr definiert.[20]
Die funktionalen Aspekte von Räumen selbst sind jedoch vielgestaltig und können je nach semantischem Impetus eines Textes variieren. Nach Hans Krah lassen sich jedoch zwei grundlegende Funktionen von Räumen unterscheiden: Räume können „in narrativer Funktion etwa in Ausgangsräume, Zielräume, Durchgangsräume, Taburäume, in aktantieller Funktion [hingegen] in auslösende/katalysatorische Räume (z.B. über das Merkmal der 'Enge'), Fluchträume, Erfahrungsräume, Initiations- und subjektkonstituierende Räume […] oder Sanktionierungsräume […] unterschieden werden.“[21]
2.2.1 Die interne Gliederung des semantischen Raumes – Der „Extremraum“
So wie sich semantisierte oder abstrakt semantische Räume durch die „Linie im Raum“[22] von ihrer Umwelt abgrenzen und dadurch ihre Integrität erhalten, können sie allerdings auch nach innen weiter strukturiert sein. Räume können auf diese Weise eine „interne Gliederung aufweisen“[23]. Hans Krah spricht an dieser Stelle von „Extremräumen“. Diese Extremräume stehen „synekdochisch für den Gesamtraum“ und sind somit rauminterne Teilräume, „in denen sich die zentralen und konstitutiven Merkmale des Raumes quasi kondensieren und die so den Gesamtraum myse-en abyme als Pars pro Toto abbilden.“[24] Ebenfalls an dieser Stelle gilt die Regel, dass Extremräume nicht unbedingt an tatsächliche räumliche Relationen gebunden sein müssen. Abstrakt semantische Extremräume bekommen so die Bezeichnung des „Extrempunkts“.[25]
2.2.2 Die „Linie im Raum“ – Die Grenze als ordnungsstrukturierendes Element
Der bereits eingeführte Begriff der „Grenze“ soll an dieser Stelle nochmals aufgegriffen und näher spezifiziert werden. Sie ist das gewichtigste topologische Element, welches semantische Räume voneinander trennt und somit den Raum als solchen definiert. Erst sie schafft also komplementäre Teilfelder, die auf einer zweiten Ebene des vom Text generierten semantischen Feldes existieren. Die Grenze kann vor diesem Hintergrund „physisch markiert […], selbst den bereits aufgelisteten Operationen unterworfen […] und selbst als Raum konzipiert sein […]. Sie ist – je nach Rang des semantischen Raumes und vice versa – kaum überwindbar oder durchlässig […] [und] konstituiert sich (primär) entweder kultur- oder textabhängig […].“[26]
Für die Analyse von Texten gilt es, die einzelnen Grenzen einer vom Text entworfenen Welt einzuordnen, um dadurch wiederum Rückschlüsse über die Konsistenz, Wesensart und Anordnung von semantischen Räumen zu erhalten. Die Frage nach textinternen Grenzsetzungen ist Hans Krah zufolge der „zentrale interpretatorische Akt“. „Durch ihn definieren sich das (mehr oder weniger adäquate) Modell und damit die epistemischen Thesen über den Text.“
Abschließend lässt sich zu diesen Überlegungen festhalten, dass erst die Grenze „die 'Übertragbarkeit' von räumlicher Topographie auf sematische [sic!] Topologie 'ermöglicht' und es rechtfertig, heuristisch sinnvoll von semantischen Räumen zu sprechen.“[27]
2.3 Der sujethafte Text – Von der Grenzüberschreitung zum Ereignis
Wie nun ersichtlich wurde, liegt laut Lotman jedem literarischen Text eine Grundordnung auf der Basis eines Systems von semantischen Räumen zugrunde, welche als paradigmatische Ebene der sujetlosen Textschicht die „Bühne“ für die Erzählhandlung bilden. Die theoretische Minimaleinheit eines vom Text generierten Universums ist eine mögliche Welt, die sich in mindestens zwei disjunkte Teilräume aufteilt, welche durch eine unüberschreitbare, ordnungsstrukturierende Grenze voneinander abgegrenzt werden. In der Regel liegt einem fiktionalen Text jedoch ein kompliziertes System aus Räumen zugrunde, die es in der Textanalyse zu strukturieren und zu hierarchisieren gilt.
Die hier vorgestellte Basis der Raumtheorie ist jedoch nur ein Aspekt der lotmanschen Raumkonstitution. Sie ist in ihrer Terminologie der „mythologische Aspekt“ eines Textes, der quasi textinhärent ein festgesetztes Universum modelliert. Auf der „mythologischen“ Ebene des Textes werden dessen Strukturen der modellierten Wirklichkeit, seine Ordnungen und Regelhaftigkeiten offenbar. Im Gegensatz zu dieser rahmenbildenden Raumkonstitution steht der Aspekt der „Fabel“. Dieser Aspekt „zielt auf Konflikte mit der Ordnung“ ab und versucht „punktuell“, die Ordnung des dargestellten Universums zu durchbrechen. Die Fabel strebt quasi nach der Destruktion des geordneten Rahmens, sodass überhaupt so etwas wie eine Handlung entstehen kann.[28] Vor diesem Hintergrund rücken nun die im vom Text generierten Raum agierenden Figuren ins Zentrum der Betrachtung, von deren (Grenz-)Operationen die Sujetlosigkeit bzw. Sujethaftigkeit eines Textes abhängig ist.
Alle Akteure in einer Erzählung sind „beschreibbar […] als Funktionen der beiden Teilräume“.[29] Diese Elemente der Teilräume, die sich i.d.R. als Figuren konkretisieren, weisen auf der Ebene der Sujetlosigkeit eine spezielle Raumbindung, sprich eine semantische Ordnungszugehörigkeit auf. Nun können sich allerdings, Lotman folgend, Figuren „in dieser Zuordnung als beweglich oder unbeweglich erweisen“.[30] Bleiben die Figuren ihrem Ordnungssystem, wie theoretisch eigentlich vorgesehen, verhaftet, so liegt ein sujetloser Text vor. Der Text behält somit seinen „klassifikatorischen Charakter“ und bestätigt die ihm immanente „Welt und deren Organisation“.[31]
Vor diesem Hintergrund könnte man auch von der „Respektierung“ der raumteilenden Grenze und der uneingeschränkten Aufrechterhaltung der Handlungsräume sprechen. „Vermag hingegen zumindest eine Figur aus ihrem angestammten Raum sich zu lösen und die im Prinzip unüberwindbare Grenze gleichwohl zu überschreiten, so ist die Überschreitung ein sujetkonstitutives Ereignis, und die Figur selbst avanciert damit zu Helden.“[32] Der sujethafte Text konstituiert sich somit über die Grenzüberschreitung einer beweglichen Figur, welche durch den Übertritt aus dem ihr ursprünglich zugeordneten Raum ein Ereignis[33] auslöst. Erst wenn ein sujetkonstitutives Ereignis im lotmanschen Sinne, sprich eine „ereignishafte Störung der gegebenen Ordnung“, vorliegt, kann von einer Handlung – nun auf der syntagmatischen Ebene - im engsten Sinne gesprochen werden.[34]
Anhand dessen wird klar, wie Sujetlosigkeit und Sujethaftigkeit von Texten zu differenzieren sind: „Das sujetlose System ist […] primär und kann in einem selbständigen Text zum Ausdruck kommen. Das Sujet-System dagegen ist sekundär und stellt immer eine Schicht dar, die die zugrundeliegende sujetlose Struktur überlagert. Dabei ist das Verhältnis der beiden Schichten zueinander immer konfliktgeladen: Gerade das, was die sujetlose Struktur als unmöglich behauptet, macht den Inhalt des Sujets aus. Das Sujet ist ein „revolutionäres Element“ im Verhältnis zum „Weltbild“.“[35] Ob der Held letztendlich die Grenzüberschreitung aktiv oder passiv, willentlich oder unwillentlich vornimmt, ist für die Theorie sekundär, d.h., die Umstände des Übertritts entbehren jeglicher Relevanz.[36] Relevant für die Sujethaftigkeit ist nur die „momentane Diskrepanz“, sprich „die Inkonsistenz von Merkmalen, die durch das Ereignis gegeben ist“.[37] Dieses aus der Grenzüberschreitung resultierende „Spannungsverhältnis von postulierter Ordnung und faktischer Abweichung“ determiniert die Fabel und definiert den sujethaften Text.[38]
Textextern kann es der Fall sein, dass sujethafte Erzählungen mit der vorherrschenden Wirklichkeits- und Welterfahrung des Rezipienten übereinstimmen, sie können jedoch auch davon abweichen. Andreas Mahler klassifiziert die wirklichkeitsnahen Handlungen von Texten als „konvergent“ und stellt diesen den wirklichkeitsfernen Texttyp der „divergenten“ Erzählungen gegenüber.[39]
2.3.1 Der Held als ordnungsdestruierendes Element
In Bezug auf das Ereignis auf der sujethaften Ebene eines literarischen Textes ist also diejenige Figur elementar, die nicht in der sujetlosen Textschicht verharrt, sondern die Grundordnung des Textes durchbricht und die Grenze zwischen zwei semantischen Räumen übertritt. Das grenzüberschreitende Element grenzt sich durch die situative Außerkraftsetzung der regulären Raumbindung von den weiterhin im Raum verharrenden Protagonisten ab und wird folglich als Held bezeichnet.
Die Bezeichnung „Held“ für den Grenzgänger entbehrt allerdings jeglicher inhaltlicher und semantischer Merkmale, mit welchen ein Held in der herkömmlichen Auffassung definiert wird. Es handelt sich somit um ein „strukturelles Heldenkonzept“, das von einem „Heldenkonzept im emphatischen Sinne“ streng zu unterscheiden ist. Dies schließt jedoch selbstredend nicht aus, dass nicht beide Konzepte, „insofern ein Konnex zwischen strukturellem Helden und emphatischem Helden“ besteht, zeitgleich vorliegen können.[40]
2.3.2 Die Ereignismodelle der Grenzüberschreitungstheorie
Die bis hier vorgestellte Grenzüberschreitungstheorie Lotmans kann nun noch im Einzelnen weiter gegliedert werden, indem das für die Sujethaftigkeit eines Textes grundlegende Ereignis näher spezifiziert wird. Durch Grenzüberschreitungen hervorgerufene Ereignisse müssen insofern differenziert betrachtet werden, als der Wesenszustand des Helden in Bezug auf die Raumbindung durch den Grenzübertritt nicht zwangsläufig konstant bleiben muss.
Hans Krah, der die lotmansche Grenzüberschreitungstheorie auf bemerkenswerte Weise weiterentwickelt hat, differenziert zwischen insgesamt drei Ereignistypen. Dabei unterscheidet er die ersten beiden als „normale Ereignisse“ vom ordnungssystemtransferierenden „Metaereignis“.[41]
2.3.3 Das Modell der „normalen Ereignisse“
Den von Hans Krah zuerst angeführten „normalen“ Ereignismodellen ist gemeinsam, dass die Ordnungsverletzung die Integrität der semantischen Räume, über denen sich das Ereignis konstituiert, unangetastet lässt. Die dem Text inhärenten räumlichen Ordnungsmuster werden auf diese Weise nicht tangiert. Der Fokus liegt in den ersten beiden Modellfällen somit einzig und allein auf dem Helden, der bei der eigentlichen Grenzüberschreitung (erster Fall) seine mit dem Ursprungsraum kongruenten Merkmale behält und in seiner Integrität konstant bleibt. Die sich nach der Grenzüberschreitung im oppositionellen Raum befindliche Figur ist somit keiner Beeinflussung unterworfen. Im zweiten Fall hingegen kommt es zum ereignishaften Zustand, da die grenzüberschreitende Figur seine konstitutiven Merkmale des Ausgangsraumes verliert und sich an die Gegebenheiten und Ordnungsmuster des oppositionellen Raumes angleicht.[42]
2.3.4 Das Metaereignis und die konflikthafte „innere Handlung“
Das dritte Ereignismodell, das „Metaereignis“, basiert im Gegensatz zu den ordnungswahrenden Ereignistypen auf der Überlegung einer totalen Ordnungstilgung. Hierbei handelt es sich allerdings nicht nur um eine Raumtransformation, die sich als dynamische Komponente einer textinternen Weltordnung als „Grenzoperation“[43] manifestieren kann, sondern um eine totale Systemtransformation: „Grenzen werden aufgehoben, verschoben, konstituieren sich neu, neue, andere Ordnungen werden installiert, wodurch eine Figur von ihrem zughörigen Raum getrennt wird.“[44]
Neben diesen sujetbestimmenden Ordnungsverletzungen können abschließend auch spezifische „innere Handlungen“ von Figuren zu den ereignisschaffenden Möglichkeiten hinzugefügt werden. Hans Krah führt in diesem Fall den inneren „Konflikt“ einer Figur im Text an, die sich zwischen zwei sich eigentlich entsprechenden Ordnungs- bzw. Normsystemen entscheiden muss. „Konflikt bedeutet [somit], dass zwei Ordnungssätze, die an sich nicht widersprüchlich sind, in einer entsprechenden Situation von selbst einen Widerspruch bedingen und damit Ereignis und Handlung auslösen.“[45] Die Entscheidung für das eine semantische Raum- und Normsystem bedeutet in diesem Fall die Nichterfüllung der Merkmalsmenge des anderen Raumes, was wiederum einem Ereignis gleichkommt.
2.4 Das Konsistenzprinzip – Die obligatorische Tilgung des ereignishaften Zustands
Grundvoraussetzung dafür, dass ein Text überhaupt eine Erzählung aufweist, ist das textinterne Vorhandensein einer kleinstmöglichen Erzählstruktur, die sich anhand der Trias „Ausgangssituation“, die darauf folgende „Veränderung“ und der „Endsituation“ darstellen lässt. Damit ein Geschehen existiert, „muss es also mindestens zwei verschiedene sukzessive Zustände, einen Übergang zwischen ihnen und eine Größe, die diesen Übergang vornimmt, geben.“[46] Den beiden ersten Teilen der triadischen Struktur folgt somit immer die Aufhebung der inkonsistenten Situation, was sich im obligatorischen Konsistenzprinzip, das einer jeden Erzählstruktur zugrunde liegt, niederschlägt.
Hans Krah führt die Ereignistilgung wie folgt aus:
„Ein Ereignis zu tilgen bedeutet, die Spannung, die Störung, die durch das Ereignis in der Welt entstanden ist, rückgängig zu machen. Ereignistilgung ist also als der Versuch zu verstehen, den Zustand der Welt, der durch ein Ereignis hervorgerufen wurde, wieder so zu verändern, dass er nun nicht mehr beunruhigt, verunsichert, sondern wieder in die postulierte Ordnung passt (notfalls, indem die Ordnung selbst verändert wird). Rückgängig gemacht werden also nicht das konkrete, punktuelle Ereignis, sondern dessen »ideologische« Folgen für die systemische Weltstruktur.“[47]
Das Konsistenzprinzip definiert sich somit nicht darüber, den Ursprungszustand wiederherstellen zu müssen, sondern orientiert sich allein daran, einen ereignishaften Zustand in einen ereignislosen Zustand zu überführen. Analog zu den oben aufgeführten Ereignistypen gibt es wiederum drei Möglichkeiten, wie nach der ordnungsstörenden Grenzüberschreitung ein ereignisloser Zustand herbeigeführt werden kann. Hinsichtlich der „normalen Ereignisse“ ist hier in Bezug auf den Helden die „Rückkehr in den Ausgangsraum“ und das „Aufgehen im Gegenraum“ anzuführen. Der Modelllogik entsprechend steht analog zum Metaereignis hingegen die Metatilgung.[48] Ein wichtiger Punkt in Bezug auf das Konsistenzprinzip ist, dass die beiden ersten Ereignistilgungen, „Rückkehr“ und „Integration“, im Gegensatz zur Grenzüberschreitung und Merkmalsveränderung auf einer viel umfassenderen Kategorisierung beruhen. Während die beiden Ereignistypen „das betreffende Phänomen rein strukturell beschreiben, beziehen jene [zwei Tilgungstypen] die Dimension des Weltmodells, also das zugrunde liegende Gesamtsystem der semantischen Räume bereits funktional ein.“[49]
2.4.1 Tilgungsmodelle der Grenzüberschreitungstheorie
Der erste Tilgungstyp beendet einen ereignishaften Zustand, indem das grenzüberschreitende Element wieder in den ursprünglichen Ausgangsraum sowie in den Ausgangszustand zurückversetzt wird. Hierbei handelt es sich also um eine „sowohl intensional/qualitativ[e] als auch extensional/quantitativ[e]“ Wiederherstellung des früheren Zustands.[50] Die vom Text modellierte Welt findet auf diese Weise zu ihrer Ursprungsordnung in Bezug auf Raum und Figuren zurück.
Anders beim zweiten Typ der Ereignistilgung, der davon gekennzeichnet ist, dass durch das Aufgehen des grenzüberschreitenden Elements im Gegenraum systemimmanente Veränderungen dauerhaft wirksam werden. Es kommt zum vollständigen Verlust der ursprünglichen Merkmale sowie zur Annahme des neuen Ordnungs- und Normensystems. „Das System der semantischen Räume bleibt [somit] auch beim Aufgehen im Gegenraum erhalten, wenngleich sich bei dieser zweiten Variante der Ereignistilgung graduelle, quantitative Veränderungen in Bezug auf die einzelnen Elemente, die den semantischen Räumen zugeordnet sind, ergeben.“[51]
Wie einzelne Ereignistilgungen zu deuten sind, ergibt i.d.R. die charakteristische Semantik eines Textes, sodass verschiedene Möglichkeiten wie „Ausgrenzung, Flucht, Integration [oder] Assimilierung“ möglich sind.[52]
Analog zum Metaereignis findet in der Metatilgung die totale Transformation des Raum- und Ordnungssystems statt, sodass eine frühere, ereigniskonstruierende Grenzüberschreitung im Weiteren nicht mehr als Ereignis gedeutet wird. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die ursprünglich überschrittene Grenze durch die Systemumwandlung nicht mehr existent ist: „Wenn bestimmte Regeln, Ordnungen nicht mehr gelten, dann initiiert und bedingt ein Geschehen nicht mehr einen ereignishaften Zustand, da dieser ja nur vor der Folie des semantischen Raumes als Bruch definiert ist, nicht als Phänomen und Sachverhalt an sich.“[53]
Wie bereits angedeutet, handelt es sich bei der triadischen Struktur, die eine jede sujethafte Erzählung aufweist, nur um eine obligatorische Minimaleinheit. Literarische Texte sind jedoch meist von einer Vielzahl von unterschiedlich hierarchisierten Grenzüberschreitungen und Ereignistilgungen geprägt, sodass i.d.R. ein kompliziertes, intertextuelles Handlungssystem generiert wird. Die Tilgung eines Ereignisses kann, sofern bei der Problemlösung die Norm einer anderen Ordnung verletzt wird, wieder weitere Ereignisse nach sich ziehen, worin der letztendliche Handlungsverlauf begründet ist. Nach Hans Krah dient folglich das Konsistenzprinzip „als Motor von Handlung und ‚Problemlösung‘.“[54]
2.4.2 Die Fortsetzung der Ereignisstruktur – „Extrempunktregel“ und „Beuteholerschema“
Wird das Konsistenzprinzip als Katalysator für die Handlung eines literarischen Textes gesehen, so seien an dieser Stelle noch zwei Axiome erwähnt, die neben den „normalen“ Störungen der Raumordnung, welche Ereignisse oftmals hinter sich lassen, die Ereignisstruktur bedingen.
Das erste Prinzip ist das „Beuteholerschema“, das dadurch gekennzeichnet ist, dass der Held beim Wiedereintritt in den ihm ursprünglich zugeordneten semantischen Raum ein Element des oppositionellen Raumes mit sich führt.[55] Diese zweite Grenzüberschreitung impliziert somit die Fortführung der Ereignisstruktur. „Die Tilgung des einen Ereignisses entspricht [auf diese Weise] der Generierung eines neuen“.[56]
Das zweite Prinzip, das für die Weiterführung der Ereignisstruktur von großer Relevanz ist, ist die auf den oben bereits eingeführten Extremräumen basierende „Extrempunktregel“. Nach Hans Krah sind Extremräume „zumeist narrativ relevant und dienen der Problemlösung; sie fungieren als Brennpunkte des Geschehens.“[57] Sobald der Weg einer Figur über die Linie im Raum führt, d.h., wenn es zur Grenzüberschreitung kommt, so fokussiert sich die Bewegungsrichtung des Helden im neuen semantischen Feld an dessen Extremraum. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass das grenzüberschreitende Element den neu aufgesuchten semantischen Raum nicht wieder verlässt, bevor es nicht dessen Extremraum aufgesucht hat. Dieser kann dann als End - oder Wendepunkt der Bewegungsrichtung des Helden fungieren. Der Extremraum ist somit Endpunkt für die grenzüberschreitende Figur, was dem faktischen Ende der Erzählung gleichkommt, oder Punkt der Umkehr „im räumlichen wie konzeptuellen Sinn“, welcher die Bewegung des Helden in seinen Ausgangsraum anstößt.[58]
2.5 Das Zeitkontinuum - Ereignisstruktur und Handlungsverlauf
Vor dem Hintergrund der Ereignisstruktur erscheint es wichtig, zumindest für diesen Fall, neben dem zu betrachtenden Raumkontinuum das Texten inhärente Zeitkontinuum genauer zu spezifizieren.
Das intertextuelle Handlungssystem bildet üblicherweise sowohl sukzessive als auch parallele Ereignisketten aus, sodass im Handlungsverlauf einer Erzählung eine Ereignisstruktur zu rekonstruieren ist.[59] Wichtig dabei ist weniger die Ereignisabfolge im Discours, sondern vielmehr der Aspekt der Chronologie, d.h., die syntagmatische Abfolge von Ereignissen. „Der Aspekt der Zeit, der hier relevant ist, ist also bezogen auf die Histoire. Nicht wann und wo von einem Ereignis berichtet wird, sondern wann es der rekonstruierende Histoire zufolge stattgefunden hat, ist zu bestimmen, und dies bildet die Grundlage der Ereignisstruktur.“[60] Auf diese Weise kann der ereignislose Urzustand zeitlich gesehen auch vor dem Beginn der eigentlichen Erzählung liegen, „im Text also nur präsupponiert sein.“[61] Wird die spezifische Ereignisstruktur eines Textes auf diese Weise analysiert, bietet sich eine weitere Möglichkeit, „Aussagen über propagierte Werte und Normen des Textes“ zu erhalten.[62]
2.6 Die Ereignishierarchie im sujethaften Text
Da man davon ausgehen kann, dass ein sujethafter, literarischer Text eine Vielzahl an Ordnungsverletzungen, Ereignissen und Ereignistilgungen verarbeitet, gilt es, eben diese untereinander zu korrelieren und zu hierarchisieren. Das Ausgangsprinzip, das auf alle Texte anwendbar ist und als heuristisches Kriterium für den Rang eines wichtigen Ereignisses dienen kann, ist die Irreversibilität, sprich das „Kriterium der Definitheit“. Als zweites Kriterium für einen hohen Platz in der Ereignishierarchie können zudem die „( Un -) Möglichkeit und ( Un -) Wahrscheinlichkeit “ eines Ereignisses angeführt werden. Ein drittes Prinzip der Ereignisdifferenzierung folgt der im Text vorgegebenen Norm, die durch die Grenzüberschreitung verletzt wird.[63]
Dieser dritte Punkt erscheint für die Ereignisanalyse eines Textes am essentiellsten. Jeder Text generiert in dem ihm zugrundeliegenden Weltmodell eigene Norm- und Ordnungsstrukturen, die aus dem Text selbst zu rekonstruieren sind. Die Relevanz eines Ereignisses hängt somit hauptsächlich von den Normsetzungen ab, die der Text vorgibt. An dieser Stelle ist es notwendig, zuerst nach der Hierarchie der vom Text generierten semantischen Räume zu fragen, woraus ferner die Wertigkeit der Grenze resultiert. Dies schließt zudem Überlegungen wie Überwindbarkeit und Durchlässigkeit der Grenze ein.[64]
Rainer Warning weist in diesem Zusammenhang noch auf den interessanten Aspekt hin, dass das Sujet eines Textes immer „auf eine Hauptepisode […], eben auf das zentrale Ereignis, auf die ‘Überschreitung der grundlegenden topologischen Grenze in der Raumstruktur’“ zusammengezogen werden kann.[65] Diese grundlegende Grenze gilt es, in der Analyse zu extrahieren und alle restlichen Ereignisse im Text, mit Blick auf die eben aufgeführte Hierarchie, um diese Achse anzuordnen.
2.6.1 Die Funktion des Ereignisses im sujethaften Text
Vor diesem Hintergrund kann neben der Hierarchie von Ereignissen auch nach deren Funktion innerhalb der Ereignisstruktur gefragt werden.
Vordergründig dienen Ereignisse und deren Tilgung dazu, die Handlung innerhalb einer Erzählung voranzutreiben. Möglich ist jedoch auch, dass die Funktion eines Ereignisses weniger „in seiner Relevanz für eine tatsächliche Handlung“ liegt, sondern vielmehr als Mittel zum Zweck erscheint, um „die Existenz bestimmter Ordnungen überhaupt zu dokumentieren“.[66] Das Ereignis fungiert auf diese Weise als enthüllendes Element, welches auf die Erkenntnis des Lesers in Bezug auf die Raum- und Ordnungsstruktur des jeweiligen Texts ausgerichtet ist und diese gezielt zu beeinflussen resp. zu erweitern vermag.
2.7 Störung der raumimmanenten Ordnung durch Gewalteinwirkung
Der elementare Bestandteil der lotmanschen Raumtheorie ist die Grenzüberschreitung. Ihr liegt ein Ereignis zugrunde, welches als Basisbedingung für die Sujethaftigkeit von Texten fungiert. Nun wird die Grenzüberschreitung im weiteren Sinne nicht nur als das bloße Eindringen des Helden in einen oppositionellen semantischen Raum verstanden, sondern jede Störung der raumimmanenten Ordnung kann als Grenzüberschreitung klassifiziert werden.
Die im Folgenden näher zu analysierende Gewaltanwendung – ein nicht irrelevanter Bestandteil des höfischen Romans – muss, nach den Ausführungen von P. Grimm und K. Kirste, demzufolge in jedem Fall zu den Störungen einer festgefügten Raum- und Normenordnung hinzugezählt werden. Das bedeutet, dass ein Ereignis keineswegs durch Gewaltanwendung ausgelöst sein muss, jede Form der Gewalt hingegen ein ereignisauslösendes Moment darstellt: „Aggressive Gewalt als Bedrohung, als Verletzung des Körpers, als Zufügung von Schmerzen oder als Zerstörung einer bestehenden Lebenssituation stellt [daher] eine massive Grenzüberschreitung dar und fordert eine reaktive Gewalt heraus.“[67]
Diese Auslegung muss m.E. jedoch zumindest in der Theorie korrigiert werden. Wie bei den Bedingungen für die Ereignishierarchie bereits angeführt, gelten bei der Frage nach der Legitimation von Gewalt auch hier die Norm- und Ordnungsstrukturen, die für die vom Text generierte Welt von Bedeutung sind, unabhängig davon, ob sie in der Welt des Rezipienten tatsächlich Gültigkeit besitzen oder nicht.
Dieser Fall kann konkret am Beispiel des höfischen Epos festgemacht werden, in dessen textimmanenter Welt die Bewertung von Gewalt, im Gegensatz zu unserem sich bspw. am Grundgesetz orientierenden Normsystem, einer differenzierteren, mittelalterlichen Auslegung unterzogen ist. So kann Gewalthaltigkeit ohne Widerspruch als Teilmerkmal im Merkmalsbündel eines positiv konnotierten semantischen Raumes existieren, ohne dass dabei eine Figur eine Grenzüberschreitung vollzieht. In dem Moment jedoch, in welchem die vom Text vorgegebene Ordnung bspw. durch Gewalteinwirkung gestört wird, sprich ein ereignisgenerierender Bruch der z.B. „friedlichen“ Norm vorliegt, muss Gewalt als eben diese Störung klassifiziert werden. Mit der Gewaltanwendung geht in diesem Fall tatsächlich eine Grenzüberschreitung einher.
In unserem Fall erscheint es müßig, die einzelnen Fälle der Systemgefährdung[68] durch Gewaltanwendung näher zu erörtern, zumal die von P. Grimm und K. Kirste vorgestellten Exempla am höfischen Roman nur bedingt anwendbar sind.[69]
Auf ein Grundmodell, in welchem die Bedrohung eines Systems die Handlung strukturiert, soll an dieser Stelle jedoch doch kurz eingegangen werden. Es handelt sich dabei um das Modell der „externe[n] Bedrohung eines idealen Systems durch ein anderes System“.[70] Dieser Modelltyp kommt zum Tragen, wenn einem nicht gewalthaltigen, idealen Raumsystem ein gewalthaltiger, oppositioneller Gegenraum entgegengesetzt wird. Der nicht gewalthaltige Raum enthält dabei ein Merkmalsbündel, das die verbindliche Norm repräsentiert. Das System der Bedrohung, das wiederum eigenen Normen und Regeln folgt, „konterkarier[t]“ die „Werte“ des ersten semantischen Raumes und strebt dessen Destruktion an. „Folglich besteht eine Rivalität zweier konkurrierender Systeme, wobei das positiv gesetzte als das zu verteidigende gilt. Dessen Werte und Normen bewähren sich. Das gewalthaltige System und der dazugehörige Raum werden getilgt, so daß das vorbildliche System als ideal rekonstituiert wird und damit eine Stabilisierung erfährt.“[71]
2.8 Die Sujetstruktur des höfischen Epos
Um die theoretischen Überlegungen der vorliegenden Arbeit zu komplettieren, soll abschließend die charakteristische Sujetstruktur des höfischen Epos einer genaueren Analyse unterzogen werden. Vorteilhaft für diese Untersuchungen erscheinen die von Andreas Mahler vorgenommenen Spezifizierungen der lotmanschen Sujettheorie, welche den sujethaften Text noch weiter untergliedern.
Mahlers duale „Typologie von Sujettexten“ unterteilt sich in „Texte, die Ereignisse nur inszenieren, um sie symbolisch zu bannen und so ‚ungeschehen‘ zu machen“ (welche er als „ereignislos“ bezeichnet) und „Texte, die Ereignisse ‚geschehen‘ sein lassen“ (welche als „ereignishaft“ zu benennen sind).[72] Im ersten Fall, dem ereignislosen Sujet, wird die vom Text generierte Ordnung nach der Phase der Störung wiederhergestellt und bestätigt. Für ereignishafte Sujets gilt jedoch, dass am Ende der Erzählung die textinterne Ordnung verändert bleibt.
Rückt man nun das höfische Epos ins Zentrum der Betrachtung, so kann festgestellt werden, dass dessen Sujetstruktur, die auf einer „[v]ertikal[] ausgerichteten Weltmodellierung“ gründet, aus einer „in mehrfachen ‚Kursus‘ ablaufenden ordnungsstörenden Versetzung des ‚Helden‘ über die Grenze nach ‚unten‘ und der ordnungsrestituierenden Annullierung dieser Versetzung über das erfolgreiche Bestehen von Einzelabenteuern“ besteht.
Die Helden eines höfischen Romans, die i.d.R. das strukturelle sowie emphatische Heldenkonzept in sich vereinen, können auf diese Weise hinsichtlich der modellierten Welt als „Garanten der Ordnung“ und „Helden einer im Resultat ereignislos bleibenden Restitution“ bezeichnet werden.[73]
Erzähltexte des Mittelalters folgen daher in der Gesetzmäßigkeit ihrer Erzählstruktur überwiegend einer „dominant ‚zyklischen‘“ Textbildungsmethode, was demzufolge ‚dominant‘ zyklische Sujets nach sich zieht: „Als Agenturen paradigmatischen Sinns rekodieren sie [somit] rituell das Gegebene“.[74] Lotman selbst spezifiziert diesen dem ‚linearen‘ Textbildungsprinzip gegenüberstehenden Sujettyp folgendermaßen: „Ein solches Erzählen hat keineswegs zum Ziel, dem Zuhörer etwas ihm Unbekanntes mitzuteilen, sondern stellt einen Mechanismus dar, der den ununterbrochenen Ablauf zyklischer Prozesse in der Natur selbst sichert.“[75]
Wichtig vor diesem Hintergrund ist, dass diese Gegebenheiten zwar auf das vom Text generierte Weltmodell zutreffen, etwaige Aspekte bezüglich der Identität des Helden jedoch nicht tangieren. Helden des höfischen Epos sind somit „Restitutionshelden in bezug auf die modellierte Welt, nicht aber in bezug auf sich selbst; als Aktanten stellen sie zirkulär Ordnungen her, als Charaktere aber gewinnen sie über das Prinzip der steigernden Reprise linear die Werte und Eigenschaften höfischer Identität“.[76] Diese Entwicklungsstufen des Helden im höfischen Roman betreffend, formuliert Rainer Warning: „Auf dem Rücken der Abenteuersequenz operiert ein Bezugssystem von Oppositionen, denen das Prinzip der Steigerung im Sinne eines Fortschritts in der Selbstsuche und Selbstfindung des Helden wesentlich ist.“[77]
[...]
[1] Zitate und Vergleiche aus Wolframs Parzival werden im Folgenden in geklammerten Verszahlen angegeben. Wir folgen: Wolfram von Eschenbach, Parzival. Mittelhochdeutscher Text nach der sechsten Ausgabe von Karl Lachmann. Übersetzung von Peter Knecht. Mit Einführungen zum Text der Lachmannschen Ausgabe und in Probleme der ‚Parzival‘-Interpretation von Bernd Schirok, Berlin/New York2 2003.
[2] J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte. München4 1972, S. 311ff.
[3] A. Mahler, Welt Modell Theater – Sujetbildung und Sujetwandel im englischen Drama der Frühen Neuzeit, in: Poetika. Zeitschrift für Sprach- und Literaturwissenschaft. Bd. 30. (1998), S. 1.
[4] R. Warning, „Der inszenierte Diskurs. Bemerkungen zur pragmatischen Relation der
Fiktion”, in: Henrich, Dieter/Iser, Wolfgang (Hgg.): Funktionen des Fiktiven. Poetik und Hermeneutik X. München 1983, S. 201.
[5] R. Warning, Chaos und Kosmos. Kontingenzbewältigung in der Comédie Humaine, in: Gumbrecht, Hans-Ulrich [u.a] (Hg.): Honoré de Balzac: 1. Romanistisches Kolloquium, 2. Bis 4. Oktober 1978 am Zentrum für Inter- disziplinäre Forschung der Universität Bielefeld. München 1980, S. 10.
[6] R. Warning, Chaos und Kosmos
[7] A. Mahler, Welt Modell Theater – Sujetbildung und Sujetwandel, S. 6.
[8] Vgl. J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 311ff.
[9] Zur Differenzierung von „sujethaften“ und „sujetlosen“ Texten siehe unten. (Kap. 2.3)
[10] J. M. Lotmann, „Das Problem des künstlerischen Raums in Gogol’s Prosa“, in: Karl Eimermacher (Hg.): Aufsätze zur Theorie und Methodologie der Literatur und Kultur. Kronberg/Ta
[11] J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 313.
[12] Vgl. R. Warning, Chaos und Kosmos, S. 11.
[13] J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 329.
[14] Vgl. R. Warning, Chaos und Kosmos, S. 11.
[15] Hans Krah führt zur Menge semantischer Merkmale von Räumen aus: „Die Zuordnung von Textelementen zu einem bestimmten semantischen Raum erfolgt aufgrund spezifischer Prädikate, welche die Eigenschaften bzw. Merkmale bezeichnen, die paradigmatisch allen Elementen des jeweiligen Raumes gemeinsam sind. Dies können Personenmerkmale, Normen, Werte, sonstige Regularitäten oder Semantiken sein.“ Zitiert aus: H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft – Textanalyse. Kiel 2006. S, 296f.
[16] Da alle Figuren ihrem Raum entsprechend Raumbindung aufweisen, wird auf der sujetlosen Ebene quasi vom Text festgelegt, was sich in den jeweiligen Teilräumen zu befinden hat. Daher ist die Grenze zwischen einzelnen Teilräumen theoretisch „unüberschreitbar“. Vgl. H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 300.
[17] Vgl. J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 327.
[18] H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen. Einführende Überlegungen, in: Ars Semeiotica 22. (1999), S. 4.
[19] H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 5.
[20] Vgl. J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 327.
[21] Vgl. H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 8.
[22] Vgl. J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 337.
[23] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 303.
[24] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 303ff.
[25] Vgl. H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 306.
[26] H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 6f.
[27] H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 7.
[28] Zu den zwei Aspekten der lotmanschen Raumkonstitution vgl. H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 295.
[29] Vgl. R. Warning, Der inszenierte Diskurs, S. 201.
[30] Vgl. R. Warning, Chaos und Kosmos, S. 11. Siehe hierzu: J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 338.
[31] J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 336.
[32] R. Warning, Chaos und Kosmos, S. 11.
[33] Wichtig ist bei diesem Aspekt, dass der Terminus „Ereignis“ nicht in seiner herkömmlichen Weise verstanden, sondern als Theorem in seiner definierten Bestimmung aufgefasst werden muss. Vgl. H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 310f.
[34] A. Mahler, Welt Modell Theater – Sujetbildung und Sujetwandel, S. 8.
[35] J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 339.
[36] In der Analyse des Textes selbst, muss fraglos nach Motivationen für den Grenzübertritt sowie nach Bedingungen für die Positionierung der Figuren im Raum gefragt werden.
[37] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 307.
[38] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 307.
[39] A. Mahler, Welt Modell Theater, S. 9.
[40] Vgl. H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 308.
[41] Vgl. H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 7. Lotman unterscheidet nach der Grenzüberschreitung des Handlungsträgers nur zwischen der Desintegration (der Held behält die mit dem Ausgangsraum kongruenten Merkmale), sprich der Weiterführung des Sujets und der Assimilation des Helden an den Gegenraum, sprich die Beendigung des Sujets. Vgl. hierzu: J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 342.
[42] Vgl. H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 309.
[43] Vgl. hierzu: H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 7.
[44] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 310.
[45] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 311.
[46] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 294. Vgl. ebenfalls hierzu: R. Warning, „Formen narrativer Identitätskonstruktion im höfischen Roman“, in: Marquard, Odo/Stierle, Karlheinz (Hgg.): Identität. Poetik und Hermeneutik 8. München 1979. S. 558.
[47] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 312f.
[48] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 313f.
[49] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 315.
[50] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 313.
[51] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 313.
[52] H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 7.
[53] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 314.
[54] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 319.
[55] J. M. Lotman, Die Struktur literarischer Texte, S. 339.
[56] H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 8.
[57] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 324f.
[58] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 325.
[59] Vgl. H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 318.
[60] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 318f.
[61] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 319.
[62] H. Krah, Räume, Grenzen, Grenzüberschreitungen, S. 8.
[63] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 320.
[64] Vgl. H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 323.
[65] R. Warning, Chaos und Kosmos, S. 12. Hans Krah weist auf diesen Aspekt ebenso hin, indem er das „konstitutive Ereignis“ zu Beginn einer Erzählung, als primären Handlungskatalysator beschreibt. Das Ereignis zu Beginn des Textes (das chronologisch auch vor dem Discours liegen kann) kann auf diese Weise, wenn es erst am Ende der Geschichte zur eigentlichen Tilgung kommt, die Klammer für den Gesamtkomplex der Erzählung bilden. Vgl. hierzu: H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 323.
[66] H. Krah, Einführung in die Literaturwissenschaft, S. 323.
[67] Vgl. P. Grimm/K. Kirste, Medial Born Killers. System und Individuum im Raum der fiktionalen Gewalt, in: Ars Semiotica 22. (1999), S. 85.
[68] P. Grimm und K. Kirste substituieren den Topos des semantischen Raumes durch den des „(Sozial-)Systems“, um die Kategorie des Raumes, mit der ihm, für ihren Theorieansatz obligatorischen, inhärenten anthropomorphen Elementen, zu präzisieren. Vgl. hierzu: P. Grimm/K. Kirste, Medial Born Killers, S. 86.
[69] In ihren Überlegungen beziehen sich die Autorinnen eher auf Gewaltanwendungen in der dargestellten Wirklichkeit des Films. Dieses moderne Medium generiert verschiedene Möglichkeiten der Systemgefährdung, welche für die analytische Anwendung in Bezug auf mittelalterliche Texte nur bedingt behilflich erscheinen.
[70] Vgl. P. Grimm/K. Kirste, Medial Born Killers, S. 87.
[71] P. Grimm/K. Kirste, Medial Born Killers, S. 87.
[72] A. Mahler, Welt Modell Theater, S. 8f.
[73] A. Mahler, Welt Modell Theater, S. 10. In diesem Sinne vgl. D. Welz, Episoden der Entfremdung in Wolframs Parzival. Herzeloydetragödie und Blutstropfenszene im Verständigungsrahmen einer psychoanalytischen Sozialisationstheorie, in: AG 9 (1976). S, 49.
[74] A. Mahler, Welt Modell Theater, S. 11.
[75] J. M. Lotman, „Die Entstehung des Sujets typologisch gesehen“, in: Städtke, Klaus (Hg.): Kunst als Sprache. Untersuchungen zum Zeichencharakter von Literatur und Kunst. Leipzig 1981. S. 176.
[76] A. Mahler, Welt Modell Theater, S. 10. Anm. 43.
[77] R. Warning, Formen narrativer Identitätskonstruktion im höfischen Roman, S. 564.
- Arbeit zitieren
- Jonathan Haß (Autor:in), 2012, Grenzüberschreitungen im "Parzival" Wolframs von Eschenbach, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263231
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