Die Wahrnehmung von Sprache wird in der Forschung als ein kognitiver Prozess charakterisiert, der nicht nur von visueller und artikulatorischer Information, sondern auch von anderen Faktoren beeinflusst wird. Als solche gelten zum Beispiel die Hinweise über das Geschlecht des Sprechers, welche gewisse stereotype Erwartungen generieren, die die Hörerwahrnehmung des physischen Signals verändern können. Demzufolge sind soziale Stereotype und damit verbundene Erwartungen, die von der Stimme des Sprechers ausgelöst werden, aktiv an dem Prozess der auditiven Wahrnehmung beteiligt (Strand, 1999, S.87). Des Weiteren zeigten bereits zahlreiche sozialpsychologische Forschungsstudien, dass stereotype Strukturen unwillkürlich aus dem Gedächtnis der Menschen aktiviert werden können, sobald die Letzteren einem entsprechenden Stimulus aus ihrer Umgebung ausgesetzt werden. Solche automatische Aktivierung tritt innerhalb von wenigen Millisekunden nach dem Stimulusbeginn ein und erfordert nur geringen kognitiven Aufwand. Der Perceiver selbst kann nur bedingt diesen Aktivierungsprozess kontrollieren und bemerkt oft nicht, dass er unter dessen Einfluss steht (Wittenbrink, Judd & Park, 2001, S.244).
Im Gegensatz zu der Sozialpsychologie, welche Stereotypen eher als ein soziales und kulturelles Phänomen erforscht, werden diese in der Psycholinguistik aus einer anderen Perspektive aufgerollt. Dabei wird untersucht, auf welche Art und Weise Weltwissen, stereotype Erwartungen und Annahmen, die durch die Stimme des Sprechers ausgelöst werden, die Sprachwahrnehmung und Informationsverarbeitung des Hörers beeinflussen. Für diesen Zweck erweist sich die Methode der ereigniskorrelierten Potenzialmessung (EKP) als besonders geeignet, da durch die Aufzeichnung eines EKPs unterschiedliche sprachliche Prozesse beschrieben und Informationen über die einzelnen Verarbeitungsschritte gewonnen werden können.
In dieser Hausarbeit werden zwei EKP-Studien dargestellt, die einerseits die Interaktion zwischen der Stimme des Sprechers, der Aussage selbst und dem implizierten stereotypen Wissen untersuchen und andererseits Aufschluss über ihren Einfluss auf die Satzinterpretation zu geben versuchen. Für diesen Zweck wird im ersten Teil dieser Hausarbeit zunächst auf die Methode der EKP-Messung und insbesondere auf die sprachverarbeitungsrelevanten EKP-Komponenten eingegangen. In einem nächsten Schritt werden die beiden Studien ausführlich dargestellt und schließlich werden die Ergebnisse mite
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung.
- I. Ereigniskorrelierte Potenzialmessung - eine Methode zur Untersuchung sprachlicher Informationsverarbeitung...
- 1.1. Definition und Abgrenzung von EEG und EKP.
- 1.2. EKP - Charakteristika und Komponenten.
- 1.3. Sprachverarbeitungsrelevante EKP-Komponente...
- 1.3.1. N400 - semantisch-lexikalische Verarbeitung.
- 1.3.2. P600 - syntaktische Verarbeitung und mehr.
- II. Informationsverarbeitung von stereotypen Erwartungen während sprachlicher Wahrnehmung - zwei Studien im Vergleich.........
- 2.1. „Talker's voice and gender stereotype in human auditory sentence processing - evidence from event-related brain potentials”
- 2.1.1. Frühere Studien........
- 2.1.2. Ablauf des Experiments - verwendete Stimuli und Ergebnisse.
- 2.2.,,The Neural Integration of Speaker and Message”
- 2.2.1. Fragestellung und theoretische Überlegungen....
- 2.2.2. Ablauf des Experiments - verwendete Stimuli und Ergebnisse
- III. Vergleich und Besprechung der Ergebnisse …
- FAZIT.
- 3.1. N400..
- 3.2. Späte Positivierung..
- ANHANG..
- LITERATURVERZEICHNIS..
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Interaktion von stereotypen Erwartungen und sprachlicher Informationsverarbeitung im auditiven Bereich. Sie untersucht, wie stereotype Erwartungen, die durch die Stimme des Sprechers generiert werden, die Wahrnehmung und Interpretation von Sprache beeinflussen. Die Arbeit verwendet die Methode der ereigniskorrelierten Potenzialmessung (EKP) zur Erforschung dieser Interaktion.
- Der Einfluss von Stereotypen auf die sprachliche Informationsverarbeitung
- Die Rolle der Stimme des Sprechers in der Wahrnehmung von Sprache
- Die Anwendung der EKP-Methode in der Psycholinguistik
- Die Analyse von zwei EKP-Studien, die sich mit der Verarbeitung von stereotypen Erwartungen befassen
- Der Vergleich und die Diskussion der Ergebnisse der beiden Studien
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung der Arbeit stellt die Forschungsfrage nach der Beeinflussung der Sprachwahrnehmung durch stereotype Erwartungen vor, die durch die Stimme des Sprechers ausgelöst werden. Die Einleitung verdeutlicht die Relevanz sozialer Stereotype und die Rolle der Stimme in der Sprachverarbeitung. Das erste Kapitel der Arbeit erläutert die EKP-Methode und ihre Anwendung in der Psycholinguistik. Es definiert die EKP-Methode und grenzt sie vom EEG ab. Die EKP-Charakteristika, wie Polarität, Latenz, Amplitude und Topographie, sowie die EKP-Komponenten, werden vorgestellt. Das zweite Kapitel präsentiert zwei EKP-Studien, die sich mit der Verarbeitung von stereotypen Erwartungen befassen. Die erste Studie untersucht den Einfluss von Genderstereotypen auf die Verarbeitung von Sätzen. Die zweite Studie analysiert, wie die Stimme des Sprechers und die Nachricht selbst integriert werden. Das dritte Kapitel vergleicht und diskutiert die Ergebnisse der beiden Studien, wobei insbesondere auf die EKP-Komponenten N400 und die späte Positivierung eingegangen wird.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Stereotype, Sprachverarbeitung, auditive Wahrnehmung, EKP, N400, P600, Sprachinterpretation, Genderstereotypen, Stimme des Sprechers und EKP-Methode. Sie untersucht, wie stereotype Erwartungen, die durch die Stimme des Sprechers ausgelöst werden, die Sprachwahrnehmung und Informationsverarbeitung beeinflussen. Die Arbeit konzentriert sich auf die Anwendung der EKP-Methode zur Erforschung dieser Interaktion.
- Citar trabajo
- Valentina Slaveva (Autor), 2011, Sprachverarbeitung und Integration von stereotypen Erwartungen bei auditiver Wahrnehmung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263174