Während des Implementierungsprozesses um das Pflegeorganisationssystem Primary Nursing kommen diverse Herauforderungen auf eine Stationsleitung zu. Klassische Organisationskonzepte, wie die Funktionspflege, Bereichspflege, Gruppenpflege oder Zimmerpflege werden abgelöst und fordern gerade von der Stationsleitung ein Umdenken bezüglich ihrer Rolle im Team und der Gesamtorganisation, wie z.B. dem Krankenhaus oder Altenheim. Nachdem Konzept und Ziele von Primary Nursing beschrieben werden, wird auf die Rolle der Stationsleitung eingegangen. Vorab werden jedoch noch theoretische Grundlagen geklärt.
Gliederung
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definitionen
2.1.1 Primary Nursing
2.1.2 Primary Nurse, Associated Nurse, Assistant Nurse
2.1.3 Stationsleitung
3 Konzept und Ziele von Primary Nursing
3.1 Die Elemente des Primary Nursing nach Marie Manthey
3.2 Die Ziele von Primary Nursing
4. Die Rolle der Stationsleitung im Implementierungsprozess mit Primary Nursing – „Ressource- Person“ und Führungskraft
5. Fazit
6. Literaturliste
1 Einleitung
Marie Manthey entwickelte das Pflegeorganisationssystem[1] Primary Nursing und führte es Ende der sechziger Jahre an der Universitätsklinik in Mineapolis/ USA ein (vgl. Daneke 2010). Damals war Manthey stellvertretende Pflegedienstdirektorin an der Universitätsklinik. Sie entschied sich dazu, dem Personal mehr Freiheit bezüglich der Organisation auf den Stationen zu erteilen (vgl. Tewes 2008). Ursache war der in den 1960er Jahren in den USA herrschende Pflegenotstand, der die Kliniken mehr oder weniger dazu zwang, sich mit innovativen Pflegeorganisationsmöglichkeiten auseinanderzusetzen um für die Pflegekräfte attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen und eine zufriedenstellende Patientenversorgung zu gewährleisten. Die allgemein entstandene Unzufriedenheit der Pflegekräfte als auch eine daraus resultierende überdurchschnittlich hohe Fluktuation des Pflegepersonals beschreibt Manthey folgendermaßen: „Die Patienten waren unzufrieden mit dem Krankenhaus, die Ärzte waren unzufrieden mit der Pflege, und die Pflege war mit sich selbst und mit allen anderen unzufrieden“( Manthey 2002: 47). Hieraus ergaben sich für die Pflegedienstleitungen zwei grundlegende Probleme.
„1. erhielten die Patienten eine fragmentierte, unpersönliche und diskontiuierliche Pflege, und 2. waren die Pflegekräfte von ihrer Arbeit entmutigt und frustriert“ (Manthey 2002: 47).
Um dieser Situation entgegenzuwirken bediente sich Manthey eines „personenbezogenen Managementansatz“ und des „Konzept der dezentralen Entscheidungsfindung[2], die sie auf die Organisation und auf das Führungs- und Leitungsverständnis bezieht. Zentral ist hier das Verhältnis einer Delegation von Entscheidungsbefugnissen einerseits und der Kongruenz von Aufgabe, Verantwortung, Kompetenz und Zuständigkeit andererseits“ (Mischo-Kelling in Manthey 2002: 11). Argyris und Schön schreiben im Hinblick auf die dezentrale Entscheidungsfindung: „ Bringe die Verantwortung zum Handeln und die Befugnis zum Handeln so
nah wie möglich an die Akteure heran, die über die maßgeblichen Informationen verfügen. Diesen
Personen sollte die Gelegenheit gegeben werden, sachkundige Entscheidungen zu treffen. Sie sollten die Verantwortung dafür erhalten, ihre Entscheidungen umzusetzen und deren Wirksamkeit zu überwachen“
( Argyris, Schön 1999:230).
Während des Implementierungsprozesses[3] um das Pflegeorganisationssystem Primary Nursing kommen diverse Herauforderungen auf eine Stationsleitung[4] zu. Klassische Organisationskonzepte, wie die Funktionspflege, Bereichspflege, Gruppenpflege oder Zimmerpflege[5] werden abgelöst und fordern gerade von der Stationsleitung ein Umdenken bezüglich ihrer Rolle im Team und der Gesamtorganisation, wie z. B. dem Krankenhaus oder Altenheim. Nachdem Konzept und Ziele von Primary Nursing beschrieben werden, wird auf die Rolle der Stationsleitung eingegangen. Vorab werden jedoch noch theoretische Grundlagen geklärt.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definitionen
2.1.1 Primary Nursing
Marie Manthey definiert Primary Nursing als “Pflegerisches Versorgungssystem welches nach Manthey darauf ausgerichtet ist, zum einen „die „Rund-um-die-Uhr“-Verantwortung für die Pflege eines Patienten einer bestimmten Pflegekraft persönlich zu übertragen“ (Manthey 2002: 21). Zum anderen soll dieser Pflegekraft die Möglichkeit geboten werden, entweder selbst die „physische Versorgung“ des Patienten sicherzustellen oder bei Abwesenheit durch eine Pflegekraft vertreten zu werden. Die „vertretende Pflegekraft“ hat dann wiederum die Aufgabe zuverlässig nach der von der Primary Nurse erstellten Pflegeplanung die Patientenversorgung durchzuführen. Kurzgefasst erklärt Manthey Primary Nursing als ein auf Beziehungen gründendes, ressourcenorientiertes Versorgungssystem. (vgl. Manthey 2002)
„ Primary Nursing ist die Durchführung von umfassender, kontinuierlicher, koordinierter und individualisierter Pflege durch die Primary Nurse, die über die Autonomie, Rechenschaftspflicht und die Autorität verfügt, als verantwortliche Pflegeperson für ihre Patienten zu handeln“ (Marram et al. 1976, zitiert in Ersser/Tutton 2000: 5).
„ Primary Nursing ist als Pflegesystem so organisiert, dass es die kontinuierliche und umfassende pflegerische Versorgung der Patienten maximiert. Den Schwerpunkt bildet eine Pflegeperson, die über die professionelle/ organisatorische Autonomie verfügt, die Verantwortung und die Rechenschaftspflicht für die Pflegeplanung und soweit möglich, die umfassende pflegerische Versorgung bestimmter Patienten während ihres Krankenhausaufenthaltes zu übernehmen. Im Idealfall erstreckt sich diese Verantwortung auch auf die Wiederaufnahme eines Patienten, auf häusliche Pflege und die weitere ambulante Versorgung“ (Anderson/Choi 1980, zitiert in Ersser/ Tutton 2000: 5).
Mischo-Kelling erklärt, dass Primary Nursing mit „Primäre Pflege“ oder „Primärpflege“ übersetzt wird. Weiter verweist sie auf die bestimmten Merkmale, die Primary Nursing von anderen Pflegesystemen unterscheidet, „(wie z.B. die 24stündige Verantwortung für die Pflege für die Pflege der zugewiesenen Patienten)“ (Mischo-Kelling in Manthey 2002: 15).
2.1.2 Primary Nurse, Associated Nurse, Assistant Nurse
Kennzeichnend für Primary Nursing ist eine abgestufte Zuständigkeit in der pflegerischen Versorgung: die Primary Nurse ist die verantwortliche Pflegefachkraft, auch genannt erste Pflegefachkraft oder Primärpflegefachkraft (Krankenschwester oder Altenpflegerin) in der Betreuung des Patienten bzw. zu Pflegenden (Schlettig, v. d. Heide 1993: 86).[6]
Die Associate Nurse oder vertretende Pflegefachkraft (Krankenschwester oder Altenpflegerin) ist der Primary Nurse zugeteilt. Diese übernimmt in der Abwesenheit der Primary Nurse die Durchführung der zuvor geplanten Pflege. Als Pflegefachkraft kann auch die Associated Nurse mit entsprechender Qualifikation, für andere Pflegende die Position der Primary Nurse einnehmen. ( vgl. Lynch, Knipfer 1998)
„Die Assistant Nurse ist eine nicht examinierte, angelernte Pflegekraft ( Pflegehilfskraft). Sie ist der Primary Nurse unterstellt und führt in ihrem Auftrag die geplanten Tätigkeiten am zu Pflegenden durch“( Zisler 1999:57, in Josuks 2008:17).
[...]
[1] „Pflegeorganisationssystem“ , „Pflegesystem“ oder „pflegerisches Versorgungssystem“ sind Bezeichnungen für die Art der Organisation der Pflege. In Deutschland wird vor allem der Begriff „Pflegesystem“ im Hinblick auf die Organisation im Krankenhaus verwendet. (Mischo- Kelling in Manthey 2002:9). Manthey verwendet vorwiegend die Begriffskombination „ pflegerisches Versorgungssystem“. (vgl. Manthey, 2002)
[2] Das „Konzept der dezentralen Entscheidungsfindung“ beschreibt die Einbettung der Personalentscheidung in die Perspektiven des jeweiligen Aufgabenfeldes. (vgl. Josuks 2008)
[3] Die Implementierung ist ursprünglich ein Begriff aus der EDV. Implementieren beschreibt, dass Software oder Hardware in ein bestehendes Computersystem eingesetzt wird und so ein funktionsfähiges Programm erstellt wird ( Duden, Das Fremdwörterbuch, 2001:426).
[4] Die Stationsleitung beschreibt hier die weibliche, als auch die männliche Stationsleitung. Im Text ist möglicherweise die männliche oder weibliche Form gewählt. Es sind jeweils beide Geschlechter gemeint.
[5] Funktions-, Bereichs-, Gruppen-, Zimmerpflege sind klassische Pflegeorganisationssysteme. Die Funktionspflege ist tätigkeitsorientiert, d. h. die Erfüllung pflegerischer Tätigkeiten steht über den Bedürfnissen der Patienten. Die Zimmer- Bereichs- und Gruppenpflege fallen in den Bereich der prozessbezogenen Pflege, der sogenannten Bezugspflege. Eine oder mehrere Pflegepersonen übernimmt oder übernehmen über einen gewissen Zeitraum für mehrere Patienten die Handlungen und die Verantwortung
( Bücker 2006:43f.).
[6] Primary Nurse, Associated Nurse, Assistant Nurse beschreibt jeweils die weibliche als auch die männliche Pflegekraft hinsichtlich ihrer Funktion. Im Text ist möglicherweise die männliche oder weibliche Form gewählt. Es sind jeweils beide Geschlechter gemeint.
- Arbeit zitieren
- Annette Schönhuber (Autor:in), 2010, Die Herausforderungen an eine Stationsleitung im Implementierungsprozess mit Primary Nursing, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/263024
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.