Obwohl das Schulliederbuch nach wie vor einen starken Einfluss auf das Singen in deutschen Grundschulen hat, wurde es bislang in der musikpädagogischen Schulbuchforschung kaum berücksichtigt. Das Anliegen dieser Arbeit besteht somit darin, diese Lücke zu schließen und das Schulliederbuch ins Licht des wissenschaftlichen Interesses zu rücken.
Dazu wird das mehrdimensionale Beziehungsgefüge dieses Mediums zur Beantwortung folgender Kernfrage systemtisch beleuchtet: Inwiefern nehmen die Dimensionen Entwicklungsgeschichte, Bildungspolitik und Schulpraxis, Wissenschaft sowie Verlagswesen Einfluss auf das Liederbuch der Grundschule, und wie ist dieser aus musikpädagogischer Sicht zu bewerten?
Für einen größtmöglichen Erkenntnisgewinn wurden drei empirische Forschungsmethoden (qualitive, quantitative und hermeneutische Verfahren) nach dem Ansatz der "Mixed Methods" miteinander verknüpft und in ein umfassendes Design eingebunden.
Inhaltsverzeichnis
1 Das Schulliederbuch im Spannungsfeld von Entwicklungsgeschichte, Wissen- schaft, Verlagswesen, Bildungspolitik und Schulpraxis
1.1 Zur Relevanz des Schulliederbuches als Forschungsgegenstand
1.2 Im Spannungsfeld der Dimensionen
1.3 Grenzen des Forschungsprojektes
1.4 Forschungsdesign
2 Das Schulliederbuch im Lichte von Theorie und Empirie
2.1 Wissenschaftssystematische Einordnung
2.2 Definitionen und Funktionen
2.2.1 Das Schulliederbuch als Medium in der Mediendidaktik
2.2.1.1 Einordnung in die mediendidaktische Terminologie
2.2.1.2 Medienfunktionen im Unterricht
2.2.2 Das Schulliederbuch als Medium in der Schulbuchforschung
2.2.2.1 Einordnung in die Terminologie der Schulbuchforschung .
2.2.2.2 Schulbuchfunktionen
2.3 Das Schulliederbuch als Gegenstand musikpädagogischer (Schulbuch-)For- schung
2.3.1 Einordnung in die Forschungsfelder der Schulbuchforschung
2.3.2 Das Schulbuch in der musikpädagogischen Literatur
2.3.3 Weitere Erkenntnisse zum Schulliederbuch
2.4 Ansätze der Medienforschung zur Beschreibung des Problemfeldes
2.4.1 Kommunikatorforschung
2.4.2 Medieninhaltsforschung
2.4.3 Medienwirkungs- und Mediennutzungsforschung
2.5 Der dynamisch-transaktionale Ansatz
2.6 Anwendung des dynamisch-transaktionalen Ansatzes auf die Akteure des Schulliederbuches
3 Die historisch-gesellschaftliche Perspektive
3.1 Die Geschichte des (Schul-)Liederbuches
3.1.1 Das Liederbuch - Von der Aufklärung bis 1900
3.1.1.1 Ein Überblick in Beispielen
3.1.1.2 Geschichte der Musikerziehung und allgemein (schul-)ge- schichtliche Entwicklungen von der Aufklärung bis 1900 . .
3.1.1.3 Von den kirchlichen Gesangbüchern zu den Schulliederbüchern von Ludwig Erk
3.1.2 Das Liederbuch - Von der Entstehung der Jugendbewegung und der Reformpädagogik bis zum Dritten Reich
3.1.2.1 Ein Überblick in Beispielen
3.1.2.2 Geschichte der Musikerziehung und allgemein (schul-)ge- schichtlicher Entwicklungen von 1890 bis 1945
3.1.2.3 Vom Zupfgeigenhansl bis zum Liederblatt der Hitlerjugend
3.1.3 Das Liederbuch - Vom Wiederaufbau bis in die Gegenwart
3.1.3.1 Ein Überblick in Beispielen
3.1.3.2 Geschichte des Musikunterrichtes und (schul-)geschichtliche Entwicklungen von 1945 bis heute
3.1.3.3 Das Liederbuch nach 1945 bis heute
3.2 Lied und Singen im Wandel
3.2.1 Aktuelle Erkenntnisse zum Singen in Schule und Gesellschaft
3.2.2 Der Wandel des gesungenen Liedrepertoires im Primarbereich
3.2.3 Mediale Einflüsse auf Stimme und Gesang
3.2.4 Der Kindermusikmarkt
3.2.5 Singprojekte in der Grundschule
3.2.6 Aktuelle Diskussionsansätze eines länderübergreifenden Liederkanons
4 Die bildungspolitische Perspektive
4.1 Die Vorgaben zur Liedauswahl in den Lehrplänen
4.1.1 Die Bundesländer ”Nord“
4.1.2 Die Bundesländer ”Ost“
4.1.3 Die Bundesländer ”Süd“
4.1.4 Das Bundesland Bayern
4.1.5 Zusammenfassende Bemerkungen
4.2 Die Zulassungs- und Genehmigungsverfahren für Schulliederbücher
4.2.1 Die Zulassungsverfahren für Schulliederbücher
4.2.2 Kriterien für die Schulliederbuchauswahl
4.2.3 Zusammenfassende Bemerkungen
5 Die wissenschaftliche Perspektive
5.1 Lied und Singen in der Grundschule
5.1.1 Zur Bedeutung des Liedersingens
5.1.1.1 Kommunikations- und Sprachförderungsfunktion
5.1.1.2 Pädagogische und psychologische Funktion
5.1.1.3 Hirnphysiologische Funktion
5.1.1.4 Medizinische Funktion
5.1.1.5 Kulturelle und soziale Funktion
5.1.1.6 ÄsthetischeFunktion
5.1.2 Physiologische und entwicklungspsychologische Aspekte der Kinder- stimme
5.1.2.1 Physiologische Spezifika und Tonumfang
5.1.2.2 Singfähigkeit
5.1.3 Anforderungen an die Lehrkraft
5.1.4 Die Bedeutung der traditionellen Notenschrift im Schulliederbuch .
5.2 Vergleichende Schulliederbuchanalyse
5.2.1 Ziel und Zweck der Analyse
5.2.2 Die Auswahl der Schulliederbücher
5.2.3 Das Methodenproblem
5.2.4 Das Reutlinger Raster - Konzeption und Kritik
5.2.5 Vorgehensweise der Adaption des Reutlinger Rasters
5.2.6 Das Reutlinger Raster adaptiert zur Analyse von Schulliederbüchern
5.2.6.1 Teil I: Allgemeiner Teil
5.2.6.2 Teil II: Schülerband
5.2.7 Die Schulliederbuchanalyse
5.2.7.1 Schalmei (1980)
5.2.7.2 Kolibri (1995)
5.2.7.3 Kolibri (2002)
5.2.7.4 Duett (2004)
5.2.8 Vergleich zwischen den Schulliederbüchern
5.2.8.1 Bibliographische Angaben
5.2.8.2 Ziele und Inhalte
5.2.8.3 Lehrverfahren
5.2.8.4 Liedauswahl
5.2.8.5 Adressaten
5.2.8.6 Gestaltung
5.2.8.7 Texte und Anregungen
5.2.8.8 Bild
5.2.8.9 Bild und Lied
5.2.9 Ein Vergleich zwischen den Ausgaben der Bundesländer
5.2.9.1 Die Ausgaben Schalmei (1980)
5.2.9.2 Die Ausgaben Kolibri (1995)
5.2.9.3 Die Ausgaben Kolibri (2002)
5.2.9.4 Die Ausgaben Duett (2004)
5.2.9.5 Zusammenfassung
5.2.10 Zwischenergebnis
6 Die schulpraktische Perspektive: Befragung der Musiklehrer
6.1 Planung
6.1.1 Fragestellung
6.1.2 Zielgruppe und Stichprobe
6.1.3 Fragebogen
6.2 Durchführung
6.2.1 Genehmigungsverfahren und Kontaktaufnahme
6.2.2 Rücklauf
6.3 Auswertung
6.3.1 Stichprobe
6.3.2 Liederbücher im Schul- und im Privatbesitz der Lehrer .
6.3.2.1 Schuleigene Liederbücher
6.3.2.2 Liederbücher im Privatbesitz der Lehrer
6.3.3 Kriterien aus Lehrersicht: Formaler Rahmen
6.3.4 Kriterien aus Lehrersicht: Repertoire
6.3.4.1 Liedeigenschaften
6.3.4.2 Thematische Gliederung der Lieder
6.3.4.3 Die Lieder
6.3.5 Kriterien aus Lehrersicht: Musikalische Merkmale
6.3.5.1 Zur Gestaltung des Liedgesangs mit den Kindern .
6.3.5.2 Der Schwierigkeitsgrad der Lieder
6.3.5.3 Harmonische Aspekte
6.3.5.4 Rhythmische Aspekte
6.3.6 Kriterien aus Lehrersicht: Gestaltungs- und Begleitvorschläge
6.3.7 Die Angaben der Lehrer im Ländervergleich
6.4 Zwischenergebnis - zusammenfassende Diskussion
6.4.1 Das (Schul-)Liederbuch in der Grundschule
6.4.2 Das Schulliederbuch aus Sicht der Musiklehrer
6.4.2.1 Formaler Rahmen
6.4.2.2 Repertoire
6.4.2.3 Musikalische Merkmale
6.4.2.4 Gestaltungs- und Begleitvorschläge .
7 Die Verlagsperspektive: Befragung der Liederbuchautoren
7.1 Planung und Durchführung
7.1.1 Fragestellung
7.1.2 Stichprobe
7.1.3 Leitfaden und Interviews
7.1.4 Methodisches Vorgehen bei der Auswertung . .
7.2 Auswertung
7.2.1 Der Schulliederbuchautor
7.2.1.1 Motivation, didaktische Intention . .
7.2.1.2 Liedauswahl
7.2.1.3 Interkulturelles Liedgut
7.2.1.4 Gestaltungs- und Begleitvorschläge .
7.2.2 Die Schulpraxis
7.2.3 Die Wissenschaft
7.2.4 Der Verlag
7.2.5 Die Bildungspolitik
7.2.6 Die historisch-gesellschaftliche Entwicklung . .
7.2.7 Vernetzung der Dimensionen
7.3 Zwischenergebnis
8 Vernetzung der Perspektiven - Die Ergebnisse im Vergleich
8.1 Wissenschaft vs. Schulpraxis
8.1.1 Formaler Rahmen
8.1.2 Repertoire
8.1.3 Musikalische Merkmale
8.1.3.1 Zur Gestaltung des Liedgesangs mit den Kindern .
8.1.3.2 Der Schwierigkeitsgrad der Lieder
8.1.3.3 Harmonische Aspekte
8.1.3.4 Rhythmische Aspekte
8.1.4 Gestaltungs- und Begleitvorschläge
8.1.5 Zusammenfassende Bemerkungen
8.2 Bildungspolitik vs. Schulpraxis und Wissenschaft
8.3 Verlagswesen vs. Bildungspolitik, Wissenschaft und Schulpraxis .
8.3.1 Tonraum der Lieder
8.3.2 Zusätzliche Singstimmen
8.3.3 Grafische Notation
8.3.4 Vielfalt an Tonarten und Harmonien
8.3.5 Mangel an Rhythmicals
8.3.6 Rubrik ”Essen und Mahlzeit“
8.3.7 Playbacks
8.3.8 Zusammenfassende Bemerkungen
9 Das Schulliederbuch und seine Einflussfaktoren - gestern, heute und morgen
9.1 Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse
9.1.1 Von Null auf Anfang - der historisch-gesellschaftliche Fortgang . . .
9.1.2 Initiative und Konzeption - der Verlag und der Schulliederbuchautor
9.1.3 Kundenorientierung - Lehrer und Autoren über das Schulliederbuch
9.1.4 Worauf noch zu achten ist - die Bedeutung der Wissenschaft
9.1.5 Das Schulliederbuch im Praxistest
9.1.6 Alles unter Kontrolle - der bildungspolitische Einfluss
9.1.7 Zum Abschluss - nach der Veröffentlichung
9.1.8 Status quo - Bestandsaufnahme derzeitiger Schulliederbücher
9.2 Wissenschaftlicher Ertrag
9.2.1 Medienforschung
9.2.2 Mediendidaktik und musikpädagogische Schulbuchforschung
9.3 Praktische Konsequenzen
Quellenverzeichnis
Literatur
Richtlinien, Gesetze und Lehrpläne
Liederbücher und Materialien
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Anhang
Anhang 1: Unterlagen zur Befragung der Musiklehrer
Anhang 2: Interviewleitfaden der Liederbuchautoren
Anhang 3: Zusammenfassungen der Interviews mit den Schulliederbuchautoren
Danksagung
Mein besonderer Dank richtet sich an Herrn Prof. Dr. Matthias Kruse für die intensive Betreuung und wissenschaftliche Begleitung während der gesamten Zeit. Auch Herrn Prof. Dr. Franz Riemer und Frau Prof. Dr. Birgit Jank bin ich für die fachliche Beratung und das Verfassen eines Gutachtens verbunden, ebenso Herrn Prof. Dr. Peter Brünger für die Teilnahme an meiner Disputation.
Meiner Mutter, Frau Dr. Ina Bernack, danke ich für die unermüdliche Korrekturarbeit und die seelische Unterstützung. Die technischen Hürden dieser mit LaTeX erstellten Arbeit habe ich Dank meines Bruders Jan Christoph Bernack erfolgreich überwunden. Außerdem war der rege Austausch in allen Phasen und Ebenen der Promotion mit meiner Freundin Frau Dr. Melanie Nagel sehr hilfreich, vielen Dank dafür. Als besonders gewinnbringend habe ich auch die Tagungen des Doktorandennetzwerkes im Arbeitskreis für musikpädagogische Forschung (AMPF) empfunden. Die interessanten Vorträge, Gespräche und Kontakte gaben mir stets einen konstruktiven Aufschwung.
Ein großes Dankeschön richtet sich natürlich an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der quantitativen und qualitativen Befragungen - ohne sie wäre diese umfassende Bestandsaufnahme nicht möglich gewesen.
1 Das Schulliederbuch im Spannungsfeld von Entwicklungsgeschichte, Wissenschaft, Verlagswesen, Bildungspolitik und Schulpraxis
1.1 Zur Relevanz des Schulliederbuches als Forschungsgegenstand
”DasofttotgesagteSchulbuchistnachwievordaswichtigsteMediumimKlassenraum. Das Genre erweist sich als äußerst lebendig und findet weit über seinen eigentlichen Wir- kungskreis der Schule hinaus öffentliche Aufmerksamkeit in Politik, Medien und Gesell- schaft.“1 So lautet eine Einschätzung des Georg-Eckert-Institutes für internationale Schul- buchforschung zur neuen Preisverleihung
”SchulbuchdesJahres 2012 “aufderLeipziger
Buchmesse. Gilt das aber auch für das Schulliederbuch der Grundschule?
Seit dem Kirchengesangbuch, der Ur-Form des heutigen Schulliederbuches, ist dieses Me- dium für den Unterricht einem ständigen Wandel unterlegen. Gesellschaftlich-kulturelle Einflüsse, bildungsinstitutionelle Reformen und Erkenntnisse der Musikpädagogik bewirk- ten sukzessive Veränderungen u. a. im Repertoire, der Konzeption, der Verbreitung und der Verwendung im Unterricht der seit 1920 bestehenden Schulform Grundschule.2 So ent- stand beispielsweise, ausgelöst durch Theodor W. Adorno (1954), eine Welle der Kritik am Fach Musik, seiner Pädagogik, dem Singen und auch dem Liederbuch. Lars Ulrich Abraham und Helmut Segler (1966) waren die ersten, die das in den Schulen gesungene, z. T. noch aus dem Nationalsozialismus stammende Liedgut, basierend auf den damals vorhandenen Liederbüchern, scharf kritisierten, neue Bildungsziele formulierten, und da- mit ambivalente Reaktionen hervorriefen. In der Folge und im Zuge der Schulreformen der 1970er Jahre sowie der damit einhergehenden Verwissenschaftlichung der Fächer, geriet das Liederbuch im Unterricht in den Hintergrund und erfuhr erst in den 1980er Jahren erneu- ten Aufschwung. Rolf Wilhelm Brednich spricht sogar von einer und einem ”FlutderLiederbücher“ ”geradezuverwirrende[n]Angebot“3.InderGeschichtewardasMediumLie- derbuch ein wesentlicher Bestandteil des schulischen Gesang- und Musikunterrichts sowie der musikpädagogischen Diskussion über die Grenzen der Schule hinaus. Der eingangs gestellten Frage ließe sich demnach eindeutig zustimmen. Wie aber steht es heute um das Medium Schulliederbuch in der Grundschule?
In der aktuellen Diskussion und der musikpädagogischen Forschung nimmt es eine sekundäre Stellung ein. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen vielmehr das Singen und dessen Bedeutung für die kindliche Entwicklung. Entwicklungspsychologische und medizinische Forschungen belegen die hohe Relevanz des Singens und die positiven Auswirkungen auf den Menschen. So leistet das Singen nachweislich einen entscheidenden Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung4, fördert die Sprachentwicklung5 und wirkt sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System und den Hormonhaushalt aus6.
Neben dem wissenschaftlichen Interesse u. a. an den Transfereffekten des Singens zeigt sich aktuell auch in der Gesellschaft eine Hinwendung zum Lied und Gesang, die zur Relevanz dieser Forschungsarbeit beiträgt. Der Mobilisierungseffekt von TV-Shows (z. B. ”DeutschlandsuchtdenSuperstar“und ”TheVoiceofGermany“)sowieInternetangeboten (z. B. ”YouTube“)istnichtzuunterschätzen.Singenistnichtmehrpeinlich-dasGegenteil scheint der Fall zu sein, wie das Feuilleton von ”DieZeit“am 9.December 2010schreibt:
”DasVolksingtwieder!“7.AuchimschulischenBereichistdieserTrendzuspüren.Eine ganze Reihe von Projekten zum gemeinsamen Singen sind in den letzten Jahren entstanden und werden in vielen Schulen in ganz Deutschland umgesetzt.8 Außerdem erhalten große Singveranstaltungen für Kinder, wie z. B. das Braunschweiger Schulprojekt ”Klasse!Wir singen“, viel Zustimmung von allen beteiligten Kindern, Eltern und Lehrern.9
Das Medium Liederbuch als ”Vermittler“vonLiedundGesanginderGrundschulebleibt jedoch bislang vom musikpädagogischen Diskurs weitgehend ausgeklammert. Aktuelle Erkenntnisse zum Schulliederbuch sind rar und lassen sich oft nur aus angrenzenden empirischen Forschungsarbeiten ableiten.
Ernst Klusen stellt z. B. Mitte der 1970er Jahre im Rahmen seines umfassenden For- schungsprojektes ”ZurSituationdesSingensinderBundesrepublikDeutschlands“heraus, dass die Schule - und insbesondere die Grundschule - der ”wichtigsteOrtderLiedver- mittlung“10 sei. Er legt damit einen Grundstein für weiterführende Forschungsansätze: Gottfried Küntzel (1984) ermittelt das gesungene Liedgut im Unterricht, indem er Grund- schullehrkräfte befragte. Dort zeigt sich ein deutlicher Schwerpunkt auf volkstümlichen Liedern des 19. Jahrhunderts.11 Etwa 20 Jahre später untersucht Peter Brünger das ”Sin- gen im Kindergarten“ (2003) und stellt im Vergleich zu den Ergebnissen Küntzels und Klusens eine zunehmend breitere Streuung und Diversifizierung der gesungenen Lieder fest. Es werden fast ausschließlich Neue Kinderlieder 12 gesungen, deren Auswahl bei den Erziehern individuell sehr unterschiedlich ist.13
”FürdenMusikunterrichtderGrundschulebedeutetdieserneueTrend,dassmitBe- ginn der Schulzeit ein gemeinsames Grundrepertoire an Liedern nicht mehr zu erwarten ist und der traditionellen Aufgabe von Schule als wichtigstem Ort der Vermittlung von Gruppenliedern14 die Basis fehlt.“15
Eine Parallele dazu stellt das vielfältige Angebot aktueller Schulliederbücher dar, ange- sichts dessen auch heute von einer ”FlutderLiederbücher“16 gesprochenwerdenkann.Seit den 1980er Jahren wird sich das Liedrepertoire - auch bedingt durch einen verstärkten medialen Einfluss und den kommerziellen Erfolg des Kindermusikmarktes mit den soge- nannten ”Liedermachern“-gravierendveränderthabenundindenSchulliederbüchern niederschlagen. Aktuelle Literatur findet zudem besonders in Grundschulen häufiger Ver- wendung als in höheren Klassenstufen, wie Hans Jünger2006 in seiner Untersuchung zur Verwendung von Schulbüchern im Musikunterricht allgemeinbildender Schulen her- ausfand.17 Das Liederbuch behandelt er allerdings nur am Rande und beschränkt sich auf die Lehrbücher.
Dem Schulliederbuch als einen möglichen wichtigen Einflussfaktor auf das Singen in der Grundschule sollte also stärker Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Anliegen dieser Arbeit besteht somit darin, eine Lücke in der musikpädagogischen Schulbuchforschung zu schließen und das Medium Schulliederbuch ins Licht des wissenschaftlichen Interesses zu rücken. Die Informationen werden möglichweise zu einer Optimierung des Schulliederbuch- angebotes führen.
1.2 Im Spannungsfeld der Dimensionen
Ein aktuelles Thema der Schulbuchforschung ist die Betrachtung des Schulbuches in ei- nem mehrdimensionalen Beziehungsgefüge.18 Eckhardt Fuchs bezeichnet die Hinwendung zu einer Verflechtung verschiedener Dimensionen als eine aktuelle Entwicklung der schul- buchbezogenen Forschung in Europa. Er schreibt ihr eine hohe Forschungsrelevanz zu, was sich in seinen Ausführungen zu seiner Schrift ”Schulbuchkonkret“(2010)zeigt:
”[Eswurde]erstmalig[versucht],dasSchulbuchinallseinenAspekten-dengesell- schaftlichen, bildungspolitischen, wissenschaftlichen, pädagogischen und wirtschaftli- chen - aus der Perspektive von Wissenschaftlern, Didaktikern, Pädagogen, Schulbuchautoren, Bildungspolitikern und Verlagsvertretern zu untersuchen und damit nicht nur angehenden Lehrern, sondern auch politischen Entscheidungsträgern und Schulbuchforschern einen ersten Zugang zum Feld zu eröffnen.“19 Auch die ”Sonderform“desMediumsSchulbuch,dasSchulliederbuch,sollindasBedin- gungsgefüge der verschiedenen Perspektiven eingeordnet werden. Allerdings verfügt diese ”Sonderform“bislangüberkeineeindeutigeDefinition.HandeltessichumeinLehr-oder ein Lernmittel - oder ist es ein ”Zwischending“?Dementsprechendbleibtunklar,fürwenes konzipiert ist - für die Hand des Lehrers oder für die des Schülers. Eine Begründung für die- se Unschärfe mag darin liegen, dass sowohl schul- bzw. grundschulpädagogische Literatur als auch allgemein- und fachdidaktische Schriften kaum Ausführungen zu Konzeptionen und Auswahlkriterien von Unterrichtswerken und Schulliederbüchern, zur tatsächlichen Nutzung oder zum optimalen Umgang mit ihnen enthalten. Bei der Auswahl von Unter- richtsliteratur in den Schulen sollten diese Grundlagen aber eine wichtige Rolle spielen.
Auf Verlagsseite klagen die Schulbuchautoren bisweilen - so Uwe Sandfuchs - ”überwe- nig fundierte Auswahlverfahren und einen nicht immer optimalen Umgang mit Lehrwer- ken; zugleich räumen sie bedauernd ein, dass sie über die tatsächliche Nutzung zu we- nig wissen.“20 Kritisiert werden auch die ”unterschiedlichenZulassungsmaßstäbeunddie
Ausrichtung und Bewertung didaktischer Kriterien in den Genehmigungsverfahren, die von Bundesland zu Bundesland und von Gutachter zu Gutachter variieren“21. Offenbar besteht in jeglicher Hinsicht des Mediums Schulliederbuch Aufklärungs- und Forschungs- bedarf. Die zentrale Leitfrage in diesem mehrdimensionalen Forschungsfeld lautet daher:
Inwiefern nehmen die Dimensionen Entwicklungsgeschichte, Bildungspolitik und Schulpra xis, Wissenschaft sowie Verlagswesen Einfluss auf das Liederbuch der Grundschule, und wie ist dieser aus musikpädagogischer Sicht zu bewerten?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1.1: Das Schulliederbuch im Spannungsfeld verschiedener Dimensionen.
Abbildung 1.1 stellt diese sich überschneidenden und gegenseitig bedingenden Bereiche modellhaft dar. Die entsprechenden erkenntnisleitenden Fragen zur Erkundung des Forschungsfeldes innerhalb der Dimensionen befinden sich in den weißen und die Forschungsfragen für deren Vernetzung in den grauen Kästen.
Im Fokus der empirischen Untersuchung stehen (Musik-)Lehrer - die zentralen Akteure bei der Liedvermittlung in der Grundschule -, Liederbuchautoren sowie das Medium Schullie- derbuch selbst. Zwischen ihnen besteht gemäß des klassischen Kommunikationsschemas22 eine Verbindung als Sender, Empfänger und Botschaft bzw. als Kommunikator, Rezipient und Medium. Diese drei Kernbereiche werden empirisch erforscht und verknüpft mit den Einflüssen der verschiedenen Dimensionen (wissenschaftliche Erkenntnisse, Zulassungsver- fahren, Lehrpläne etc.).
1.3 Grenzen des Forschungsprojektes
Die Komplexität des Beziehungsgeflechts, in dem sich das Medium Schulliederbuch be- findet, wird mit den ausgewählten Fragestellungen nur in Teilen erschlossen. Überdie Kernfragen hinaus gibt es mehrere Aspekte das weitere Forschungsfeld betreffend, die jedoch aufgrund zeitlicher und finanzieller Einschränkungen nicht näher beleuchtet wer- den können, z. B.: Inwiefern spielen die Erkenntnisse der Wissenschaft in den Lehrplänen und den Zulassungsverfahren eine Rolle? Welche Parallelen und Diskrepanzen bestehen zwischen den Instrumenten der Bildungspolitik (Lehrpläne, Erlasse, Zulassungsverfahren) und den Erkenntnissen der Wissenschaft? Welche Einflüsse nehmen Lehrerfortbildungen auf die Wahl der Schulliederbücher? Welche Auswirkungen haben Schulliederbücher auf die Liedvermittlung? Welche Wünsche und Anforderungen haben die Grundschüler an ein Schulliederbuch? Diese Fragen und andere, die sich im Laufe des Forschungsprozesses entwickeln, bieten Ansätze für weitere Untersuchungen.
1.4 Forschungsdesign
Für die Konzeption der Untersuchung wird aufgrund des beschriebenen Problemfeldes der Ansatz der ”MixedMethods“23 verfolgt.EswerdenverschiedenePerspektivenaufden Forschungsgegenstand eingenommen, indem die Ergebnisse unterschiedlicher Zugänge auf- einander bezogen und in ein umfassendes Design eingebunden werden: ”Mixedmethods research is defined as research in which the investigator collects and analyzes data, integrates the findings, and draws inferences using both qualitative and quantitative approaches or methods in a single study or a program of inquiry.“24
Es werden sowohl quantitative und qualitative als auch hermeneutische Vorgehenswei- sen kombiniert, indem die erzielten Ergebnisse miteinander verknüpft und in die Planung der weiteren Unterschungsschritte einfließen, bevor eine abschließende Vernetzung und Interpretation der Ergebnisse stattfindet. Dabei geht es vordergründig um den Erkennt- niszuwachs, weniger um die Validierung der erhobenen Daten.25 Ausgehend vom Medium Schulliederbuch in der Grundschule und der Verschiedenheit der beteiligten Akteure sowie deren Hintergründe, werden je nach Zielsetzung und Fragestellung folgende empirische Methoden gewählt.
Die Methoden der empirischen Untersuchungen:
- Im Umgang mit Schulliederbüchern ist der Musiklehrer ein wichtiger Akteur. Seine Erfahrungen bezüglich der Häufigkeit des Verwendens und des Vorhandenseins von Schulliederbüchern sowie seine Anforderungen und Wünsche an ein Schulliederbuch werden mit einer quantitativen Querschnittstudie erforscht. Um dem in der Re- gel national vertriebenen Schulliederbuch Rechnung zu tragen, wird ein schriftlicher Fragebogen an eine Auswahl Musik unterrichtender Lehrer in der gesamten Bundes- republik verteilt. So wird ein Blick über die föderalen Strukturen der Bundesländer hinaus möglich.
- Das Schulliederbuch wird mit Hilfe eines adaptierten Instrumentes aus der Schul- buchforschung, dem Reutlinger Raster 26, einer Analyse unterzogen. Basierend auf den Ergebnissen der Musiklehrerbefragung werden exemplarisch vier häufig verwen- dete bzw. häufig vorhandene Schulliederbücher, die in den vergangenen 30 Jahren erschienen sind, ausgewählt. Eine vergleichende Analyse legt die Inhalte, Konzep- tionen etc. der Schulliederbücher offen und klärt, worin mögliche Parallelen oder Unterschiede bestehen.
- Der Liederbuchautor nimmt im Spannungsfeld der Dimensionen als Kommunikator eine Schlüsselfunktion ein. Es wird daher die Methode des leitfadengestützten Exper- teninterviews angewendet. Es geht darum, dessen fachliche Beweggründe sowie ”das Wissen d[ies]er in die Situationen und Prozesse involvierten Menschen zugänglich zu machen“27.
Die Vorgehensweisen der deskriptiv-theoretischen Abhandlungen:
- Die Geschichte des Schulliederbuches wird basierend auf Sekundärliteratur im Rahmen der schulpolitischen und gesellschaftlichen Entwicklung nachgezeichnet.
- Die Vorgaben in den Lehrplänen der verschiedenen Bundesländer sowie deren Zulassungsbedingungen bezüglich des Schulliederbuches werden zusammengestellt. Als Informationsbasis dienen die aktuellen Lehrpläne, Gesetzestexte und Erlasse sowie die Auskünfte der zuständigen Landesbehörden.
- Zentrale Aspekte zum Liedersingen in der Grundschule werden anhand aktueller Forschungserkenntnisse unter Berücksichtigung von Fachdiskussionen recherchiert
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1.2: Überblick über den Aufbau des Forschungsprojektes und zusammengetragen.
Der Ablauf des Forschungsprojektes (siehe Abbildung 1.2) orientiert sich am ”explanatory design“28 nach John W. Creswell und Vicky L. Plano Clark. Es kann sich aber auch um eine weitere Variante der Methodenkombination neben denen von Matthew B. Miles und A. Michael Hubermann handeln, die eine inhaltsanalytische Methode und deskriptiv- theoretische Aspekte zum Schulliederbuch integriert.29 Nach einer Planungsphase erfolgt die Hauptphase der Durchführung, d. h. die theoretische Erfassung und die empirischen Erhebung. Erst im Anschluss an eine erste Auswertung der Ergebnisse wird die Befragung der Liederbuchautoren geplant und durchgeführt. Auf diese Weise können die gewonnenen Erkenntnisse in die Interviews einfließen und es kann ein größtmöglicher Informationsertrag erzielt sowie eine optimale Verknüpfung der Dimensionen gewährleistet werden.
2 Das Schulliederbuch im Lichte von Theorie und Empirie
2.1 Wissenschaftssystematische Einordnung
Das Schulliederbuch als zentraler Gegenstand dieser kritischen Bestandsaufnahme ist in einem differenzierten wissenschaftssystematischen Netzwerk zu sehen. Dieses Netzwerk bildet die Basis und die wissenschaftliche Grundlage der weiteren Überlegungen, die z. T. in sehr unterschiedliche Richtungen gehen. Je nach Blickwinkel der Betrachtung ändert sich dabei der Schwerpunkt im Zusammenhang mit den Bezugswissenschaften.
Die Erhöhung des Allgemeinheitsgrades (siehe Abbildung 2.1) führt zum Ausgangspunkt aller Überlegungen, der Kommunikation beziehungsweise der Kommunikationswissenschaft, denn:
- Unterricht, genauer gesagt der Musikunterricht in der Grundschule, ist eine besondere Form der menschlichen Kommunikation und
- die Untersuchung des Mediums Schulbuch, genauer gesagt des Schulliederbuches, fällt je nach Richtung des Erkenntnisinteresses in eines der verschiedenen Felder der Medienforschung, einem Teilbereich der Kommunikationswissenschaft.
Aus diesen zwei Strängen ergibt sich eine zweidimensionale Matrix, in die das Schullie- derbuch eingeordnet werden kann.1 Die Abbildung 2.1 verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen den Kategorien bzw. deren Bezugs- und Hintergrundwissenschaften ”vomAllge- meinen zum Speziellen“ und hebt das Schulliederbuch als zentralen Untersuchungsgegenstand hervor. In waagrerechter Richtung findet eine Spezialisierung von der Kommunikation allgemein über den Unterricht hin zum Musikunterricht statt, während die senkrechten Pfeile zusätzlich den Medienaspekt integrieren.
Zur Klärung des Begriffs und der Funktionen des Mediums Schulliederbuch werden die Be-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2.1: Wissenschaftliche Einordnung des Schulliederbuches in Anlehnung an Jünger (2006, S. 28).
zugswissenschaften Mediendidaktik und -pädagogik sowie die (musikpädagogische) Schulbuchforschung herangezogen.
2.2 Definitionen und Funktionen
2.2.1 Das Schulliederbuch als Medium in der Mediendidaktik
Die Mediendidaktik ist ein Teilgebiet der Erziehungswissenschaften, das in enger Verbin- dung zur Kommunikationswissenschaft und zur Medienforschung steht. Aufbauend auf deren Forschungsergebnissen und Erkenntnissen finden auch deren Theorien und Metho- den Anwendung.2
”MediendidaktikbeschreibtdenBereichderDidaktik,indemalleÜberlegungenzu- sammengefasst sind, bei denen es im Wesentlichen um die Frage geht, wie Medien bzw. Medienangebote oder Medienbeiträge zur Erreichung pädagogisch gerechtfertigter Ziele gestaltet und verwendet werden können bzw. sollen.“3
D. h., zu den Aufgaben der Mediendidaktik zählen die Beschäftigung mit Fragen der Me- diengestaltung und Medienauswahl, das Treffen von Aussagen über didaktische Funktionen von Medien in Lehr- und Lernsituationen sowie die Untersuchung von unterschiedlichen
2.2. Definitionen und Funktionen 11
Formen, in denen Bildungsmedien zum Einsatz kommen können.4
2.2.1.1 Einordnung in die mediendidaktische Terminologie
Die Grundbegriffe der Mediendidaktik sind bislang nicht eindeutig geklärt. Mit der Zeit sind verschiedene Definitionen entstanden, die sich z. T. überschneiden oder miteinander konkurrieren.5 So gibt es selbst für die Bezeichnung des Mediums im Unterricht eine verwirrende Vielfalt an unterschiedlichen Ausdrücken und Bedeutungszuweisungen.6 Eine Begründung für die unterschiedlichen Begriffsbestimmungen sieht Friedrich W. Kron in den jeweils verschiedenen Begründungszusammenhängen und Zwecksetzungen, denen die Definitionen von Medien unterliegen.7 Die wichtigsten der heute gebräuchlichen didaktischen Begriffe werden im Folgenden erläutert, so dass eine Einordnung des Schulliederbuches in die mediendidaktische Terminologie vorgenommen werden kann.8
Lehrmittel - Lernmittel
Aus älteren Schulpädagogiken entnommen, sind die Begriffe Lehr- und Lernmittel heutzutage vor allem im staatlichen Haushaltswesen gebräuchlich.9
- Lehrmittel sind alle Medien, die überwiegend der Lehrer als Unterrichtshilfen benutzt, wie z. B. die Wandtafel oder Demonstrationsmodelle.10
- Lernmittel sind alle Medien, die in der Hand des Schülers als Unterrichthilfe dienen, wie z. B. Nachschlagewerke, Aufgabensammlungen oder Stifte und Schreibblöcke.11
Aus der Arbeitsschulbewegung war weiterhin der Begriff der das”Arbeitsmittel“geläufig,der Begriffspaar heute ergänzt und sogar z. T. ersetzt.12
- Arbeitsmittel sind alle Medien, mit denen die Schüler im Unterricht selbstständig lernen können, wie z. B. Lernspiele und Arbeitsblätter.13
Die Unterscheidung zwischen Lern- und Arbeitsmittel ist jedoch nicht immer eindeutig, da auch Lernmittel mit dem Ziel des selbstständigen Lernens im Unterricht angeboten werden.14
Das Liederbuch ist in seiner ursprünglichen Form ”fürdieHanddesSchülers“gedacht15 und somit als Lernmittel zu bezeichnen. Allerdings ist der Übergang vom Lehrmittel zum Lern- bzw. Arbeitsmittel fließend.16 Die Befragung von Schulbuchautoren für das Fach Musik von Hans Jünger bestätigt dies. Demnach richtet es sich zwar an die Schüler, die damit arbeiten sollen, gleichzeitig aber an die Lehrer - insbesondere diejenigen ohne ein Fachstudium -, die es als Unterstützung benötigen.17 Die Problematik des Adressaten eines Schulliederbuches, ob Lehrer oder Schüler, wird auch in den Abschnitten Verglei chende Schulliederbuchanalyse (S. 134 ff.) und Die Verlagsperspektive - Befragung der Liederbuchautoren (S. 333 ff.) thematisiert.
Personale - Apersonale Medien
In einer Gliederung der Unterrichtsmedien mit kommunikationstheoretischer Orientierung, die auch den Menschen berücksichtigt, wird folgende Unterscheidung vorgenommen:
- Personale Medien sind menschliche Informationsvermittler (Gestik, Mimik, Bewegung und Sprache der Lehrer und Mitschüler).
- Apersonale oder nicht-personale Medien sind technische Informationsträger. Ambros Brucker unterscheidet hier weiterhin zwischen
- vortechnischen (z. B. Buch oder Tafel) und
- technischen Medien (auditive, visuelle und audiovisuelle Medien).18
Das Schulliederbuch ist in dieser Klassifikation ein apersonales, vortechnisches19 Medi- um.
Medium - Präsentator
In Diether Stonjeks Klassifikation steht die Wahrnehmung des Mediums als ”Vermitt- lungsträger“20 über die Sinnesorgane im Zentrum derÜberlegungen, denn die Wahl der Präsentationsform nimmt Einfluss auf die Medienwirkung. In seinem Entwurf von 1993 unterscheidet er zwischen:
- Medien (software), d. h. ”ideelle“Informationen,diez.B.überTexte(Dokumente, Berichte oder Sachtexte), Bilder, Zeichnungen oder Diagramme vermittelt werden können, und
- Präsentator (hardware), einem Gegenstand, der die Information präsentiert. Hier wird der Kanal der Informationsaufnahme über ein Sinnesorgan (visuell oder auditiv) oder über beide Sinnesorgane (audiovisuell) berücksichtigt.21
Darüber hinaus handelt es sich um sogenannte ”Verbundmedien“,wennsieverschiedene Präsentationsformen wie z. B. Text, Noten oder Bilder gemeinsam und aufeinander be- zogen darbieten können. DerÜbergang ist allerdings fließend, so zählen Tafel und Kreide genauso wie Film und Fernseher zu den Verbundmedien.22 In diesem Zusammenhang ist das Schulliederbuch als visueller Präsentator und als Verbundmedium zu bezeichnen.
Printmedien - elektronische-, mechanische- und selbstinszenierte Medien
Eine pragmatisch orientierte Ordnung der Medien bezogen auf die konkrete Situation, in der ”medialgehandeltoderinteragiertwird“23,istdieFolgende:
- Selbstinszenierte Medien (Sprache, Theater, Spiel, etc.);
- eingesetzte mechanische Medien (Dias, Mikroskop, Kassette, CD, etc.);
- verwendete elektronische Medien (Video, Computer, etc.);
- verwendete Printmedien (Buch, Comic, Fotos).24
Friedrich W. Kron sieht die Medien stets im Rahmen eines Lehr- und Lernprozesses. Ge- meint ist also immer der Zusammenhang des Mediums, beginnend z. B. bei der Technik des Hörfunks über dessen Programm bzw. Inhalt und die Interaktion mit dem Medium bis hin zum Gespräch und der Reflexion darüber.25 In dieser Terminologie zählt das Liederbuch in der Unterrichtspraxis zu den verwendeten Printmedien. Originale - informationelle Objekte Ingbert von Martial unterscheidet zwischen originalen und informationellen Lernobjek- ten:
- Originale stellen sich selber dar und ermöglichen so ”eineunmittelbaresinnliche Erfahrung durch Beobachtung und Handhabung“26. Ein Beispiel wäre die Demonstration des Aufbaus einer Gitarre am realen Objekt.
- Informationelle Objekte hingegen geben lediglich Auskunft über das Original und können analog oder symbolisch dargestellt werden. Um an das vorherige Beispiel anzuknüpfen, handelt es sich bei einer Fotographie oder Zeichnung einer Gitarre um eine analoge Darstellungsform, während beispielsweise ein Textauszug zur Gitarre eine symbolische Form der Darstellung ist.27
Hinzu kommt die Differenzierung der Autoren zwischen den eben genannten Lernobjekten und Hilfsmitteln. Als Hilfsmittel bezeichnen sie all diejenigen Gegenstände, die für die Umsetzung und zur Demonstration notwendig sind, aber für sich gesehen keinen Inhalt darstellen. So werden für die Demonstration eines Filmes die Hilfsmittel Fernsehgerät und DVD-Player benötigt, um die DVD abspielen zu können.28 Das Liederbuch ist hier als in- formationelles Objekt einzuordnen, das sowohl symbolische als auch analoge Darstellungen enthält bzw. enthalten kann.
In Anlehnung an Hans JüngersÜberlegungen zum Musiklehrbuch wird bezüglich des Schulliederbuches eine terminologische Einschränkung auf den Begriff um“ (kurz: ”Unterrichtsmedi- ”Medium“)vorgenommen,als ”einnicht-personalesMitteldesInformations- transports, das Lehr-Lernprozesse ermöglicht und unterstützt“29.
2.2.1.2 Medienfunktionen im Unterricht
Viele mediendidaktische Arbeiten verfolgen das Ziel, den Lehrkräften die Entscheidun- gen für den Einsatz von Medien in Lehr- und Lernprozessen zu erleichtern. Die Frage nach den Funktionen von Medien im Unterricht ist dementsprechend unumgänglich. Ein Beispiel aus einem aktuellen Grundlagenwerk zur Mediendidaktik ist die Übersicht über eine möglichst umfangreiche Sammlung von verschiedenen Funktionen von Medien im Unterricht. Der Autor Ingbert von Martial versucht auf diese Weise die Multifunktio- nalität eines Unterrichtsmediums durch eine wertfreie Auflistung näher zu fassen, wobei ÜberschneidungeneinzelnerFunktionendurchausmöglich sind.30 Aus Gründen der thema-
tischen Fokussierung auf das Medium Schulliederbuch wird eine Auswahl vorgenommen. Neun der insgesamt 24 Funktionen sind hier von besonderer Bedeutung:
- ”Aktivierung“:MedienkönnenAufmerksamkeitundInteressefürdenLerngegen- stand wecken. Das Schulliederbuch kann z. B. durch ansprechende grafische Gestal- tungen eine motivierende respektive aktivierende Funktion erfüllen.
- ”ThemengebundeneInformationsvermittlung“:MedienkönnenInformationenüber den Unterrichtsgegenstand vermitteln. In einem Schulliederbuch können sich z. B. Informationen zu einem Lied oder einem musikalischen Sachverhalt wiederfinden.
- ”LenkenderAufmerksamkeit“:MedienkönnendieAufmerksamkeitaufeinLernob- jekt lenken. In Überschneidung mit der aktivierenden Funktion kann beispielsweise mit einer ansprechenden grafischen Gestaltung eine rhythmische Figur hervorgeho- ben werden und so den Fokus der Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
- ”Denkenanregenundsteuern“:MedienkönnendasDenkenanregenundsteuern, indem sie Impulse aussenden. Ein Schulliederbuch kann dies durch die Liedtexte oder auch z. B. durch interdisziplinäre Anregungen ermöglichen.
- ”UnterstützungderInformationsverarbeitung“:MedienkönnendasVerstehener- leichtern, das Gelernte sichern und die Anwendung des Gelernten unterstützen. Ein Beispiel für diese Funktion ist die anschauliche Darstellung der Abfolge von Refrain und Strophe.
- ”Akzentuierung“:MedienkönnenWichtigesinbesondererWeisehervorheben.In einem Kanon können z. B. die Einsätze der einzelnen Stimmen besonders markiert sein.
- ”GedächtnisstützendeFunktion“:MedienkönnenwichtigeBestandteilevonflüchtig dargebotener Information festhalten und darstellen. Diese Funktion ist für das Schul- liederbuch wohl am bedeutendsten, denn es enthält sowohl die Noten der Melodien als auch deren zumeist mehrstrophige Liedtexte als Unterstützung beim Memorieren.
- Übung“:Medienkönnen der Festigung des Gelernten dienen. DieÜbung der Lieder ” schließt sich direkt an die vorangegangene Funktion an. Gefördert wird dies durch die häufig vorhandenen CD-Pakete und musikdidaktischen Anregungen.
- ”Differenzierung“:MedienkönnensichandieindividuellenAnforderungen(z.B.den Schwierigkeitsgrad) anpassen. Ein Schulliederbuch kann Lieder auf unterschiedlichem Niveau für Stimme und Gesang enthalten, so dass die Lehrkraft die Liedauswahl individuell an die Lerngruppe anpassen kann.
2.2.2 Das Schulliederbuch als Medium in der Schulbuchforschung
2.2.2.1 Einordnung in die Terminologie der Schulbuchforschung
ÄhnlichwieinderMediendidaktikfehltesaneinereinheitlichenterminologischenBe- stimmung der Begrifflichkeiten. Bezeichnungen wie buch“ und ”Lernbuch“, ”Lehrbuch“, ”Arbeits- ”Schulbuch“werdenunterschiedlichverwendetundseltendefiniert.31 Ebenso wenig eindeutig ist die Einordnung des Schulliederbuches in die Unterrichtsmedien. Freia Hoffmann unterscheidet z. B. zwischen der reinen Liedersammlung, dem ”Singbuchmit musikkundlichem oder theoretischen Anhang“32 und dem Musiklehrbuch, während Heinz Lemmermann es lediglich als Teil des Medienverbundes zum Schulbuch sieht.33 Reinhold Weyer differenziert stattdessen zwischen verschiedenen gedruckten Unterrichtsmaterialien. Das Liederbuch steht bei ihm gleichbedeutend neben Lehr- und Arbeitsmitteln sowie Musikspielen.34 Am weitesten verbreitet ist jedoch die Ansicht, dass es sich auf einer Ebene mit dem Lehrbuch befindet - beide sind Formen des Schulbuchs.35
Hans Jünger geht ausführlich auf die Problematik der terminologischen Bestimmung ein und liefert in seinem Entwurf einer Schulmusikbuchtheorie einige differenzierte und trenn- scharfe Definitionen der Begrifflichkeiten.36 Sie sollen die Grundlage für weitere Ausfüh- rungen bilden.
Definition Schulbuch: ”EinSchulbuchisteinBuch,dasinderSchuleverwendetwerden soll. Genauer gesagt meint man damit eine gebundene Druckschrift, die eigens dafür hergestellt worden ist, um in Zusammenhang mit dem Unterricht an allgemeinbilden- den Schulen als Arbeitsmaterial für Schüler verwendet zu werden. [...] Schulbücher sind bestimmten im staatlichen Schulwesen vorgesehenen Fächern zugordnet. Außerdem sind sie für die Verwendung in bestimmten Bundesländern, bestimmten Schularten und bestimmten Klassenstufen konzipiert. [...]“37
Definition Lehrbuch: ”EinLehrbuchisteinBuch,daslehrenoderbeimLehrenhelfen soll. Genauer gesagt meint man damit eine gebundene Druckschrift, die eigens dafür hergestellt worden ist, um mit Hilfe einer didaktischen Gesichtspunkten folgenden Darstellung eines Wissensgebietes entsprechende kognitive Lernprozesse zu organisie- ren oder entsprechende Lehr-Lernprozesse zu unterstützen. [...] Lehrbücher sind für einen bestimmten Gegenstandsbereich und für einen bestimmten Adressatenkreis kon- zipiert.“38
Demnach gibt es auch Schulbücher, wie z. B. Liederbücher, die zwar keine Lehrbücher sind, aber für den Schulgebrauch vorgesehen sind. Hingegen gibt es ebenso Lehrbücher, wie z. B. Harmonielehren, die keine Schulbücher sind. Bücher, die beide Kategorien erfüllen, bezeichnet Hans Jünger folgerichtig als Schullehrbuch bzw. Schulmusiklehrbuch. Mit der gleichen Konsequenz und zur Vermeidung von Missverständnissen lautet die korrekte Be- zeichnung ”Schulliederbuch“.ZurbesserenLesbarkeitwirdebensoderBegriff ”Liederbuch“ verwendet. Falls nicht ausdrücklich gekennzeichnet, gilt die vorangegangene Definition.
Liederbücher für die Grundschule lassen sich hinsichtlich ihrer Konzeption verschiedenen Formen zuordnen. Reinhold Weyer, der sich eingehend mit Materialien im Musikunter- richt beschäftigt hat, unterscheidet in seinem1989 erschienenen ”Medienhandbuchfür Musikpädagogen“ zwischen zwei verschiedenen Schulliederbuchtypen. Der ”traditionelle Typ“ enthält über die reine Liedersammlung hinaus z. T. auch Hinweise zur Notenlehre, zur Intervall- sowie zur Formenlehre. Der lung samt ”neuereTyp“bestehtauseinerLiedersamm- ”AnregungenfürreproduktiveundreflexiveFormendesUmgangsmitdem Lied (Singen, Hören, Nachdenken über Motivationen und Wirkungen des Singens sowie historischen und gesellschaftlichen Hintergrund der Lieder)“39. Eine ähnliche Unterschei- dung unternimmt er in seinem 2006 erschienenen Artikel über ”Unterrichtsmaterialien“40 und differenziert lediglich nach dem Kriterium der vorhandenen oder nicht vorhandenen zusätzlichen Hinweise für die Lehrkraft:
- Zum Einen gibt es die reinen Liedersammlungen, die ausschließlich die Melodien der Lieder mit ihren Texten anbieten. Beispiele hierfür sind ”DasLiedmobil“41 und”Klasse(n)-Hits“42.
- Zum Anderen gibt es den Typus Liederbuch, der zusätzlich ”nebendenTextenund Melodien ergänzende Sachinformationen und mehr oder weniger ausführliche didak- tisch-methodische Hinweise für die Behandlung der Lieder im Unterricht“43 anbietet, so z. B. ”Schalmei“44, ”SimSalaSing“45 oder ”Kolibri“46.
2.2.2.2 Schulbuchfunktionen
Die Funktionen des Schulbuches sind abhängig vom Kontext, in dem es sich befindet. Als Teil eines Systems ändern sie sich je nach Perspektive der Betrachtung. Im Verlagswesen, in der Unterrichtspraxis, in der Fachwissenschaft oder in der Politik sind die Funktionen somit jeweils unterschiedlich.
Gerd Stein stellt die Differenz der Funktionen anhand vier verschiedener Perspektiven zusammen und macht in diesem Zusammenhang auf die Mehrdimensionalität bzw. Multiperspektivität in der Schulbuchforschung aufmerksam:47
- Fachwissenschaftliche und fachdidaktische Perspektive oder ”informatorischeDimen- sion“: Das Schulbuch erfüllt eine kommunikative Funktion, da es fachliche Inhalte präsentiert sowie elementarisiert und differenziert.
- Politikwissenschaftliche Perspektive oder ”politischeDimension“:DiepolitischeFunk- tion wird deutlich, wenn das Schulbuch als ”ProduktundFaktorgesellschaftlicher Prozesse“48 gesehen wird. Es nimmt gleichermaßen politischen Einfluss, wie es selber Gegenstand politischer Einflussnahme ist.
- Erziehungswissenschaftliche Perspektive oder ”pädagogischeDimension“:Diepäda- gogische Funktion des Schulbuches besteht in der Unterstützung von Lehr- und Lern- prozessen.
- Wirtschaftswissenschaftliche Perspektive oder mischen Funktionen beziehen sich auf die ”ökonomischeDimension“:Dieökono- ”Ware“Schulbuch,alsodessenProduktion, Vermarktung und (möglichst gewinnbringenden) Absatz.49
Mit den Funktionen des Schulbuches aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive hat sich Hartmut Hacker eingehend beschäftigt.50 Die für das Schulbuch besonders relevanten Lehr- funktionen51 hebt er in seinen ausführlichen Beschreibungen hervor:
- Strukturierungsfunktion: Das Schulbuch kann Inhalte in einem sinnvollen Nacheinander strukturiert darbieten.
- Repräsentationsfunktion: Das Schulbuch kann Inhalte auf unterschiedliche Weise je nach Grad der Abstraktion präsentieren.52
- Steuerungsfunktion: Das Schulbuch kann Handlungsabläufe und Tätigkeiten initiieren und lenken.
- Motivierungsfunktion: Das Schulbuch kann Interesse und Aufmerksamkeit für einen Lerninhalt wecken.53
- Differenzierungsfunktion: Schulbücher können Differenzierungsangebote für verschiedene Leistungsniveaus machen.
-übungs-undKontrollfunktion: DasSchulbuchkannverschiedeneMöglichkeiten zur ÜbungundzurKontrolledesGelerntenanbieten.54
In Artikeln von Hartmut Hacker (2004) und Hans Jünger (2005) zum Stichwort ”Schul- buch“ werden weitere Funktionen des Schulbuches für den Lehrer herausgestellt. Als ”la- tente Agenturen für die fachdidaktische Fortbildung“55 beziehen die Lehrer aus dem Schul- buch Ideen und musikdidaktische Anregungen. Die Funktion der Repräsentation von geeig- netem Liedgut für den Grundschulbereich tritt bezüglich des Schulliederbuches besonders hervor.56 Insgesamt treffen die aufgezählten Funktionen jedoch auf den ”Sonderling“Schullieder- buch nur in eingeschränkter Weise zu, da es nicht wie das Schullehrbuch der inhaltlichen Vermittlung von Sachverhalten in Form eines Lehrganges dient, sondern - je nach Typ des Schulliederbuches57 - vordergründig eine Sammlung von Liedern anbietet.58 Die Kon- 20 Kapitel 2. Das Schulliederbuch im Lichte von Theorie und Empirie trollfunktion ist beispielsweise in der Regel nicht Bestandteil von Schulliederbüchern.59
Hinzu kommt das Problem des Adressatenbezuges,60 was die Zuweisung von Funktionen erschwert. Der Lehrer ist maßgeblich verantwortlich für die Wahl des Liedes und dessen Vermittlung. Ob das Schulliederbuch der Grundschule allerdings tatsächlich weitgehend in der Hand des Lehrers bleibt, was aus praktischen und finanziellen Gründen zu vermuten wäre, oder ob es als Klassensatz in den Schulen verwendet wird, ist unklar und soll im späteren Verlauf geprüft werden.61
2.3 Das Schulliederbuch als Gegenstand musikpädagogischer (Schulbuch-)Forschung
2.3.1 Einordnung in die Forschungsfelder der Schulbuchforschung
Einen Überblick über die Bereiche der Schulbuchforschung liefern die zwei Entwürfe zur Systematisierung von Peter Weinbrenner (1992) und Martin Rauch (1995). Sie verdeutlichen nicht nur die Verschiedenheit der Forschungsmöglichkeiten, sondern ermöglichen außerdem eine Einordnung in den Forschungszusammenhang sowie eine Ausdifferenzierung des jeweiligen Forschungsstands.
Peter Weinbrenner, der maßgeblich an der Entwicklung des war, unterscheidet zwischen drei Forschungsfeldern:62 ”Bielefelder-Rasters“beteiligt
- Prozessorientierte Schulbuchforschung behandelt den sogenannten”Lebenszyklus des Schulbuchs“ mit wiederum sechs Forschungsfeldern:63
- Entwicklung des Schulbuchs durch Autoren und Verlag;
- Zulassung und Genehmigungsverfahren;
- Vermarktung des Schulbuchs;
- Einführung des Schulbuchs in der Schule;
- Verwendung des Schulbuchs innerhalb und außerhalb des Unterrichts durch Schüler, Lehrer und Eltern;
- Aussonderung und Vernichtung des Schulbuchs.
Weitgehend unerforscht sind die Einstellungen, Motive und Interessen der Schulbuchautoren, die Entwicklung eines Schulbuchs und der Anteil von Einzel- und Teamarbeit sowie gescheiterte Schulbuchprojekte und die Gründe für das Scheitern. Bislang liegen in diesem Bereich nur einige Arbeiten zum Zulassungs- und Genehmigungsverfahren64 und zur Verwendung des Schulbuchs65 vor.
- Produktorientierte Schulbuchforschung analysiert und vergleicht den Inhalt und die Gestaltung des Schulbuchs unter wissenschaftstheoretischen, fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen, ästhetischen und erziehungswissenschaftlichen Gesichtspunkten. Sie umfasst sowohl die historische als auch die vergleichende Schulbuchforschung.66 Die inhaltsanalytischen Verfahren, vornehmlich zu speziellen außerpädagogischen Aspekten, wie z. B. dem Islam67, überwiegen in diesem Bereich der Schulbuchfor- schung.
- Wirkungsorientierte Schulbuchforschung untersucht die Wirkungen des Schulbuchs auf Schüler und Lehrer und fällt in den Bereich der Schul- und Unterrichtsforschung. In diesem noch wenig erforschten Feld68 wird das Schulbuch als Sozialisationsfaktor begriffen.69
Die größten Defizite weisen die Bereiche I und III auf, wobei auch die produktorientiere Schulbuchforschung noch lückenhaft ist. Die vorliegende Untersuchung ist einerseits vor- nehmlich prozessorientiert, da die Verwendung der Liederbücher durch den Lehrer, die Genehmigungsverfahren und der Liederbuchautor als Kommunikator in diesem Gefüge mit seinen Einstellungen und Motiven untersucht wird. Andererseits ist das aktuelle Lie- derbuch Gegenstand einer exemplarischen Inhaltsanalyse, einem Aspekt der produktori- entierten Schulbuchforschung.
Martin Rauchs ”Forschungstypologie“bestehtausfünfverschiedenenDimensionen:70
- Dimension I : Traditionelle vs. innovative Theorie und Praxis.
Die Herangehensweise im Bereich der Theoriebildung zum Schulbuch, die bislang wenig untersucht wurde, kann entweder eher traditionell oder eher innovativ geartet sein. Gleiches gilt für die Praxis des Schulbuchs.
- Dimension II : Geltungsbereich der Forschung.
Hier richtet sich die Frage nach der Art der Anlage des Forschungsvorhabens. Es ist entweder international, national, regional, lokal oder punktuell angelegt. Aufgrund der föderalen Struktur und der damit verbundenen rechtlichen und bürokratischen Hürden sind die meisten Schulbuchuntersuchungen in Deutschland lokal und/oder regional angelegt.
- Dimension III : Ablauf-Kontext.
Für die Gestaltung des Ablaufs und der Vorgehensweise zählt Martin Rauch fünf Varianten auf:
- Entdecken: Entdeckungszusammenhang als Gegenstand systematischer Bear- beitung. Beispiel: Untersuchung von Lernzielen als Basis von Schulbuch- und Unterrichtskonzeptionen.
- Rekonstruieren: Rekonstruktion z. B. von Praxis. Beispiel: Untersuchung zur Art und Weise des Schulbucheinsatzes in der Vergangenheit.
- Begründen: Untersuchung eines Begründungszusammenhangs. Beispiel: Begrün- dungsmuster von Lehrpersonen zum Einsatz eines Lehrwerkes.
- Entwickeln: Erforschung und Verbesserung des Entwicklungsprozesses neuer Schulbücher. Beispiel: Die Entstehung eines Schulbuches unter zeitlichem Druck.
- Evaluieren: Formen der Evaluation. Beispiel: Durchführung von begleitenden Evaluationen zur Entwicklung innovativer Curricula.
- Dimension IV : Wissenschaftstheoretische Positionen.
Unterschieden wird zwischen geisteswissenschaftlichen Positionen, erfahrungswissen- schaftlichen Positionen und solchen zur kritischen Theorie. Erstere sind aufgrund des ÜberhangsanInhaltsanalysenbeiUntersuchungenhinsichtlicheinzelnerAspektein der Schulbuchforschung dominant.
- Dimension V : Forschungsmethoden (Auswahl)
In dieser Dimension werden Unterscheidungen zwischen den wichtigsten Forschungsmethoden vorgenommen.
- Primäre oder sekundäre Forschung;
- Längsschnitt- oder Querschnittuntersuchung;
- Vergleichende oder nicht-vergleichende Forschung;
- Hermeneutische oder erfahrungswissenschaftliche oder Handlungsforschung.
Die Einordnung der vorliegenden Untersuchung in die Forschungstypologie Martin Rauchs liefert folgendes Ergebnis: Es handelt sich um ...
- die Erforschung der ; ”traditionellen“bzw.gängigenPraxisdesSchulliederbuches(Di-mension I)
- eine national angelegte Untersuchung, da sie stichprobenartig die Lehrer aus ganz Deutschland71 einbezieht (Dimension II);
- die Rekonstruktion der Praxis, da aktuelle Auswahlentscheidungen der Lehrer und Liederbuchautoren ”rekonstruiert“werden(DimensionIII);
- eine geisteswissenschaftliche und erfahrungswissenschaftliche Arbeit aufgrund des hermeneutischen und empirischen Erkenntnisinteresses (Dimension IV);
- primäre Forschung, da sie neue empirische Daten erhebt (Dimension V);
- eine Querschnittuntersuchung, da sie eine Stichprobe von Musik unterrichtenden Lehrern zu einem bestimmten Zeitpunkt befragt (Dimension V);
- einen Beitrag zur vergleichenden Forschung, da Schulliederbücher und auch Länder miteinander verglichen werden72 (Dimension V);
- ein Vorhaben unter der Verwendung von hermeneutischen und erfahrungswissenschaftlichen Methoden (Dimension V).
Der besondere Beitrag zur Schulbuchforschung in Abweichung vom ”Mainstream“besteht also darin, dass es sich hier vorzugsweise um einen Beitrag zur prozessorientierten For- schung unter der Verwendung von erfahrungswissenschaftlichen Methoden auf nationaler Ebene handelt.
2.3.2 Das Schulbuch in der musikpädagogischen Literatur
Wie auch in anderen Schulfächern überwiegt die Anzahl an ”produktorientierten“For- schungsarbeiten, die sich hauptsächlich mit dem Inhalt eines Schulbuches auseinandersetzen. Es lassen sich fünf Bereiche unterscheiden:
- Einen historiographischen oder biographischen Fokus setzen die Autoren Matthias Kruse73 und Rainer Lorenz74.
- Heinz Lemmermann und Hella Brock thematisieren auf unterschiedliche Weise den politischen Einfluss auf das Liedgut in Liederbüchern.75 Während Heinz Lemmer- mann 150 Schulliederbücher aus dem Zeitraum 1871 bis 1984 einer intensiven Text- /Bildanalyse und -dokumentation unterzieht, wählt Hella Brock gezielt 36 geneh- migte Schulliedersammlungen aus, die sie hinsichtlich ihrer enthaltenen patriotischen Lieder und Soldatenlieder untersucht. Auch Lars Ulrich Abraham und Helmut Seg- ler nehmen die politische Funktion des Schulliederbuches in den Blick.76 Dogma- tismus und Ideologie in Lehrbüchern untersuchen Freia Hoffmann und Elisabeth Kokemohr.77
- Andere Arbeiten befassen sich mit der Auswahl von Schulbüchern und Materialien für den Musikunterricht. So stellen Heinz Lemmermann, Renate Hofstetter, Dietmar Ströbel und Reinhold Weyer Kriterien zur Begutachtung auf.78 Wilfried Fischer und Heinz Lemmermann vergleichen und kritisieren Schulbücher für die Grundschule bzw. für die Sekundarstufe I.79
- Eine Beschreibung zugrundeliegender Schulbuchkonzeptionen nehmen Elisabeth Kokemohr, Renate Hofstetter und Berthold Marohl vor80, während Renate Hofstetter und Heidelind Ockert die Einflüsse musikdidaktischer Konzeptionen auf das Schulbuch thematisieren81.
- In den meisten Fällen befassen sich die Arbeiten jedoch mit einem speziellen Inhalt in den verschiedenen Schulbüchern. Elisabeth Kokemohr82 konzentriert sich dabei auf die Rolle des Liedersingens, Werner Abegg83 auf die der Programmmusik, Siegmund Helms84 auf die der Musikgeschichte, Roland Kocina85 auf die des Musikhörens und Sollinger86 auf die des Afrikaners, um nur einige zu nennen.
”Prozessorientierte“Arbeitensindhingegenwesentlichseltener.Esfindensichhauptsäch- lich zwei Bereiche:
- Mit den Problemen der Schulbuchgenehmigungen befassen sich zwei Autoren: Bert- hold Marohl87 beschäftigt sich mit der vielschichtigen Entstehung eines Schulmusik- lehrbuches, was die Prozedur der Genehmigungsverfahren einschließt. Josef Kloppen- burg88 befasst sich anhand des Beispiels von ”Musikaktuell“mitderProblematik ministerieller Zulassungs- und Begutachtungsverfahren.
- Die Verwendung von Schulmusikbüchern ist Thema der Arbeiten von Helmut Schaffrath u. a.89, eine empirische Studie zu Arbeitsbedingungen und Einstellungen von Musiklehrern, und Hans Jünger (2006), eine quantitativ-qualitative Untersuchung bezüglich Musiklehrbüchern an allgemeinbildenden Schulen in Hamburg.
Eine Orientierung in der musikpädagogischen Literatur zur Schulbuchforschung bieten die Autoren Renate Hofstetter90 und Hans Jünger91. Sie listen aus verschiedenen Perspektiven die einschlägige Literatur zum Schulbuch für den Musikunterricht auf.
2.3.3 Weitere Erkenntnisse zum Schulliederbuch
Im Zuge der musikdidaktischen Neuorientierung in den 1970er Jahren, angeregt durch Theodor W. Adorno, Lars Ulrich Abraham und Helmut Segler, standen das Lied und das Singen aufgrund deren Missbrauch zur Manipulation und politischen Indoktrination zur Zeit des Nationalsozialismus im Zentrum der fachdidaktischen Diskussionen. Eine Reihe von Veröffentlichungen über die Neubestimmung des Liedgesangs in der Schule, insbeson- dere kürzere Beiträge und Artikel92, sind für das Medium Schulliederbuch bedeutsam.
Einen hervorzuhebenden Beitrag zu dieser Diskussion leistete Ernst Klusen in seiner groß angelegten empirischen Untersuchung ”ZurSituationdesSingensinderBundesrepublik Deutschland“ in den Jahren1969/70. Ziel der Untersuchung war die Zusammenstellung von quantifizierbaren Daten zum Singen in der gesamten deutschen Bevölkerung. Eine Stichprobe von 1460teilnehmenden Personen zwischen 14 und 60 Jahren beantwortete Fragen zu musikalischen Aktivitäten, Liederwerb, Liedbesitz, Singgewohnheiten, Singin- tensität sowie zum Liederbuch.93 Letzterem wird als Teil der Erhebung ein ganzes Kapitel gewidmet. Zwar geht es dabei um die Verbreitung und Benutzung des Liederbuches in der gesamten Bevölkerung und nicht direkt um das Schulliederbuch und dessen Gebrauch in der Grundschule. Die gewonnenen statistischen Daten ermöglichen dennoch einen grund- legenden Einblick in die Ausgangssituation. So stellte sich z. B. heraus, dass Liederbücher allgemein sehr weit verbreitet waren, denn zwei Drittel der befragten Personen besaßen mindestens eines. Das beliebteste Liederbuch in dieser Zeit war ”DieMundorgel“,das ein Viertel der Befragten ihr Eigentum nannten. Danach waren es vor allem Kirchenge- sangbücher und Schulliederbücher, die am meisten genannt wurden.94 Aus Klusens For- schung wird vor allem die große Bedeutung der Grundschule bezüglich des Liederwerbs und der Liedvermittlung deutlich. Knapp über die Hälfte der Befragten gab an, die meisten Lieder bis zum 14. Lebensjahr gelernt zu haben, mit der Schule als wichtigstem Ort der Vermittlung.95 Eine ”Hitliste“erfasst 20 der damals bekanntesten Lieder aus insgesamt 3862vorgegebenen verschiedenen Titeln, zumeist Volks- und volkstümliche Lieder des 19. Jahrhunderts (siehe Tabelle 2.1).96
Innerhalb der nächsten zehn Jahre folgten Untersuchungen zur Situation des Musikunter- richts97 sowie zum Liederbuchrepertoire98. Die 1978/79 durchgeführte Fragebogen-Studie von Helmuth Schaffrath, Erika Funk-Hennigs, Thomas Ott und Winfried Pape zielte im Wesentlichen auf die Erfassung der ”ArbeitsbedingungenundEinstellungenvonMusikleh- rern“ an allgemeinbildenden Schulen. Von insgesamt 1316 teilnehmenden Lehrern aus ganz Deutschland und Westberlin unterrichteten 146(etwa 11 Prozent) an einer Grundschule.99 Die aus dieser schriftlichen Befragung gewonnenen Informationen zum Medium Liederbuch beschränken sich auf den quantitativen Aspekt der Benutzung von Liederbüchern. Aus ins-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.1: Die 20 bekanntesten Lieder nach Klusen (1974b, Tab. I).
gesamt 78 verschiedenen Nennungen gehen drei Liederbücher hervor, die am häufigsten im Unterricht benutzt und auch in der Grundschule häufig verwendet wurden: Liederbuch“ (1967) von Peter Fuchs und Willi Gundlach, ”Unser ”DieMundorgel“(1953 )vom christlichen Verein junger Menschen Köln e.V. (CVJM), ”Zugabe 1- 3“(1968)vonHeinz Lemmermann.100 Die Autoren empfehlen, die Nutzung der Medien einschließlich der Lie- derbücher nach einem größeren zeitlichen Abstand erneut zu untersuchen, um Trends zu erkennen und besser auf sie reagieren zu können.101 In einem Artikel zu ”Schulbuchkon- zeptionen der Gegenwart“ nimmt Berthold Marohl Bezug auf die Untersuchungsergebnisse von Helmut Schaffrath u. a.102 und bekundet insbesondere sein Interesse für die zusam- mengestellte ”Schulbuch-Hitliste“,beidersowohlaltealsauchneueKonzeptionen-und das betrifft ebenfalls die Schulliederbücher - gleichbedeutend nebeneinander stehen.103
Die Untersuchung von Gottfried Küntzel, durchgeführt im Jahre 1979/80,104 ist eine der wenigen, die in Ansätzen vergleichbar ist mit der vorliegenden Arbeit. Eine solche Unter- suchung, die das Schulliederbuch und vor allem das gesungene Repertoire zum alleinigen Gegenstand hat, wurde bisher nur einmal unternommen. Gottfried Küntzel beschäftigte sich eingehend mit dem Musikunterricht in der Grundschule, speziell mit dem dort gesun- genen Liederrepertoire und führte dazu in den Jahren 1979/80 eine schriftliche Befragung durch. 169 Grundschullehrer aus Nordostniedersachsen, die unabhängig von ihrer fach- lichen Qualifikation mit ihren Schülern sangen, nahmen daran teil. Mit insgesamt vier Fragen zum gesungenen Liedrepertoire und den verwendeten Liederbüchern sammelte er erste Ergebnisse auf diesem speziellen Themengebiet. Die auf diese Weise zusammengestell- te ”Hitliste“von 30 TitelnbestehtebensowiebeiKlusenzumgrößtenTeilausVolksliedern oder volkstümlichen Liedern aus dem 19. Jahrhundert (siehe Tabelle 2.2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.2: Die 30 am häufigsten genannten Lieder, die Grundschullehrer im Unterricht singen, nach Küntzel (1984a, S. 22-23).
Als Quellen für die insgesamt 1030 genannten verschiedenen Lieder wurden zwar 122 un- terschiedliche Liederbücher angegeben, jedoch fehlt leider deren konkrete Auflistung.105 In einer zweiten Untersuchung analysierte Küntzel den ”StanddesLiederangebotsfürSchu- len im Spiegel der KM-Richtlinien und des Liederbuchmarktes“106. Die Auszählung der Lieder von insgesamt 58 verschiedenen Liederbüchern107 ermöglichte einen Vergleich mit den Liedempfehlungen der Kultusministerien und die Entwicklung einer umfangreichen Rangliste, geordnet nach der Häufigkeit des Vorkommens. Größere Unterschiede zwischen den Liederbuch- und KM-Repertoires konnten nicht festgestellt werden, und Rückschlüsse auf die tatsächliche Verbreitung des Repertoires in der Schule waren lediglich in Ten- denzen möglich. Aufgrund der Ergebnisse seiner vorangegangenen Untersuchung in den Grundschulen gelangte Gottfried Küntzel jedoch zu der Feststellung, dass der ermittelte Kernbestand an deutschen Volksliedern in den Liederbüchern und den kultusministerialen Richtlinien kaum übereinstimmt mit der ”unübersehbaren Zahl und Vielfalt von Gesängen“in der Praxis.108
Als in den1980 er Jahren dann das Liedersingen in der Schule zugunsten der Verwissen- schaftlichung der Fächer in den Hintergrund trat, verlor es offensichtlich auch aus for- schungstheoretischer Sicht an Bedeutung. Erst in den letzten Jahren wurden auf diesem Gebiet wieder vermehrt Forschungen betrieben. Die wichtigsten Erkenntnisse zum Singen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.3: Auszug aus der ”Kindergarten-Hitliste“nachBrünger(2003,S.98 -99 ).
im Kindergarten109 und in der Schule110 lieferte Peter Brünger, während sich Hans Jünger mit der empirischen Untersuchung zur Verwendung des Schulbuches im Musikunterricht111 befasste.
Das Singen im Kindes- und Jugendalter bildet den zentralen Gegenstand in Peter Brüngers Untersuchungen.112 Zur Erforschung der Situation des Singens im Kindergarten führte er im Jahr 2000 eine schriftliche Befragung durch, an der 936 sozialpädagogische Fachkräfte aus Niedersachsen und Bayern teilnahmen.113 Das Singen im Kindergarten hatte noch immer einen hohen Stellenwert und rangierte nach dem Freispiel und Malen auf Platz drei der geplanten Aktivitäten in einer Kindergartengruppe.114 Dabei wurden traditionel- le und neue Kinderlieder sowie Bewegungslieder häufiger und deutsche Volkslieder seltener gesungen. In der zusammengestellten ”Kindergarten-Hitliste“sindLiedermacherwieRolf Zuckowski, Frederik Vahle und Dorothée Kreusch-Jakob am meisten vertreten (siehe Tabelle2.3).115
Die Bedeutung des Liederbuches wird bezüglich der Quellen für den Liederwerb offenkun- dig, denn ”fast gleichbedeutend mit dem Liederwerb auf Basis kollegialer Kontakte gilt als Quelle weiterhin das Medium Kinderliederbuch“116, das in der Regel zusammen mit einem CD-Paket angeboten wird. Peter Brünger konnte eine positive Korrelation mit dem Grad der musikalischen Ausbildung bzw. der Fähigkeit, Lieder nach Noten zu erarbeiten und der größeren Selbstverständlichkeit und Flexibilität im Erwerb und im Umgang mit dem Liedrepertoire feststellen.117
Die 2001 durchgeführte und somit jüngste Untersuchung zum Thema Schulbücher im Mu- sikunterricht, stammt von Hans Jünger.118 Es handelt sich um eine qualitativ-quantitative Untersuchung zur Verwendung von Musiklehrbüchern an allgemeinbildenden Schulen in Hamburg. Dies beinhaltet sowohl die schriftliche Befragung von 670 Musiklehrern mithil- fe eines Fragebogens als auch die mündliche Befragung von neun Musiklehrern und vier Schulbuchautoren. Das Unterrichtswerk ”Kolibri“(1995),welchesebensodasunterdem gleichen Titel erschienene Schulliederbuch enthält, wurde von den Musiklehrern als für den Unterricht am besten geeignet eingeschätzt. Hinzu kommt die schwache Tendenz, dass in der Primarstufe aktuellere Unterrichtswerke Verwendung finden als in höheren Klassen.119 Allerdings müssen diese Ergebnisse vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass mindes- tens 80 Prozent der Lehrer nie ein Musiklehrbuch im Unterricht verwendeten.120
Die beschriebene aktuelle Forschungsbasis besteht hauptsächlich aus Untersuchungen, die lediglich in Teilen Ergebnisse zum Schulliederbuch liefern und ein eng verwandtes The- mengebiet behandeln. Dazu zählen auch die zentralen musikdidaktischen Erkenntnisse und Gesichtspunkte zum Lied und Singen im Musikunterricht, welche im Abschnitt Lied und Singen in der Grundschule (S. 113 ff.) einer vertiefenden Betrachtung unterzogen werden. Eine Forschungsarbeit, die das Schulliederbuch der Grundschule als zentralen Ge- genstand aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, wird daher eine Bereicherung für die Musikpädagogik und -didaktik sein.
2.4 Ansätze der Medienforschung zur Beschreibung des Problemfeldes
Die in diesem Kapitel vorgenommene differenzierte Ergründung des Forschungsstandes in den verschiedenen Feldern und Disziplinen hebt die Multiperspektivität, mit der das Grundschulliederbuch in dieser Bestandsaufnahme betrachtet wird, noch einmal deutlich hervor. Jeder Blickwinkel, sei es die inhaltliche Analyse von Schulliederbüchern, deren Nutzung durch die Lehrer, der Einfluss der Zulassungsbehörden oder die Einschätzung der Liederbuchautoren, erfordert eine wissenschaftliche und methodische Einordnung in die Medienforschungsfelder, die sowohl in den Bereich der Mediendidaktik als auch in die der Musikpädagogik und -didaktik fallen und schließlich schwerpunktmäßig in die Schul-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2.4: Die ”Lasswell-Formel“ Schulz (2009, S.173).
buchforschung münden.121
- Forschungsfelder der Kommunikationswissenschaft nach
Die Kommunikationswissenschaft122 - Ausgangspunkt der Matrix zur wissenschaftssyste- matischen Einordnung (siehe Abbildung 2.1, S. 9) - ist eine verhältnismäßig junge sozi- alwissenschaftliche Disziplin, die sich erst mit der ”Zeitungskunde“zumBeginndes 20. Jahrhunderts entwickelte. Mit dem Aufkommen des Radios in den 1930er, des Fernsehens in den 1960er und der Online-Kommunikation in den 1990er Jahren erfuhr das Fach eine immer größere Ausweitung, wie z. B. in die Richtung der Massenkommunikations- und Medienforschung. Das Interesse der Medienforscher richtete sich dabei besonders auf die jeweils neu entwickelten Massenmedien, sodass ältere Formen wie die Printmedien wenig Aufmerksamkeit erhalten.123
Der Politologe und Sozialwissenschaftler Harold Dwight Lasswell fasste 1948 mit der viel zitierten ”Lasswell-Formel“diewichtigstenForschungsfelderderKommunikationswissen- schaft zusammen (siehe Tabelle2.4 ). Als Grundlage für die weiterenÜberlegungen sind vor allem die darin genannten Bereiche der Kommunikatorforschung und der Inhaltsanalyse, aber auch die Bereiche der Wirkungs- sowie der noch fehlende Bereich der Nutzungsfor- schung als Hinführung zum ”dynamisch-transaktionalenAnsatz“124 vonBedeutung.
2.4.1 Kommunikatorforschung
Die erste Frage der Lasswell-Formel richtet sich auf die Ausgangsseite der Nachricht (”Wer...?“)undbeschreibtdamitdenKommunikatorbzw.dasFeldderKommunikatorfor- schung. Eine Definition von Klaus Beck lautet: ”Kommunikatorensinddirektoderindirekt schöpferisch, gestaltend und verarbeitend, selektiv und steuernd im Prozess öffentlicher Kommunikation tätig und nehmen eine Schlüsselrolle in der Publizistik ein.“125 Unter Kommunikatoren sind nicht unbedingt die tatsächlichen Urheber oder die ursprünglichen Quellen zu verstehen, sondern die sozialen Akteure, die die Nachricht, die Aussage, das Bild, das Lied o. Ä. auswählen, gestalten oder präsentieren und es so derÖffentlichkeit zugänglich machen. Zu deren beruflichen Tätigkeitsbereichen zählen beispielsweise die der Redakteure, Reporter, Autoren, aber auch Layouter, Grafiker, Ton- und Bildingenieure, Verleger und Herausgeber.126
Kommunikatoren nehmen mit dieser Funktion in der Medienlandschaft eine geradezu mächtige Position ein, denn sie können ”maßgeblichdarüberentscheiden,welcheNach- richten, Themen und Meinungen Eingang in die öffentliche Kommunikation finden.“127 Die große Bedeutsamkeit der Kommunikatorforschung, die sich mit ”denEntstehungsbe- dingungen von Aussagen, insbesondere im Bereich der öffentlichen Kommunikation, in der Person bzw. der Rolle des Aussagenden beschäftig[t]“128, liegt förmlich auf der Hand. Der Einfluss auf die Medieninhalte von Zeitschriften, Hörfunk- und Fernsehsendern und Onlinemedien zeigt sich besonders im Berufsbild des Journalisten.129 Deshalb liegt in der bisherigen Kommunikatorforschung ein deutlicher Schwerpunkt auf dem Teilbereich der Journalismusforschung.130 Mit der zunehmenden Kommerzialisierung aller Medien rich- ten sich die meisten Forschungsfragen dabei auf die journalistische Qualität. Aber auch etwaige normative Vorgaben des Medienrechts131 und der Kommunikationspolitik132 sowie die Diskussion über die Konvergenz von privaten und öffentlich-rechtlichen Programmen finden besondere Berücksichtigung.133 So wird z. B. nach den Maßstäben gefragt, anhand derer man die Qualität des Kommunikatorhandelns messen kann oder nach der allgemei- nen Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit von ”QualitätssicherungunterdenBedingungendes
[...]
1 Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung (2011).
2 Ebert/Koch (1920).
3 Brednich (1980), S. 47.
4 Vgl. Gembris (2002), Adamek (1996).
5 Vgl. Stadler Elmer (2008).
6 Bossinger (2006).
7 Siemes (2010), S. 49.
8 Bärens/Spychiger (2009).
9 Riemer/Schmitt (2008); Zur besseren Lesbarkeit wird die maskuline Form für beide Geschlechter verwendet, sofern nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet.
10 Klusen (1974a), S. 56-57.
11 Küntzel (1984a), S. 22-23.
12 Definition vgl. Abschnitt Die Adaption des Reutlinger Rasters zur Analyse von Schulliederbüchern , S. 150.
13 Brünger (2003), S. 96 ff.
14 Vgl. Klusen (1974a), S. 57, zitiert nach Brünger (2006b), S. 73-74.15 Ders. (2006b), S. 73-74.
16 Brednich (1980).
17 Jünger (2006), S. 145.
18 Vgl. Matthes/Heinze (2005), Biener (2007), Fuchs/Kahlert/Sandfuchs (2010).19 Fuchs (2011), S. 12-13.
20 Sandfuchs (2010), S. 11. 21 Wendt (2010), S. 91.
22 Vgl. Shannon (1949).
23 Creswell/Plano Clark (2011).
24 Tashakkori/Creswell (2007), S. 4.
25 Das Prinzip der ”Triangulation“-einerweiterenMöglichkeitderKombinationverschiedenermethodi- scher Vorgehensweisen - hat als zentrale Intention die Ergebnisvalidierung. Es wird daher von diesem Begriff Abstand genommen.
26 Rauch/Tomaschewski (1986a).
27 Gläser/Laudel (2010), S. 13.
28 Creswell/Plano Clark (2011), S. 84 f.: Das ”explanatorydesign“umfasst4 Schritte(freiübersetzt). Schritt1: Quantitative Erhebung planen und durchführen; Schritt2: Ergebnisse der quantitativen Erhebung auswerten und für weitere Schritte nutzbar machen; Schritt3: Qualitative Erhebung planen und durchführen; Schritt 4: Die miteinander verknüpften Ergebnisse interpretieren.
29 Miles/Hubermann (1994), S. 41: Es besteht eine Ähnlichkeit mit dem ”Basisdesign 4“zurKombination qualitativer und quantitativer Daten. Auf eine quantitative Umfrage folgt eine qualitative Feldstudie und abschießend ein quantitatives Experiment.
1 Vgl. Jünger (2006), S. 27 f.: Anlehnung an Hans Jüngers Überlegungen, die Funktion und Verwendung von Schulbüchern im Musikunterricht wissenschaftssystematisch einzuordnen.
2 Jünger (2006), S. 37; Kron/Sofos (2003), S. 47-49; Hüther (1997), S. 210-213.
3 Tulodziecki (1997), S. 45.
4 Hüther (1997), S. 213.
5 Vgl. Stonjek (1997), S. 9: Überblick über die Wandlung der Definition des Begriffs ”Medium“imLaufe der Zeit.
6 Vgl. Schulze (1978), S. 48 ff.: Auflistung von verschiedenen Bezeichnungen für Medien im Unterricht.
7 Kron (2004), S. 226.
8 Vgl. Jünger (2006), S. 38 ff.: Orientierung an Hans Jüngers Ausführungen zur Einordnung des Schulmusikbuches in das mediendidaktische Feld.
9 Ebd., S. 38; Heckt (2004), S. 307.
10 Dies. (2004), S. 307; Schröter (1981), S. 89.
11 Heckt (2004), S. 307; Vgl. Döring (1973): Historische Entwicklung der ”Unterrichtsmedien“vonder Antike bis in die1960er Jahre hinein, basierend auf den Begriffen der Lehr- und Lernmittel. Die Arbeitsmittel kommen in Folge der Reformpädagogik hinzu.
12 Vgl. Schröter (1981), S. 89: Gerhard Schröter kritisiert die Aufteilung in Lehr- und Lernmittel, da ”LerneffektesowohlbeiLehrerdarbietungwiebeiderSelbsterarbeitungdurchdieSchülerauftreten.“ Er bevorzugt daher statt ”Lernmittel“dieBezeichnung ”Arbeitsmittel“.
13 Heckt (2004), S. 307.
14 Ebd.; Jünger (2006), S. 39.
15 Vgl. Abschnitt Die Geschichte des (Schul-)Liederbuches , S. 41 ff.16 Becker (1973), S. 17.
17 Jünger (2006), Anhang 4.2.
18 Vgl. Brucker (2004), S. 254-255.
19 D. h. das Schulliederbuch in seiner reinen Form ohne die häufig zugehörigen Medien, wie CD oder DVD.
20 Stonjek (1997), S. 15.
21 Ebd., S. 14-15.
22 Ebd.
23 Kron (2004), S. 229. 24 Ebd.
25 Ebd., S. 230.
26 Martial/Ladenthin (2005), S. 22.
27 Ebd., S. 21-24.
28 Ebd., S. 24.
29 Jünger (2006), S. 41; Dichanz/Kolb (1974), S. 21: Horst Dichanz und Günter Kolb liefern eine ähnliche Definition: ”UnterMediumsollhiereinZeichen-bzw.Informationsträger,aberauchZeichen-bzw. Informationssystem verstanden werden, welches die Kommunikation zwischen mindestens zwei Partnern unterstützt und/oder erst ermöglicht.“
30 Vgl. Martial/Ladenthin (2005), S. 47 ff.
31 Vgl. Hacker (2004), S. 384-386: Im ”WörterbuchSchulpädagogik“wirdzumStichwort ”Schulbuch“auf eine Definition verzichtet, stattdessen werden die Funktionen des Schulbuches fokussiert.
32 Hoffmann (1974), S. 191.
33 Ebd.; Lemmermann (1977), S. 112.
34 Weyer (2006), S. 71-73.
35 Klöckner (1984), S. 489-490; Jünger (2006), S. 220; Dotzauer (1980a), S. 190-193.
36 Vgl. Jünger (2006), S. 68 f.
37 Jünger (2006), S. 68.
38 Ebd.
39 Weyer (1989), S. 32.
40 Vgl. Ders. (2006).
41 Kreusch-Jacob (1997).
42 Vgl. Horn/Mölders/Schröder (1999).
43 Weyer (2006), S. 72.
44 Fuchs/Gundlach (1980).
45 Maierhofer/Kern/Kern (2005).
46 Küntzel/Lugert (2002).
47 Stein (1977), S. 238-239.
48 Vgl. Schallenberger (1973).
49 Gerd Stein listet diese ”ökonomischeFunktion“nichtzusammenmitdenvorangegangenenauf,sondern erwähnt sie statt dessen separat im gleichen Buch (Stein (1977 ), S.32 ) sowie in einem weiteren zwei Jahre später erschienen Buch zur Schulbuch-Schelte (Ders. (1979 ), S.23 ).
50 Hacker (1980), S. 14-27.
51 Hacker (1980): Hacker beschreibt damit allgemein gehaltene Anforderungen für das methodische Handeln des Lehrers.
52 Ebd.: Hacker unterscheidet zwischen realitätsnahen Repräsentationen (Fotos, Ausschnitte von Parti- turen), sprachlichen Repräsentationen der Wirklichkeit (Darstellung der Realität in Textform) und didaktisierten Repräsentationen (didaktisch aufbereitete Inhalte).
53 Ebd.: Hacker unterscheidet zwischen Sekundär-Motivierung (ansprechende äußere Gestaltung) und Primär-Motivierung (ansprechende inhaltliche Darstellung).
54 Ebd.: Hacker differenziert hier zwischen einem variablen Übungsangebot, Merkhilfen und Lernerfolgs- kontrollen.
55 Ders. (2004), S. 385.
56 Jünger (2005), S. 220.
57 Vgl. Abschnitt Einordnung in die Terminologie der Schulbuchforschung , S. 16 f.
58 Vgl. Dotzauer (1980b), S. 164 ff.: Wilfried Dotzauer bezieht sich bei der Auflistung von Funktionen
59 Ausnahmen bilden einzelne Liederbücher, die z. B. auf besonderen ”Workshop-Seiten“einenkleinen Beitrag zur Notenlehre mit Übungsmöglichkeiten anbieten, z. B. das Liederbuch”SimSalaSing“(Mai- erhofer/Kern/Kern (2005)).
60 Vgl. Abschnitt Einordnung in die mediendidaktische Terminologie , S. 11 f.
61 Vgl. Abschnitt Das Schulliederbuch und seine Einflussfaktoren - gestern, heute und morgen - Zusammen- fassung und Diskussion der Ergebnisse - Worauf noch zu achten ist - die Bedeutung der Wissenschaft , S. 391 f.
62 Weinbrenner (1992), S. 34 ff.
63 Ebd., S. 34.
64 Vgl. Leppek (2002), Stöber (2010).
65 Vgl. Jünger (2006).
66 Weinbrenner (1992), S. 35.
67 Vgl. Biener (2007).
68 ”Wirkungsorientiert“sindlediglichdieArbeitenzur ”Schulbuch-Schelte“.
69 Weinbrenner (1992), S. 35-38.
70 Rauch (1995), S. 79 ff.
71 Vgl. Abschnitt Die schulpraktische Perspektive: Die Musiklehrerbefragung - Zielgruppe und Stichprobe , S. 254 f.: Das Bundesland Bayern nahm nicht an der Untersuchung teil.
72 Ein direkter Ländervergleich kann aus rechtlichen Gründen nicht vorgenommen werden. Der Vergleich kann daher nur grob (z. B. Nord und Süd) vorgenommen werden.
73 Kruse (1992): Zur Geschichte des Schulliederbuches ”Frischgesungen!“.
74 Lorenz (1988): Carl Gottlieb Hering und seine musikpädagogischen Publikationen.
75 Lemmermann (1985); Brock (1992).
76 Abraham/Segler (1966); vgl. Abschnitt Geschichte des Musikunterrichtes und (schul-)geschichtliche Ent- wicklungen von 1945 bis heute , S. 69 f.
77 Hoffmann (1974); Kokemohr (1976).
78 Lemmermann (1977); Hofstetter (1982); Ströbel (1985); Weyer (2006).
79 Fischer (1974); Lemmermann (1977).
80 Kokemohr (1979); Hofstetter (1982); Marohl (1986).
81 Hofstetter (1985); Ockert (1986).
82 Kokemohr (1979).
83 Abegg (1980).
84 Helms (1987).
85 Kocina (1991).
86 Sollinger (1994).
87 Marohl (1986).
88 Kloppenburg (1986).
89 Schaffrath et al. (1982).
90 Hofstetter (1994a), S. 256 ff.
91 Jünger (2006), S. 57 ff.
92 Vgl. Musik und Bildung (1973), Heft 9.
93 Klusen (1974a), S. 5-7, 12.
94 Ebd., S. 92-93.
95 Ebd., S. 48-57: 55,9 Prozent der Befragten gab an, im Alter bis 14 Jahre die meisten als bekannt bezeichneten Lieder gelernt zu haben. 51,6 Prozent der Befragten hat die ihnen bekannten Lieder darüber hinaus hauptsächlich in der Schule gelernt.
96 Ders. (1974b), Anhang, Tab I.
97 Schaffrath et al. (1982).
98 Küntzel (1984a), Ders. (1984b).
99 Schaffrath et al. (1982), S. 12-20.
100 Schaffrath et al. (1982), S. 77-80, 161.
101 Ebd., S. 248.
102 Marohl (1986).
103 Ebd., S. 396.
104 Küntzel (1984a).
105 Küntzel (1984b), S. 63-64.
106 Ders. (1987).
107 Gemeint sind sowohl allgemeine als auch für die Schule bestimmte Liederbücher.
108 Küntzel (1987), S. 653-655.
109 Brünger (2003). Erhebung erfolgte im Jahr 2000.
110 Ders. (2006a). Erhebung erfolgte etwa im Jahr 1990.
111 Jünger (2006). Erhebung erfolgte im Jahr 2001.
112 Brünger (2003), Ders. (2006a).
113 Ders. (2003).
114 Ebd., S. 80.
115 Ebd., S. 93-99, 130.
116 Ebd., S. 102.
117 Brünger (2003), S. 103-104.
118 Jünger (2006).
119 Ebd., S. 13, 136-145.
120 Ebd., S. 132-145.
121 Vgl. Abschnitt Wissenschaftssystematische Einordnung , Abbildung 2.1, S. 9 f.
122 Bonfadelli/Jarren/Siegert (2005), S. 5: Die Schwierigkeiten und Spannungen in Bezug auf die univer- sitäre Verankerung und die Bestimmung ihres Gegenstands führte zu einer Vielzahl an bestehenden und miteinander konkurrierenden Fachbezeichnungen: Kommunikationswissenschaft, Publizistikwissen- schaft, Medienwissenschaft oder Publizistik. Die Deutsche Gesellschaft für Publizistik- und Kommu- nikationswissenschaft (DGPuK) sieht den gemeinsamen Nenner in der Betrachtung der öffentlichen Kommunikation.
123 Ebd., S. 6; Maletzke (1963), S. 32: Gerhard Maletzke definiert Massenkommunikation als ”jeneFormder Kommunikation, bei der Aussagen öffentlich, durch technische Verbreitungsmittel, indirekt und ein- seitig an ein disperses Publikum vermittelt werden“. Kritikpunkte zu dieser allgemeinhin akzeptierten Definition sind z. B. nachzulesen in Bonfadelli (2005), S.90 . Als ”technischeVerbreitungsmittel“sind ”Medien“respektive ”Massenmedien“gemeint,diemittelsSchrift,Bildund/oderTon ”Inhaltean[...] die Öffentlichkeit vermitteln“ (Beck (2007), S.80). Die Definitionen sind in der Literatur nicht immer eindeutig (Bonfadelli (2005), S.96-97).
124 Früh/Schönbach (1982); vgl. Abschnitt Der dynamisch-transaktionale Ansatz , S. 36 f.
125 Beck (2007), S. 164.
126 Ebd., S. 163-165.
127 Ebd., S. 165.
128 Donsbach (2009), S. 81.
129 Es gibt keine einheitliche und allgemein verbindliche Definition des Berufsbildes des Journalisten. Eine quasi-offizielle Definition liefert der Deutsche Journalisten-Verband (Deutscher Journalisten-Verband (DJV) (2008)).
130 Das Gebiet der Journalismusforschung wird z. B. beschrieben in Donsbach (2009).
131 Gemeint sind z. B. der Rundfunkstaatsvertrag oder Bundesverfassungsgerichtsurteile zum Rundfunk.
132 D. h. beispielsweise die Legitimation des gebührenfinanzierten öffentlich rechtlichen Rundfunks.
133 Beck (2007), S. 165.
- Citation du texte
- Sina Hosbach (Auteur), 2013, Das Medium Liederbuch in der Grundschule der Bundesrepublik Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/262747
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