Im Rahmen dieser Arbeit werden wir uns mit der Problematik deutschfranzösischer Kooperationen befassen. Zur Verdeutlichung der sich ergebenden Probleme erfolgt in diesem einleitenden Teil die Schilderung eines Beispiels aus dem politischen Alltag. Es handelt sich um das Verhalten des deutschen Umweltministers Jürgen Trittin in Zusammenhang mit dem Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie. 1 Er offenbarte den Franzosen bei einem Besuch in der französischen Hauptstadt, dass mit dem Ausstieg der Deutschen aus der Atomenergie auch die Wiederaufarbeitung deutschen Atommülls, welche vertraglich festgesetzt ist, in Frankreich damit beendet sei. Diese Verkündung des deutschen Umweltministers verursachte bei den Franzosen harsche Kritik. Ihrerseits wurde nicht bemängelt, dass Trittin die legitimen Interessen der deutschen Regierung vertrat. Jedoch hinterließ die „typisch deutsche“ Art der Verkündung bei französischen Politikern und Wirtschaftsunternehmern einen schlechten Nachgeschmack. Durch die ihrer Meinung nach „arrogante, belehrende“ Haltung des deutschen Umweltministers und der Behandlung „von oben herab“ verschloß sich jegliche Möglichkeit für die Franzosen, ihr Gesicht zu wahren. Anhand dieses Beispiels wird bereits sehr deutlich, dass trotz jahrzehntelanger freundschaftlicher Kooperationen auf den unterschiedlichsten Ebenen zwischen Deutschen und Franzosen letztlich immer noch eine gegenseitige Befremdung vorherrscht. So erscheint es einem deutschen Manager immer noch als geradezu exotisch, wenn er ins Nachbarland Frankreich reist, um dort Geschäfte abzuschließen. Fakt ist, dass die Unterschiede in den Kulturen der beiden Ländern im Rahmen deutsch-französischer Kooperationen in drei von vier dieser Unternehmen zu Spannungen führt und somit zu erheblichen Reibungsverlusten führt. [...]
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
2 INTERKULTURELLE PROBLEMATIK
2.1 DEUTSCH-FRANZÖSISCHE KOOPERATIONEN
2.1.1 Definition des Begriffs der Kooperation
2.1.2 Wirtschaftliche Bedeutung von deutsch-französischen Kooperationen
2.2 KULTUR ALS EINFLUSSFAKTOR
2.2.1 Definition des Begriffs der Kultur
2.2.2 Ansätze zur Messung kultureller Unterschiede
2.2.2.1 Hofstedes Kulturmodell
2.2.2.2 Das Modell von Hall
2.2.2.3 Kulturstandards nach Thomas
3 HISTORISCHE URSACHEN DER UNTERSCHIEDE IN DEN NATIONALKULTUREN DEUTSCHLANDS UND FRANKREICHS
3.1 DIE AUSWIRKUNGEN DER GESCHICHTE AUF DIE KULTUR
3.1.1 Die Geschichte Deutschlands und ihre Auswirkungen auf die nationale Kultur
3.1.2 Die Geschichte Frankreichs und ihre Auswirkungen auf die nationale Kultur
3.2 DIE AUSWIRKUNGEN DER FAMILIÄREN STRUKTUREN AUF DIE KULTUR
3.2.1 Die Familienstruktur in Deutschland
3.2.2 Die Familienstruktur in Frankreich
3.3 DIE AUSWIRKUNGEN DER RELIGION AUF DIE KULTUR
3.3.1 Die deutsche Ernsthaftigkeit
3.3.2 Ernsthaftigkeit und Unabhängigkeit
3.3.3 Herausbildung des intellektuellen Pluralismus
3.3.4 Der Gegensatz zwischen Gesellschaft und Gemeinschaft
3.4 BILDUNGSSYSTEME ALS EINFLUSSFAKTOR AUF DIE KOOPERATION ZWISCHEN DEUTSCHEN UND FRANZÖSISCHEN UNTERNEHMEN
3.4.1 Vergleich der Bildungskonzeption in Frankreich und Deutschland ...
3.4.2 Vergleich der Bildungssysteme in Deutschland und Frankreich
4 SCHLUSSBETRACHTUNGEN
LITERATURVERZEICHNIS
« Vérité en deçà des Pyrénées, erreur au-delà »
Blaise Pascal 1623-1662
(Pensées, 60-294)
1 Einleitung
Im Rahmen dieser Arbeit werden wir uns mit der Problematik deutsch- französischer Kooperationen befassen. Zur Verdeutlichung der sich ergebenden Probleme erfolgt in diesem einleitenden Teil die Schilderung eines Beispiels aus dem politischen Alltag. Es handelt sich um das Verhalten des deutschen Umweltministers Jürgen Trittin in Zusammenhang mit dem Ausstieg Deutschlands aus der Atomenergie.1 Er offenbarte den Franzosen bei einem Besuch in der französischen Hauptstadt, dass mit dem Ausstieg der Deutschen aus der Atomenergie auch die Wiederaufarbeitung deutschen Atommülls, welche vertraglich festgesetzt ist, in Frankreich damit beendet sei. Diese Verkündung des deutschen Umweltministers verursachte bei den Franzosen harsche Kritik. Ihrerseits wurde nicht bemängelt, dass Trittin die legitimen Interessen der deutschen Regierung vertrat. Jedoch hinterließ die „typisch deutsche“ Art der Verkündung bei französischen Politikern und Wirtschaftsunternehmern einen schlechten Nachgeschmack. Durch die ihrer Meinung nach „arrogante, belehrende“ Haltung des deutschen Umweltministers und der Behandlung „von oben herab“ verschloß sich jegliche Möglichkeit für die Franzosen, ihr Gesicht zu wahren.
Anhand dieses Beispiels wird bereits sehr deutlich, dass trotz jahrzehntelanger freundschaftlicher Kooperationen auf den unterschiedlichsten Ebenen zwischen Deutschen und Franzosen letztlich immer noch eine gegenseitige Befremdung vorherrscht. So erscheint es einem deutschen Manager immer noch als geradezu exotisch, wenn er ins Nachbarland Frankreich reist, um dort Geschäfte abzuschließen. Fakt ist, dass die Unterschiede in den Kulturen der beiden Ländern im Rahmen deutsch-französischer Kooperationen in drei von vier dieser Unternehmen zu Spannungen führt und somit zu erheblichen Reibungsverlusten führt.2
Auf die Untersuchung der Frage nach der Ursache dieser Unterschiede zwischen Deutschen und Franzosen haben wir in dieser Arbeit den Schwerpunkt gelegt. Zunächst erfolgt im 2. Kapitel eine Einführung in die interkulturelle Problematik. Daran anschließend wird der Begriff der Kooperation definiert. Ein kurzer Einstieg in die bestehenden deutsch-französischen Kooperationen und sich ergebende Probleme im Rahmen dieser Zusammenarbeit schließt sich an. Danach daran wird eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Kultur und einigen in der Literatur diskutierten Ansätzen zur Erklärung und Messung von kulturellen Unterschieden erfolgen. Das 3. Kapitel geht auf die verschiedenen Ursachen der Unterschiede in der französischen und der deutschen Kultur ein. Es werden die durch die geschichtliche Entwicklung, die Familienstruktur und die durch die religiöse Entwicklung begründeten Ursachen näher ausgeführt. Auch eine Darstellung der Unterschiede zwischen den Bildungssystemen Deutschlands und Frankreichs erfolgt im Anschluss daran.
2 Interkulturelle Problematik
Seit Beginn der 90er Jahre hat sich, beeinflusst durch verschiedene Faktoren, die Situation auf den Märkten grundlegend verändert3. Die zunehmende Globalisierung führt zu einem immer stärker werdenden Wettbewerbsdruck auf die einzelnen Unternehmen. Infolge dieser Entwicklung kommt es zwangsweise zu einer erhöhten Zahl von Unternehmenszusammenschlüssen, welche im Rahmen strategischer Entscheidungen der Unternehmen dem enormen Druck auf die Wettbewerbsfähigkeit entgegenwirken. Es verhält sich so, dass ein Unternehmen nicht nur mehr dann erfolgreich sein kann, wenn es sich auf innere Stärken beruft, sondern durch das Eingehen von nationalen sowie internationalen Beziehungen mit anderen Unternehmen insbesondere profitieren kann. In dem folgenden Abschnitt wird zunächst der Begriff der Kooperation näher erläutert.
2.1 Deutsch-französische Kooperationen
2.1.1 Definition des Begriffs der Kooperation
Zunächst eine allgemeine Definition nach Duden, welche eine Kooperation charakterisiert als die „Zusammenarbeit verschiedener Wirtschaftspartner, von denen jeder einen bestimmten Aufgabenbereich übernimmt.“4
Gemäß Balling liegt dem Begriff der Kooperation keine einheitliche Definition zu Grunde.5 Er erfährt eine große Anzahl von sehr unterschiedlichen Interpretationen und wird zugleich häufig an Stelle von anderen Begriffen wie beispielsweise Koalition als auch Strategische Allianz verwendet. Da es keine einheitliche verbindliche Eingrenzung des Begriffes gibt, werden wir im Folgenden mit einer Kooperation die „[...] freiwillige Form der Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehr rechtlich und wirtschaftlich weitgehend selbständigen Unternehmen […]“ verwenden, wobei zu „[...] einer besseren Zielerreichung der Beteiligten bestimmte Funktionen gemeinsam realisiert werden.“6
Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt auf der Untersuchung der Unterschiede in den Landeskulturen von Deutschen und Franzosen. Bevor wir näher auf die einzelnen Unterschiede eingehen, wird sich zunächst eine Darstellung der bestehenden Kooperationen zwischen deutschen und französischen Unternehmen anschließen.
2.1.2 Wirtschaftliche Bedeutung von deutsch-französischen Kooperationen
Lichtenberger/Naulleau beschäftigten sich mit der Thematik deutsch- französischer Kooperationen im Rahmen einer Untersuchung von Kulturkonflikten und Synergien im Management deutsch-französischer Joint- Ventures.7 Im Verlauf dieser empirischen Untersuchung stellte sich heraus, dass eine sehr geringe Anzahl dieser Art von Wirtschaftskooperation zwischen den beiden Ländern zu konstatieren ist. Die Zahl liegt gemäß Boehmer im Jahre 1991 bei etwa 100.8 Im Gegensatz dazu steht die hohe Anzahl von deutschen Tochterunternehmen in Frankreich mit etwa 3.000 und umgekehrt das Vorhandensein von etwa 2.000 französischen Tochterunternehmen in Deutschland. Zu der sehr geringen Quote deutsch-französischer Kooperationen kommt es gemäß Lichtenberger/Naulleau dadurch, dass im Führungsstil der beiden Ländern doch sehr große Unterschiede vorhanden sind, welche den Aufbau möglicher Kooperation häufig verhindern. So betrachten einige Autoren den Unterschied zwischen den Managementkulturen in Frankreich und Deutschland als derart unterschiedlich, dass nirgendwo sonst in Europa eine solch stark hervortretende Abweichung auftritt als es in den beiden untersuchten Ländern der Fall ist.
Gerade deutsch-französische Wirtschaftskooperationen stellen an die beteiligten Menschen der einzelnen Unternehmen sehr hohe Anforderungen. So muss gemäß Stein/Barmeyer geradezu in „[...] gegensätzlichen Denk- und Handlungsansätzen [...]“ gearbeitet werden9. Im Rahmen der Zusammenarbeit von deutschen und französischen Unternehmen treten sich wiederholende und eindeutig charakterisierbare Konflikte immer wieder auf, obwohl die sich ergebenden Probleme aus den unterschiedlichsten Bereichen, Regionen und Branchen resultieren.10 Die bereits angesprochenen Probleme für deutsch-französische Kooperationen ergeben sich aus Unterschieden in Bezug auf Wertvorstellungen, verschiedenen Denk- und Arbeitsverständnissen und der voneinander abweichenden Wahrnehmung. Angesichts der bestehenden Problematik sind die Unternehmen immer stärker bemüht, die Kenntnis über die jeweils andere Kultur auszubauen und dieses Wissen auch zu verbreiten bzw. versuchen, interkulturelle Kompetenz zu vermitteln, um den ansonsten sich ergebenden Einbußen bei der Produktivität und anderen schwerwiegenden Fehlern entgegen zu wirken.
2.2 Kultur als Einflussfaktor
Die Kultur eines jeden Landes ist der zentrale Faktor, der Auswirkungen auf internationale Kooperationen hat. Deshalb erfolgt in diesem Kapitel eine Auseinandersetzung mit dem Begriff der Kultur und einigen in der Literatur diskutierten Ansätzen zur Erklärung und Messung von kulturellen Unterschieden.
2.2.1 Definition des Begriffs der Kultur
Begriffe wie Kultur oder Interkulturelles Management sind aus der modernen Managementliteratur nicht mehr wegzudenken und werden sehr häufig benutzt. Oft wird allerdings nicht untersucht was eigentlich Kultur ist.
Der Begriff der Kultur wurde und wird in den Sozialwissenschaften viel diskutiert. Jenks11 ist daher der Ansicht, dass „Kultur“ zu den komplexesten Begriffen überhaupt zählt.12
Herbrand versteht unter Kultur ein System kollektiver Werte und Normen. Dieses System wird von den Generationen immer wieder aufs neue erlernt und internalisiert.13 Werte bilden die Grundlage für Werturteile, sind aber nur schwer fassbar. Sie beeinflussen das menschliche Handeln, Denken und Urteilen in jeder Situation. Lichtenberger verwendet zur Verdeutlichung die Metapher eines Eisberges: Die wahrnehmbaren Elemente einer Kultur wie z.B. Kleidung, Sprache oder Statussymbole (sog. Artefakte) bilden den sichtbaren Teil, die Werte und auch Normen bleiben aber unter der Meeresoberfläche verborgen.14 Normen stellen dagegen generalisierte Verhaltensweisen für bestimmte Situationen dar, die in ihrer Mehrzahl auf den Werten beruhen.15
Kultur stellt für Herbrand somit ein Orientierungssystem dar. Dieses sichert die Interaktion, Kooperation, Kommunikation und Antizipation in der Gruppe. Dabei werden Spielräume eröffnet aber auch gleichzeitig Grenzen gesetzt. Neben der Orientierungs- und Identifikationsfunktion findet gleichzeitig eine Abgrenzung zu anderen Gruppen statt.16
2.2.2 Ansätze zur Messung kultureller Unterschiede
Kulturen sind höchst unterschiedlich und die möglichen Unterschiede erstrecken sich auf alle Bereiche des täglichen Lebens. In der Wissenschaft bestehen seit mehreren Jahrzehnten Bestrebungen, diese Unterschiedlichkeit in Disziplinen zu kategorisieren und deren Komplexität zu reduzieren. So spricht Holzmüller von einem „Dschungel der Kulturkonzepte“ und pflichtet dem Befund von Ajiferuke/Boddewyn bei, „das Kultur ein Alltagsbegriff ist, der so viele [...] Bedeutungen hat wie die Anzahl der Personen, die ihn verwenden“.17
2.2.2.1 Hofstedes Kulturmodell
Die wohl bekannteste Untersuchung auf diesem Gebiet stammt von dem holländischen Organisationspsychologen Geert Hofstede.18 Sein Bild von Kultur ist das einer „mentalen Programmierung“. Er ist der Ansicht, dass menschliches Verhalten von einer Art Programm gesteuert wird, welches zum größten Teil in der frühen Kindheit erworben und später durch Erfahrungen erweitert wird. Kultur wird bei ihm zur „Software of the Mind“19 und hat für ihn mehrere Charakteristika: Sie trägt zur Sozialisation bei, sie ist geteilt, sie ist kollektiv und sie dient zur Abgrenzung von Gruppen.20
Bei seiner Untersuchung betrachtet er Werte, die für ihn in der Kindheit entwickelte semi-bewusste Gefühle über „richtig“ und „falsch“ sind.21 Diese Werte hat er zu Wertdimensionen zusammengefasst und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Kulturen hauptsächlich in vier Dimensionen unterscheiden lassen:
1. Power Distance
2. Individualism/Collectivism
3. Uncertainty Avoidance
4. Femininity/Masculinity.
Mit der ersten Dimension (zu Deutsch: Machtabstand oder Hierarchische Distanz) beschreibt Hofstede die Wahrnehmung des Ausmaßes der Machtverteilung zwischen demjenigen, der Macht besitzt und dem Untergebenen.22 In Kulturen mit einem hohen Wert in dieser Dimension wird es im Allgemeinen von der Person am unteren Ende der Machtdistanz akzeptiert, dass es eine ungleiche Verteilung der Macht gibt. In Kulturen mit einem kleinen Wert sind der Respekt vor dem Einzelnen und das Streben nach Gleichheit elementare Werte. Apfelthaler sieht in Kulturen mit einem hohen Wert in der Machtdistanz eindeutige Tendenzen zu ausgeprägten hierarchischen und autokratischen Aufbau- und Ablauforganisationen.23 Folgen seien steile Hierarchien, starre Entscheidungswege, strenge Kontrollen und unflexible Kommunikation. Bei Kulturen mit geringer Machtdistanz verhielte es sich genau umgekehrt, flache Hierarchien seien hier vorherrschend.
In der zweiten Dimension (Kollektivismus und Individualismus) werden die Beziehungen zwischen der Gruppe und dem Einzelnen und deren Wertigkeit in einer Kultur betrachtet. In Kulturen mit hoher Individualität wird es toleriert und gewünscht, dass der Einzelne allein seinen Interessen nachgeht. Die Bindungen untereinander sind locker. In kollektivistischen Kulturen hingegen steht die Gruppe, deren Ziele und Wohlergehen im Mittelpunkt und von Geburt an bestehen starke Bindungen zu einer bestimmten Gruppe.24 Offene und ehrliche Konfrontation wird in individualistischen Kulturen als nützlich angesehen, in kollektivistischen Kulturen steht das Bewahren von Harmonie im Vordergrund und die direkte Konfrontation gilt als unhöflich.25 Apfelthaler weist daraufhin, dass gerade in den entwickelten westlichen Industrieländern ein hoher Individualismusgrad ausgewiesen wird und betont hierbei die positive Korrelation des Individualismusgrades mit dem Bruttonationalprodukt pro Kopf.26
Die Dimension der Uncertainty-Avoidance (Unsicherheitsvermeidung) bezieht sich auf die Toleranz einer Gesellschaft in Bezug auf durch die Zukunft hervorgerufene Ungewissheit.27 In Kulturen mit starker Unsicherheitsvermeidung herrscht ein Bedürfnis nach Regeln und Gesetzen. Am Arbeitsplatz gibt es neben klar formulierten Normen viele interne Regeln und Vorschriften die den Ablauf steuern. Bei schwacher Unsicherheitsvermeidung ist ein Widerwille gegen formelle Regeln zusammen mit flexiblen Strukturen aufzufinden.28 Hofstede kommt zu dem Schluss, dass Angehörigen einer Gesellschaft mit starker Unsicherheitsvermeidung tendenziell mehr Schwierigkeiten haben mit Menschen aus anderen Kulturen zusammenzuarbeiten.29
Die vierte Dimension (Maskulinität und Feminität) umfasst Fragen der Verteilung und der Akzeptanz von Geschlechterrollen in einer Kultur. In der maskulinen Kultur findet man klar abgegrenzte Rollenbilder: Männer müssen bestimmt, erfolgsorientiert und stark sein, die Frauen jedoch mütterlich, häuslich, sensibel und fürsorglich. Herrscht die Femininität vor, sind die Grenzen zwischen diesen traditionellen Rollen verwischt.30 In einer maskulinen Kultur werden Konflikte durch einen fairen Kampf ausgetragen, in einer femininen Kultur durch einen gemeinsam gefundenen Kompromiss gelöst.31
2.2.2.2 Das Modell von Hall
Das Modell des amerikanische Anthropologe Edward T. Hall zählt nach Pateau zu den wichtigsten Referenzen für interkulturelle Vergleiche.32 Die am häufigsten zitierte Erkenntnis von Hall ist die Unterscheidung von „low context cultures“ und „high context cultures“.33 Damit differenziert Hall Kulturen im Hinblick auf Verhältnisse zur Situation und zur Umgebung, d.h. wie stark die jeweilige Kultur mit der externen Umwelt verbunden ist. Nach Hall stehen drei Element in einem funktionalen Zusammenhang: Information, Kontext und Bedeutung. Durch diese drei Größen wird ein Gleichgewicht aufrechterhalten. Kommt es z.B. zu einem Verlust an Kontext, muss dieser durch die Ausweitung von Information ausgeglichen werden, damit die Bedeutung konstant bleibt.34
Weiterhin unterscheidet Hall im Hinblick auf das Zeitempfinden zwischen polychronen und monochronen Kulturen.35 In polychronen Kulturen ist das Individuum in mehrere Ereignisse und Situationen gleichzeitig eingebunden. Zeit wird hier eher als ein Punkt betrachtet. In monochronen Kulturen hingegen wird Zeit als eine Achse empfunden. Hier werden Terminpläne verwendet, die Ereignisse als abgetrennte Einheiten darstellen.
2.2.2.3 Kulturstandards nach Thomas
Im Gegensatz zu den bisher angeführten Ansätzen kommt das Modell der Kulturstandards des deutschen Psychologen Alexander Thomas ohne direkte Vergleiche aus.36 Hofstede z.B. versucht mit seinem Modell die Rahmenbedingung für individuelles Verhalten dadurch herauszufinden, dass er sichtbare Artefakte betrachtet und auf allgemeine Kategorien zurückführt. Er führt somit einen direkten Vergleich von Kulturen durch. In Thomas’ Ansatz geht es darum, menschliches Verhalten unter Berücksichtigung psychologischer Zusammenhänge in Grenzsituationen unmittelbar zu beschreiben.
Als Kulturstandards betrachtet Thomas die für die Mitglieder einer Kultur typischen Arten des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns.37 Dabei geht die Definition dieser Begriffe immer von der Sicht der Mitglieder dieser Kultur aus und niemals von außen.38
Zur Ermittlung der Kulturstandards bedient sich Thomas Interviews in Anlehnung an die Critical-Incidents-Methode nach Flanagan, in denen interkulturelle Überschneidungssituationen von zwei betrachteten Kulturen mit kritischen Interaktionssituationen auf handlungsorientierter Basis abgefragt werden. Aus den hervorstechenden Reaktionen werden die auslösenden Differenzen in den Kulturstandards dann erschlossen.
[...]
1 Vgl. Bläske, G.: So nah und doch so fern, 1999, S. 17
2 Vgl. Winkler, U.: Lascher Händedruck, 1990, S. 98ff.
3 Vgl. Balling, R.:Kooperation, 1997, S. 7.
4 DUDEN : Fremdwörterbuch, 1990, S. 430.
5 Vgl. Balling, R.: Kooperation, 1997, S. 8f.
6 Balling, R.: Kooperation, 1997, S. 8.
7 Vgl. Lichtenberger, B; Naulleau, G.: Cultural conflicts and synergies, 1995, S. 48.
8 Vgl. Boehmer, H. von: Deutsche Unternehmen in Frankreich, 1991, S. 153ff.
9 Stein, V.; Barmeyer, C.: Flexible Gestaltung der Personalarbeit in Frankreich und Deutschland, 1996, S. 864-868.
10 Vgl. Breuer, J.P.; Barmeyer, C.: Von der interkulturellen Kompetenz zur Kooperationskompetenz, 1998, S. 179f.
11 Vgl. Jenks, C.: Culture, 1993, S. 1.
12 Vgl. dazu auch die Aufstellung über 170 Definitionen von Kultur in Kroeber, A. L./ Kluckhohn, C.: Culture, 1952.
13 Vgl. Herbrand, F.: Interkulturelle Kompetenz, 2000, S. 19.
14 Vgl. Lichtenberger, B.: Interkulturelle Mitarbeiterführung, 1992, S. 18; vgl. auch Brislin, R. W./Yoshida, T.: Improving Intrcultural Interactions, 1994, S. 41.
15 Vgl. Lichtenberger, B.: Interkulturelle Mitarbeiterführung, 1992, S. 20.
16 Vgl. Herbrand, F.: Interkulturelle Kompetenz, 2000, S. 19.
17 Holzmüller in Engelhard, J. (Hrsg.): Interkulturelles Management, 1997, S. 57.
18 Vgl. Hofstede, G.: Cultural’s Consequences, 1984.
19 Vgl. Hofstede, G.: Cultures and Organizations, 1997 S. 9.
20 Vgl. Hofstede, G.: Organising for Cultural Diversity in European Management Journal, Vol. 7 No. 4/1989 S. 391.
21 Vgl. Hofstede, G.: Cultures and Organizations, 1997 S. 12.
22 Vgl. Bollinger, D./Hofstede, G.: Les Différences Culturelles Dans Le Management, 1987, S. 83.
23 Vgl. Apfelthaler, G.: Interkulturelles Management, 1999, S. 52 f.
24 Vgl. Hofstede, G.: Organising for Cultural Diversity in European Management Journal, Vol. 7 No. 4/1989 S. 348.
25 Vgl. Herbrand, F.: Interkulturelle Kompetenz, 2000, S. 30 f.
26 Vgl. Apfelthaler, G.: Interkulturelles Management, 1999, S. 55.
27 Vgl. Bollinger, D./Hofstede, G.: Les Différences Culturelles Dans Le Management, 1987, S. 72 f.
28 Vgl. Herbrand, F.: Interkulturelle Kompetenz, 2000, S. 32.
29 Vgl. Hofstede, G.: Lokales Denken, globales Handeln: Kulturen, 1997, S. 330 f.
30 Vgl. Apfelthaler, G.: Interkulturelles Management, 1999, S. 59.
31 Vgl. Herbrand, F.: Interkulturelle Kompetenz, 2000, S. 31.
32 Vgl. Pateau, J.: Die seltsame Alchemie in der Zusammenarbeit von Deutschen und Franzosen, 1999, S. 50.
33 Vgl. Hall, E. T.: Understanding Cultural Differences, 1989, S. 6 ff.
34 Vgl. Pateau, J.: Die seltsame Alchemie in der Zusammenarbeit von Deutschen und Franzosen, 1999, S. 51.
35 Vgl. Hall, E. T.: Beyond Culture, 1976, S. 16 f.
36 Vgl. Thomas, A.: Psychologie interkulturellen Handelns, 1996, S. 16.
37 Vgl. Thomas, A.: Psychologie interkulturellen Handelns, 1996, S. 112.
38 Vgl. Holzmüller, H. H.: Kultur Standards:, in Engelhard, J.: Interkulturelles Management, 1997, S. 56 f.
- Arbeit zitieren
- Marco Rudloff (Autor:in), Tanja Dübbel (Autor:in), 2002, Ein deutsch-französischer Vergleich - Ursachen für das unterschiedliche Verhalten von Deutschen und Franzosen in Wirtschaftskooperationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26105
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