Der Markt für Corporate Bonds nahm in Deutschland in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung. Während im Jahr 1999 Corporate Bonds im Wert von 6,3 Milliarden Euro im Umlauf waren, stieg diese Zahl auf 13,6 Milliarden Euro im Jahr 2000 und erhöhte sich bis zum Januar 2002 auf 25,6 Milliarden Euro.1 In der Hauptseminararbeit wird die Vermeidung von Kreditrisiken durch Corporate Bonds diskutiert, wobei die Perspektive der Banken im Vordergrund steht. Für den Begriff Corporate Bonds existieren im deutschen Sprachgebrauch mehrere Bezeichnungen. Im folgenden wird neben dem englischen Begriff das wohl gängiste deutsche Äquivalent Unternehmensanleihen verwendet. „Als Unternehmensanleihen bezeichnet man Anleihen, die von der gewerblichen Wirtschaft emittiert werden. Sie sind eine mögliche Form der langfristigen Außenfinanzierung von Unternehmen.“2 In der Gattung der Unternehmensanleihen sind definitonsgemäß ausschließlich von Nicht-Banken emittierte Wertpapiere enthalten. Von Banken emittierte Schuldverschreibungen werden in Statistiken und der Literatur separat behandelt und finden deshalb keine Berücksichtigung.3 Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Im zweiten Kapitel wird die Vermeidung von Kreditrisiken durch Corporate Bonds erläutert. Im Anschluss erfolgt ein Vergleich zwischen Anleihe nfinanzierung und klassischem Bankkredit. Kapitel vier befasst sich mit Entwicklungen und Perspektiven im Bereich der Corporate Bonds. Auf Basis des Vergleichs der Finanzierungsformen und der Entwicklungsperspektiven werden die Vor- und Nachteile einer stärkeren Nutzung der Anleihenfinanzierung aus Sicht der Banken erläutert, wobei zuerst eine Differenzierung nach verschiedenen Bankenformen stattfindet. 1 Vgl. Deutsche Bundesbank (2002), S. 50. 2 Fischer (2001), S. 253. 3 Vgl. Statistisches Bundesamt, http://www-zr.destatis.de/def/def1586.htm, 26.4.2002.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vermeidung von Kreditrisiken durch Corporate Bonds
3. Vergleich von Bankkredit und Anleihenfinanzierung
3.1 Beurteilung mit Hilfe des Diamond-Modells
3.2 Voraussetzungen für die Anleihenfinanzierung
4. Perspektiven für Corporate Bonds
4.1 Globale Entwicklungen
4.2 Europäische Situation
4.3 Deutsche Entwicklungen
5. Anleihenfinanzierung aus Sicht der Banken
5.1 Segmentierung des deutschen Bankensystems
5.2 Vorteile durch Corporate Bonds
5.3 Nachteile der Anleihenfinanzierung
6. Schluss
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Markt für Corporate Bonds nahm in Deutschland in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung. Während im Jahr 1999 Corporate Bonds im Wert von 6,3 Milliarden Euro im Umlauf waren, stieg diese Zahl auf 13,6 Milliarden Euro im Jahr 2000 und erhöhte sich bis zum Januar 2002 auf 25,6 Milliarden Euro.[1] In der Hauptseminararbeit wird die Vermeidung von Kreditrisiken durch Corporate Bonds diskutiert, wobei die Perspektive der Banken im Vordergrund steht.
Für den Begriff Corporate Bonds existieren im deutschen Sprachgebrauch mehrere Bezeichnungen. Im folgenden wird neben dem englischen Begriff das wohl gängiste deutsche Äquivalent Unternehmensanleihen verwendet. „Als Unternehmensanleihen bezeichnet man Anleihen, die von der gewerblichen Wirtschaft emittiert werden. Sie sind eine mögliche Form der langfristigen Außenfinanzierung von Unternehmen.“[2] In der Gattung der Unternehmensanleihen sind definitonsgemäß ausschließlich von Nicht-Banken emittierte Wertpapiere enthalten. Von Banken emittierte Schuldverschreibungen werden in Statistiken und der Literatur separat behandelt und finden deshalb keine Berücksichtigung.[3]
Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Im zweiten Kapitel wird die Vermeidung von Kreditrisiken durch Corporate Bonds erläutert. Im Anschluss erfolgt ein Vergleich zwischen Anleihenfinanzierung und klassischem Bankkredit. Kapitel vier befasst sich mit Entwicklungen und Perspektiven im Bereich der Corporate Bonds. Auf Basis des Vergleichs der Finanzierungsformen und der Entwicklungsperspektiven werden die Vor- und Nachteile einer stärkeren Nutzung der Anleihenfinanzierung aus Sicht der Banken erläutert, wobei zuerst eine Differenzierung nach verschiedenen Bankenformen stattfindet.
2. Nutzung von Corporate Bonds zur Vermeidung von Kreditrisiken
Banken gehen in jüngster Zeit den Weg vom Risikonehmer zum Risikomanager.
Sie geraten zunehmend von ihren Anteilseignern unter Druck, das Kreditrisiko in ihrer Bilanz zu kontrollieren oder zu reduzieren.[4] Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Kosten für Kreditrisiken (Verluste, Abschreibungen und Rückstellungen) in den 90er Jahren für viele Banken zur wichtigsten Kostenkomponente neben den Betriebskosten wurden.[5] Caouette/Altman/Narayanan[6] bezeichnen das Kreditrisiko sogar als die „next great challenge for the financial markets“.
Definitionsgemäß ist das Kreditrisiko „the risk of loss because a borrower/ counterpart fails to meet its obligations“.[7] Zu den Kreditrisiken gehören das Ausfallrisiko, das Terminrisiko und das Besicherungsrisiko.[8] Des weiteren spielen Länder- und Transferrisiko eine Rolle.[9] Das Kreditrisiko stellt insgesamt die größte Risikoposition für Banken dar, wenngleich die Bedeutung anderer Positionen zunimmt.[10]
Klassischerweise lässt sich das Ausfallrisiko für Kredite kalkulierbar machen, indem eine laufende Überprüfung der Zahlungsfähigkeit und –willigkeit der Gläubiger erfolgt. Außerdem können Verluste durch Kreditabsicherungen reduziert oder vermieden werden.[11] Zusätzlich gibt es zahlreiche kompliziertere Modelle, um Kreditrisiken zu messen und zu steuern.
Corporate Bonds können ebenfalls zur Vermeidung von Kreditrisiken eingesetzt werden. Bei der Nutzung von Unternehmensanleihen führt die Bank kein bilanzwirksames Geschäft wie bei der Kreditvergabe durch, sondern tritt als Vermittler auf. Das Kreditrisiko wird auf andere Kapitalmarktteilnehmer verlagert, sofern die emittierende Bank nicht Teile der Emission als Vermögensgegenstand kauft.[12] Für das betreuende Institut können jedoch andere Risiken entstehen, auf die in Kapitel fünf näher eingegangen wird.
Zwar lassen sich durch die Nutzung von Corporate Bonds neue Risiken steuern beziehungsweise vermeiden. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um eine Maßnahme zur Steuerung bereits gesprochener Kredite handelt. Bei Altgeschäften ist eine Risikoabtretung durch Kreditverkauf oder Kreditverbriefung möglich. Da diese beiden Instrumente aber definitionsgemäß nicht zu den Corporate Bonds zählen, genüge an dieser Stelle ein Hinweis auf die Literatur.[13]
3. Vergleich von Bankkredit und Anleihenfinanzierung
3.1 Beurteilung mit Hilfe des Diamond-Modells
Der Indermediationstheorie von Diamond zufolge ist die Überwachung und Kontrolle der Schuldner zentrale Aufgabe des Intermediärs. Würden die Kapitalgeber den Kreditnehmer nicht überwachen, so wäre es für ihn stets optimal, die Investitionsprojekte als Fehlschlag darzustellen. Er könnte dann die wirklich anfallenden Gewinne für sich verbuchen. Diamond weist der Diversifikation der Finanz-intermediäre wesentliche Bedeutung zu. Bei der Finanzierung stochastisch unabhängiger Projekten gleicher Varianz sinkt das Portfoliorisiko, und es reduzieren sich folglich die Delegationskosten.[14]
Im Modell von Diamond werden die Informationen, die einem Kapitalgeber zur Verfügung gestellt werden, als privates Gut verstanden, das heißt sie sind nur dem jeweiligen Kontrolleur zugänglich. Mit steigender Zahl der Kapitalgeber multipliziert sich folglich der Kontrollaufwand. Der Kontrollvorteil übersteigt die Kontrollkosten unter Umständen nur dann, wenn die Überwachungsaktivitäten auf einen oder wenige Finanzintermediäre übertragen werden. Daraus resultiert die theoretische Begründung für die Existenz von Finanzintermediären.[15] Standardkreditkontrakte erweisen sich in der Modellstruktur von Diamond als optimale Finanzierungsbeziehung.[16]
Die Unternehmensfinanzierung über Corporate Bonds kann als die Ausschaltung von Intermediären gedeutet werden. Diamond[17] geht davon aus, dass Unternehmen mit erstklassigem Rating und stabilem Cash Flow keiner Überwachung bedürfen, da Intermediation in diesem Fall nicht zu einem Kontrollvorteil führt. Möglich ist aber auch die Interpretation, dass Banken in ihrer Kontroll- und Überwachungsfunktion durch andere Intermediäre wie Ratingagenturen oder Investmentgesellschaften substituiert werden. Des weiteren gibt es die These, dass die Banken durch konzerninterne Intermediation ersetzt werden. Die Konzernzentrale würde in diesem Fall die Tochtergesellschaften überwachen und kontrollieren.[18] In der Literatur wird davon ausgegangen, dass es sich dabei um ein erhöhtes Kontrollniveau handelt, da die Mittelvergabe durch die Konzernzentrale eher einer Eigen- als einer Fremdfinanzierungsbeziehung ähnelt und die Konzernleitung in der Regel über bessere Informationen verfügt als externe Intermediäre.[19]
3.2 Voraussetzungen für die Anleihenfinanzierung
Die Finanzierungsentscheidung hängt insbesondere von der Variabilität des wirtschaftlichen Umfeldes eines Unternehmens ab. Bei Unternehmen mit einem hohen Grad an Variabilität ist es schwerer möglich, die Koordination zwischen Kreditnehmer und –geber durch festgelegte Regeln zu steuern, wie das bei der Ausgabe von Corporate Bonds der Fall sein muss. Folglich sind vor allem Unternehmen mit einem höheren Reifegrad der Produkte für Anleihenfinanzierung geeignet.[20]
Thadden[21] baut auf der Modellstruktur von Diamond auf und unterscheidet zwischen kurz- und langfristigen Produktionstechnologien. Er nimmt an, dass die langfristigen Technologien insgesamt profitabler, am Anfang jedoch verlustbringender sind. Anlaufverluste werden vom Kapitalmarkt jedoch als schlechte Qualität interpretiert, wodurch Unternehmen gezwungen werden, die weniger profitablen kurzfristigen Projekte durchzuführen. Banken können dagegen auch langfristige Projekte finanzieren und die Kreditnehmer überwachen.
Williamson[22] vergleicht Eigenkapital- und Fremdkapitalfinanzierung und kommt zum Ergebnis, dass letztere die kostengünstigere regelgebundene Vertragsstruktur bietet. Im Insolvenzfall führt sie jedoch zu Ineffizienzen, wenn eine Investition vorliegt, die außerhalb der betriebsinternen Verwendung wertlos ist (Asset Specifity)[23]. Bei einer teilweisen Weiterführung des Unternehmens könnten Investitionen eventuell vor der Wertlosigkeit bewahrt werden, woran Eigenkapitalgeber interessiert sind. Wenn das Verhalten im Insolvenzfall jedoch in einem Finanzierungsvertrag definiert ist, droht eventuell die komplette Zerschlagung und somit Wertvernichtung. Dieses Ergebnis lässt sich auch auf den Vergleich von Anleihenfinanzierung und Bankkredit übertragen, wobei der Bankkredit mit der Eigenkapitalfinanzierung im Modell von Williamson korrespondiert. Folglich wären für Investitionen (Unternehmen, Branchen) mit hoher Asset Specifity insbesondere Bankkredite geeignet.[24]
Kleinen und mittleren Unternehmen ist der Weg an den Markt für Unternehmensanleihen oftmals verschlossen, da hohe Fixkosten anfallen. Eine Emission auf dem Kapitalmarkt lohnt sich meistens erst ab einem Volumen weit über 25 Millionen Euro. Die Erfahrung in Amerika lehrt jedoch, dass durchaus auch für kleine Unternehmen Anleihensegmente existieren können.[25] Auch in Deutschland gab es in den vergangenen Jahren einige Emissionen, die unter der angegebenen Schwelle lagen. Dabei handelte es sich aber nicht um klassische Unternehmensanleihen, sondern um Wandelschuldverschreibungen.[26]
Eine gute Reputation erleichtert den Gang an den Kapitalmarkt. Zudem erfordert der Aufbau und die Aufrechterhaltung eines breiten Investorenkreises die regelmäßige Versorgung des Marktes mit Anleihen.[27]
Um günstige Finanzierungskosten zu erhalten, ist des Weiteren ein sehr gutes Rating notwendig. Anders als bei der Finanzierung über Bankkredite sind die Kosten bei der Ausgabe von Anleihen bezüglich der Bonität des Schuldners wesentlich sensibler (vgl. Abbildung 1). Günstige Kredite für Unternehmen mit relativ schlechter Bonität sind vor allem auf den starken Wettbewerb zwischen Banken zurückzuführen.[28]
[...]
[1] Vgl. Deutsche Bundesbank (2002), S. 50.
[2] Fischer (2001), S. 253.
[3] Vgl. Statistisches Bundesamt, http://www-zr.destatis.de/def/def1586.htm, 26.4.2002.
[4] Vgl. Peterson (2000), S. 107.
[5] Vgl. Blattmann (2000), S. 3. Anmerkung: Blattmann erläutert dies am Beispiel der Schweiz.
[6] Caouette/Altman/Narayanan (1998), S. 9.
[7] Donaldson (1989), S. 1.
[8] Vgl. Cookson (1993), S. 22, Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2000), S. 151.
[9] Vgl. Schierenbeck (1990), S. 433.
[10] Vgl. BIZ (2001), S. 1, McDonough (2000), S. 30.
[11] Vgl. Bäldle (1998), S. 20.
[12] Vgl. Weber (1994), S. 12, Blattmann (2000), S. 374 f..
[13] Vgl. z.B. Blattmann (2000), S. 374 – 392.
[14] Vgl. Diamond (1984), S. 393 – 410.
[15] Vgl. Diamond (1984), S. 393 – 410.
[16] Vgl. Weber (1994), S. 27 – 32.
[17] Vgl. Diamond (1991), S. 689 – 716.
[18] Vgl. Weber (1994), S. 34 – 40.
[19] Vgl. Löffler (1991), S. 116 – 123.
[20] Vgl. Wahrenburg (1992), S. 69 f., Schumacher (1999), S. 108 – 112.
[21] Vgl. Thadden (1995), S. 557 – 575.
[22] Vgl. Williamson (1988), S. 580 – 591.
[23] Vgl. Definition bei Bodendorf (2001), S. 79 f..
[24] Vgl. Wahrenburg (1992), S. 75 – 79.
[25] Vgl. Fischer (2001), S. 253 f..
[26] Vgl. Deutsche Bundesbank (2000), S. 37.
[27] Vgl. Weber (1994), S. 6 – 8, Lee (2000), S. 86 – 91.
[28] Vgl. Bund (2000), S. 218.
- Quote paper
- Christian Merkl (Author), 2002, Vermeidung von Kreditrisiken durch Corporate Bonds, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25899
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