Der Titel der vorliegenden Arbeit zum Unbruchsmodell von Ludwig Unruh ist verkürzt und lässt aus, dass es sich um eine Kritik an Unruhs Ideen im Kontrast zu den Ideen von Robert Kurz handelt, die dieser in dem Pamphlet „Antiökonomie und Antipolitik“ diskutiert. Die Ideen von Unruh und Kurz werden in Abschnitt 1. in gegebener Knappheit zusammengefasst und in Abschnitt 2. einer inhaltlichen Kritik unterzogen; zudem werde ich versuchen, etwaige methodische Stärken und Schwächen der Au-toren sowie mögliche Interpretations- und Konklusionsalternativen zu benennen, wenngleich ich diese dann nicht im Einzelnen bis zuletzt werde durchspielen können. Das Hauptaugenmerk gilt dabei dem Text von Ludwig Unruh, während Robert Kurz mit seinen Ideen eine Art Kontrastfolie mit Minimalkontrast bildet.
Die inhaltliche Diskussion und Kritik der Texte findet sich in Abschnitt 2; im abschlie-ßenden Fazit werde ich die Hauptargumente und -kritikpunkte der Autoren gegen-einander abwägen und nach eigener Einschätzung auf ihre jeweiligen Stärken und Schwächen beziehungsweise Plausibilität und Inkonsistenz reduzieren.
Ein weiteres Anliegen ist mir die selbstständige analytische Vorgehensweise ohne erklärende Sekundärtexte, die erfahrungsgemäß oft zur Verwirrung beitragen. Das bloße Einsammeln und dialektische Abwägen fremder Meinungen kann schließlich nicht das Ziel wissenschaftlichen Arbeitens sein. Darum soll in dieser Arbeit auf die Zuhilfenahme von expliziter Sekundärliteratur verzichtet werden, was allerdings die gelegentliche Verwendung von weiterführender Literatur nicht ausschließt, sofern diese thematisch sinnvoll Kontextinformationen liefern kann.
Inhalt
1. Einführung
2. die Positionen:
Ludwig Unruh, Hauptsache Arbeit?!
Robert Kurz, Antiökonomie und Antipolitik
2. die Konklusionen: inhaltliche Stärken und Schwächen
3. zum Schluss (Fazit)
Literatur
1. Einführung
Der Titel der vorliegenden Arbeit zum Unbruchsmodell von Ludwig Unruh ist verkürzt und lässt aus, dass es sich um eine Kritik an Unruhs Ideen im Kontrast zu den Ideen von Robert Kurz handelt, die dieser in dem Pamphlet „Antiökonomie und Antipolitik“ diskutiert. Die Ideen von Unruh und Kurz werden in Abschnitt 1. in gegebener Knappheit zusammengefasst und in Abschnitt 2. einer inhaltlichen Kritik unterzogen; zudem werde ich versuchen, etwaige methodische Stärken und Schwächen der Au- toren sowie mögliche Interpretations- und Konklusionsalternativen zu benennen, wenngleich ich diese dann nicht im Einzelnen bis zuletzt werde durchspielen können. Das Hauptaugenmerk gilt dabei dem Text von Ludwig Unruh, während Robert Kurz mit seinen Ideen eine Art Kontrastfolie mit Minimalkontrast bildet. Die inhaltliche Diskussion und Kritik der Texte findet sich in Abschnitt 2; im abschlie- ßenden Fazit werde ich die Hauptargumente und -kritikpunkte der Autoren gegen- einander abwägen und nach eigener Einschätzung auf ihre jeweiligen Stärken und Schwächen bezi ehungsweise Plausibilität und Inkonsistenz reduzieren. Ein weiteres Anliegen ist mir die selbstständige analytische Vorgehensweise ohne erklärende Sekundärtexte, die erfahrungsgemäß oft zur Verwirrung beitragen. Das bloße Einsammeln und dialektische Abwägen fremder Meinungen kann schließlich nicht das Ziel wissenschaftlichen Arbeitens sein. Darum soll in dieser Arbeit auf die Zuhilfenahme von expliziter Sekundärliteratur verzichtet werden, was allerdings die gelegentliche Verwendung von weiterführender Literatur nicht ausschließt, sofern diese thematisch sinnvoll Kontextinformationen liefern kann.
2. die Positionen:
Ludwig Unruh, Hauptsache Arbeit?!
Ludwig Unruh unternimmt in seinem Text „Hauptsache Arbeit?!“ zunächst einmal ei- ne historische Ausleuchtung des Begriffes der Arbeit. Schon in der griechischen An- tike hatte sich die Trennung von privater und öffentlicher Sphäre etabliert und somit auch die Trennung von privatem und nicht-privatem Eigentum, dem Eigentum der polis. Bereits Aristoteles unterschied Tätigkeiten, die um ihrer selbst Willen vollführt werden von solchen, die aufgrund äußerer Notwendigkeiten und Bedingtheiten getan werden mussten1. Den entscheidenden Vorschub für die Entstehung des heutigen Arbeitsethos lieferte allerdings wesentlich später der Protestantismus mit Martin Lu- ther, der eine rational bestimmte Enthaltsamkeit im Diesseits proklamierte. Der Ge- nuss eines freudenreichen und erfüllten Lebens war dem Jenseits vorbehalten, bis zu dessen Eintritt die Formel „Bete und Arbeite“ galt. Der diesseitige Mensch war durch den alttestamentarischen Sündenfall ohnehin zum freudenlosen Dasein prä- destiniert2. Diese - hier in der Darstellung stark geraffte - Konstellation der Ideen lie- ferte den Nährboden, auf dem die frühen Formen der kapitalistischen Produktion und Leistungsideologie heranreifen konnten. Die Durchsetzung des industriellen, arbeits- teiligen Prinzips führte zur Entfremdung des Menschen in mehrfacher Hinsicht. Von seiner natürlichen Umwelt wurde er durch das strenge Zeitregime entfremdet, das ihm zur Arbeit in den industriellen Fabrikationsanlagen auferlegt wurde und das nicht mit den natürlichen Bedürfnissen nach Regeration und Abwechselung bei der Tätig- keit korrespondiert. Vom Produkt seiner Arbeit selbst wurde der Mensch ebenfalls entfremdet, da er im arbeitsteiligen Prozess nicht vom Anfang bis zur Fertigstellung zuständig ist und - insofern er an die singularisierte Tätigkeit gebunden bleibt - sein natürliches schöpferisch-kreatives Potenzial nicht aktivieren kann3. Die Arbeit verliert durch diese rationalisierte Weise des Arbeitens qualitativ betrachtet ihre menschlich- individuellen Eigenschaften und wird zur abstrakt zur Ware, die dem Prozess der Wertschöpfung dient.
Unruhs Kritik richtet sich besonders darauf, dass die entmenschlichenden „Zwänge der Fabrikdisziplin“4 mit dem Fortschreiten der Industrialisierung zunehmend als pro- letarische Tugend und von der marxistischen Arbeiterbewegung fälschlicherweise als Mittel zur Überwindung des Kapitalismus mystifiziert wurden. Hierin sieht Unruh die marxistische Theorie fehlgeleitet. Anstatt die Arbeit als Form abschaffen zu wollen, wird gerade diese verherrlicht und als Weg in neue soziale Wirklichkeiten verstan- den.
Mit dem völligen Ausschöpfen der Rationalisierungspotentiale, dem damit einherge- henden Aufkommen der Massenarbeitslosigkeit sowie mit dem Eintreten der mikro- elektronischen Revolution konstatiert Unruh eine Krise der Arbeitsgesellschaft, die auch durch die Verlagerung auf den Dienstleistungssektor nicht abgefangen werden kann. Unruh äußert Erstaunen über die im öffentlichen Bewusstsein trotz allem vor- herrschende paradoxe Leistungsideologie, unter deren Banner Nicht-Arbeitende stigmatisiert und Arbeitende aufgrund der innerbetrieblich zunehmend auch instru- mentalisierten Konkurrenzsituation an den Rand ihrer Belastbarkeit gedrängt wer- den5.
Nach der Diskussion früherer Utopien entwirft Unruh schließlich eine eigene, gegen- wartsbezogene Utopie zur Konstitution der menschlichen Arbeit, deren wesentliches Ziel er in der Abwendung von der Selbstzweckhaftigkeit zugunsten einer am real be- darfsorientierten (anstelle von profitorientierten) Produktion sieht. Insofern hält Unruh die marxistische Idee der einfachen Übertragung vom privatem Eigentum an Produk- tionsmitteln in den Status von kollektiven Besitzes für unbrauchbar. Durch den Weg- fall der Hierarchie- und Klassenstruktur ändert sich nichts am Prozess der Entfrem- dung, da dieser an das System der Mehrwertschöpfung gebunden bleibt. Der „befrei- te“ Arbeiter müsste sich - in marxistischer Diktion - selbst ausbeuten. Dass sich das derzeitige des System des Liberalismus selbst ad absurdum führt, bestätigt sich für Unruh darin, dass das Arbeitsvolumen trotz stetigen Zuwachses an Produktivität nicht merklich oder gar proportional abgenommen hat. Die Ursache dafür sieht er in der Steigerung der Kosten für die systemische Selbsterhaltung6 7. Hierzu zählen zum Beispiel die Beseitigung von Schäden, die durch rigide Umweltzerstörung entstehen oder auch Kosten für die Gesunderhaltung der von sogenannten Zivilisationskrank- heiten heimgesuchten Mitglieder des Systems. Außerdem sieht Unruh ein Problem in der gegenseitigen Blockierung bei der Verbreitung von technizistischem Anwenderwissen, das aufgrund der permanenten Konkurrenzsituation nur unter Inkaufnahme der eigenen Benachteiligung bereitgestellt werden könnte.
Unruh plädoyiert in seiner Utopie für die vollständige Aufhebung der Arbeitsteilung als wichtige Vorraussetzung für freies Tätigsein8 des Menschen sowie für eine Ver- ringerung der Arbeitszeit. Die so frei werdenden zeitlichen Potentiale könnten zur aktiven Beteiligung am gesellschaftlichen Leben eingesetzt werden, wovon Unruh eine Nivellierung beziehungsweise Aufhebung der Differenziertheit gesellschaftlicher Sphären erhofft9. Die Mikroelektronik muss schließlich dazu genutzt werden, die Technik an die Bedürfnisse des Menschen anzupassen, nicht umgekehrt. Die Wirt- schaft muss stark regionalisiert und in hohem Maße selbstversorgend sein, sodass hohe Zuliefer- und Versorgungskosten wie auch weite Entfernungen zwischen Wohn- und Arbeitsstätte entfallen. Zur Durchsetzung seiner Ziele schlägt Unruh eine „anar- chosyndikalistische Doppelstrategie“10 vor die zum einen darin besteht, nichts für den Erhalt der derzeitigen ökonomischen Bedingungen zu unternehmen, sowie anderer- seits das eigene konkrete Lebensumfeld selbstständig und ökonomisch weitestge- hend autark in Form von kollektiven Zusammenschlüssen zu organisieren, sodass ein eigenständiges System der sozialen Absicherung entsteht.
[...]
1 vgl. Unruh, 2000, 9
2 vgl. Unruh, 2000, 13
3 vgl. Unruh, 2000, 15
4 Unruh, 2000, 21
5 vgl. Unruh, 2000, 26
6 vgl. Unruh, 2000, 41
7 vertiefende Ausführungen zum Phänomen der Selbstreferenz von sozialen Systemen finden sich bei Niklas Luhmann (Luhmann, 1984, 593ff).
8 die Idee des freien, kreativen Tätigseins findet sich explizit bei Erich Fromm (vgl. Fromm, 1976, 91ff). Dieser verweist auf die Unterscheidung von bloßem passiven „Geschäftigsein“ und aktivem Tätigsein.
9 Unruh nennt hier als Beispiel die Trennung Arbeit und Freizeit. Vgl. Unruh, 2000, 43
10 Unruh, 2000, 45
- Citation du texte
- Thomas Schröder (Auteur), 2004, Kritik am Umbruchsmodell von Ludwig Unruh und Robert Kurz, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25783
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