Vor dem Hintergrund der beginnenden Weltwirtschaftskrise entstand in den Jahren 1931-
1933 eine der bedeutendsten und aufschlussreichsten Studien der empirischen
Sozialforschung , die bis zum heutigen T age nichts an Aktualität eingebüßt hat.
1933 erstmals in einem Leipziger Verlag publiziert, wurde sie später zu einer Fundgrube für
methodisch Interessierte und gegenüber anderen Arbeiten zu einem Klassiker empirischer
Sozialforschung geadelt ( von Alemann, 1984, S. 308 ).Der ursprünglich nur 78 Seiten
umfassende Untersuchungsbericht war eine Arbeit mit tatsächlichem Pioniercharakter. Für
diese Art der Untersuchungen gab es keine direkten Vorbilder, an denen sich die Forscher
hätten orientieren können. So mussten die Autoren das meiste der Methodik für ihre Studie
selbst entwickeln.
So lautet die verbreitete Schlussfolgerung, dass die sozialwissenschaftliche
Arbeitslosenforschung mit der Marienthalstudie beginnt.
Die Studie soll Aufschluss geben über die veränderten Lebensverhältnisse der Menschen
eines Dorfes, dass gemeinsam durch die Schließung ihrer Haupterwerbsquelle - der Fabrikarbeitslos
wird.
Das Ziel des Forschungsteams war es exaktes Zahlenmaterial mit Erlebnissen,
Erzählungen, Beobachtungen und Stimmungen zu einem aufschlussreichen Resümee
zusammen zu fassen.
Kleinste Einzelheiten des Lebens der Marienthaler mussten erfasst und dann objektiv
geordnet werden, so dass alle Details in eine Reihe von Haupttatsachen gegliedert werden
konnten.
Einige objektiven Daten fand das Team zu Beginn der Studie schon z.B. im Konsumverein,
auf der Gemeinde, ect. vor.
Andere benötigte Daten beschaffte sich das Team in Form von Essverzeichnissen,
Katasterblättern, Zeitverwendungsbogen und vielem anderen selbst.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Forscherteam
3. Das Industriedorf
3.1. Der Standard
3.2. Die Arbeitslosenunterstützung
3.3. Andere Hilfsquellen
3.4. Speisezettel und Budget
3.5. Geldeinteilung
3.6. Gesundheitszustand
4. Die müde Gemeinschaft
5. Die Haltung
6. Die Zeit
7. Die Widerstandskraft
7.1. Lebensschicksal und Haltung in der Arbeitslosigkeit
8. Der Einfluss der Marienthalstudie auf die Forschung
8.1. Kommentar
9. Literatur
1.Einleitung:
Vor dem Hintergrund der beginnenden Weltwirtschaftskrise entstand in den Jahren 1931-1933 eine der bedeutendsten und aufschlussreichsten Studien der empirischen Sozialforschung , die bis zum heutigen Tage nichts an Aktualität eingebüßt hat.
1933 erstmals in einem Leipziger Verlag publiziert, wurde sie später zu einer Fundgrube für methodisch Interessierte und gegenüber anderen Arbeiten zu einem Klassiker empirischer Sozialforschung geadelt ( von Alemann, 1984, S. 308 ).Der ursprünglich nur 78 Seiten umfassende Untersuchungsbericht war eine Arbeit mit tatsächlichem Pioniercharakter. Für diese Art der Untersuchungen gab es keine direkten Vorbilder, an denen sich die Forscher hätten orientieren können. So mussten die Autoren das meiste der Methodik für ihre Studie selbst entwickeln.
So lautet die verbreitete Schlussfolgerung, dass die sozialwissenschaftliche Arbeitslosenforschung mit der Marienthalstudie beginnt.
Die Studie soll Aufschluss geben über die veränderten Lebensverhältnisse der Menschen eines Dorfes, dass gemeinsam durch die Schließung ihrer Haupterwerbsquelle - der Fabrik-arbeitslos wird.
Das Ziel des Forschungsteams war es exaktes Zahlenmaterial mit Erlebnissen, Erzählungen, Beobachtungen und Stimmungen zu einem aufschlussreichen Resümee zusammen zu fassen.
Kleinste Einzelheiten des Lebens der Marienthaler mussten erfasst und dann objektiv geordnet werden, so dass alle Details in eine Reihe von Haupttatsachen gegliedert werden konnten.
Einige objektiven Daten fand das Team zu Beginn der Studie schon z.B. im Konsumverein, auf der Gemeinde, ect. vor.
Andere benötigte Daten beschaffte sich das Team in Form von Essverzeichnissen, Katasterblättern, Zeitverwendungsbogen und vielem anderen selbst.
2.Das Forscherteam
Geleitet wurde das Forschungsteam von Dr.Paul F.Lazarsfeld,Marie Jahoda und Hans Zeisel.
Lazarsfeld (1901 – 1976 ) war der intellektuelle Leiter der Arbeitsgruppe und nahm als Gesamtleiter an den wöchentlichen Zusammenkünften aller Mitarbeiter teil. Er studierte Mathematik in Wien und promovierte dort 1924. Während seiner Schul- und Studentenzeit war er in der „ Vereinigung sozialistischer Mittelschüler“ führend aktiv. 1927 gründete und leitete er dann die „Wirtschaftspsychologische Forschungsstelle“ in Wien. Von 1926- 1934 war er mit M. Jahoda verheiratet. Als die Studie entstand arbeitete er als Forschungsassistent am Psychologischen Institut der Universität Wien.1933 ging er mit einem Rockefeller-Stipendium in die USA. Wegen der politischen Entwicklung in Österreich blieb er dort und wurde 1943 amerikanischer Staatsbürger.
Marie Jahoda ( 1907 – 2001 )war schon als Schülerin in der „Vereinigung sozialistischer Mittelschüler“ aktiv. Sie studierte an der pädagogischen Akademie der Stadt Wien und parallel dazu an der Universität beim Psychologenehepaar Kurt und Charlotte Bühler.1928 machte sie ihr Lehrexamen und promovierte 1932 mit einer empirischen Lebenslaufstudie bei Charlotte Bühler. Sie arbeitete an der gesamten Studie maßgeblich mit und schrieb die Arbeit, nachdem lange Diskussionen vom Team über die Hauptpunkte und die Ordnung des Materials geführt worden waren. Sie wurde 1933 Leiterin der Wiener Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle, die von Lazarsfeld gegründet wurde.1936 verhaftete man sie unter Beschuldigung illegaler politischer Betätigung. Aufgrund politischer Interventionen verließ sie Österreich 1937 unter Aberkennung ihrer Staatsbürgerschaft. Sie reiste nach Großbritannien aus und betrieb dort unter anderem Feldforschung in Wales.1945 siedelte sie in die USA über, kehrte jedoch 1958 nach Großbritannien zurück. Bis zu ihrem Tod am 29.04.2001 erhielt sie zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen.
Zusätzlich sollte noch erwähnt werden , dass Lazarsfeld und Jahoda nicht nur bekannte sozialistische Intellektuelle und politische Aktivisten, sondern auch jüdischer Abstammung waren. Beide strebten eigentlich eine politische Karriere an, die jedoch angesichts des sich immer verschlimmernden Antisemitismus unmöglich wurde.
Hans Zeisel ( 1905-1992 ) War Prof. für Statistik, Recht und Soziologie. (1927 Dr.jur. Universität Wien, 1928 Dr.rer.pol. )Er war Mitglied der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs“ und Sportreporter der „Arbeiter-Zeitung“ (Wien). H.Zeisel war auch Mitbegründer der Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle in Wien.1935 arbeitete er als Marktforscher und 1936-38 als Rechtsanwalt mit eigener Kanzlei (Wien). 1938 emigrierte er nach New York und beschäftigte sich dort im Bereich der Marktforschung. 1944 erhielt er die US-amerikanischen Staatsbürgerrechte. Ab 1953 betrieb er rechtssoziologische Forschungen. Er war Mitglied in zahlreichen amerikanischen statistischen und soziologischen Verbänden und erhielt etliche Auszeichnungen. Er starb als einer der ersten Marktforscher und Rechtssoziologen 1992 in Chicago.
Insgesamt bestand das Forschungsteam aus ca.15 Personen, die sich in das Leben der Marienthaler unauffällig und behutsam „eingeschlichen“ haben. Eine der wichtigsten war die wissenschaftliche Assistentin Fr. Dr. Lotte Danziger, die sich von allen Mitarbeitern am längsten in Marienthal aufgehalten hat.
Je nach Bedarf wurde das Team durch junge, intellektuelle Mitarbeiter verschiedenster Fachbereiche ergänzt.(Jahoda in Greffrath 1979 :“Wissen Sie, die Forschungsstelle hat davon existiert, dass eine große Anzahl der Intellektuellen arbeitslos war.“)
So wurde die Forschungsarbeit von einer großen Zahl Wissenschaftlern mit unterschiedlichem fachlichen Hintergrund betrieben, von denen jedoch keiner Soziologe war.
Das Team kam in verschiedenen Funktionen nach Marienthal:
Als Lehrer in Näh- und Turnkursen, als Leiter ärztlicher und pädagogischer Beratungsstellen, als Helfer in verschiedenen politischen Gruppen usw.
Kein Angehöriger des Teams kam in der Rolle des Reporters, sondern fügte sich durch eine nützliche Funktion in das Gesamtleben ein.
3. Das Industriedorf
Das Fabrikdorf Marienthal liegt in Niederösterreich ca.35 min von Wien entfernt. Im Umkreis gibt es noch einige Dörfer, verwandt mit Marienthal in Geschichte und Struktur. Der Ackerbau ist in dieser Gegend wegen des wenig fruchtbaren Bodens wenig ertragreich und die Bauern hatten es schwer.
Eingebettet in einer öden, kargen Gegend ist der Ort Marienthal mit seinen langgestreckten, einstöckigen Häusern nicht besonders reizvoll. Es gibt Baracken ,denen man ansieht, das sie seinerzeit schnell fertig werden mussten, um den plötzlichen Arbeiterzuwachs aufzunehmen. Außer einigen Läden, gibt es das Arbeiterwohnheim und vor allem die Fabrik.
Wie andere Orte um eine Kirche ,Burg oder Marktplatz entstehen, so ist Marienthal um die Fabrik herum entstanden. Die Geschichte dieser Fabrik ist zugleich die Geschichte des Ortes:
Im Jahre 1830 kam Hermann Todesko nach Marienthal und gründete dort eine Flachsspinnerei, die bald vergrößert wurde und zur Baumwollspinnerei überging.
Neue Arbeiterhäuser wurden errichtet, es kamen Geschäfte dazu, der Ort wuchs. Die Menschen arbeiteten hart, aber es gab sicheres Brot für alle. Jeder der kam wurde mit Frau und Kindern in der Fabrik beschäftigt. Entlassungen kamen kaum vor und um alle Arbeitskräfte nutzen zu können errichtete Todesko eine Kinderbewahranstalt und eine Schule.In den sechziger Jahren wurde die Weberei und die Bleiche angegliedert und die Fabrik wurde ein Großbetrieb. Im Zuge des Aufschwungs der Fabrik und des Weltkrieges wuchs die Organisation der Arbeiter.
Nach ersten Anzeichen einer Krise 1926 und einer vorrübergehenden Besserung folgte Mitte 1929 der Absturz. Die Spinnerei, die Druckerei und die Bleiche wurden nacheinander geschlossen. Im Februar 1930 wurden die Turbinen stillgelegt.
Alle, bis auf 60 Arbeiter, die die Fabrik niederreißen sollen, verlieren ihre Arbeit.
3.1. Der Standard
In Marienthal schwingt das gesamte wirtschaftliche Leben in dem zweiwöchentlichen Rhythmus der Unterstützungsauszahlung.
Besonders bemerkbar macht sich das bei der Ernährung.
Hatten z.B. 19 Kinder am Tag vor der Auszahlung nichts oder nur trockenes Brot als Gabelfrühstück, so sind es nach der Auszahlung nur noch 2, die nicht ausreichend versorgt waren.
3.2. Die Arbeitslosenunterstützung
Die Arbeitslosenunterstützung steht in enger Verbindung mit dem Arbeitsnachweis und ihre Höhe richtet sich nach der letzten Lohnhöhe und der Familiegröße des Unterstützten.
Die Dauer der Unterstützung liegt zwischen 20-30 Wochen. Danach wird der Arbeitslose ausgesteuert und kann dann Notstandsaushilfe beziehen. Diese beträgt etwa 80 % der Arbeitslosenunterstützung. Nach 22-52 Wochen erlischt auch diese. Der Arbeitslose ist nunmehr völlig mittellos.
Der Anspruch auf Unterstützung geht verloren, wenn irgendeine Arbeit übernommen wird.
Mehr als ¾ der Marienthaler sind in ihrer materiellen Existenz von der Auszahlung der Arbeitslosenunterstützung abhängig.
Die Löhne, die manche in Betrieben in ihrer Umgebung erwirtschaften könnten, wären zum Teil niedriger als der Unterstützungssatz.
Das Forschungsteam teilte die Bevölkerung anhand ihrer Informationen in
Minimal- und Maximalfamilien ein.
Die Maximalfamilien verfügen über 60,-Schilling, die Minimalfamilien bloß über 20,- Schilling im Monat.
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- Citation du texte
- Svea Dahlström (Auteur), 2003, Zu: Die Arbeitslosen von Marienthal, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25477
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