Seit über zwei Jahrzehnten versuchen Industriestaaten verstärkt Verwaltungsreformen erfolgreich umzusetzen. Gedrängt von Konsolidierungsnotwendigkeiten öffentlicher Haushalte aber auch von „spill-over“ Effekten („Der Kunde ist König“, Outputorientierung usw.) sowie den erfolgreichen Managementmethoden der Privatwirtschaft wurden in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung Modernisierungsreformen eingeleitet. In den einzelnen Ländern wurden zum Teil verschiedene Methoden und Wege der Reformierung entwickelt. Diese sind auf unterschiedliche Ausgangssituationen und verschiedene (Verwaltungs-)Traditionen zurückzuführen. Daraus hat sich eine Ansammlung von Reformen entwickelt, wobei dieser „Reformenpool“ zum Ziel hat, sich am Output und nicht am Input einer öffentlichen Leistung zu orientieren. Im Allgemeinen spricht man dabei von „New Public Management“-Reformen.
„New Public Management (NPM) ist der Oberbegriff der weltweit relativ einheitlichen „Gesamt-Bewegung” der Verwaltungsreformen. Charakteristisch für NPM-Reformen ist der Wechsel von der Input- zur Outputorientierung.“
Im Rahmen des New Public Managements und des Neuen Steuerungsmodells sollen also erfolgreiche Managementstrukturen aus der Privatwirtschaft von der öffentlichen Verwaltung übernommen bzw. adäquat eingeführt werden und die überkommenen Strukturen der öffentlichen Verwaltung abgelegt werden.
Die tatsächliche Einführung solcher Reformen beweist die Implementierungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und eröffnet neue Chancen weitere innovative Schritte vorzunehmen. Es ist nicht nur ein kurzsichtiger, sondern ein nachhaltiger Wandel des staatlichen Handels von Nöten.
Inhaltsverzeichnis
II Tabellenverzeichnis
III Grafikverzeichnis
IV Literaturverzeichnis
1 Einführung
1.1 Problemstellung
1.2 Abgrenzung der Arbeit
1.3 Zielsetzung
1.4 Aufbau der Arbeit
2 Begriffserklärungen
2.1 Öffentliche Verwaltung
2.2 Öffentliche Aufgaben
2.3 Franchising (Business Format Franchising)
3 Entwicklung des Franchisings
3.1 Geschichte des Franchisings
3.2 Aktuelle Zahlen zum Franchising
4 Franchising (Business Format Franchising)
4.1 Abgrenzung zu anderen Vertriebsformen
4.1.1 Filialsysteme
4.1.2 Lizenzsysteme
4.1.3 Handelsvertreter- und Agentursysteme
4.1.4 Vertragshändlersysteme
4.1.5 Kommissionsvertrag
4.1.6 Genossenschaften
4.2 4 Säulen des Franchisings
4.2.1 Franchise-Vertrag
4.2.1.1 Rechte und Pflichten des Franchise-Gebers
4.2.1.2 Rechte und Pflichten des Franchise-Nehmers
4.2.2 Betriebshandbuch (Franchise-Handbuch)
4.2.3 Franchise-Training
4.2.4 Leistungen
4.3 Bilanz der Vorteile und Nachteile des Franchisings
4.3.1 Vorteile für den Franchise-Geber
4.3.2 Nachteile für den Franchise-Geber
4.3.3 Vorteile für den Franchise-Nehmer
4.3.4 Nachteile für den Franchise-Nehmer
4.3.5 Bilanzzusammenfassung
4.4 Kriterien für die Franchisierbarkeit von Leistungen
4.5 Zusammenfassung
5 Franchising in der öffentlichen Verwaltung
5.1 Potenzielle Einsatzgebiete
5.2 Prüfvorgang der Franchisierbarkeit
5.2.1 Grundvoraussetzungen
5.2.2 „Strategische Relevanz“ und „Spezifität“
5.2.2.1 „Strategische Relevanz“
5.2.2.2 „Spezifität“
5.2.2.3 Auswirkungen der „Strategischen Relevanz“ und der „Spezifität“
5.2.3 Wahl des Franchise-Modells
5.2.3.1 Internes Franchising
5.2.3.1.1 Modell
5.2.3.1.2 Modell
5.2.3.2 Externes Franchising
5.2.3.2.1 Modell
5.2.3.2.2 Modell
5.2.3.2.3 Modell
5.2.3.2.4 Modell
5.2.3.3 Zusammenfassung der Modellauswahl
5.2.4 Franchise-Hauptkriterien
5.2.5 Zusammenfassung des Prüfschemas
5.3 Abgrenzung zu anderen Methoden des Gewährleistungsträgers
5.3.1 Outsourcing, Contracting Out und Contracting In
5.3.2 Public-Private-Partnership (PPP)
5.3.3 Privatisierung
5.4 Zusammenfassung
6 Definition: Public Format Franchising
II Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Beispiele für Organisationseinheiten mit Verwaltungs- bzw. Betriebscharakter
Tabelle 2: Charakteristische Merkmale von Franchise-Systemen
Tabelle 3: Franchising, Vergleich USA - Europa
Tabelle 4: Franchise-Entwicklung in Deutschland
Tabelle 5: Top-20-Franchising-Hitparade
Tabelle 6: Kriterien zur Franchisefähigkeit von Leistungen
Tabelle 7: Franchising in der öffentlichen Verwaltung
III Grafikverzeichnis
Grafik 1: Verhältnis zwischen Politik und öffentlichen Aufgaben/Leistungen
Grafik 2: Franchise-Entwicklung in Deutschland (Index 1995=100)
Grafik 3: Franchise-Know-how-Kreislauf
Grafik 4: 4 Säulen des Franchisings
Grafik 5: Grundbausteine des Franchise-Trainings
Grafik 6: Kundenbeziehung im Franchising
Grafik 7: Franchise-Prüfschema
Grafik 8: Analyseraster Leistungstiefe
Grafik 9: Abhängigkeit der „Strategische Relevanz“
Grafik 10: Abhängigkeit der „Spezifität“
Grafik 11: Leistungsportfolio
Grafik 12: Eigen- oder Fremderstellung anhand der „Strategischen Relevanz“ und der „Spezifität“
Grafik 13: Franchise-Modell
Grafik 14: Franchise-Modell
Grafik 15: Franchise-Modell
Grafik 16: Franchise-Modell
Grafik 17: Franchise-Modell
Grafik 18: Franchise-Modell
Grafik 19: Franchise-Modelle nach der „Spezifität“ und der „Strategischer Relevanz“ einer Aufgabe
1 Einführung
Seit über zwei Jahrzehnten versuchen Industriestaaten verstärkt Verwaltungsreformen erfolgreich umzusetzen. Gedrängt von Konsolidierungsnotwendigkeiten öffentlicher Haushalte aber auch von „spill-over“ Effekten („Der Kunde ist König“, Outputorientierung usw.) sowie den erfolgreichen Managementmethoden der Privatwirtschaft wurden in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung Modernisierungsreformen eingeleitet. In den einzelnen Ländern wurden zum Teil verschiedene Methoden und Wege der Reformierung entwickelt. Diese sind auf unterschiedliche Ausgangssituationen und verschiedene (Verwaltungs-)Traditionen zurückzuführen. Daraus hat sich eine Ansammlung von Reformen entwickelt, wobei dieser „Reformenpool“ zum Ziel hat, sich am Output und nicht am Input einer öffentlichen Leistung zu orientieren. Im Allgemeinen spricht man dabei von „New Public Management“-Reformen.
„ New Public Management (NPM) ist der Oberbegriff der weltweit relativ einheitlichen „ Gesamt-Bewegung ” der Verwaltungsreformen. Charakteristisch für NPM-Reformen ist der Wechsel von der Input- zur Outputorientierung. “1
Im Rahmen des New Public Managements und des Neuen Steuerungsmodells sollen also erfolgreiche Managementstrukturen aus der Privatwirtschaft von der öffentlichen Verwaltung übernommen bzw. adäquat eingeführt werden und die überkommenen Strukturen der öffentlichen Verwaltung abgelegt werden.2
Die tatsächliche Einführung solcher Reformen beweist die Implementierungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und eröffnet neue Chancen weitere innovative Schritte vorzunehmen. Es ist nicht nur ein kurzsichtiger, sondern ein nachhaltiger Wandel des staatlichen Handels von Nöten.
1.1 Problemstellung
Ende der 70er und Anfang 80er Jahre stand vor allem die Binnenmodernisierung des öffentlichen Sektors, wie zum Beispiel die interne Steuerung, das Personalwesen und das Rechnungs- und Finanzwesen im Mittelpunkt der Reformen.3 Danach rückte immer stetiger die Leistungstiefe des öffentlichen Sektors in den Vordergrund. Dabei geht es um die Frage, welche Aufgaben von der öffentlichen Seite übernommen werden sollen und wie diese übernommenen Aufgaben adäquat erfüllt werden können. Es geht also nicht nur um die Effizienz einer Leistung, sondern vor allem auch darum, ob und in welcher Form eine Leistung erbracht wird.4 Es müssen somit alte aber auch neue Wege der Leistungserbringung in Betracht gezogen werden. Die möglichen Organisations- formen, eine öffentliche Leistung erstellen zu können, sind entweder öffentlicher oder privater Natur. Beispiele sind öffentliche Regie- und Eigenbetriebe, welche keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen, sondern juristisch Teil der jeweiligen Kommune sind, sowie überführte kommunale Einrichtungen in Eigengesellschaften oder in Beteiligungsgesellschaften auf der einen Seite und andererseits die bekannten Unternehmensformen der Privatwirtschaft (vor allem AG und GmbH). Noch ist nicht sichergestellt, welche der Formen grundsätzlich effizienter und effektiver ist.5 Dagegen lassen sich Effizienz- und Effektivitätsvorteile aus Wettbewerb, Kooperationen und neu geschaffenen Lieferanten-/Kundenbeziehungen generieren.6
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einer neuen Alternative, bestimmte öffentliche Leistungen pflichtgerecht zu erstellen bzw. der staatlichen Gewährleistungspflicht für bestimmte Leistungen nachzukommen:
Das Franchising (Business Format Franchising)
Franchising in deröffentlichen Verwaltung
Es stellen sich vor allem drei Fragen:
- Was genau ist Franchising (Business Format Franchising)?
- Kann Franchising als „typisch“ privatwirtschaftliches Vertriebssystem in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt werden?
- Bietet Franchising in der öffentlichen Verwaltung die Möglichkeit einer effizienteren und effektiveren Leistungserbringung?
1.2 Abgrenzung der Arbeit
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Begutachtung ob das Franchising - damit ist in dieser Untersuchung grundsätzlich das Business Format Franchising gemeint - sich als neues Instrument für die Erzeugung öffentlicher Leistungen eignet. Das Franchising der Privatwirtschaft soll insoweit überprüft werden, ob eine Übernahme in den öffentlichen Bereich sinnvoll wäre und worauf beim Implementieren dieses Instruments vor allem geachtet werden muss. Es wird auf mögliche Effizienz- und Effektivitätsgewinne eingegangen, jedoch können noch keine beobachteten Ergebnisse aus der Praxis der öffentlichen Verwaltung herangezogen werden, da das Franchising in öffentlichen Bereichen bisher noch nicht umgesetzt worden ist.
Es ist wichtig zu erkennen, dass es sich beim Franchising aus der Privatwirtschaft nicht um das bekannte Konzessionsverfahren aus der öffentlichen Verwaltung handelt. Konzessionen beziehungsweise Bedienungsaufträge werden für einen bestimmten Markt an ein privates Unternehmen oder über Lizenzen an mehrere private Partner vergeben.7 Hier tritt die öffentliche Hand jedoch nicht als Franchise-Geber im Sinne des modernen privatwirtschaftlichen Franchisings auf und unterhält keine unterstützende Franchise-Systemzentrale, sondern vergibt lediglich Lizenzen mit den dazugehörenden Leistungsbeschreibungen.
Bekannte Franchise-Systeme, wie die oft beschriebenen Konzepte von OBI, McDonald ´ s, miniBagno usw., gehen ganz klar über solche Leistungsbeschreibungen hinaus und entwickeln in den Systemzentralen mit und für den Franchise-Partner täglich neues Know-how, um am jeweiligen Markt bestehen zu können. Im Rahmen dieser Arbeit wird aufgezeigt wie die Franchise-Organisation, die „ Königsklasse der Vertriebsorganisationen “,8 in der öffentlichen Verwaltung eingeführt und aufgebaut werden könnte und wie man sich die Vorteile eines solchen Systems zu Nutzen machen könnte.
1.3 Zielsetzung
Im Sinne der New Public Management Reformen und des Neuen Steuerungsmodells sollen privatwirtschaftliche Managementstrukturen in der öffentlichen Verwaltung erprobt und adäquat eingeführt werden.9 Es geht also um die Frage, „ob“ und „wo“ ein Franchise-System theoretisch eingeführt werden könnte und welche Vorteile bzw. Nachteile damit verbunden wären.
Aus dieser Problemstellung heraus leitet sich die Zielsetzung der vorliegenden Untersuchung ab. Ziel dieser Arbeit ist es in erster Linie das Franchising, als ein erfolgreiches Instrument der Privatwirtschaft, der öffentlichen Hand näher zu bringen. Eine neue Form der Leistungserbringung soll den vorhandenen Instrumenten, wie Outsourcing, Contracting-Out usw., zur Seite gestellt werden.
Erstmalig soll der Begriff „Public Format Franchising“ (Business Format Franchising im öffentlichem Sektor) verwendet und definiert werden, um eine Abgrenzung zum „Private Format Franchising“ (Business Format Franchising in der Privatwirtschaft) herzustellen. Die Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung erfordern diese Neudefinition.
1.4 Aufbau der Arbeit
Zuerst soll in Kapitel 2 Klarheit über die in der Arbeit verwendeten Begriffe, die öffentliche Verwaltung, die öffentliche Aufgaben und das Franchising, geschaffen werden.
Im 3. Kapitel wird die Geschichte und der aktuelle Stand des Franchisings kurz geschildert. Der Entwicklungsablauf zeigt dem Leser die einzelnen „Evolutionsstufen“ des Franchisings und erklärt auch den Erfolg dieser vertikalen Kooperationsform. Darauf folgt der Hauptteil der Untersuchung (Kapitel 4 bis Kapitel 6): Das Franchising (Business Format Franchising) wird samt seiner wichtigsten Bestandteile, dem Franchise-Vertrag, dem Betriebshandbuch, dem Franchise-Training und den Leistungen an sich, beschrieben und erklärt. Dabei sollen die Vor- und Nachteile herausgearbeitet werden und die Kriterien für die Einführung von Franchise-Systemen festgelegt werden (Kapitel 4). Anhand dieser identifizierten Kriterien und weiteren spezifischen Prüfmethoden soll sodann festgestellt werden, welche öffentlichen Aufgaben tatsächlich innerhalb von Franchise-Systemen erledigt werden könnten. Es soll eine Art „Prüfschema“ für öffentliche Aufgaben erstellt werden. Ebenfalls wichtiger Bestandteil des 5. Kapitels ist die Entwicklung möglicher Franchise-Modelle in der öffentlichen Verwaltung. In Kapitel 6 wird versucht den Ausdruck „Public Format Franchising“ im Sinne des Business Format Franchising näher zu definieren.
2 Begriffserklärungen
Die zentralen Begriffe: öffentliche Verwaltung, öffentliche Aufgaben und Franchising werden hier beschrieben und definiert. Diese Begriffserklärungen sollen Klarheit über deren Bedeutung im Sinne der vorliegenden Arbeit schaffen und Missverständnisse vermeiden.
2.1 Öffentliche Verwaltung
Die Vielfalt der unterschiedlichen Einrichtungen macht es sehr schwierig, den Begriff „öffentliche Verwaltung“ präzise zu definieren. Daher konnte bis heute keine generell anerkannte Definition gefunden werden.10
Um den Begriff dennoch für den Leser greifbar zu machen, soll folgendes Verständnis der öffentlichen Verwaltung für diese Arbeit Geltung haben. In diesem Zusammenhang bilden sämtliche Verwaltungen sowie deren Organisationseinheiten der Gebietskörperschaften Deutschlands den Oberbegriff „öffentliche Verwaltung“.11 Es bestehen somit Bundes-, Landes-, Kommunal- und Gemeindeverwaltungen mit unterschiedlichen rechtlichen und haushaltsspezifischen Ausprägungen.
Man kann diese Organisationseinheiten in zwei Gruppen aufteilen. Die erste Gruppe hat Verwaltungscharakter und umfasst planende, gesetzesvorbereitende und gesetzesvollziehende Einrichtungen. Zu trennen von der ersten Gruppe sind die Einheiten mit Betriebscharakter, das heißt mit Dienstleistungs- und Produktionsaufgaben.12
Folgende Tabelle mit Beispielen aus beiden Gruppen soll eine Hilfestellung sein, diese Einteilung nachzuvollziehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Beispiele für Organisationseinheiten mit Verwaltungs- bzw. Betriebscharakter13
Diese Arbeit betrachtet vor allem die kommunalen Einrichtungen mit Betriebscharakter mit Blick auf die jeweiligen von ihnen „produzierten“ Leistungen und angewendeten Managementstrukturen.
2.2 Öffentliche Aufgaben
Auch dieser Begriff bedarf einer beschreibenden Definition. Allgemein sind öffentliche Aufgaben artikulierte und wünschenswerte Forderungen der Politik. Rechtsnormen und politische Entscheidungen fordern die öffentliche Verwaltung auf, die Umsetzung des politischen Willens durchzuführen und in den gewünschten Bereichen aktiv zu werden (=Vollzug),14 sei es durch Eigen- oder Fremderstellung der erforderlichen Leistungsbündel bzw. Leistungen. Generell kann zwischen final- und konditionalgestrickten Gesetzen unterschieden werden, was dadurch zu sehr engen oder auch weiten Handlungs- und Entscheidungsspielräumen der öffentlichen Verwaltung führt.15 Da die Politik über die Zeit hinweg Richtungswechsel vollzieht, sei es aus ökonomischen, sozialen, ökologischen oder innen- sowie außenpolitischen Gründen, bleiben auch die öffentlichen Aufgaben und Leistungen eines Staates nicht die gleichen.
Ein politischer Wandel führt also gleichzeitig zu einem Wandel der öffentlichen Aufgaben und der dazugehörigen Leistungen.
Anderseits nimmt der öffentliche Sektor auch an der politischen Willensbildung teil. Er versorgt die Politik mit unersetzlichen Informationen aus seinen Aktivitäten (=Durchführung bzw. Vergabe der öffentlichen Aufgaben) und leistet somit einen großen Beitrag zur Politikvorbereitung. Das heißt, es ist auch eine Aufgabe der öffentlichen Verwaltung aufgrund ihres immensen Wissensvorsprungs die Politik bei der Normenentwicklung zu unterstützen. Diese stellt die Grundlage für die Auswahl der dazugehörigen öffentlicher Aufgaben und Leistungen dar.
In folgender Grafik wird aufgezeigt, wie sich die Politik und somit die öffentlichen Aufgaben/Leistungen im gegenseitigen stetigen Wandel befinden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 1: Verhältnis zwischen Politik und öffentlichen Aufgaben/Leistungen16
2.3 Franchising (Business Format Franchising)
Im Allgemeinen handelt es sich beim Franchising um ein Vertriebssystem von Sachund/oder Dienstleistungen, wobei rechtlich selbständige Unternehmen eine langfristige vertikale Kooperation eingehen. Der Franchise-Nehmer erhält gegen Entgelt das Recht und die Pflicht eine bestimmte Ware bzw. eine bestimmte Dienstleistung im Sinne des Franchise-Gebers zu vermarkten.
Im Sinne dieser Arbeit soll jedoch eine präzisere Definition des Begriffs gewählt werden. Dafür werden einige der mittlerweile unzähligen Definitionsversuche, begründet durch die Komplexität der vertikalen Kooperationsform Franchising, vorgestellt.
- „ Eine besondere Form (der Kooperation) ist das Franchising, die Zusammenarbeit kleiner Händler mit dem Franchise-Geber, der sein Produkt und mannigfaltige Dienstleistung vermittelt. “17
Diese „Brockhaus“-Definition wurde aus reinen Demonstrationsgründen gewählt. Sie soll dem Leser bewusst machen, wie sich der Begriff Franchising über 30 Jahre hinweg in Deutschland entwickelt hat.
- „ Franchising ist ein vertikal-kooperativ organisiertes Absatzsystem rechtlich selbständiger Unternehmen auf der Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses. “18
- „ Franchising ist eine Form der vertikalen Kooperation, bei der der Franchisegeber aufgrund langfristiger Vereinbarungen rechtlich selbständig bleibenden Franchisenehmern gegen Entgelt das Recht einräumt und die Pflicht auferlegt, genau bestimmte Sach- und/oder Dienstleistungen unter Verwendung von Namen, Warenzeichen, Ausstattung und sonstigen Schutzrechten sowie der technischen und gewerblichen Kenntnisse des Franchise-Gebers und unter Beachtung des von diesem entwickelten Absatz- und Organisationssystems auf eigene Rechnung an Dritte abzusetzen. “19
- „ Franchising ist eine Kooperationsform, bei der ein Franchisegeber aufgrund einer langfristigen vertraglichen Bindung rechtlich selbständig bleibenden Unternehmen gegen Entgelt das Recht einräumt, bestimmte Waren oder Dienstleistungen unter Verwendung von Namen, Warenzeichen, Ausstattung und sonstigen Schutzrechten sowie der technischen und gewerblichen Kenntnisse des Franchisegebers und unter Beachtung des von letzteren entwickelten Absatzund Organisationssystem anzubieten. “20
Die Richtung der Definitionen ist grundsätzlich die gleiche, wobei einige enger die anderen weiter gefasst sind. Die für diese Arbeit gültige Definition des Franchise- Begriffs wird aus dem Ethikkodex des Deutschen Franchise-Verbandes e.V. (DFV) gewonnen.21 Diese scheint inhaltlich die sinnvollste zu sein und ist zudem die in der Praxis anerkannteste, da jedes Mitglied des DFV verpflichtet ist, diese Definition zu verwenden.
- „ Franchising ist ein Vertriebssystem, durch das Waren und/oder Dienstleistungen und/oder Technologien vermarktet werden. Es gründet sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit rechtlich und finanziell selbständiger und unabhängiger Unternehmen, den Franchise-Geber und seine Franchise-Nehmer. Der Franchise-Geber gewährt seinen Franchise-Nehmern das Recht und legt ihnen gleichzeitig die Verpflichtung auf, ein Geschäft entsprechend seinem Konzept zu betreiben. Dieses Recht berechtigt und verpflichtet den Franchise-Nehmer, gegen ein direktes oder indirektes Entgelt im Rahmen und für die Dauer eines schriftlichen, zu diesem Zweck zwischen den Parteien abgeschlossenen Franchise-Vertrags bei laufender technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung durch den Franchise-Geber, den Systemnamen und/oder das Warenzeichen und/oder die Dienstleistungsmarke und/oder andere gewerbliche Schutz- oder Urheberrechte sowie das Know-how, die wirtschaftlichen und technischen Methoden und das Geschäftssystem des Franchise-Gebers zu nutzen. “22
Die intensive Zusammenarbeit und Know-how-Weiterentwicklung sowie die strikt einheitlichen und eingehaltenen Systemstandards unter selbständigen Unternehmen sind typische Bestandteile von Franchise-Systemen.
Die folgende Tabelle soll abschließend die charakteristischen Merkmale der FranchiseSysteme darstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Charakteristische Merkmale von Franchise-Systemen23
Nicht in der Tabelle aufgezeigt, aber von enormer Bedeutung, sowie in der hier verwendeten Begriffsdefinition schon erwähnt, ist die laufende technische und betriebswirtschaftliche Unterstützung24 des Franchise-Nehmers durch den FranchiseGeber. Diese Eigenschaft grenzt das Franchising zu anderen Vertriebssystemen ab und ist oft ein Garant für den Erfolg des einzelnen Franchise-Systems.
3 Entwicklung des Franchisings
In Kapitel 3 wird auf die Geschichte des Franchisings und seine rasante Entwicklung eingegangen, sowie der aktuelle Stand der Dinge vorgestellt.
3.1 Geschichte des Franchisings
Das Wort „Franchise“ kommt aus dem Französischen und bedeutet „Freiheit“, genauer gesagt „Freiheit von Abgaben“.25 Im frühen Mittelalter wurde so die Steuer- und Zollbefreiung einzelner Privilegierter genannt. Franchise war ein Recht oder Privileg, welches von der Kirche, den Adeligen oder dem Staat vergeben wurde.26 Zuerst durften Landwirte gegen ein Entgelt Ländereien bestellen und den erzielten Ertrag einbehalten, und später durften dann auch Handwerker und Kaufleute Märkte und Musterschauen veranstalten, um ihre Waren dort anzubieten.27
Im späteren Mittelalter wurde seitens des englischen Königshauses Adeligen die Erlaubnis erteilt, Steuern und andere Forderungen einzutreiben und einen Teil der erlangten Abgaben einzubehalten. In Frankreich konnte man sich dieses Recht sogar erkaufen.
Erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts beschrieb Franchising die Erlaubnis der kommerziellen Nutzung und Vermarktung von Rechten Dritter.28 Es begann um 1840 als deutsche Brauereien einzelnen Wirtshäusern Exklusivrechte vergaben, ihr Bier zu verkaufen.29 Der amerikanische Nähmaschinenhersteller Singer Sewing Machine Company (Singer) wird oft als der Franchise-Pionier schlechthin bezeichnet, weil er seine „fahrenden Händler“ mit dem Recht ausstattete, auf eigene Rechnung und im eigenem Namen die Produkte der Firma Singer zu vertreiben. Uneinigkeit herrscht über das Jahr (zwischen 1851 und 1863) der ersten Franchise-Verträge zwischen Singer und den einzelnen Händlern.30 Ab Ende des 19. Jahrhunderts nannte man die monopolistische Vergabe der Gas-, Wasser- und später Elektrizitätsbewirtschaftung einzelner Städte „monopoly franchise“31, wobei im deutschen Sprachraum hiermit die öffentliche Konzessionsvergabe gemeint ist. Später nutzten die großen amerikanischen Öl- und Automobilunternehmen das Franchising, um ihre Produkte zu vermarkten und zu verkaufen. Diese Art des Franchisings nennt man „Product Distribution Franchising“ oder „Product and Trademark Franchising“. Das bekannteste und bis heute praktizierte Beispiel dafür ist die Lizenzvergabe des amerikanischen Getränkeherstellers Coca- Cola, die das Abfüllen und den Vertrieb ihrer Erfrischungsgetränke unter einem einheitlichen Namen umfasst.
Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich eine neue Form des Franchisings, das „Business Format Franchising“ ( = „Leistungsprogramm-Franchise“). Anders als zuvor geht es nicht mehr nur um die Erlaubnis der kommerziellen Nutzung und Vermarktung von Rechten Dritter. In einem modernen Franchising wird eine exakte Kopie eines erfolgreichen Systems übernommen und dem Franchise-Nehmer eine dauerhafte Unterstützung beim Aufbau und der Führung seines Betriebs zugesichert. Durch ein umfangreiches Leistungspaket des Franchise-Gebers wird es dem System ermöglicht, sich effizient, relativ schnell und zielorientiert zu entwickeln bzw. zu vergrößern.
Vorreiter und Visionär dieses Kooperationssystems war der Gründer von McDonald ´ s, Raymond Albert Kroc, als er 1955 in Des Plaines (Illinois, USA) das erste Fast-Food- Restaurant seiner Unternehmung eröffnete. Mittlerweile wurde durch die strikte Umsetzung des „Business Format Franchising“ ein weltweites Netz mit über 31.000 Lokalen aufgebaut, wobei fast 18.000 von Franchise-Nehmern betrieben werden.32 In den 60iger Jahren setzte sich das Franchising in den USA entgültig durch. In Europa geschah dies erst ein Jahrzehnt später, da während der Konsumeuphorie in den 50igern und Anfang 60igern Jahren sich fast alles tadellos „wie warme Semmel“ vermarkten ließ. Erst eine Veränderung des Konsumverhaltens machte es notwendig modernere Vertriebssysteme aufzubauen. Auch etablierte Handels- und Dienstleistungs- unternehmen versuchten - mit Erfolg - das bekannte Leistungsangebot unter Zuhilfenahme selbständiger, eigenverantwortlicher und damit leistungsbereiter und -orientierter Franchise-Nehmer anzubieten und abzusetzen.33
Der damalige Erfolg des neuen Vertriebssystems weckte aber auch den Ideenreichtum einiger Scharlatanen. Das Franchising wurde ausgenutzt, um gutgläubige Franchise- Nehmer um ihr investiertes Geld zu bringen. Sie nahmen die Systemgebühren, verschwanden und hinterließen eine ganze Horde von bankrotten Franchise-Nehmern. Um ein glaubwürdiges Unternehmenskonzept zu bleiben, wurde „ The International Franchise Association (IFA) “ gegründet.34 Von nun an mussten bestimmte Spielregeln eingehalten werden. Franchise-Geber wurden verpflichtet ihre potenziellen Franchise- Nehmer, bevor sie von diesen Geld verlangen konnten, genauer über das jeweilige Unternehmenssystem zu informieren. Das vorzulegende Dokument, „ the Uniform Offering Circular (UFOC) “, enthielt Angaben über die Geschichte des Betriebs, den Franchise-Vertrag, Berichte über die finanzielle Lage des Unternehmens und eine Liste der bereits vorhandenen Partner. Durch solche Maßnahmen, welche weltweit Praxis machten, konnte neues Vertrauen in das Franchising gewonnen werden.
Die Gründe für den bis heute anhaltenden „Franchise-Boom“ liegen, laut dem Nachrichtenmagazin „ Time “ auf der Hand: Einerseits suchen immer mehr Menschen in einem eigenen Unternehmen Selbstbestätigung, und anderseits erlaubt das Franchising einen relativ risikolosen Einstieg in die Selbständigkeit.35 Fast jede zweite herkömmliche Unternehmensgründung in Deutschland scheitert, dagegen liegt die „Flop-Rate“ bei Franchise-Nehmern bei weit unter zehn Prozent.36
Mit weltweit sicherlich über 12.000 unterschiedlichen Franchise-Systemen ist das Franchising aus dem heutigen Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken, ja es befindet sich sogar in fast allen Branchen weiter auf dem Vormarsch.37 Nach Schätzungen des amerikanischen Handelsministeriums könnte der Anteil der Franchise-Systeme am Einzelhandelsumsatz in wenigen Jahren auf etwa 75 % zunehmen.38 Diese Prognose verdeutlicht, welche Geschichte das Franchising schon geschrieben hat und in Zukunft wahrscheinlich noch schreiben wird.
3.2 Aktuelle Zahlen zum Franchising
Genaue Zahlen über die Franchise-Wirtschaft zu erhalten ist leider so gut wie unmöglich, da die nationalen Franchise-Verbände meistens nur einen Teil der im eigenen Land aktiven Franchise-Systeme erfassen. Die von Verbänden, Consultants oder anderen privaten und öffentlichen Einrichtungen durchgeführten Untersuchungen liefern somit meist sehr unterschiedliche Ergebnisse und Statistiken. Dr. h.c. D. Fröhlich, Präsident des DFV, beziffert zum Beispiel die Zahl der Franchise-Systeme in den Vereinigten Staaten von Amerika auf über 5.000, Küster auf rund 3.600, Bond ´ s Franchise Guide auf ca. 2.500 und der amerikanische Franchise-Verband IFA auf ungefähr 1.500.39 Das verdeutlicht die Problematik Franchise-Systeme zu identifizieren, wenn sie nicht Mitglied eines Verbandes sind und/oder als Subsystem in einem großen Unternehmen bestehen. Trotzdem soll im folgenden Abschnitt versucht werden, durch Zahlen und Statistiken die hohe Bedeutung des Vertriebstypus für die Wirtschaft vorzustellen und deren extreme Ausbreitung darzustellen.
Eindeutig ist, dass das Franchising im weltweiten Vergleich bei weitem in den USA am häufigsten vorzufinden ist. Nimmt man Küsters Zahlen kommen 3.600 Franchise-Geber mit ihren 550.000 Franchise-Nehmern auf einen jährlichen Umsatz von über 800 Mrd. US-$.40 Insgesamt arbeiten über 8 Mio. Menschen in der amerikanischen FranchiseBranche. In ihr werden zudem jedes Jahr über 170.000 neue Jobs geschaffen.41 In Europa kommt man auf ungefähr 3.300 Franchise-Systeme, wobei aber beachtet werden muss, dass es mit Sicherheit zu einigen Mehrfachzählungen gekommen ist, da international tätige Systeme in mehreren nationalen Franchise-Verbänden bzw. Ländern gleichzeitig aktiv sein können. Zusammen mit mehr als 140.000 Franchise-Nehmern und 1 Mio. Mitarbeiter erwirtschaften sie rund 75 Mrd. €.
Ein tabellarischer Vergleich soll die verschiedenen Franchise-Ausprägungen in den USA und in Europa aufzeigen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 3: Franchising, Vergleich USA - Europa42
Die Tabelle zeigt die Unterschiede recht deutlich auf. Die Franchise-Systeme sind in den USA durchschnittlich um über das 3,5-fache größer als in Europa und setzen dabei ungefähr das 8,5 bis 12,2-fache um.43 Auch die Umsätze der einzelnen FranchiseNehmer sind folglich um einiges höher als in Europa. Diese Daten verdeutlichen die unterschiedliche Signifikanz des Franchisings für die jeweilige Wirtschaftsregion, zeigen aber auch das weiterhin enorme Potential des Franchisings auf.
Die meisten Franchise-Systeme agieren national oder zumindest in gleichsprachigen Ländern. Im Verhältnis dazu gibt es zwar nicht sehr viele „ Global Player “, doch haben diese meist extreme Größenordnungen erreicht. Alleine in den USA gibt es sieben Franchise-Systeme die mehr als 10.000 Betriebe unterhalten, fünf davon sind sogenannte „ Fast-Food-Ketten “, allen voran McDonald ´ s.
In Deutschland hat sich das Franchising zwar stetig weiterentwickelt aber nicht auf so hohem Niveau wie beispielsweise in Frankreich. Frankreich wurde sogar schon wegen seines um mehr als 70 Prozent höheren Gesamtumsatzes der Branche bei insgesamt weniger Franchise-Gebern und -Nehmern im Vergleich zu Deutschland als Franchise Europameister betitelt.44 Franchising von Supermarkt- und Hotelketten ist in Frankreich im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern weit verbreitet und trägt einen nicht unerheblichen Teil zum Gesamtumsatz dieser Branchen bei.
Die folgenden Tabellen sollen den aktuellen Stand der Dinge in Deutschland wiederspiegeln.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 4: Franchise-Entwicklung in Deutschland45
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 2: Franchise-Entwicklung in Deutschland (Index 1995=100)46
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 5: Top-20-Franchising-Hitparade 200247
Im Allgemeinen gibt es auch bei den Statistiken zu Franchise-Systemen in Deutschland je nach Untersuchung Abweichungen. Um einen Überblick allgemeiner Branchendaten über einen längeren Zeitraum zu bekommen, wurde die Statistik „Franchise- Entwicklung in Deutschland“ des DFV (Tabelle 4) angeführt. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich das Franchising in einem stetigen Wachstum befindet. Die Zahl der Franchise-Geber und der Gesamtbeschäftigten erhöhte sich von 1995 bis 1999 pro Jahr um durchschnittlich fast 10%. Der Umsatz und die Zahl der Franchise-Nehmer stieg sogar im Durchschnitt um mehr als 10% pro Jahr an. Die Grafik 2 stellt dies grafisch dar. Der im Vergleich überproportional gestiegene Umsatz spiegelt die potentielle Marktkraft von Franchise-Systemen wieder.
Die ADVISA -Studie (Tabelle 5) wurde ausgewählt, da sie einerseits die 20 größten in Deutschland tätigen Franchise-Systeme vorstellt und andererseits die aktuellste aller verfügbaren Untersuchungen zum Thema Franchising ist. Die Auflistung zeigt, dass der Einsatz der vertikalen Kooperationsform Franchising in vielen verschieden Branchen möglich ist.
4 Franchising (Business Format Franchising)
Vertrieb ist mehr als die bloße Transaktion an einem Verkaufspunkt, an dem der Kunde eine Ware oder eine Dienstleistung gegen Geld erhält. Es bedeutet vor allem auch Qualitätssicherung, effizientes Controlling, Nachhaltigkeit, Integration, Transparenz und Customer Relationship Management (CRM).48
Es ist sehr wichtig, durch eine umfassende Qualitätssicherung - angefangen bei der Beschaffung bis hin zu einer gut organisierten Logistik - eine orts- und zeitungebundene gleichbleibende Qualität sicherzustellen. Gerade beim Franchising fordert der Kunde eine ihm bekannte Qualität auf hohem Niveau. Es darf für ihn keinen Unterschied machen, wo er die Dienstleistung bzw. die Ware erhält. Ein umfassendes Controlling dient der möglichst kurzen Reaktionszeit auf eine veränderte Umwelt und soll vor allem die Unternehmung auf Kurs halten. Dieses Ziel wird ebenfalls mittels der angestrebten Nachhaltigkeit verfolgt. Es geht dabei um eine zielgerichtete, dauerhafte und stetige (Weiter-)Entwicklung der Unternehmung und ihrer Prozesse. Ständige Richtungswechsel sollen so vermieden werden, da diese die angestrebten klaren Linien einer Vertriebsorganisation nicht ermöglichen. Die geforderte Integration betrifft nicht nur die internen Strukturen, sondern auch zum Beispiel die Lieferanten und die Kunden einer Organisation. Im Falle des Franchisings gibt es für den Franchise-Geber zwei Kundenebenen. Einerseits sind dies die kooperierenden Franchise-Nehmer und anderseits die Endkunden. Die Integration fördert den Zugang zu den Wünschen und Bedürfnissen der zwei Kundengruppen, vermeidet aber auch interne Konflikte und aufkommende Probleme mit den Franchise-Nehmern. Durch das „Involvement“ der Franchise-Partner erhöht man auch gleichzeitig die Transparenz. Beschlüsse, Richtlinien und Vorgaben sowie Konzepte und Visionen werden nur geeignet umgesetzt, wenn sie nachvollziehbar und verständlich für alle Betroffenen sind. Die Integration der Kunden und die Transparenz für die Kunden sind als wichtige Bausteine des Customer Relationship Managements zu sehen. Im Mittelpunkt des CRM steht dabei das Ziel, Kundenbedürfnisse zu erkennen und zu befriedigen. Kurz gesagt bedeutet dies, neue Kunden ausfindig zu machen, zu erobern und zu erhalten.49 Dabei sollen und können mit CRM Kunden bewertet und segmentiert, Kundenpotentiale ausgeschöpft und attraktive Kunden langfristig gebunden werden.
Die oben genannten Merkmale heben also eine moderne Vertriebsorganisation vom bloßen Verkauf einer Ware bzw. einer Dienstleistung deutlich ab.
Das Franchising ist eine solche moderne Form des Vertriebs und geht noch einen Schritt weiter. Im Mittelpunkt des Franchisings stehen nicht nur diese Merkmale, sondern vor allem die stetige und dauerhafte Know-how-Entwicklung. Die folgende Grafik soll dies verdeutlichen und dem Leser grob veranschaulichen wie eine solche Weiterentwicklung des Know-hows vonstatten geht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Grafik 3: Franchise-Know-how-Kreislauf50
Franchise-Systeme handeln im Sinne des Ausspruchs: „Das Rad muss nur einmal erfunden werden“. Wird zum Beispiel eine erfolgreich erprobte Innovation standardisiert, können alle Franchise-Partner von der Errungenschaft bzw. Erkenntnis Nutzen ziehen. Nicht nur der Franchise-Geber generiert Know-how sondern auch die Franchise-Nehmer. Es ist aber Aufgabe des Franchise-Gebers dieses Know-how zu erkennen, zu standardisieren und vermittelbar zu machen. Erfahrungstagungen (ERFA- Tagungen) und Arbeitskreise sind „Sammelbecken“ verschiedenster lokaler und regionaler Erfahrungen. Im Franchise-Beirat, bzw. in der Franchise-Systemzentrale werden die erfolgsversprechenden Erfahrungen und Vorschläge ausgewählt und in einem Pilotprojekt in einem Franchise-Betrieb erprobt. Bei erfolgreicher Durchführung muss dieser Know-how-Zuwachs vom Franchise-Geber standardisiert, multipliziert und auf die Franchise-Nehmer transferiert werden. So schließt sich der Franchise-Know- how-Kreislauf und bildet einen fortlaufenden Prozess.
Das entwickelte Franchise-Know-how stellt ein gebündeltes Wissen dar, welches zur Betriebsführung notwendig ist oder zumindest einen erheblichen Wettbewerbs- vorsprung verspricht.51 Es handelt sich, wie der Franchise-Know-how-Kreislauf gezeigt hat, um erprobtes Wissen und nicht um theoretisches Gedankengut ohne bewiesenen Wert. Laut der vertikalen Gruppenfreistellungsverordnung der EU wird Know-how wie folgt definiert:52
„ Know-how ist eine Gesamtheit nicht patentierter praktischer Erkenntnisse, die der Lieferant durch Erfahrung und Erprobung gewonnen hat und die geheim, wesentlich und identifiziert sind; hierbei bedeutet „ geheim “ , dass das Know-how als Gesamtheit oder in der genauen Gestaltung und Zusammensetzung seiner Bestandteile nicht allgemein bekannt und nicht leicht zugänglich ist; „ wesentlich “ bedeutet, dass das Know-how Kenntnisse umfasst, die für den Käufer zum Zwecke der Verwendung, des Verkaufs oder des Weiterverkaufs der Vertragswaren oder -dienstleistungen unerlässlich sind; „ identifiziert “ bedeutet, dass das Know-how umfassend genug beschrieben ist, sodassüberprüft werden kann ob es die Merkmale „ geheim “ und „ wesentlich “ erfüllt. “
[...]
1 Schedler/Proeller 2000, S. 5
2 KGSt 1993, S. 15ff; oder ausführlich Bals/Hack 2002
3 Naschold 2000, S. 13, Bolter 1998, S. 2
4 Naschold 2000, S. 13
5 Stößel 1998, S. 243 ff
6 KWI 2002
7 Bolter 1998, S. 50
8 Flohr/Frauenhuber/Liebscher/Wildhaber (Hrsg.) 2003, S. 17
9 KGSt 1993, S. 15ff; oder ausführlich Bals/Hack 2002
10 Schedler/Proeller 2000, S. 15
11 Stößel 1998, S. 9
12 Stößel 1998, S. 9
13 eigene Darstellung
14 Bolter 1998, S. 12
15 Schedler/Proeller 2000, S. 22
16 eigene Darstellung
17 Brockhaus Enzyklopädie 1970, Band 10, S. 475
18 Tietz 1991, S. 13
19 Ahlert 1981, S. 87
20 Barth 1993, S. 110 f.
21 erstellt von der European Franchise Federation (EFF) in Abstimmung mit der EG-Kommission in Brüssel und gültig für alle nationalen Franchise-Verbände und Mitglieder des EFF; DVF 2002, S. 171
22 DFV 2002, S. 171
23 Quelle: Küster 2000, S. 15
24 DFV 2002, S. 171
25 Brockhaus Enzyklopädie 1968, Band 6, S. 445
26 Flohr 2001, S. 1
27 Kunkel 1994, S. 7f
28 Martinek 1987, S. 28; Fachverlag U. Kessler 2003, www.franchiseportal.de
29 Bassuk 2000, www.franinfo.com/history.html
30 Bassuk 2000, www.franinfo.com/history.html; Fachverlag U. Kessler 2003, www.franchiseportal.de; Skaupy 1995, S. 2
31 Bassuk 2000, www.franinfo.com/history.html
32 Zahlen aus: McDonald's Reports First Quarter 2003 Results, www.mcdonalds.com/corporate/press/ financial/2003/04282003/index.html, (08.05.2003)
33 Küster 2000, S. 9f
34 Bassuk 2000, www.franinfo.com/history.html
35 franchise-net GmbH 2002, www.franchise-net.de
36 IHK Nordschwarzwald 2002, www.nordschwarzwald.ihk24.de
37 verschiedene Schätzungen gehen von 12.000 - 16.000 Systemen aus. Küster 2000, S. 11; Fachverlag U. Kessler 2003, www.franchiseportal.de
38 Fachverlag U. Kessler 2003, www.franchiseportal.de
39 Fröhlich 2002, S. 20ff; Küster 2000, S. 11; Bond 1998; IAF 1999
40 Zahlen, soweit nicht anders erwähnt, aus Küster 2000, S. 11
41 Fachverlag U. Kessler 2003, www.franchiseportal.de
42 eigene Darstellung, Daten entnommen aus Küster 2000, S. 11
43 dabei wird eine Wechselkursspanne zwischen 0,80 und 1,20 $ / € berücksichtigt
44 Schulz 2001, S. 100
45 Quelle: Deutscher Franchise-Verband Info Nr. IV/2000, S. 2
46 eigne Darstellung anhand der Daten aus Tabelle 4
47 Quelle: ADVISA 2002, S. 18
48 Wildhaber 2003, S. 21
49 RealMarket Inc. 2002, www.realmarket.com
50 modifiziert nach Wessels 2001, S. 56
51 Wessels 2001, S. 57
52 vertikale Gruppenfreistellungsverordnung (vGVO), siehe DFV 2002, S. 185ff
- Arbeit zitieren
- Felix Piazolo (Autor:in), 2003, Franchise-Systeme in der öffentlichen Verwaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25417
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