„Kultur ist zwar ein Produkt der Sprache, aber von jedem Kommunikationsmedium wird sie neu geschaffen.“
Neil Postman
Das Internet ist das einzige Massenmedium, das in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts neu entstanden ist. Die Beschleunigung der technologischen Entwicklungen im Kommunikationsbereich in den vergangenen fünf Jahren hat Auswirkungen auf Staaten, Gesellschaft, Wirtschaft und global zusammenhängende Prozesse. Sie werden zu Beginn des 21. Jahrhunderts einer der zu erwartenden bestimmenden Faktoren für den Wandel unseres Umfeldes sein. Das Internet ist als der Dreh- und Angelpunkt einer vernetzten Welt zu betrachten und kann als Spiegelbild der Realität gelten. In den 90er Jahren hat sich das einst militärische, dann akademische Netz in ein weltweites großwirtschaftliches Projekt der Kommunikations-, Computer- und Unterhaltungsindustrie verwandelt, in das eine dreistellige Millionenzahl als Nutzer und Produzenten eingezogen ist. Anders als bei den klassischen Großtechnologien (Atom, Weltraum, Militär) ist die Geschichte des Internets ebenfalls in kürzester Zeit von einer Vielzahl Prophezeiungen und Hiobsbotschaften begleitet. Wie jede Technik oder anwendungsorientierte Wissenschaft, setzt sich auch das Internet der Diskussion um seine positiven und negativen Potenziale aus, worauf auch Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club hinweist. Er betrachtet wertneutral Computer als Werkzeuge und Netze als Strukturverstärker. Das bedeutet für ihn, dass man mit Computern auch Strukturen verstärken kann, die einerseits vielleicht einen Überwachungsstaat bringen, andererseits aber auch Tendenzen sein können, um freiheitlich Wissen und Informationen miteinander auszutauschen. Oder simplifizierend kann es auch nichts weiter sein als ein globaler Supermarkt, wie sich das einige Unternehmen vorstellen. Da derzeit viele Akteure aus verschiedensten Bereichen und Interessengruppen mit ihrem eigenen Leitbild an die Sache herangehen und versuchen, irgendetwas aus dem Netz zu machen, hat man zum jetzigen Zeitpunkt eine große Vielzahl an Paralleluniversen, die sich sozusagen im Internet abspielen. In solch einer vernetzten Welt entstehen so ständig neue Chancen und Gefahren.
Nun ist die Welt im Internet. Sie ist drin.
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
1. Einleitung
2. Die Informationsgesellschaft als Ursprung der Info-Poor- und Info-Rich- Problematik
2.1. Technik : Das Internet
2.1.1. Eine kurze Geschichte des Internets
2.1.2. WWW – Das World Wide Web
2.1.3. Organisationale Internetmacht-Wem „gehört“ eigentlich das Internet?
2.2. Gesellschaft : Die Informationsgesellschaft
2.2.1. Die Informationsgesellschaft
2.2.2. Der Begriff „Informationsgesellschaft“ – Definitionsansätze
2.2.3. Die Begriffe „Information“, „Daten“ und „Wissen“ in der Informationsgesellschaft
2.3. Technik und Gesellschaft: Computernetze als Sozialsystem
2.4. Zusammenfassung
3. Ein Massenmedium und die Meinungsfreiheit
3.1. Internet – Ein Massenmedium?
3.2. Meinungsfreiheit und Zugangskontrolle
3.3. Meinungsführerschaft im Internet
3.4. Zusammenfassung
4. Internet in Zahlen -Statistisches
4.1. Das Internetwachstum
4.1.1. Internetwachstum - global betrachtet
4.1.2. Internetwachstum in Deutschland
4.1.3. Internetwachstum - extreme Ungleichheit bei der geographischen Verbreitung
4.2. Die Nutzerstruktur
4.2.1. Die Nutzerstruktur – Sozio-demografische Faktoren global betrachtet
4.2.2. Die Nutzerstruktur – Sozio-demografische Faktoren für Deutschland
4.3. Gründe für Internetnutzung
4.3.1. Nutzung des Netzes in Deutschland
4.3.2. Gründe für Internetnutzung bei Kindern und Jugendlichen
4.4. Zusammenfassung
5. Nachhaltig beeinflußte Felder im Rahmen der Informationsgesellschaft
5.1. Bildung, Lernen, Schule
5.2. Arbeitswelt
5.3. Wirtschaft und E-Commerce
5.4. Politik und E-Governement
5.5. Kriminalität, Sicherheit, Kontrolle und Öffentlichkeit
5.6. Abhängigkeit von Netzen
5.7. Zusammenfassung
6. Info-Poor und Info-Rich Effekte durch Globalisierung
6.1. Informationsgesellschaft und Globalisierung
6.2. Ausgewählte Entwicklungen vor dem Hintergrund der Globalisierung
6.2.1. Entwicklungsländer: Beispiel Afrika
6.2.2. Kontrolle: Beispiel China – Politische Kraft von oben
6.2.3. Macht: Beispiel Mexikos Zapatisten, die erste informationelle Guerillabewegung – Politische Kraft von unten
6.3. Zusammenfassung
7. Wissenskluft – Digital Divide
7.1. Was ist Wissenskluft?
7.2. Wodurch kommt Wissenskluft zustande?
7.3. Das dramatische an der Wissenskluft
7.4. Programme gegen die Wissenskluft
7.5. Zusammenfassung
8. Medienkompetenz - Definition, Anforderungen und Einordnung in die Erziehungswissenschaft
9. Generation @ - Kinder und Jugendliche in der Informationsgesellschaft
10. Die Untersuchung zur Info-Rich, Info-Poor- Situation
10.1. Begründung der Untersuchung zur Info-Rich, Info-Poor- Situation
10.2. Begründung der Forschungsmethode - Warum eine Umfrage?
10.3. Probleme bei Umfragen zum Gegenstand „Internet“
10.4. Forschungsleitende Fragen und Hypothesen
10.5. Planung und Aufbau der Untersuchung
10.5.1. Die Zielgruppe
10.5.2. Ablauf
10.5.3. Der Fragebogen
10.6. Warum kein klassischer Pretest?
10.7. Ziele der Voruntersuchung
10.8. Zusammenfassung
11. Auswertung der Untersuchung
12. Schlußwort
13. Literatur
14. Anhang
A) Anschreiben an Schulen
B) Lehrer-Information für die teilnehmenden Schulen
C) Eltern-Information und Einverständniserklärung
D) Fragebogen
E) Datenmatrix der Untersuchung auf beigelegter Diskette
Vorbemerkung
1. Zum Ausdruck der Geschlechter sei gesagt, dass in der Regel beide gemeint sind. Nicht verwendet werden sprachliche Notkonstruktionen, wie etwa „MitarbeiterInnen“. Ich finde sie stören durch das große „I“ nur den Lesefluss und das gewohnte Schriftbild.
2. Eine Bemerkung vorweg zur Zitier-Technik von Internetseiten. Ich mache auch Gebrauch von Quellenmaterial, das nicht in Printform, sondern nur elektronisch im Internet veröffentlicht wurde. Einen allgemein anerkannten Standard für das wissenschaftliche Zitieren von Online-Publikationen gibt es jedoch (noch) nicht. Ich orientiere mich im Wesentlichen an der von Bleuel vorgeschlagenen Technik. Quellen aus dem World Wide Web werden nach dem folgenden Muster zitiert:
Autor: Titel des Beitrags. Online im Internet 2003. URL: http://www.adresse.de [Stand 01.01.2003].
Das Erscheinungsdatum gebe ich nur dann an, wenn es in der Online-Quelle explizit erwähnt wird. Dies ist allerdings nicht immer der Fall.
Beispiel:
Müller-Maguhn, A.: Die Welt im Internet Wir kamen, sahen, surften. Wie geht die Gesellschaft mit dem Internet um? Online im Internet 2000 URL: http://www.in-concept.de [Stand 15.11.2002].
„Kultur ist zwar ein Produkt der Sprache, aber von jedem Kommunikationsmedium wird sie neu geschaffen.“
Neil Postman
1. Einleitung
Das Internet ist das einzige Massenmedium, das in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts neu entstanden ist. Die Beschleunigung der technologischen Entwicklungen im Kommunikationsbereich in den vergangenen fünf Jahren hat Auswirkungen auf Staaten, Gesellschaft, Wirtschaft und global zusammenhängende Prozesse. Sie werden zu Beginn des 21. Jahrhunderts einer der zu erwartenden bestimmenden Faktoren für den Wandel unseres Umfeldes sein. Das Internet ist als der Dreh- und Angelpunkt einer vernetzten Welt zu betrachten und kann als Spiegelbild der Realität gelten. In den 90er Jahren hat sich das einst militärische, dann akademische Netz in ein weltweites großwirtschaftliches Projekt der Kommunikations-, Computer- und Unterhaltungsindustrie verwandelt, in das eine dreistellige Millionenzahl als Nutzer und Produzenten eingezogen ist. Anders als bei den klassischen Großtechnologien (Atom, Weltraum, Militär) ist die Geschichte des Internets ebenfalls in kürzester Zeit von einer Vielzahl Prophezeiungen und Hiobsbotschaften begleitet. Wie jede Technik oder anwendungsorientierte Wissenschaft, setzt sich auch das Internet der Diskussion um seine positiven und negativen Potenziale aus, worauf auch Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club hinweist[1]. Er betrachtet wertneutral Computer als Werkzeuge und Netze als Strukturverstärker. Das bedeutet für ihn, dass man mit Computern auch Strukturen verstärken kann, die einerseits vielleicht einen Überwachungsstaat bringen, andererseits aber auch Tendenzen sein können, um freiheitlich Wissen und Informationen miteinander auszutauschen. Oder simplifizierend kann es auch nichts weiter sein als ein globaler Supermarkt, wie sich das einige Unternehmen vorstellen. Da derzeit viele Akteure aus verschiedensten Bereichen und Interessengruppen mit ihrem eigenen Leitbild an die Sache herangehen und versuchen, irgendetwas aus dem Netz zu machen, hat man zum jetzigen Zeitpunkt eine große Vielzahl an Paralleluniversen, die sich sozusagen im Internet abspielen. In solch einer vernetzten Welt entstehen so ständig neue Chancen und Gefahren.
Nun ist die Welt im Internet. Sie ist drin.
Seit der Existenz des weltumspannenden digitalen Netzes sind seine Auswirkungen auf die Gesellschaft umstritten. Welchen Einfluss hat das Netz tatsächlich auf unsere Gesellschaft?
Kritisch werden von Soziologen die neuen Informationstechnologien bezüglich eines Szenarios eines „Digital Divide", eine Spaltung unserer Gesellschaft in Angeschlossene und Ausgeschlossene, in Info-Rich und Info-Poor beobachtet. Die Gefahr einer solchen Spaltung der Gesellschaft ist nicht von der Hand zu weisen. Dafür reicht allerdings die einfache Forderung „Zugang für alle" nicht aus, wenn sich diese allein auf die Frage der technischen Ausstattung beschränkt. Das Aufstellen von leistungsfähigen Computern in Schulen kann ein erster Schritt sein. Aber darüber hinaus sind auch die Bürger der bereits dem Schulalter entwachsenen Generationen zu berücksichtigen.
Info-Poor oder Info-Rich ist eine Bezeichnung für Menschen mit Zugang zum Internet und zu allgemeinen Informationen beziehungsweise ohne Zugang und den daraus möglicherweise erwachsenden Konsequenzen. Das Online-ABC definiert Info-Rich, Info-Poor folgendermaßen:
„Info-Poor“:
„Menschen, deren gesellschaftlicher Status durch „Informationsarmut“ und Analphabetismus bestimmt ist. Das Schlagwort entstammt der Theorie der Informationsgesellschaft, die eine bisher nicht dagewesene gesellschaftliche Wirkungsmächtigkeit der Ware Information prognostiziert. Die „Infogesellschaft“ produziert eine „Klassenteilung“ zwischen Menschen, die in der Mehrzahl keinen Zugang zum „Herrschaftswissen“ haben werden und denjeningen, die als Information Rich ökonomische Macht konzentrieren. Info-Poor sind die Konsumenten, die lediglich vorgefertigte „Info-Häppchen“ über Fernsehen, Video und Computerspiele konsumieren können, aber keinen Einfluß auf die Verteilung von Information haben. Info-Poor sind auch die Arbeiter der Zukunft, die an einfach zu bedienender Software lediglich zu mechanisch ausführenden Helfern der Verteilung und Verarbeitung von Information degradiert werden.“
(Klinger, Segert: Das Online ABC. URL: http://www.webwunder.de/abc/index.htm)
Im Gegensatz dazu stehen die „Info-Rich“:
„Eine neue Elite in der prognostizierten Informationsgesellschaft. Sie herrscht in den Manager-Etagen dank ihrer Macht über die Ware Information. Ihr gegenüber steht ein zunehmend größer werdendes Heer von Info-Poor (Informationsarme). Info-Rich bestimmen über die Verteilung und den Wert der Information und besitzen die Technik und das Know-How zur Verarbeitung und Verteilung der stetig wachsenden Informationsmengen.“
(Klinger, Segert: Das Online ABC. URL: http://www.webwunder.de/abc/index.htm)
Eine ganze Reihe von Lebensumfeldern wird durch Info-Poor- und Info-Rich-Effekte mit umwälzender Wirkung verändert oder zumindest erheblich berührt.
Die Frage, ob das Internet emanzipatorische Möglichkeiten eröffnet, wird umstritten bleiben. Die bestehende Kluft zwischen Info-Rich und Info-Poor wächst. National und staatenübergreifend zeigt sich nämlich ein Gefälle hinsichtlich der Verfügbarkeit über Informations- und Kommunikationssysteme zwischen den Geschlechtern einerseits und Armen und Reichen andererseits. In den Industrieländern wird das Internet hauptsächlich von Schichten mit höherem Einkommen und besserer Bildung - vorwiegend Männern – genutzt, während die Bevölkerung in vielen Entwicklungsländern gänzlich vom Zugang zum Internet ausgeschlossen ist. Kritiker weisen auch auf die staatlichen Überwachungsmöglichkeiten durch die zunehmende Vernetzung personenbezogener Daten und elektronischer Kommunikation hin.
Um ein Bewusstsein für die Komplexität des Gegenstandes dieser Arbeit zu schaffen, also Info-Poor- und Info-Rich-Effekte, wird der Gegenstand aus verschiedenstartigen gesellschaftlichen Blickwinkeln, globalen Bereichen und soziologischen und pädagogischen Feldern beleuchtet. Die vorliegende Arbeit gliedert sich wie folgt:
Vorweg sei gesagt, dass in dieser Arbeit eine Zusammenschau verschiedenster Bereiche im Mittelpunkt steht, aber dies im Rahmen einer Diplomarbeit nur ansatzweise geschehen kann.
Basis und Ausgangslage von Info-Poor- und Info-Rich-Effekten ist die Gesellschaft. Die oft zitierte neue Form der Gesellschaft wird mit dem Begriff der Informationsgesellschaft etikettiert.
Zunächst werden die Entstehung und der Begriff der Informationsgesellschaft ergründet und daraus entstehende Einflussnahmen auf Gesellschaft beschrieben. Die Entstehung gliedert sich in eine technische und eine gesellschaftliche Komponente. Innerhalb der technischen Komponente werden unterschiedlichste Interessengruppen aus Wirtschaft und Politik betrachtet, die maßgeblich an der Entwicklung des Internets beteiligt sind und somit auch als einflussnehmende Machtfaktoren gesehen werden können. Innerhalb der gesellschaftlichen Komponente ist eine Definition zu finden für die Begriffe Information und daran anschließend Informationsgesellschaft. Im Folgenden werden Wechselwirkungen der Technik und der Gesellschaft betrachtet.
Nach diesem Umriss einer Informationsgesellschaft ist der Stellenwert des Internets als Massenmedium vor dem Hintergrund der Info-Poor-/Info-Rich-Debatte zu ermitteln. Nachfolgend wird der Frage nachzugehen sein, inwieweit und ob Meinungsfreiheit im Medium Internet gegeben ist und ob sich Meinungsführerschaften bezüglich einer Info-Rich-Fraktion herauskristallisieren.
Um das Feld Info-Poor-/Info-Rich enger fassen zu können, gilt es, anschließend statistische Angaben über Nutzungsverhalten des Internets zu betrachten. Es werden sowohl Daten für Deutschland als auch über die globale Situation und möglicher daraus resultierender Folgen beleuchtet. Die statistische Beleuchtung steht auch vor dem Hintergrund einer kurzen Darstellung Info-Poor-/Info-Rich-Konflikt-Felder.
Es gilt dann zu erörtern, wie ausgewählte Lebensfelder im Informationszeitalter beeinflusst oder nachhaltig verändert werden.
Zur Betrachtung gelangen die Bereiche Lernen, Bildung, Schule, die Arbeitswelt, der Wirtschaftsbereich, Politik, Kriminalität und Schutz. Abschließend wird dort der Frage nach der Abhängigkeit von Netzen in Lebensfeldern nachgegangen.
Um andererseits aber auch die Mächtigkeit der technischen Neuerungen und den darin verborgenen Machtmöglichkeiten der Informationsgesellschaft auf dem globalen Parkett aufzuzeigen, werden drei ausgewählte Beispiele vorgestellt. Die drei Beispiele sind zum einen eingebettet in die zuvor beschriebenen ausgewählten Lebensfelder die im Informationszeitalter beeinflusst oder nachhaltig verändert werden, zum anderen stehen sie im Spannungsfeld der Globalisierung. Anhand der Info-Poor-/Info-Rich-Situation in Afrika auf dem Bildungs- und Wirtschaftssektor wird kurz umrissen, welche Möglichkeiten sich für Entwicklungsländer ergeben können.
Folgend wird die Macht der Politik von oben anhand der Internetzugangskontrollen in China erörtert, wie diese politische Macht aufweicht aufgrund übergeordneter Strukturen und wie sie der Informationsgesellschaft immanent ist. Umkehrend wird im dritten Beispiel die Macht der Politik von unten dargestellt. Anhand der politischen Zapatisten Bewegung in Mexiko wird kurz umrissen, wie aufgrund der Möglichkeiten einer Informationsgesellschaft von der Volksbasis her politische Strukturen verändert werden konnten.
Besonderes Augenmerk ist dem Begriff der Wissenskluft zu widmen. Gerade dies ist bezeichnend für die sich darstellende Info-Rich-/Info-Poor-Entwicklung. Daher wird der „Digital Divide“ – die Wissenskluft – näher erörtert.
Die Informationsgesellschaft ist nicht nur ein soziologisches Gebilde, sondern wird auch als eine Herausforderung der Pädagogik aufgefasst. Besonderes Augenmerk wird dann auf das Feld der Medienpädagogik geworfen. Das Internet, als ein „Über“-Medium beeinflusst die Wahrnehmung der Rezipienten, sodass hier unter anderem Fragen nach Kritikfähigkeit und Wahrheitsbeurteilungsfähigkeiten nachgegangen wird. Die Medienkompetenz wird vor dem Hintergrund von Info-Poor-/Info-Rich-Effekten betrachtet. So kann ein „Internet-Analphabetismus“ wegen mangelnder Kulturaneignung bei beispielsweise vielen Senioren zu Info-Poor-Effekten führen. Aber auch bei Kindern und Jugendlichen sieht sich die Medienpädagogik herausgefordert, wenn es beispielsweise um Fragen der Fähigkeit geht, Glaubwürdigkeit bei medial, insbesondere über das Internet, verbreiteter Information zu beurteilen.
Da im Fokus dieser Arbeit eine Untersuchung steht, die als Zielgruppe Jugendliche anvisiert, wird nachfolgend kurz das Verhältnis von Jugendlichen und Medien beleuchtet.
Vor dem zuvor dargestellten Hintergrund steht schließend eine exemplarische quantitative Untersuchung. Das Thema Info-Poor-/Info-Rich ist einerseits in globale Zusammenhänge gebettet, andererseits beeinflusst es auch direkt Lebenswelten vor der Haustür. Wie könnte man sonst auch von einer Revolution der Gesellschaft sprechen, die sich im Begriff der Informationsgesellschaft kumuliert, wenn diese Revolution nicht auch die eigene Haustüre öffnet?
So wird der Frage nachgegangen wie Kinder und Jugendliche das Internet in Ihrer Lebenswelt erleben und wie sie es in den Alltag miteinbeziehen. Der in der Untersuchung verwendete Fragebogen greift unter anderem die beschriebenen Lebenswelten Schule, Arbeit, Politik sowie Kommunikationsverhalten auf. Die Untersuchung soll Aufschluss darüber geben, inwieweit sich auch hier Info-Poor-/Info-Rich-Effekte bemerkbar machen. Dazu gehört sicherlich auch die Ermittlung der Zugangsmöglichkeiten zum Internet und was damit getan wird. Andererseits wird über den Fragebogen auch der Bereich Medienkompetenz abgetastet.
2. Die Informationsgesellschaft als Ursprung der Info-Poor- und Info-Rich- Problematik
Ausgangslage und Nährboden für die Info-Rich-/Info-Poor Problematik ist ein Gebilde, das mit dem Begriff der Informationsgesellschaft belegt wurde. Im Folgenden werden die Entwicklungen dargestellt, die zur schleichenden Entwicklung einer Informationsgesellschaft geführt haben.
Stand noch in der Agrargesellschaft der Erwerb von Kenntnissen über Ackerbau, in der Industriegesellschaft die Erfindung von Dampfmaschinen und Gedanken über Ökonomie und taylorische Arbeitseffizienz im Fokus, so ist mit Sicherheit die Entwicklung des Computers und daraus folgend die Entwicklung von Computernetzen die Ausgangslage der Informationsgesellschaft. Die Erfassung von Daten und Information ist erstmals durch die Technik in großer Dimension realisierbar. Zunächst wird also die technologische Bedingung, kurz die Entwicklung von Computernetzen und des Internets umrissen, anschließend wird der Begriff der Informationsgesellschaft und die Bedeutung der Information näher beleuchtet und schließlich werden Rückkopplungseffekte von der Technik auf den Menschen betrachtet.
2.1. Technische Formung: Das Internet
Im Folgenden wird kurz die Entwicklung des Internets dargestellt. Die wichtigste Entwicklung des Internets war bisher der Bereich des World Wide Web – das WWW. Weiterhin wird aber auch der Frage nachgegangen, wer hinter all diesen technologischen Entwicklungen steht, die prägend für die Informationsgesellschaft sind.
2.1.1. Eine kurze Geschichte des Internets
Das Internet ist im Jahre 1969 im Auftrag des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums aus einem von der Advanced Research Project Agency (ARPA) durchgeführten Forschungsprojekt entstanden[2].
Ziel des Projektes ARPANET war die Entwicklung eines Kommunikationsmediums, welches die Kommunikation auch in einem Atomkrieg, bei Zerstörung großer Teile des Telefon- und Kommunikationsnetzes, aufrechterhalten konnte. Zwei Grundsätze waren maßgeblich für die Architektur des Netzes. Erstens eine dezentrale Struktur, in der alle Computer gleichwertig miteinander vernetzt sind und somit keine Hierarchien existieren. Und zweitens die Umsetzung des packet-switched networks. Dieses Prinzip besagt, dass Daten, die von einem zum nächsten Rechner übertragen werden, in kleine Pakete unterteilt werden, die sich, jeweils mit der Zieladresse versehen, selbständig den Weg zum Zielrechner suchen und dort wieder zusammengesetzt werden. Dadurch ist das Netz gegen den Ausfall einzelner Computer unanfällig, da die Übertragung über andere Wege gewährleistet ist.
In den 70er und 80er Jahren wurde das Internet nur in militärischen und akademischen Bereichen genutzt. Das Projekt startete mit vier Computern, die an der University of California Los Angeles (UCLA) installiert wurden. Als im Jahre 1972 die ”First International Conference on Computer Communication” stattfand, waren bereits 40 Rechner miteinander vernetzt. Es wurden Arbeitsgruppen zur Ausarbeitung eines Übertragungsstandards eingerichtet.
1976 wurde ein weiteres Netzwerk von Computern installiert: Dieses baute auf das unix-to-unix-copy-protocol (UUCP) auf. Ein Ziel dieser Einrichtung des Computer Science Research Network (CSNET) war der Aufbau eines alternativen Netzes zum ARPANET. Es wurde weitgehend zur Versendung von E-Mails und zur Abhaltung von Konferenzen eingerichtet.
1980 wurde eine Verbindung dieser beiden Netze angestrebt. Zu diesem Zweck wurde das TCP/IP entwickelt. Eine Verbindung sollte über Knotenpunkte (so genannte „gateways“) erfolgen, die den Benutzern unabhängig vom Ausgangspunkt gleiche Zugriffe ermöglichen sollten.
1979 entstand das Usenet (Unix-user-Net), ebenfalls auf dem unix-to-unix-copy-protocol basierend, um Nachrichten und Meinungen transportieren zu können. Es basiert auf einem Client-Server-Verhältnis, in dem der Server die Daten bereithält, die vom Client angefordert werden können. Das Usenet funktioniert als Diskussionsforum, in dem zu verschiedenen Themen diskutiert wird. Im Zuge einer Umstrukturierung, die als ”The Great Renaming” bezeichnet wurde, ist eine Neugliederung der Diskussionsforen vorgenommen und das Protokoll von UUCP auf das neue net-news-transfer-protocol (NNTP) umgestellt worden, mit dem die Usenet-Nachrichten über TCP/IP übertragen werden konnten. Zudem wurden große Teile der News über das ARPANET verbreitet. ”The Great Renaming” war durch eine Überfrachtung der alten Usenet-Gliederung notwendig geworden und brachte heftige Debatten über die Neustrukturierung, die sieben Hauptkategorien von Nachrichten vorsah. Ein weiterer Grund für die stärkere Untergliederung sollte die Möglichkeit sein, Anbietern eines Zugangs zum Usenet einen leichteren Überblick über die Themen der einzelnen Gruppen zu gewähren und ihnen damit die Möglichkeit einzuräumen, unliebsame Diskussionsforen zu sperren. Die Verwalter des Usenet weigerten sich, nach der Neugliederung Diskussionsforen zu den Themen Sex und Drogen zu führen. Als Reaktion, laut Hardy, richteten die Nutzer alternative Verbreitungswege ein, die die Newsgroup der „alt“-Hierarchie durchsetzte, die alternative Themen und Meinungen tragen.
1981 wurde das BITNET (Because it´s time Network) aufgebaut. Es bot den Nutzern die Möglichkeit, über ein System namens „listserv“ in die Verteiler von verschiedenen Rundbriefen (Mailinglisten) aufgenommen zu werden und diesen zu abonnieren. Außerdem konnte der Nutzer eigene Texte oder Dateien über diese Verteiler verschicken.
Das 1983 eingerichtete Fido-Netz bot ähnliche Funktionen wie die Usenet- und BITNET-Netzwerke. Im Unterschied zu den anderen Netzen arbeitete das Fido-Netz jedoch auf der Basis der IBM-PC-Plattform, und damit konnte jeder Besitzer eines PCs ein Bulletin Board System (BBS) einrichten. Dies war ein entscheidender Schritt, da die Einrichtung von Netzwerken bisher nur auf teuren Unix-Rechnern möglich war. Als dann 1986 ein «uucp» für DOS entwickelt wurde, konnte eine Verbindung zwischen dem Usenet und dem Fido-Netz hergestellt werden.
Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des Netzes, denn damit war das Netz für alle PC-Besitzer prinzipiell offen.
Diese unterschiedlichen Entwicklungen der einzelnen Netzwerke mit Ausbildung eigener spezifischer Kommunikationsstrukturen und Dienstleistungen und deren schrittweises Zusammenwachsen schufen die Voraussetzungen für ein weltweites Kommunikationsnetz per Computer. Die meisten dieser Dienste arbeiteten jedoch auf der Ebene des Betriebssystems Unix und Anwenderfreundlichkeit mit intuitiver Bedienung war nicht gegeben, sodass die Anwendung des Netzes auf Computerexperten beschränkt war.
Erst 1989 wurde mit der Entwicklung des Hypertext Transfer Protocol (HTTP), der Formatiersprache Hypertext Markup Language (HTML) und den ersten Programmen mit grafischer Benutzeroberfläche die Bedienung vereinfacht und das Netz in der Folge einer breiten Anwenderschaft zugänglich gemacht. Durch die Anwenderfreundlichkeit und vor allem wegen der Integration der verschiedenen Dienste wurde das WWW schnell populär und hat sich zu einem der meist genutzten Services entwickelt.
2.1.2. WWW – Das World Wide Web
Das WWW ist einer der jüngsten Dienste im Internet, hat sich aber in den wenigen Jahren seiner Existenz zu einem der meist genutzten Angebote gewandelt.
1992 kam der Durchbruch, als das Internet und das World Wide Web (WWW) serienreif wurden, denn nun konnte man nicht nur einfache Texte, sondern auch Bilder, Ton und Videos sowohl herunterladen als auch verschicken. Entwickelt wurde das World Wide Web Ende der 80er Jahre von Tim Berners-Lee am Europäischen Labor für Teilchenphysik (CERN) in Genf.
Im Jahr 1992 gelang es am National Center for Supercomputing Appilications (NCSA) der Universität Illinois, die erste graphisch orientierte Navigationssoftware für das WWW fertig zu stellen (Mosaic-Browser) und als freie Version im Internet zu verteilen. Diese benutzerfreundliche Software erlaubte es auch Nicht-Computerfachleuten das Internet zu nutzen. Mosaic konnte sich aber nicht gegen die Browser Netscape oder die Microsoft-Variante „Explorer“ durchsetzen. Der enorme Boom des WWW führte zu einem erbitterten Wettbewerb zwischen den Anbietern von Web-Servern, HTML-Editoren und kommerziellen Browsern.
Das Netz wurde kurz darauf als Kommerz-Feld entdeckt und immer mehr wollten ins Internet. Seit sich in den 80er Jahren der PC in den Privathaushalten immer mehr durchgesetzt hatte, stieg auch das Interesse am Austausch von Informationen via Computer. Als 1992 mit der Gründung der Internet Society das WWW ins Leben gerufen wurde, begann das Netz zu boomen. Einige der größten Provider sind AOL (America Online), Compuserve, MSN (Microsoft Network) sowie T Online. Unter Provider versteht man Internetzugangsanbieter und Anbieter von Speicherplatz für Daten, die im Internet erreichbar sein sollen.
Grundlage des Erfolges des WWW oder W3 ist neben der grafischen Benutzeroberfläche der neuen Programme, mit denen man im WWW navigieren kann und die ein intuitives Arbeiten ermöglichen, die Fähigkeit, Text mit Grafiken und Tondateien zu verbinden. Herausragendste Neuerung des WWW ist aber wohl die Fähigkeit, Hyperlinks in die Dokumente einzubauen, die zu einer globalen Vernetzung der im WWW vorhandenen Texte führten. Dadurch werden sowohl die Möglichkeiten des Schreibens als auch die des Lesens entscheidend verändert: Hyperlinks erlauben einen leichten Zugriff auf die riesige Menge von Daten im WWW. Der Prozess des Schreibens und vor allem der des Lesens wird aus der herkömmlichen Linearität herausgehoben. Der Leser der Texte schneidet sich durch die Verfolgung der Hyperlinks den Ausgangstext selber zurecht. Wie weit diese dann verfolgt werden, liegt im Ermessen des Einzelnen.
Für die meisten Nutzer besteht prinzipiell auch die Möglichkeit, eigene Informationen anzubieten. Dazu muss der Provider einen Teil des Speichers für das Ablegen der WWW-Seite zur Verfügung stellen und der Nutzer das Formatieren der eigenen Seiten in HTML beherrschen. Zunehmend wird diese Aufgabe jedoch von den Providern übernommen oder professionalisiert.
Das World Wide Web bietet sowohl ein „one-to-many“- als auch ein „many-to-one“-Verhältnis, je nachdem, ob Informationen angeboten oder gelesen bzw. gesucht werden.
Das WWW zeichnet sich weiterhin dadurch aus, dass es die vorhandenen Internet-Dienste integrieren kann. Die neueren Browser können automatisch zwischen dem Herunterladen von Programmen (ftp) oder dem alten Informationsdienst ”gopher” umschalten, wobei der Dienst „gopher“ mittlerweile nicht mehr existiert. Bei „gopher“ handelte es sich um eine rein textlich basierte Oberfläche, ähnlich wie das nicht mehr verwendete BTX-System der deutschen Post.
Neben der bereits zum Standard gehörenden Möglichkeit der direkten, schnellen Antwort auf eine WWW-Seite über eine eingebaute E-Mail-Funktion werden immer öfter auch die Newsgroups oder Diskussionsforen im Stil des Chats eingebunden. Somit ist eine Vielzahl von Kommunikationsebenen möglich. Technologisch bestehen auch Möglichkeiten, Fax-Dienste, Anrufbeantworter-Systeme, Telefonie und SMS-Handy-Kurznachrichten über das Internet abzuwickeln und zu steuern. In diesem Zusammenhang kann man auch von einer Informationsdienst-Konvergenz sprechen, da sich alle Dienste untereinander verwenden lassen.
Aus diesen Darstellungen der Dienste des Internets wird klar, dass manche Dienste eine direkte Kommunikation oder Interaktion der Teilnehmenden mit Diskussions- oder Gesprächscharakter verlangen, während im WWW das Anbieten von Informationen und Dienstleistungen und weniger der direkte, interaktive Austausch von Meinungen im Mittelpunkt steht. Neben den Kommunikationsmöglichkeiten bieten sich riesige Informationsbestände an, deren Inhalte beispielsweise auch aus komplexen Datenbanken genährt werden. Erwähnt seien hier die Online-Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn (www.bahn.de) und Online-Autoroutenplanung (www.map24.de).
In weiten Teilen sind diese Informationen im Internet bisher noch kostenfrei zu beziehen. Auf der anderen Seite werden Informationen gegen Geld angeboten, sobald ihr ökonomischer Wert als höherwertig betrachtet wird. So sind zum Beispiel die Dienste der Wirtschaftsdatenbank Genios (www.genios.de) kostenpflichtig. Das heißt, der Zugang zu immer mehr Information kostet immer mehr Geld. Dass sich hier aus ökonomischen Zusammenhängen zukünftig eine Diskrepanz zwischen Info-Rich- und Info-Poor ergeben muss, liegt auf der Hand.
2.1.3. Organisationale Internetmacht - Wem „gehört“ eigentlich das Internet?
Die technologische Entwicklung des Internets und seine Verbreitung werden von Unternehmen und Organisationen gesteuert, die ursprünglich aus dem militärischen Umfeld der USA stammen. Dem Internet wird einerseits ein enormes ökonomisches und andererseits einflussnehmendes, meinungsbildendes Potenzial bescheinigt, welches einen nicht unwesentlichen Machtfaktor darstellt. Die Maßgaben und Einflussnahmen, werden im Folgenden etwas genauer herausgestellt.
Das spezifische Netzwerk Internet entstand laut Rilling[3] innerhalb der militärischen Großforschung der USA, die bis in die 70er Jahre hinein viele Bereiche der amerikanischen Wissenschaft dominierte. Daher waren die frühen Entscheidungen über Struktur und Entwicklung des Internets größtenteils Sache des US-Verteidigungsministeriums.
Wem „gehört“ eigentlich das Internet?
Seit den späten 70er und frühen 80er Jahren ging die technische Organisation des Netzes in die zivile Welt akademischer Einrichtungen über und wurde internationalisiert. Das Internet verwandelte sich von einem vorrangig militärstaatlichen zu einem zivilstaatlichen Projekt. Damals entstand eine knappe Hand voll Einrichtungen, die bis heute für die formelle Organisation des Netzes steht.
So auch die über 100 Mitglieder zählende 1992 gegründete Internet Society (ISOC). Sie ist die Organisation jener, die sich mit dem Internet befassen. Ihr gehören Provider wie die Deutsche Telekom oder das Deutsche Forschungsnetz, Soft- und Hardwarekonzerne wie Intel oder Microsoft, Wissenschaftseinrichtungen oder staatliche Einrichtungen wie die Weltbank oder die Defense Information Systems Agency des US-Verteidigungsministeriums an. Die ISOC beansprucht, das Internet als Ganzes zu repräsentieren. 10 der 15 Mitglieder des ISOC-Vorstandes kommen aus den USA, wo auch der Sitz der ISOC ist. Unter ihrem Dach arbeiten relativ selbständig drei weitere Organisationen.
Als weitaus wichtigste Organisation gilt die 1986 gegründete Internet Engineering Task Force (IETF) als eine selbstorganisierte Gruppe, welche die technischen Standards des Netzes entwickelt. Sie ist gegenwärtig in acht Untergruppen gegliedert, deren Direktoren die Internet Engineering Steering Group (IESG) bilden, die für das technische Management zuständig ist. Die IETF- Mitgliedschaft steht allen offen. Ihr Motto: "Könige, Präsidenten und Wahlen lehnen wir ab. Wir glauben an den ungefähren Konsens und den Fluss der Daten "(We reject kings, presidents, and voting. We believe in rough consensus and running code.)" Das IETF wählt 6 der 13 Mitglieder des 1983 gegründeten Internet Architecture Board (IAB), das die ISOC technisch berät.
Für die Standardisierung wesentlich ist auch das von wissenschaftlichen Einrichtungen geführte, aber industrielle World Wide Web Consortium (W3C), das im Anwendungsbereich arbeitet. Das im Oktober 1994 gegründete und über 400 Mitglieder zählende W3C (World Wide Web Consortium) entwickelt kompatible Technologien und gemeinsame Protokolle (Spezifikationen, Guidelines, Software usw.), damit das Web seine ganzen Möglichkeiten als Forum für Information und Handel ausnutzen kann. Das W3C befasst sich mit vier Hauptthemen:
- Netzwerkarchitektur, welche die Basistechnologien des Web entwickelt;
- Benutzerschnittstelle, die die Interaktion der Nutzer mit der verfügbaren Information fördern soll. Dazu gehören Arbeiten im Zusammenhang mit dem Format und der Sprache der Informationen, um eine größere Zweckdienlichkeit, Benutzerfreundlichkeit und Kontrolle zu erlangen;
- Bereich der Technologie und der Gesellschaft, der die Infrastruktur besser auf die Bedürfnisse der Gesellschaft und in Bezug auf rechtliche, soziale oder politische Fragen ausrichten will;
- Zugang zum Internet, insbesondere für Menschen mit Behinderungen.
Campell und Konert beschreiben das W3C so:
„Im Zuge der fortschreitenden Kommerzialisierung des Internet und des enormen Wachstums des World Wide Web wurde im Oktober 1994 in Zusammenarbeit mit CERN und der [...] Europäischen Kommission das World Wide Web Consortium (W3C) gegründet. Das W3C ist [...] eher der Prototyp einer industriellen Aushandlungsarena, in der eher die kommerziellen Interessen und Zielsetzungen der einzelnen Unternehmen im Vordergrund stehen. Dies führt auch zu einer stärkeren Formalisierung der Mitgliedschaftsregelungen des W3C.“
(Campell, Konert, 1998, S. 132)
So schlüsseln Campell und Konert auch die Zutrittsberechtigung zum W3C auf:
„Die Finanzierung des W3C erfolgt über private Mitgliedsbeiträge, die für kommerzielle Vollmitglieder – mit einem Jahresbruttoumsatz von mehr als 50 Millionen Dollar – pro dreijähriger Mitgliedsperiode 150.000 Dollar und für außerordentliche Mitglieder einen Beitrag von 15.000 Dollar beträgt. Dem Konsortium können alle interessierten Organisationen (aber keine Einzelpersonen) beitreten, die den Kooperationsvertrag anerkennen. Im März 1997 lag die aktuelle Mitgliederzahl bei über 160 Mitgliedsorganisationen, bei denen es sich überwiegend um die global player der Computer- und Kommunikationstechnik handelt.“
(Campell, Konert, 1998, S. 132/133)
Daneben gibt es die UNCITRAL (United Nations Commission on International Trade Law / Kommission der Vereinten Nationen für Internationales Handelsrecht). Ein Sonderausschuss der UNO verabschiedete im Jahr 1996 ein Modellgesetz für den elektronischen Geschäftsverkehr. Ziel dieses Gesetzes ist es, die Nutzung des E-Commerce zu fördern und die Staaten zur Anerkennung der Rechtswirkung der auf elektronischem Wege getätigten internationalen Geschäfte zu bewegen (Grundsatz der funktionalen Gleichwertigkeit der verschiedenen Datenträger). Ohne eine gewisse rechtliche Garantie könnte der E-Commerce Rechtsstreitigkeiten ausgesetzt sein, die seine Entwicklung gefährden würden. Im Anschluss an die Erarbeitung des Modellgesetzes für den elektronischen Geschäftsverkehr nahm die UNCITRAL Arbeiten auf, um eines der Hauptprobleme des E-Commerce die digitale Signatur und die Zertifizierungsbehörden genauer zu regeln als dies im Modellgesetz selbst geschah. Um das Vertrauen in elektronische Transaktionen zu fördern, müssen bestimmte Garantien gegeben werden können in Bezug auf die Identität des Geschäftspartners und die Integrität der Nachricht, also dafür, dass die Nachricht während der Übermittlung weder abgefangen noch verändert wurde. Die UNCITRAL hat ein Modellgesetz für die elektronische Signatur ausgearbeitet. Neben der UNCITRAL bemühen sich auch Sonderorganisationen der UNO wie die ITU, aber auch die OECD und nationale oder private Initiativen, um eine Förderung der grenzüberschreitenden Anerkennung der elektronischen Signatur.
Ihre Rechtfertigung beziehen diese Organisationen aus der Geschichte und ihrer erklärten Aufgabe, Wachstum und Funktionieren des Netzes technisch zu sichern.
Das hier aber andererseits auch Lobbyisten aus dem ökonomischen und politischen Lager am Werk sind, die ihre Einflussnahme sichern wollen, steht außer Frage.
Der neue Strukturwandel des Internets in den 90er Jahren steht für die Transformation in ein Gebilde, das der Ökonomie zuträglich ist. Gleich in dreifacher Hinsicht wird seitdem die bisherige Internetorganisation untergraben.
Als Massenmedium werden die Inhalte, die nunmehr zumindest tendenziell die Arbeits- und Lebensweise von Millionen Menschen beeinflussen, politisch interessant. Staatliche Regulierungsinteressen werden präsent und beanspruchen zunehmend Inhaltskontrolle. Zugleich wird das Netz sowohl für die Inhaltsanbieter (Content Provider) als auch für die Produzenten der technischen Infrastruktur zum neuen Feld großer Kapitalanlagen. Dies ist ein Vorgang, der sich in der aktuellen Auseinandersetzung um die Zuteilung von Namen (Netzadressen) reflektiert:
Jeder Computer ist mit einer weltweit eindeutigen IP-Adresse (eine 32 bit umfassende Nummer) identifizierbar. Diesen Adressen werden eindeutige Namen (www.eindeutiger-name.de), die zentral registriert werden, zugeordnet.
Der Computer oder Host-Name wird durch einen Domänen- oder Bereichsnamen ergänzt. Der so genannte Domain Name Service (DNS) wurde vor über einem Jahrzehnt eingeführt als es einige Hundert Netzrechner gab. Ende 1996 waren es jedoch über 12 Millionen Rechner. Mittlerweile ging die Namensregistrierung von der staatlichen National Science Foundation in die Hände der privaten Firma Network Solutions Incorporated (NSI) über, die seit 1995 der SAIC gehört. Dies ist eine der wichtigsten Beratungsfirmen des US-Verteidigungsministeriums. Im Herbst 1995 begann die NSI als Betreiber der Namensregistratur InterNIC, pro Domäne und Jahr 50 $ in Rechnung zu stellen. So wurde ein Internetdienst unversehens hochprofitabel (geschätzte Einnahmen aus Registrierung 1997 fast 500 Mio. $). Es wurde begonnen, das Warenzeichenrecht auf Domänennamen abzubilden. NSI kündigte in ihrer domain name policy vom 23.7.95 an, den Besitzern von Warenzeichenrechten ein vorrangiges Recht auf Domänennamen zu geben (Beispiel: www.coca-cola.com).
Domänennamen bekamen somit Wert. Nun begann die Diskussion um neue Namensräume, die als Produkte verstanden werden. Für Deutschland ist, im Sinne der InterNIC, die DENIC (www.denic.de) zuständig.
Eine weitere Organisation in diesem Zusammenhang ist die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers / www.icann.org). Sie vergibt unter anderem die nationalen und organisationalen Endungen für www-Adressen. Bezeichnet werden die Endungen als TLD (generic Top Level Domain). Gemeint sind damit das für deutsche www-Adressen verwendete .de, .fr für französische Webseiten, das .com für commercial-Websites, die .org für Organisational-Websites und entsprechende Endungen. So liegt es im Ermessen der ICANN, ob es beispielsweise für Aktiengesellschaften die Endung .ag oder für GmbHs die Endung .gmbh geben wird. Faktisch wurden von der ICANN die TLD-Vorschläge .eu beziehungsweise .health in einem ersten Anlauf zurückgewiesen. Aufgrund des wirtschaftlichen Potenzials solcher "neuen Räume" im Internet war die Vergabe sehr umstritten. Hier zeichnet sich der Machteinfluss der ICANN ab.
Die ICANN setzt sich aus 18 Direktoren zusammen, die Vertreter aus Wirtschaft und Forschung sind und durchaus als Lobbyisten angesehen werden können. Fünf ihrer 18 Direktoren wurden erstmalig durch eine für jede zugängliche Internet-Wahl durch eine weltweite Nutzergemeinde bestimmt. Sie war recht erfolgreich, auch wenn viele Probleme auftraten (Absturz des Servers etc.).
Für diesen Punkt gilt natürlich ganz stark, was auch für alle anderen Gebiete unter Info-Rich-/ Info-Poor-Aspekten ebenfalls gilt: Sie betrifft nur einen Teil der Bevölkerung. In Deutschland und den restlichen Industriestaaten hat zwar bereits ein relativ großer Teil der Bevölkerung zumindest gelegentlich Zugang zum Internet, in den Entwicklungsländern und auch den Schwellenländern ist dieser Anteil aber sehr viel niedriger, sodass bei internationalen Wahlen wie der ICANN-Wahl stets ein Übergewicht der wirtschaftlich stärksten Staaten der Welt bestehen wird. So entstehen mit der Internationalisierung des Netzes neue regionale Machtzentren in Westeuropa und Asien mit großen Spielräumen:
„Es hat in der Geschichte des Internet und der internationalen Organisationen keine mit ICANN vergleichbare Institution gegeben. Eine internationale Organisation, die Regierungsaufgaben erfüllt, um ein gemeinnütziges, globales Gut zu verwalten, aber im wesentlichen von der privaten Wirtschaft gesteuert ist und dabei nicht einmal der Kontrolle nationaler Regierungen unterliegt.“
(Ahlert: Eine Regierung für das Internet. URL: http://www.politik-digital.de/netzpolitik/icann/regierung.shtml)
ICANN hat eine ebenfalls bedeutende Rolle bei der Aufsicht über die so genannten „Root Server“. Server sind hochleistungsfähige Computer, die als Knotenpunkte im Internet fungieren, durch die alle E-Mail-Nachrichten sowie Befehle zum Abrufen von Webseiten laufen. Wer den Root Server kontrolliert kann darüber entscheiden, mit welchen Servern alle Internet-Nutzer weltweit verbunden werden, wenn sie eine beliebige Adresse der .com-, .net- oder .org-Domains im Internet anwählen. Diese Kontrolle fällt zurzeit nur der ICANN zu. Damit ist es dieser quasi anonymen Organisation (technisch) möglich, über Leben und Tod im globalen Netz zu entscheiden. Denn (anwesend) sein oder nicht sein in dieser Kette untereinander verbundener Server ist eine Überlebensfrage im Internet. Wessen Domainname oder Homepage auf dem Root-Server nicht zu finden ist existiert nicht:
„In den Root-Servern sind die Informationen gespeichert, die zu jeder IP-Adresse auf der Erde, also zu jedem Internet-Benutzer, führen. ICANN hat also die Kontrolle über die Wurzeln der virtuellen Welt und könnte die Vergabe von Adressen in Zukunft bestimmten Regeln unterwerfen oder den Zugang zum Netz verbieten. David Post, Rechtsprofessor an der Temple-University, formuliert die Problematik dieser Machtkonzentration von ICANN sogar noch viel härter: "Das ist das elektronische Äquivalent zur Todesstrafe".“
(Ahlert: Eine Regierung für das Internet. URL: http://www.politik-digital.de/netzpolitik/icann/regierung.shtml)
Steve Hill betont nochmals die Bedeutung der Root-Server:
„ICANN muß entscheiden, was unter ihre Kompetenzen fällt. So bizarr es für ein
dezentralisiertes globales Netzwerk, das überall und nirgends existiert, wirken mag: Der „root server“ und die zahlreichen Domain-Server, die damit verbunden sind, bilden das Herz des Internets.“
(Hill: ICANN - die geheime Internet-Regierung? URL: http://www.politik-digital.de/netzpolitik/icann/hill.shtml)
Seit 1994/95 hat sich das Netz der Organisationen institutionalisiert und stabilisiert. Verglichen mit anderen großtechnischen Systemen hat die Struktur „Internet“, nach Rilling, jedoch deutliche Paradoxien:
Sie ist transparenter und zugleich informeller, zentralistischer und zugleich "nach unten offen", durchsetzungsschwächer und zugleich hoch akzeptiert, da mit einer robusten Kultur technischer Effizienzorientierung gepanzert. Nationale und internationale politische Instanzen, die mit traditionellen Verfahren demokratisch legitimiert sind, haben auf diese Struktur kaum Einfluss.
2.2. Gesellschaftliche Formung : Die Informationsgesellschaft
Im Folgenden gilt es, das Spannungsfeld der Informationsgesellschaft herauszustellen und zu erörtern, welchen Wandel die Gesellschaft durchlebt. Hinterfragt wird einerseits der Begriff der Informationsgesellschaft und andererseits der Begriff der Information. Weiterhin ist zu klären, welche Bedeutung der Informationsgesellschaft beigemessen wird.
2.2.1. Die Informationsgesellschaft
Die modernen Industriestaaten befinden sich in einem Wandel der Funktionsgrundlagen der Gesellschaft, wobei die Lebenswelten des Einzelnen in radikaler Weise umgeformt werden können. Charakteristisches Moment dieser Entwicklung ist die wachsende Bedeutung von Wissen und Information. Als symptomatisch erweist sich dabei die Entwicklung neuer Technologien, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechnologien, die in bisher ungekannter Geschwindigkeit entstehen und deren Innovationszyklen von Miniaturisierung, Digitalisierung und Vernetzung immer kürzer werden.
Medien sind heute integrativer Bestandteil gesellschaftlicher Wirklichkeit und durchdringen tendenziell alle Lebensbereiche, das heißt, sie sind zum Alltagsritual geworden:
„Weitgehende Einigkeit besteht im Blick auf Tendenzen, die heute viele im eigenen Leben zu spüren bekommen: Computergestützte Kommunikation, weltweite Vernetzung, Vervielfachung der allgemein zugänglichen Informationen und eine Verstärkung und Beschleunigung der Kommunikationsprozesse sind Kennzeichen der Informationsgesellschaft.“
(Klinger, Segert: Das Online ABC. URL: http://www.webwunder.de/abc/index.htm)
Die Informationsgesellschaft verspricht erhöhte Effektivität, Mobilität und Qualität. Doch zugleich sind die Erwartungen an die Informationsgesellschaft noch recht diffus und ambivalent. Die Informationsgesellschaft formt eine neue politische, kulturelle und ökonomische Realität:
„In der Bundesrepublik Deutschland wurde von Mitte der 90er Jahre an mit viel rhetorischem Aufwand die Ankunft der „Informationsgesellschaft“ gefeiert. Fester Bestandteil der „Informationsgesellschaft“ war eine Neuordnung der Kommunikationsstruktur, die sich ökonomisch in unzähligen und täglich neuen Ankündigungen von Übernahmen und Allianzen und in der Einführung eines neuen Telekommunikationsgesetzes niederschlug.“
(Sarkar, 2001, S. 15)
In der Informationsgesellschaft findet berufliches, politisches und kulturelles Handeln in einem veränderten Bezugsrahmen statt. Damit ist nicht gemeint, dass alle gesellschaftlichen Prozesse nur auf Information und Kommunikation beruhen. Vielmehr finden wir nach wie vor auch in den hoch entwickelten Ländern Agrar-, Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften vor. Die Bedeutung von Information und Kommunikation hat besonders in ihrer technischen Aufbereitung, Vermittlung und Speicherung bei der Weiterentwicklung der genannten Wirtschaftssektoren, aber auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie Politik, Bildung, Kultur und Freizeit, wesentlich zugenommen und wird aller Voraussicht nach noch weiter zunehmen.
Die Stiftung Entwicklung und Frieden (SEF)[4] verdeutlicht dies an einigen Beispielen. Nach wie vor ist für den Wohlstand der Bevölkerung die Produktion materieller Güter wie Nahrungsmittel, Bekleidung, Wohnungen, Verkehrsmittel usw. von grundlegender Bedeutung. Nur die Art ihrer Produktion verändert sich. Die materielle Produktion ist vorgeplant über Informations- und Kommunikationsprozesse. Es wird immateriell vorgedacht über Computer Aided Design (CAD), Computer Aided Manufactoring (CAM), über neue Logistikkonzepte und ebenfalls über kommunikative Netzwerke von Zulieferern, Beratern, Banken und Kunden. Die materiellen Güter bedürfen nach wie vor der physischen Verteilung. Lediglich die Art ihrer Bestellung und Bezahlung wird durch neue Techniken verändert (electronic commerce, electronic banking). Die Dienstleistungen - zum Beispiel im Versicherungs- und Bankensektor und in der öffentlichen Verwaltung - werden ihrem Wesen nach wie vor erbracht. Doch ihre Bereitstellung wird durch neue Formen (teleworking und home bzw. electronic banking) ergänzt. Ausbildung findet nach wie vor in der Schule statt, aber die Klassen werden vernetzt und erhalten multimediafähige PCs und Internet-Zugang (Schulen ans Netz). Auch neue Formen des distant learning sind mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologien möglich, beispielsweise über die Konzepte virtueller Universitäten und Akademien.
Der Wandel kann zu einer neuen Klassenbildung führen, je nach individuellem Zugang zu den Informationsquellen: Einerseits die Info-Rich, die mit dem Rohstoff Information arbeiten und in global agierenden Unternehmen die Kapitalströme lenken. Andererseits die Info-Poor, die Masse der Informationskonsumenten, die passiven Kunden der prosperierenden Unterhaltungs- und Infotainment-Industrie. Dazwischen steht eine Informations-Elite, die Gruppe derjenigen, die an der Strukturierung und Aufbereitung der Information arbeiten, vom Programmierer bis zum Filmemacher.
Die Verwendung des Begriffs Informationsgesellschaft dient vor diesem Hintergrund nicht nur der Beschreibung eines technologischen, ökonomischen und kulturellen Wandels, sondern beinhaltet einen normativen Anspruch und wird dadurch auch politisches Programm. Der normative Anspruch besteht vor allem darin, dass der Zugang für alle Bürger ermöglicht werden soll und dabei universelle Werte wie Persönlichkeits- und Verbraucherschutz sowie Presse- und Rundfunkfreiheit erhalten werden. Politische Programme sind bemüht, die Kluft zwischen Info-Rich und Info-Poor zu vermeiden.
Im Folgenden wird nun der Versuch unternommen, den Begriff „Informationsgesellschaft“ näher in Definitionen zu fassen.
2.2.2. Der Begriff „Informationsgesellschaft“ – Definitionsansätze
Der Begriff „Informationsgesellschaft“ ist keine Kreation unserer Tage. Bezeichnenderweise taucht das Konzept der Informationsgesellschaft zunächst nicht in sozialwissenschaftlichen Überlegungen auf, sondern im Rahmen volkswirtschaftlicher Studien, und das ungefähr zur gleichen Zeit Anfang der 60er Jahre in den Vereinigten Staaten und in Japan, dazu weiter unten mehr.
Seit rund dreißig Jahren bestimmt dieser Terminus auch die gesellschaftliche und politische Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland.
Die Förderung der Informations- und Kommunikationstechniken zur Steigerung des gesamtwirtschaftlichen Wachstums und der Verbesserung der Beschäftigungssituation der Bundesrepublik Deutschland lässt sich auf staatliche Förderprogramme der frühen siebziger Jahre zurückführen. Waren es in den 70er Jahren noch Projekte wie Kabelfernsehen und Bildschirmtext (BTX), welche die Entwicklung bestimmten, so waren die 80er Jahre geprägt von der Einführung so genannter ISDN-Anschlüsse. Heute sind diese - damals als revolutionär empfundenen - Neuerungen längst zur vertrauten Gewohnheit geworden. Im Folgenden sind einige Ausführung zur Begriffsdefinition „Informationsgesellschaft" ausgeführt.
Laut Kubicek[5] ist eine eindeutige Bestimmung des Begriffs bis heute nicht gelungen. Vielmehr ist der Terminus im Laufe der Jahrzehnte immer mehrdeutiger, facettenreicher und missverständlicher geworden.
Statt von Informationsgesellschaft wird häufiger auch von „Wissensgesellschaft" gesprochen, ohne dass damit ein weiterer Erkenntnisgewinn verbunden wäre. Klar ist lediglich, so Merten[6], dass mit der „Informationsgemeinschaft" mehr gemeint ist als eine „TV-Berieselungsgesellschaft".
Auch ist davon auszugehen, laut Merten, dass eine Informationsgesellschaft nicht gleichzusetzen ist mit einer „informierten Gesellschaft". Denn die Möglichkeit der Information führt nicht zwangsläufig zu deren Nutzung. Auch ist anzuerkennen, dass der so bezeichnete Wandel zur Informationsgesellschaft nicht zu einer Verdrängung oder Ablösung der Industriegesellschaft führt.
Die Informationsgesellschaft ist die im Informationszeitalter praktizierte Wirtschafts- und Gesellschaftsform, welche hauptsächlich auf der zunehmend interaktiven Gewinnung, Speicherung, Verarbeitung, Vermittlung, Verbreitung und Nutzung von Informationen und Wissen basiert und in welcher der produktive Umgang mit der Ressource Information und die wissensintensive Produktion eine herausragende Rolle spielen.
Wie oben bereits erwähnt taucht das Konzept der Informationsgesellschaft zunächst nicht in sozialwissenschaftlichen Überlegungen auf, sondern im Rahmen volkswirtschaftlicher Studien, und das ungefähr zur gleichen Zeit Anfang der 60er Jahre in den Vereinigten Staaten und in Japan. "Notwendig" wurde die Schaffung des Begriffs im Laufe dieser Studien, als man feststellte, dass neben den traditionellen Wirtschaftssektoren - primärer Sektor: Landwirtschaft und Bergbau; sekundärer Sektor: Industrie und Handwerk; tertiärer Sektor: Dienstleistungen - viele "Arbeiter" mit der Schaffung, Verteilung, Bewertung etc. von Informationen zu tun hatten.
Fritz Machlup hat als einer der ersten Theoretiker auf diese Erscheinung aufmerksam gemacht und laut Meier[7] 1962 ein Konzept vorgelegt, um die immateriellen Faktoren Wissen und Information mit den Methoden der Wirtschaftsstatistik und im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung zu beschreiben.
Zur empirischen Analyse benutzt Machlup dabei zwei Methoden: den "industry approach", der den Informationssektor nach Gütereigenschaften abzugrenzen versucht und den "occupation approach", bei dem die Ausprägung einer Informationsgesellschaft nach der Art der Beschäftigung ihrer Mitglieder gemessen wird. Dabei unterscheidet er wiederum zwischen den Informationsproduzenten ("tranformers, transporters, processors, interpreters, analysers, and orginial creators of communications of all sorts") und den Informationsbenutzern, worunter er nur solche Berufe fasst, deren Tageswerk tatsächlich hauptsächlich darin besteht, Information zu benutzen bzw. zu verbreiten. Die letzte Eingrenzung führt dazu, dass Zahnärzte oder Tierärzte nicht zu den Infoarbeitern zählen, dafür aber der Postbote.
Zur gleichen Zeit beschreibt Tadeo Umesao[8] 1963 in Japan den soziologischen Wandel in Analogie zum evolutionären Wandel der Natur. Dabei führt er den Begriff der "Joho Sangyo Ron" (Die Informationsindustrien) in die Debatte ein. Kohyuma erweitert das Konzept - auch in Kenntnis der amerikanischen Theorien der Informationsökonomie - und definiert eine "Joho Shakai" (Informationsgesellschaft) als eine Gesellschaft, die aus der Industriegesellschaft entsteht, aber durch eine Informationsrevolution und die zentrale Bedeutung der Informationsverarbeitung gekennzeichnet ist. Diese Definition wird später durch Youichi Ito[9] aufgegriffen und durch aktuelle Tendenzen (Segmentierung von Information in der Mediengesellschaft) ergänzt.
Eine für diese Zeit typische Definition der Informationsgesellschaft liefert zum Beispiel Karl Deutsch[10]. Bühl führt aus, dass Deutsch in derartigen Gesellschaften nationale Ökonomien sieht, in denen mehr als die Hälfte der Berufstätigen in überwiegend informationsorientierten Berufen tätig ist und in denen die Wertschöpfung aus diesen Beschäftigungen mehr als die Hälfte des Bruttosozialprodukts beträgt.
Anfangs stand bei der Entwicklung des Begriffs also klar die wirtschaftliche Bedeutung als Unterscheidungskriterium für die moderne Gesellschaft im Vordergrund. Versucht wurde damals vor allem, mit Hilfe von Indexbildungen rein quantitative Untersuchungen zur Veränderung von zum Beispiel Beschäftigungsstrukturen und Mediennutzung innerhalb der Bevölkerung durchzuführen. In den 80er Jahren führte dies zu den "Information-Flow-Studies" in den USA, die vor allem von Sola Pool (et al.)[11] auch außerhalb Japans durchgeführt wurden.
Dabei werden erstmals auch Stichworte wie "Information Explosion", "Information Overload" oder die Unterscheidung zwischen "Info-Rich or Info-Poor" in die Diskussion eingeführt, sodass die rein quantitativen Analysen auch für die Informations- und Kommunikationswissenschaften interessant werden.
Der Begriff der „Informationsgesellschaft“ wird, wie schon erwähnt, aus ökonomischer und gesellschaftlicher Sicht gefasst und definiert.
Herangezogen werden dabei auch Begriffe und Konstrukte wie „Dritte Welle“, „Kommunikationsgesellschaft“ und „Cybersociety“. Erwähnenswert und bedeutsam sind ebenfalls in diesem Zusammenhang die Konzepte von Bell, Toffler, Münch und Bühl.
Daniel Bell[12] prägte den Begriff von der „post-industriellen Gesellschaft“ und betonte, dass der anstehende Wandel nicht nur die Wirtschaft, sondern alle gesellschaftlichen Bereiche grundlegend verändern werde, einschließlich der herrschenden Machtstrukturen. Um den Faktor Wissen als zentrale Achse würden sich die neuen Technologien, das Wirtschaftswachstum und die Schichtung der Gesellschaft organisieren.
Bekannt geworden sind auch die vom Futurologen Alvin Toffler (1983)[13] vertretenen Stadien der Gesellschaftsveränderung. Die erste Welle der sozialen Entwicklung führte zur Agrargesellschaft, die zweite Welle in die Industrialisierung und die dritte Welle in die Informationsgesellschaft. Die „Third Wave“ bedeute eine „Entmassung“ der Gesellschaft, weitgehende Automatisierung eintöniger Arbeit und die Chance zu individueller Entfaltung. Toffler und anderen allzu utopischen Propheten des „postmateriellen“ Zeitalters wird von Kritikern vorgehalten, dass bislang der weltweite Umsatz an Energie und Rohstoffen nicht, wie vorausgesagt, nachgelassen habe. Toffler ist in seiner Frühzeit dabei eher linksliberal ausgerichtet und begreift die Dritte Welle als Chance einer Bildung zu einer individualisierten, automatisierten und marktfreien Gesellschaft.
Wieder einen anderen Schwerpunkt legt Richard Münch:
Er sieht mit der globalen Entfaltung der Moderne einen fundamentalen Wandel von der Industriegesellschaft zur "Kommunikationsgesellschaft" einhergehen:
"Wir sind gegenwärtig Zeugen einer neuen Entwicklungsstufe der ungeheuren Vermehrung, Beschleunigung, Verdichtung und Globalisierung von Kommunikation, die ohnehin schon immer ein wesentlicher Antrieb der Moderne waren.“
(Münch, 1992, S. )
Als Grundsteine dieser zukünftigen Gesellschaft bezeichnet er intersystemische Kommunikation, Vernetzung und Kompromissbildung. Die Kommunikationsgesellschaft ist für ihn aber auch risikobelastet, da der inflationäre Gebrauch von Kommunikation auch zu Zusammenbrüchen führen kann. Zunächst ist Kommunikation für ihn aber ein Faktor der Dynamisierung der Gesellschaft:
"Durch die Steigerung von Kommunikation wird die Gesellschaft in einem Maße bewegt wie niemals zuvor. Es wird immer mehr Wissen gesammelt und in Umlauf gebracht. Es wird dadurch immer mehr Aufmerksamkeit für das erzeugt, was bisher falsch gemacht wurde und in Zukunft besser gemacht werden sollte. Der permanente Umbau der Gesellschaft ist die Konsequenz dieser gesteigerten Kommunikation.“
(Münch, 1992, S. )
Eine Abgrenzung zum Konstrukt der "Informationsgesellschaft" leistet Münch nicht, sodass die alleinige Ausrichtung auf den medial vorangetriebenen Faktor Kommunikation eben nur einen Aspekt des gesellschaftlichen Wandels akzentuiert.
Achim Bühl beschreibt die Metapher "CyberSociety" genauer und definiert sie als:
"[...] eine virtuelle Gemeinschaft, in der Produktion, Distribution und Kommunikation weitgehend in virtuellen Räumen stattfinden, im Cyberspace."
( Bühl, 1996, S. 24-43)
Die "virtuelle Matrix" des Cyberspace werde dabei den realen Raum nie gänzlich ersetzen, ihn jedoch in vielfältiger Weise ergänzen und überlagern, tendenziell aber auch verdrängen und substituieren.
Busch kommentiert den Begriff Cyberspace und spricht ihm gleichermaßen, in Ahnlehnung an Bühl, Anziehung und Abstoßung in der Gesellschaft zu:
„Cyberspace – dieses Kunstwort, das dem Roman „Newromancer“ des Science-Fiction-Autors William Gibson entnommen ist und die virtuellen Welten des weltweiten Netzes bezeichnet, ist zugleich Attraktor und Angstvision.“
(Busch, 1999, S. 56)
Großen Wert legt Bühl auf die Entstehung eines virtuellen Raumes, die eigentlichen Veränderungen sind aber die sich daraus ableitenden gesellschaftlichen Wandlungsprozesse.
Für Hebecker[14] ist der Begriff der Informationsgesellschaft trotz seines inflationären Gebrauchs nur bedingt für eine präzise Beschreibung und Definition der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation geeignet. Dies liegt vor allem an der mangelnden materiellen und ideellen Eingrenzbarkeit von Information, beispielsweise als konkrete Informationstechniken, Informationsberufe oder Informationsstrategien: Was für den einen eine wertvolle Information ist, ist für einen anderen überflüssiger Ballast. Information hat keinen eindeutigen Typus, sie ist weder nur Gegenstand noch nur Funktion. Barlow typisiert Information als eine Aktivität, eine Lebensform und eine Beziehung zugleich. Informationen müssen sich bewegen, sie müssen erzeugt, übertragen und empfangen werden. Sie vermehren sich, verändern sich und verderben im Laufe der Zeit.
Was „Information“, besonders in der Informationsgesellschaft, ist wird im folgenden Abschnitt näher erläutert.
2.2.3. Die Begriffe „Information“, „Daten“ und „Wissen“ in der Informationsgesellschaft
Im Folgenden wird - ausgehend von der natürlichen Sprache - eine Präzisierung der Begriffe "Information", "Wissen" und "Daten" nach Lehner[15] unternommen.
Diese drei Benennungen werden immer wieder verwechselt, sodass manchmal der fälschliche Eindruck der Synonymie entsteht. Dem ist nicht so. Es ergibt sich ein prozessuales Modell, das Information, Wissen und Daten als Komponenten eines Kreislaufes versteht, der sowohl als Schema für Informationsgewinnung und Wissensakquirierung als auch zur Veranschaulichung von Problemlösungsprozessen herangezogen werden kann.
Die Information, dass es beispielsweise morgen schneit, ist etwas anderes, als zu wissen, dass es morgen schneit. Ein Informierter legt sich nicht notwendigerweise auf die Wahrheit der Information, die er hat oder weitergibt, fest.
Die Informationen mögen gut oder schlecht sein, abhängig von den Daten, auf denen sie basieren. Beispielsweise mögen viele meteorologische Daten dazu führen, dass die Situation als „morgen gibt es Schnee" interpretiert wird. Je besser die Daten, desto besser die Informationen, sodass gegebenenfalls Wissen entsteht, eben eine auf bestimmte Überlegungen aufgebaute Überzeugung. Die Daten sind immer das, was relativ zu einem Informationsprozess als gegeben/vorausgesetzt betrachtet wird (von Lat. dare/geben, datum/gegeben). Es ist nicht möglich, in einem Informationsprozess die Daten zu hinterfragen. In so einem Fall würde der gesamte Informationsprozess infrage gestellt und ein weiterer Informationsprozess, der gegebenenfalls eine Voraussetzung für den vorliegenden Informationsprozess darstellt, würde in Gang gesetzt werden.
In einem Satz zusammengefasst: Daten sind die Voraussetzung für die Entstehung von Informationen, die wiederum im Idealfall zu Überzeugungen und damit Wissen führen.
Weiterhin stellt Wissen ein Gewebe von Überzeugungen dar, die sich begründen lassen müssen. Damit ist nicht behauptet, dass Wissen starr, endgültig und absolut ist. Das Wissen ist stattdessen einem ständigen dynamischen Wandel ausgesetzt, und zwar durch die Informationen, die man tagtäglich aufnimmt. Ein wesentlicher Aspekt der Informations- und Wissensgesellschaft besteht darin, dass immer mehr Menschen weniger durch intuitives Lernen (so durch beobachtende oder aktive Teilnahme an Prozessen wie im klassischen Lehrer/Lehrling-Verhältnis) aus- und weitergebildet werden. Vielmehr bildet sich ein zunehmender Teil der Menschheit indirekt, wenn auch aktiv, durch medial vermittelte Informationsaufnahme selbst fort. Dies gilt auf jeden Fall für die Menschen in Industriegesellschaften.
Informationsaustausch in unserer Informations- und Kommunikations-Gesellschaft wird in zunehmendem Maße medial gestützt. Insbesondere die Kommunikation im Internet ist immer und grundsätzlich Informationsaustausch auf der Grundlage von Zeichensystemen. Informationsprozesse gehen grundsätzlich, zumal wenn es um die Neuen Medien geht, mit Zeichenprozessen einher. Zeichen werden sogar traditionell oft als kleinste Informationsträger angesehen. Dies ist so lange unproblematisch, als sich ein semiotisches System ausmachen lässt, das für die Kodierung und Dekodierung von Informationen herangezogen werden kann. Beispielsweise ist das semiotische System, das für die Kodierung von Information und Wissen in natürlicher Sprache verantwortlich ist, klar auszumachen. Es ist die Grammatik der jeweiligen Einzelsprache. Wenn es sich bei der Grammatik einer Einzelsprache auch um ein sehr komplexes Gebilde handelt, so ist es doch wenigstens konzeptuell klar auszumachen.
Etwas problematisch ist diese Sichtweise allerdings nach Flückinger[16], wenn es um die Analyse von unadressierten Informationen geht sowie um Informationen, die durch nicht-
verbale Kommunikationsmittel transportiert werden. Der Grund dafür ist wohl, dass andere Zeichensysteme neben der natürlichen Sprache bei weitem nicht so gut erforscht sind wie diese. Weiterhin scheint es eigentlich unmöglich, andere Zeichensysteme unabhängig von der natürlichen Sprache zu beschreiben oder überhaupt zu interpretieren. Bestimmte Zeichensysteme erhalten erst in Kombination mit der natürlichen Sprache eine voll entfaltete Semantik. Deshalb muss die medial gestützte Information wieder in die Gesellschaft über die natürliche Sprache kommuniziert werden. Also erst wenn Informationen in einem kreativen Prozess selektiert, decodiert und in einen anderen Zustand transformiert werden, können Daten zu Bedeutungen und Information zu Wissen werden. Stockinger hebt den ökonomischen Aspekt von Information in der Informationsgesellschaft hervor:
„Information und Wissen sind ... kein unverderbliches Gut. Sie werden andauernd von neuen Informationen und neuen Wissen hinterfragt und zersetzt. Wissen kann man nicht besitzen. Es kann nur andauernd erworben und verworfen werden.“
(Stockinger, 1999, S. 153)
In einem Spiegel-Interview äußert sich der Internetkritiker Stoll zum Wesen der Information, wie diese durch das Internet und Multimedia präsentiert wird. Stoll im Spiegel:
„Töne oder Bilder addieren zwar Information, aber im selben Maße geht die eigentliche Botschaft verloren. Und Marshall McLuhan hatte Recht, als er Mitte der sechziger Jahre sagte: Das Medium ist die Botschaft. Wie eine Information wahrgenommen wird, hängt von dem Medium ab, das sie übermittelt. Und die Botschaft, die das Internet übermittelt, ist eindeutig: Klick! Arbeite nicht, denke nicht, klick einfach auf etwas anderes. Wenn du nicht magst, was du siehst, klick dich woanders hin. Durch das Web zu surfen ist eine hervorragende Methode, das Denken zu vermeiden.“
(Scriba in Der Spiegel, Nr. 42, 1999, S. 303)
2.3. Technik und Gesellschaft: Computernetze als Sozialsystem
Die technologische Entwicklung hat zu einer Gesellschaft geführt, die mit Informationsgesellschaft belegt werden kann. Hier stellt sich nun die Frage, wie die Technik Einfluss nimmt auf die Lebensräume. Daher werden folgend Computernetze als Sozialsystem betrachtet. Capurro bringt den Einfluss der Technik auf den Menschen auf einen wesentlichen Punkt:
„Wieviel Informationstechnik verträgt der Mensch? Dazu kann man eine klare Antwort geben, nämlich: es kommt ganz darauf an! Denn weder ist der Mensch so etwas wie ein Behälter, noch die Informationstechnik etwas wie eine Flüssigkeit, die irgendwann überläuft,[...]“
(Capurro, 1995, S. 13)
Aber worauf es wohl ankommt, dazu im Folgenden mehr.
Ein Computernetz wie das Internet zählt, laut dem Soziologen Rost[17], zu den großtechnischen Systemen. Groß bezieht sich darauf, dass es seinerseits auf Maschinen, Computern und Computernetzen basiert und weltweit als Universalmedium für Kommunikationen dient. Es ist technisch, weil es eine materiale Seite hat und eine ganze Anzahl an Regeln, Algorithmen und Protokollen beinhaltet. Und es ist ein System, weil sich die Kommunikationen in Form von Artefaktanschlüssen von ihrer Umwelt klar unterscheiden lassen und diese einer primär technisch orientierten Eigendynamik der Entwicklung unterliegen. Insofern ist diese Technik auch ein Sozialsystem. Aus der Sicht der Techniksoziologie gilt es, nicht nur die neuen Formen der Kommunikation und die Folgen für Menschen, Organisationen und für die Gesellschaft insgesamt zu erforschen, sondern Computernetze selbst noch als einen sozialen Tatbestand auszuweisen.
Verallgemeinert ließe sich von einer Industrialisierung des gesamten Bereichs der anspruchsvollen Mitteilungsverarbeitung und des Dienstleistungssektors sprechen.
Die Technisierung schlägt dabei ökonomisch und politisch direkt auf das Urheberrecht durch, weil in einer Informationsgesellschaft zwar jeder Informationsarbeiter professionell kreativ sein muss, aber zugleich der Anspruch des Einzelnen auf geistiges Eigentum, laut Barlow[18], obsolet wird.
[...]
[1] Müller-Maguhn: Die Welt im Internet Wir kamen, sahen, surften Wie geht die Gesellschaft mit dem Internet um? URL: http://www.in-concept.de/news/internet_ges_2.html/.
[2] Vetter: Die Geschichte des Internets. URL: http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/mmedia/web/.
[3] Rilling: Internet und Demokratie. Kapitel 2: Die politische Organisation des Internet. URL: http://www.rainer-rilling.de/texte/iudfrh.html.
4. Stiftung Entwicklung und Frieden (SEF). Stiftung Entwicklung und Frieden. URL: http://sef-bonn.org/sef/publ/pol-pap/nr11/pp11-d.pdf.
[5] Kubicek: Heidelberg, 1996. S. 351.
[6] Merten: Baden-Baden, 1996. S. 82 ff.
[7] Meier: Die Informationsgesellschaft. URL: http://www.pestalozzianum.ch/infos_und_akzente/meier01-1.pdf.
[8] Krempel: URL: http://viadrina.euv-frankfurt-o.de/~sk/SoSe97/infosoc/InfosocDefII.html.
[9] Ito: KEIO Communications Review, Vol. 1/1980. S. 13-39.
[10] Bühl: Köln, 1996. S. 24-43.
[11] Sola Pool, Ithiel de/Hiroshi Inose/Nozumo Takadaki/Roger H.: Communications Flows. A Census in the U S
and Japan. Tokyo, 1984. In: Krempel: URL: http://viadrina.euv-frankfurt-o.de/~sk/SoSe97/infosoc/Infosoc
DefII.html
[12] Klinger / Segert: Das Online ABC. URL: http://www.webwunder.de/abc/index.htm.
[13] Toffler: München, 1983.
[14] Hebecker: Generation @. URL: http://www. uni-giessen.de/fb03/vinci/labore/gen/gen@.htm
[15] Lehner: Beitrag zu einer holistischen Theorie für die Informationswissenschaften. URL: http://www.uni-
hildesheim.de/~chlehn/artikel/isko/isko99.pdf.
[16] Flückiger / Federico: Beiträge zur Entwicklung eines vereinheitlichten Informations-Begriffs.
URL:http://splendor.unibe.ch/Activities/UCI/Ctrb2uci/Preface/Preface.htm.
[17] Rost in: Gräf / Krajewski (Hrsg.): Frankfurt am Main, 1997. S. 14-38.
[18] Barlow in: Bollmann (Hrsg.): Mannheim, 1995. S. 79-106.
- Citar trabajo
- Dirk van Leewen (Autor), 2003, Info Poor und Info Rich. Das Dilemma der Wenig-Informierten und der Viel-Informierten in der modernen Medienlandschaft, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25379
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