Kinder erfahren Sozialisation also nicht ausschließlich durch die Erziehung von Erwachsenen – einen entscheidenden Einfluss auf die kindliche Sozialisation und Entwicklung hat der Umgang mit anderen Kindern und somit die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung in der „Kultur der Kinder“. Doch wie findet diese Sozialisation statt? Wie entwickeln sich die Kinder untereinander und welche Besonderheiten weist der Umgang mit anderen Kindern auf? Eine Erklärung für diese und weitere Fragen findet man in den Werken Jean Piagets. Seine Untersuchungen entsprechen in ihren Erklärungen zwar nicht mehr in allen Punkten den heutigen Theorien (insbesondere in Hinblick auf die von ihm verwendete Stadientheorie), aber dennoch kann man davon ausgehen, dass vor allem Piagets Theorien als Grundlage neuerer Theorien und Untersuchungen der Kinderkultur dienen. Vor allem aber kann man an Piagets Theorien erkennen, dass der Sozialisationsprozess ein Prozeß ist, an dem Kinder aktiv beteiligt sind. Im folgenden soll nun anhand von zwei Beispielen dargestellt werden, wie sich Piagets Untersuchungen dem Thema Sozialisation und Kinderwelt annähern. Die Beispiele befassen sich mit Kinderspiel und Regelwelt, sowie mit Piagetschen Theorien zur Entwicklung der sozialisierten Sprache bei Kindern. Im Anschluß an diese Darstellungen werden die wichtigsten Ergebnisse der Piagetschen Arbeit noch einmal zusammengefasst dargestellt. Zunächst jedoch einige Sätze zur Biographie von Jean Piaget.
Inhaltsverzeichnis
1) Einleitung
2) Zur Erstellung der Studie
3) Die Spielregeln
3.1 Regeln und Murmelspiel
3.2 Das Regelbewußtsein
3.3 Bedeutung des Spieles für Sozialisation und Kinderkultur
4) Das kindliche Sprechen
4.1 Egozentrische und sozialisierte Sprache
4.2 Vorläufiges Ergebnis bezüglich der Sprache
5) Zusammenfassung
6) Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Lothar Krappmann schreibt in seinem Artikel „Kinderkultur als institutionalisierte Entwicklungsaufgabe“, dass die „Kultur der Kinder“ als eine Kultur zu verstehen ist, „die Kinder selber schaffen und in der sich der Kindern deutliche Lebenssinn einschließlich ihrer Probleme, Ängste und Sehnsüchte offenbart“ (s. Krappmann 1993; S.365). Schauplätze für eine solche eigenständige Kinderwelt, in der sich eine eigene Kultur entwickeln kann, ganz ohne das Einwirken von Erwachsenen, sind beispielsweise Spiele, bei denen die Kinder sich um die Verabschiedung und Einhaltung der Regeln kümmern oder der sogenannte „Kinderglauben“, der sich dadurch auszeichnet, dass Kinder sich ihre eigenen Antworten auf die ihnen unverständlichen Ereignisse in ihrer Umwelt geben.
Laut Krappmann ist die eigenständige Sozialwelt der Kinder ein zentraler und überdies unverzichtbarer Ort für die Entwicklung von Autonomie und Kompetenz (vgl. Krappmann 1993; S.365).
Kinder erfahren Sozialisation also nicht ausschließlich durch die Erziehung von Erwachsenen – einen entscheidenden Einfluss auf die kindliche Sozialisation und Entwicklung hat der Umgang mit anderen Kindern und somit die Möglichkeit der aktiven Mitwirkung in der „Kultur der Kinder“.
Doch wie findet diese Sozialisation statt? Wie entwickeln sich die Kinder untereinander und welche Besonderheiten weist der Umgang mit anderen Kindern auf?
Eine Erklärung für diese und weitere Fragen findet man in den Werken Jean Piagets. Seine Untersuchungen entsprechen in ihren Erklärungen zwar nicht mehr in allen Punkten den heutigen Theorien (insbesondere in Hinblick auf die von ihm verwendete Stadientheorie), aber dennoch kann man davon ausgehen, dass vor allem Piagets Theorien als Grundlage neuerer Theorien und Untersuchungen der Kinderkultur dienen. Vor allem aber kann man an Piagets Theorien erkennen, dass der Sozialisationsprozess ein Prozeß ist, an dem Kinder aktiv beteiligt sind.
Im folgenden soll nun anhand von zwei Beispielen dargestellt werden, wie sich Piagets Untersuchungen dem Thema Sozialisation und Kinderwelt annähern. Die Beispiele befassen sich mit Kinderspiel und Regelwelt, sowie mit Piagetschen Theorien zur Entwicklung der sozialisierten Sprache bei Kindern. Im Anschluß an diese Darstellungen werden die wichtigsten Ergebnisse der Piagetschen Arbeit noch einmal zusammengefasst dargestellt.
Zunächst jedoch einige Sätze zur Biographie von Jean Piaget.
2. Zur Person: Jean Piaget
Am 9. August 1896 wird Jean Piaget in Neuenburg (Schweiz) geboren. Seine Jugendjahre sind gekennzeichnet durch ein ausgeprägtes Interesse an der Biologie, ein Beispiel hierfür ist die Tatsache, dass er bereits mit elf Jahren einen Artikel über einen im Park beobachteten Albino-Sperling verfasst.
Nach dem Abitur im Jahre 1915 schreibt sich Piaget an der Universität Neuenburg ein, wo er 1918 mit einer Arbeit über Weichtiere promoviert.
Ein Jahr später kommt er an die Sorbonne, wo er an der Standardisierung von Intelligenztests arbeitet.
Im Jahre 1921 wird er an die Universität Genf berufen, um die Stelle eines Forschungsleiters zu übernehmen.
Zwei Jahre später heiratet er Valentine Chatenay, die ihm drei Kinder schenken wird, an denen er die Entwicklung der kindlichen Intelligenz en detail beobachtet.
1925 geht Jean Piaget zurück nach Neuenburg, wo er vier Jahre lang an der dortigen Universität Philosophie, Psychologie und Soziologie unterrichtet. Nach dieser Zeit kehrt er an die Universität Genf zurück, um dort zehn Jahre lang als Professor für Wissenschaftsgeschichte tätig zu sein.
Von 1929 bis 1967 ist Jean Piaget zudem als Direktor des „Bureau International de l’Education“ beschäftigt.
Neben seiner Tätigkeit als Professor für Wissenschaftsgeschichte ist Piaget von 1938 bis 1950 als Professor für Soziologie und von 1940 bis 1971, ebenfalls in Genf, als Professor für experimentelle Psychologie tätig.
Im Jahre 1955 gründet er das „Centre International d’Epistemologie Genetique“ in Genf, dessen Leitung er bis zu seinem Tod am 16. September 1980 inne hat.
Ein wesentlicher erkenntnistheoretischer Beitrag Piagets war der Nachweis, dass das Kind spezifische, wissenschaftliche Denkformen entwickelt, die sich von denen des Erwachsenen gänzlich unterscheiden.
Das Werk Jean Piagets hat eine weltweite Verbreitung erfahren und hat die Forschung in unterschiedlichen Bereichen, wie zum Beispiel der Psychologie, der Soziologie, der Erziehungswissenschaft und der Rechts- und Wirtschaftswissenschaft angeregt.
Jean Piaget ist mit über dreissig Ehrendoktorwürden verschiedener Universitäten und mit zahlreichen anderen Preisen für sein etwa fünfzig Bücher und einige hundert Aufsätze umfassendes Werk geehrt worden (vgl. Garz 1994; S.73-75).
3. Die Spielregeln
In seinem Werk „Das moralische Urteil beim Kinde“ geht Piaget auf die Entwicklung der Einhaltung von Spielregeln bei Kindern ein. Hierzu wurden Jungen im Alter von vier bis dreizehn Jahren befragt und während des Murmelspiels auf dem Schulhof beobachtet. Die Ergebnisse, die diese Untersuchung bezüglich der Einhaltung bestimmter Regeln des Murmelspiels hervorbrachte, wurden von Piaget in bestimmte Stadien unterteilt, da übereinstimmende Antworten und Beobachtungen bei Kindern gleichen Alters zu finden waren. Diese Stadienfolge soll in der folgenden Darstellung nur kurz erläutert werden, da es in Bezug auf die Fragestellung wichtiger erscheint, herauszuarbeiten, welcher Zusammenhang sich für die unterschiedlichen Regelbefolgungen in Bezug auf Sozialisation und Kinderkultur ergibt.
3.1 Regeln und Murmelspiel
Bestimmte Regeln (insbesondere moralischer Art), die es zu beachten gilt, empfängt das Kind zum Großteil von den Erwachsenen. Doch es gibt auch Regeln, die vor allem von Kind zu Kind weitergegeben werden. Dazu gehören zum Beispiel die Spielregeln, die meist von älteren an jüngere Kinder weitergegeben werden und bei diesen Regeln bleibt die Einwirkung des Erwachsenen auf das Kind auf ein Minimum beschränkt – ein besonders wichtiger Aspekt bei der Untersuchung kindspezifischer Sozialisation.
Hinsichtlich der Anwendung von Regeln im Murmelspiel unterscheidet Piaget vier aufeinanderfolgende Stadien:
In einem ersten Stadium geht das Kind mit den Murmeln nach seinen eigenen Wünschen und motorischen Gewohnheiten um, ohne sich in irgendeiner Weise um die Regeln zu kümmern. Es entstehen zwar einige ritualisierte Schemata, diese bleiben aber zunächst noch individuell.
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- Nicole Röder (Autor), 2001, Sozialisation und Kinderkultur im Werk Jean Piagets - Welchen Einfluss hat die Kinderkultur auf die kindliche Sozialisation?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25245
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