„Nach der Einführung der Massenfertigung in den 20er-Jahren und der „schlanken Produktion“ in den 80ern, befindet sich die Automobilproduktion derzeit mitten in einem neuen Umbruch: Bis 2015 werden die Zuliefer-Unternehmen der Automobilindustrie große Teile von Entwicklung und Produktion von den Autoherstellern übernehmen und dadurch um 70 Prozent wachsen können. Die Hersteller geben im selben Zeitraum 10 Prozent ihrer Wertschöpfung ab – erhöhen aber ihren Ausstoß um 35 Prozent.“ Diese Entwicklung wird ausgelöst durch neue Technologien, zunehmende Fahrzeugkomplexität und eine enorme Modellvielfalt, die Entwicklung und Produktion erheblich verteuern. Andererseits bieten Service und Dienstleistung gute Investitionsmöglichkeiten für die Autohersteller. Daher werden die Autohersteller ihre Entwicklungs- und Produktionskapazitäten in Zukunft auf Marken prägende Module und Komponenten richten.
In diesem Zusammenhang ist es interessant, die Kennzahlen der Automobilindustrie zu betrachten. Mit 8,8 Millionen direkten Arbeitsplätzen bei Herstellern und Zulieferern erwirtschaftet die Automobilindustrie 15 Prozent des Welt-Bruttosozialprodukts. Die automobile Wertschöpfung in Entwicklung und Produktion wird vom Jahre 2003 in darauf folgenden 12 Jahren um jährlich 2,6 Prozent wachsen, von 645 Milliarden Euro auf 903 Milliarden Euro im Jahre 2015.
Die etablierte Hierarchie von Automobilherstellern und Zulieferern der ersten und zweiten Ebene bleibt in diesem Zusammenhang die dominierende Form der Zusammenarbeit. Allerdings werden sich durch die Konzentration der Hersteller auf das der Produktion nach gelagerte Geschäft (Vertrieb, Services und Kundenbetreuung) die Aufgaben in der automobilen Wertschöpfungskette ändern. Bei zunehmender Konzentration der Automobilhersteller auf das so genannte „Downstream“-Geschäft verlagern sich die Entwicklung und Produktion zunehmend in die Zulieferindustrie. Der Umfang der ausgelagerten Produktion wird dabei von der Positionierung der Automobilmarken abhängen.
Inhaltsverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
1. Outsourcing in der Automobilindustrie
1.1. Outsourcing – Problemstellung
1.2. Die „Strategische Outsourcing“-Entscheidung in der Automobilindustrie
2. Das Geschäftsmodell der Automobilindustrie
2.1. Das Geschäftprozessmodell
2.2. Die Wertschöpfungskette
2.3. Supply Chain Management
3. Outsourcing
3.1. Outsourcing im Allgemeinen
3.1.1. Begriffsdefinition
3.1.2. Historie des Outsourcing
3.1.3. Gründe und Ziele
3.2. Outsourcing und die Automobilindustrie
4. Entscheidungsmodelle für strategisches Outsourcing
4.1. Begriffsdefinitionen und –Abgrenzungen
4.1.1. Strategie
4.1.2. Entscheidungsmodell
4.2. Abgrenzung von strategischem und nicht strategischem Outsourcing
4.2.1. Kernkompetenzen
4.2.2. Business Process und Business Transformation Outsourcing
4.3. Entscheidungsmodelle für strategisches Outsourcing
4.3.1. Anforderungsprofil für die Modellevaluation
4.3.2. Modelle für das „Strategische Outsourcing“
4.3.2.1. Technologie-Portfolio-Methode
4.3.2.2. Geschäftsprozess-Portfolio
4.3.2.3. „Competitive Advantage vs. Strategic Vulnerability“ nach Quinn & Hilmer
4.3.2.4. Strategischer Beschaffungsprozess nach Venkatesan
4.3.2.5. Outsourcing-Entscheidung nach Tayles und Drury
4.3.2.6. Entscheidungsprozess für In- und Outsourcing nach Freytag und Kirk
4.3.3. Modellevaluation
5. Kritische Betrachtung der Modelle für das „Strategische Outsourcing“
5.1. Grenzen der Modelle
5.2. Implikationen für Modelle der strategischen Outsourcing-Entscheidung
6. Zusammenfassung, Schlussfolgerungen und Empfehlungen
6.1. Schlussfolgerungen für das Strategische Outsourcing in der Automobilindustrie
6.2. Ausblick auf weitere Forschung
Literaturverzeichnis
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1: Entwicklung der Eigenleistung je Marke
Darstellung 2: Industrietrends, Implikationen und Auswirkungen
Darstellung 3: Komponenten eines Geschäftsprozesses
Darstellung 4: Kunden-Lieferanten-Beziehungen in Geschäftsprozessen
Darstellung 5: Generische Wertschöpfungskette einer Unternehmung nach Porter
Darstellung 6: Die Wertschöpfungskette der Automobilindustrie
Darstellung 7: Funktionale vs. Prozessuale Organisation der Supply Value Chain
Darstellung 8: Wertschöpfungs- und Entwicklungsanteile von Automobilherstellern und Zulieferern
Darstellung 9: Entwicklung Wertschöpfungsarchitektur
Darstellung 10: „The Stairs of Transformation in the Automotive Supply Chain Partnership“
Darstellung 11: Gründe für Outsourcing
Darstellung 12: Wichtigkeit ausgelagerter Aktivitäten
Darstellung 13: Initiierung der Outsourcing-Entscheidung
Darstellung 14: Langfristige Partnerschaften zur Steigerung des Unternehmens-wertes werden die kurzfristige Kostenorientierung ablösen
Darstellung 15: Geschäftsprozess-Portfolio
Darstellung 16: „Competitive Advantage vs. Strategic Vulnerability“
Darstellung 17: “Procurement Matrix”
Darstellung 18: „The Strategic Sourcing Process“
Darstellung 19: „Sourcing decision model“
Darstellung 20: „Competence Matrix with Strategic Recommendations“
Darstellung 21: Evaluation der Modelle hinsichtlich des Anforderungsprofils
Darstellung 22: Evaluation der Modelle (1)
Darstellung 23: Evaluation der Modelle (2)
Darstellung 24: Synthese von strategischen und ökonomischen Elementen
1. Outsourcing in der Automobilindustrie
„Nach der Einführung der Massenfertigung in den 20er-Jahren und der „schlanken Produktion“ in den 80ern, befindet sich die Automobilproduktion derzeit mitten in einem neuen Umbruch: Bis 2015 werden die Zuliefer-Unternehmen der Automobilindustrie große Teile von Entwicklung und Produktion von den Autoherstellern übernehmen und dadurch um 70 Prozent wachsen können. Die Hersteller geben im selben Zeitraum 10 Prozent ihrer Wertschöpfung ab – erhöhen aber ihren Ausstoß um 35 Prozent.“[1] Diese Entwicklung wird ausgelöst durch neue Technologien, zunehmende Fahrzeugkomplexität und eine enorme Modellvielfalt, die Entwicklung und Produktion erheblich verteuern. Andererseits bieten Service und Dienstleistung gute Investitionsmöglichkeiten für die Autohersteller. Daher werden die Autohersteller ihre Entwicklungs- und Produktionskapazitäten in Zukunft auf Marken prägende Module und Komponenten richten.
In diesem Zusammenhang ist es interessant, die Kennzahlen der Automobilindustrie zu betrachten. Mit 8,8 Millionen direkten Arbeitsplätzen bei Herstellern[2] und Zulieferern erwirtschaftet die Automobilindustrie 15 Prozent des Welt-Bruttosozialprodukts. Die automobile Wertschöpfung in Entwicklung und Produktion wird vom Jahre 2003 in darauf folgenden 12 Jahren um jährlich 2,6 Prozent wachsen, von 645 Milliarden Euro auf 903 Milliarden Euro im Jahre 2015.[3]
Die etablierte Hierarchie von Automobilherstellern und Zulieferern der ersten und zweiten Ebene bleibt in diesem Zusammenhang die dominierende Form der Zusammenarbeit. Allerdings werden sich durch die Konzentration der Hersteller auf das der Produktion nach gelagerte Geschäft (Vertrieb, Services und Kundenbetreuung) die Aufgaben in der automobilen Wertschöpfungskette ändern. Bei zunehmender Konzentration der Automobilhersteller auf das so genannte „Downstream“-Geschäft verlagern sich die Entwicklung und Produktion zunehmend in die Zulieferindustrie. Der Umfang der ausgelagerten Produktion wird dabei von der Positionierung der Automobilmarken abhängen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 1: Entwicklung der Eigenleistung je Marke[4]
Die Eigenwertschöpfung der Hersteller leitet sich aus der Marken- und Produktdifferenzierung ab. Die Massenmarken bauen die Eigenleistung im Gegensatz zu den Premium-Marken um 30 Prozent ab, die auf der anderen Seite die Eigenleistung um 15 Prozent steigern werden. Zudem müssen alle Marken die zu managende Fremdleistung deutlich erhöhen.[5]
Diese Entwicklung hat folgende Konsequenzen für die Unternehmensstrategien der Hersteller und Zulieferer:
- Premium-Marken werden zu Leitbildern der Hersteller und steuern die Ansiedlung der Kernkompetenzen
- Marken haben eine spezifische Wertschöpfungsstrategie und die Zusammenarbeit mit dem Zulieferern wird über Modulstrategien gesteuert
- Netzwerke zwischen Herstellern und Zuliefern entstehen, die entscheidend die Wettbewerbsvorteile bestimmen
- Komponentenwerke der Hersteller werden zu direkten Konkurrenten der Zulieferer
- Zulieferer werden die Hauptlast der Investitionen tragen.
Diese Fakten müssen sowohl in den Strategien auf Herstellerseite als auch auf Zuliefererseite berücksichtigt werden, um das erwartete Wachstum bewältigen zu können.
1.1. Outsourcing – Problemstellung
Betrachtet man die Veränderung der Wertschöpfungsentwicklung in der Automobilindustrie, so stößt man implizit auf das Thema „Outsourcing“ und der damit verbundenen Entscheidung, Leistungen „inhouse“ herzustellen oder die damit zusammenhängenden Aktivitäten auszulagern. Dabei ist es auffällig, dass sich die primären Ziele eines Outsourcing-Projektes immer mehr von reinen operativen Kennzahlen (wie z. B. Kosteneinsparungen) hin zu strategischen Stossrichtungen entwickeln. Ressourcen- und Kostenflexibilität rücken hierbei ins Zentrum. Zwar sind auch Wachstums- und Leistungssteigerungspotentiale weiterhin ein Thema, werden jedoch zunehmend sekundär.[6]
Eine weitere Entwicklung ist der Übergang vom Service-Outsourcing (IT, Personal) zum Business Process bzw. Business Transformation Outsourcing. Die beiden letzteren Begriffe beinhalten das Auslagern kompletter Geschäftsprozesse (funktionale als auch Kernprozesse), mit dem Ziel einer mittelfristigen Leistungssteigerung und langfristigen Wachstumspotenzialen. Hierfür ist es unabdingbar, dass partnerschaftliche Kooperationen mit den Zulieferern der jeweiligen Leistung angestrebt werden.
Die Abkehr vom operativen Outsourcing wird dabei im Wesentlichen durch Industrietrends getrieben, die sich auch in den schon erläuterten Entwicklungen der Automobilindustrie wieder finden. Zu nennen sind hier:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 2: Industrietrends, Implikationen und Auswirkungen[7]
Die Fragestellungen, die sich aus den oben genannten Entwicklungen ergeben sind vielseitig und komplex, haben jedoch alle zur Folge, dass Veränderungen in der Unternehmensstruktur der Hersteller stattfinden und besitzen daher strategischen Charakter. Kernpunkt der oben genannten Auswirkungen ist die Optimierung der Hersteller-Zulieferer-Beziehung verbunden mit einer erhöhten Wettbewerbsfähigkeit.
Die vorliegende Arbeit konzentriert sich auf die strategischen Aspekte des Outsourcing und der damit verbundenen Entscheidungsfindung. Dabei liegt der Fokus auf der Zuliefererkette, dem so genannten „Upstream“-Geschäft.
1.2. Die „Strategische Outsourcing“-Entscheidung in der Automobilindustrie
In einem ersten Schritt werden zunächst das Geschäftsmodell der Automobilindustrie anhand des Geschäftsprozessmodells und der Wertschöpfungskette erläutert und die Veränderungen in dieser Industrie aufgezeigt. Dabei liegt der Fokus auf der Hersteller-Zulieferer-Beziehung und der Verschiebung der Wertschöpfung. Im Anschluss daran wird das Thema Outsourcing isoliert betrachtet, wobei die Entwicklung des Outsourcings im Allgemeinen dargestellt wird, sowie Gründe und Ziele des Outsourcings behandelt werden. Im nächsten Schritt wird die Automobilindustrie in das Thema einbezogen, wobei hier die Entwicklung des Auslagerns von Aktivitäten im Vordergrund steht.
Nachdem die Grundlagen zum Thema Outsourcing in der Automobilindustrie gelegt wurden, findet eine Abgrenzung des „Strategischen Outsourcings“ statt, um den Rahmen für die Entscheidungsmodelle zu definieren. Dabei werden die grundlegenden Begriffe Strategie, Entscheidungsmodell, Kernkompetenzen und Business Process bzw. Business Transformation Outsourcing aufgrund ihrer hohen Relevanz näher betrachtet. Aus diesen Erläuterungen wird daraufhin ein Anforderungsprofil für Modelle des „Strategischen Outsourcing“ abgeleitet. Diese Kriterien und Merkmale, dienen zur Evaluation, der im Anschluss vorgestellten sechs Entscheidungsmodelle. Die Bewertung wird im Folgenden interpretiert und es werden Implikationen für die „Strategischen Outsourcing“-Entscheidung aufgezeigt.
Das Thema wird abgeschlossen mit Empfehlungen für das „Strategische Outsourcing“ in der Automobilindustrie und es werden Felder für eine weitere Forschung aufgezeigt.
2. Das Geschäftsmodell der Automobilindustrie
Zum besseren Verständnis der Thematik, wird im Folgenden das Geschäftsmodell der Automobilindustrie dargestellt. Dabei wird zunächst das Geschäftsprozessmodell eines Automobilherstellers betrachtet, welches daraufhin in die Wertschöpfungskette überführt wird. Hierauf erfolgt die Abgrenzung der „Upstream Supply Chain“[8], von der gesamten Wertschöpfungskette, da diese in der Ausarbeitung bzgl. der Fragestellung Outsourcing fokussiert wird.
2.1. Das Geschäftprozessmodell
Ein Geschäftsprozessmodell beschreibt ein integriertes Konzept von Führung, Organisation und Controlling, das eine zielgerichtete Steuerung der Geschäftsprozesse ermöglicht und das Unternehmen[9] auf die Erfüllung der Bedürfnisse der Kunden und anderer Interessengruppen (Stakeholder[10] ) ausrichtet[11].
Die Darstellung 3 zeigt die allgemeinen Komponenten eines Geschäftprozesses.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 3: Komponenten eines Geschäftsprozesses[12]
„Geschäftsprozesse bestehen aus der funktionsüberschreitenden Verkettung wertschöpfender Aktivitäten, die von Kunden erwartete Leistungen erzeugen und deren Ergebnisse von strategischer Bedeutung für das Unternehmen sind“.[13] Die in der Darstellung 3 abgebildeten Kunden können sowohl interne als auch externe Abnehmer sein. Insbesondere in der Automobilindustrie bestehen vielfältige interne Kunden-Lieferanten-Beziehungen (z.B. der Kunde „Montage“, der die Karosserieteile des Lieferanten „Lackierung“ abnimmt). Interne Kunden sind Abnehmer von Teilergebnissen, die wiederum für den darauf folgenden Prozessschritt verwendet werden. Damit wird der interne Kunde Lieferant für den nachfolgenden Teilprozess oder Prozess. Lieferanten können demnach unterschieden werden in prozessinterne, unternehmensinterne und unternehmensexterne Zulieferer.
Ein Geschäftprozess besteht aus einer Vielzahl solcher interner und externer Kunden-Lieferanten-Beziehungen, wie in der folgenden Darstellung 4 zu sehen ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 4: Kunden-Lieferanten-Beziehungen in Geschäftsprozessen[14]
Das Geschäftsmodell der Automobilindustrie unterscheidet zwischen primären (wertschöpfenden) und sekundären (unterstützenden) Prozessen. Zu den Ersteren gehören:
- Forschung und Entwicklung (Produkt- und Prozessentwicklung)
- Beschaffung (Lieferantenauswahl und –Controlling)
- Produktion (Produktionsplanung und –Steuerung)
- Marketing und Vertrieb.
Diese primären Prozesse werden unterstützt durch die folgenden sekundären Vorgänge:
- Unternehmensmanagement (Unternehmensplanung, Rechnungswesen und Controlling, etc.)
- Geschäftsunterstützung (Personalmanagement, Finanzmanagement, Anlagen- und Gebäudemanagement, etc.).
In der Automobilindustrie herrscht eine Mischform zwischen Prozessorganisation, die horizontale Vorgänge, wie etwa die Produktentwicklung oder die Auftragsabwicklung abbildet und Funktionalorganisation, die vertikal angelegte Funktionen, wie etwa Marketing oder Vertrieb, umfasst. Die Verkettung dieser Prozesse kann in einer Prozesslandkarte dargestellt werden, worauf hier aber verzichtet werden soll, da die Wertschöpfungskette im nächsten Kapitel explizit behandelt wird und eine strukturierte Übersicht über die Prozesse in einem Unternehmen der Automobilindustrie zeigt.
2.2. Die Wertschöpfungskette
Der Begriff der Wertschöpfungskette geht ursprünglich auf die Beratungsgesellschaft McKinsey[15] und den Harvard Professor Michael Porter[16] zurück. Dabei verfolgen die beiden Ansätze unterschiedliche Zielrichtungen. Während dem Modell von McKinsey ein funktionaler Ansatz zugrunde liegt, bei dem die sechs Grundfunktionen (Technology, Product Design, Manufacturing, Marketing, Distribution und Service) eines Unternehmens mit denen von Wettbewerbern auf Wettbewerbsvorteile hin untersucht werden, zielt das Modell von Porter auf die direkte Aufdeckung von Kosten- und Differenzierungsvorteilen in den primären und sekundären Prozessen einer Unternehmung ab.
Die folgende Darstellung zeigt die generische Form von Porters Wertkette, wobei die unterstützenden Aktivitäten den sekundären und die Basisaktivitäten den primären Prozessen entsprechen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 5: Generische Wertschöpfungskette einer Unternehmung nach Porter[17]
Da das Modell von McKinsey die vorherrschende Mischform von prozessualer und funktionaler Organisation in der Automobilindustrie nicht abbilden kann, wird im Weiteren das Modell von Porter verwendet. Die Darstellungsform der Wertkette von Porter ermöglicht die Überlagerung von prozessartig und funktional angelegten wertschöpfenden Aktivitäten eines Unternehmens. Im Falle eines Betriebes aus der Automobilindustrie werden die in der Darstellung 5 gezeigten Basisaktivitäten durch die Prozesse der Produktentwicklung und Auftragsabwicklung überlagert.
Wertketten können in unternehmensbezogene und industriebezogene Wertketten differenziert werden. Die Wertkette eines Unternehmens beschreibt charakteristisch die Gesamtheit der wertschöpfenden Aktivitäten, die innerhalb der Grenzen eines Betriebes stattfinden. Die Grenzen eines Betriebes werden durch die Input- und Outputvorgänge der betriebseigenen Prozesse repräsentiert. Das generische Wertkettenmodell einer Unternehmung (siehe Darstellung 5) veranschaulicht diese Abgrenzung. Die betriebliche Leistungserstellung beginnt dabei mit der Eingangslogistik und endet beim Service.
Im Gegensatz zu der angesprochenen Wertkette eines Unternehmens bildet die Wertkette einer Industrie oder einer Branche den Wertschöpfungsprozess sämtlicher Aktivitäten ab, die mit der Leistungserstellung (dies kann ein Produkt oder ein Service sein) für den Endkunden zusammenhängen. Die folgende Darstellung veranschaulicht die Wertkette der Automobilindustrie.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 6: Die Wertschöpfungskette der Automobilindustrie
Die in Darstellung 6 gezeigte Wertkette der Automobilindustrie, zeigt die ursprüngliche Teilung in vier wertschöpfende Aktivitäten. Diese traditionelle Form der automobilen Wertkette wird heute durch Service Provider und/oder Broker entlang des gesamten Wertschöpfungsprozesses unterstützt.
Ein wesentlicher Aspekt ist, dass die grundlegend funktionale Wertkette der Automobilindustrie von Geschäftsprozessen in vertikaler Form durchzogen wird. Zu nennen sind hierbei die Vorgänge der Produktentwicklung und Auftragsabwicklung. Diese funktionsübergreifenden Aktivitäten betreffen hauptsächlich die Zuliefererkette, welche hier fokussiert werden soll. Verzichtet wird dabei auf die Betrachtung der Ausgangslogistik, da hierbei eine Dienstleistung vorliegt, die im geringen Kontakt mit der eigentlichen Produktentstehung steht.
Die folgende Darstellung 7 verdeutlicht die Kollaboration in der Automobilindustrie.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 7: Funktionale vs. Prozessuale Organisation der Supply Value Chain
In dieser Form ist deutlich zu sehen, dass die Wertschöpfungsanteile bzgl. der drei Kernprozesse (Entwicklung, Teileherstellung und Montage) in der „Upstream Value Chain“[18] zwischen den Automobilherstellern und –Zulieferern einer Veränderung unterworfen ist. Eine kritische Rolle spielt dabei die Veränderung von funktionaler Trennung der Aktivitäten in die organisationsübergreifende Prozessorganisation.
Diese Veränderung belegt eine Studie von Roland Berger & Partner in der Wertschöpfungs- und Entwicklungsanteile der Automobilhersteller und Zulieferer prognostiziert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 8: Wertschöpfungs- und Entwicklungsanteile von Automobilherstellern und Zulieferern[19]
Die obige Darstellung 8 verdeutlicht den sinkenden Wertschöpfungsanteil der OEMs von 35% im Jahre 2000 auf 25% in der kommenden Dekade. Grund hierfür ist die massive Verringerung von Investitionen der Hersteller im Bereich der Produktentwicklung. Die Zulieferer werden in wenigen Jahren die Hälfte des gesamten Entwicklungsaufwandes bestreiten. Aufgrund des engen Zusammenhanges von Entwicklung und Wertschöpfung, der sich stetig ausweitenden Differenzierung des Produktangebotes und der anhaltenden Konzentration der Autohersteller auf ihre Kernkompetenzen erscheint diese Annahme durchaus folgerichtig.
Die Automobilindustrie verschiebt dabei auch die Aufgaben in der Komponentenherstellung zurück in Richtung der Kernkompetenzen. Der Hersteller muss hierbei die Systeme, die er sich liefern lässt, in seine Geschäftsprozesse eingliedern während, der Zulieferer diese einbaufertig in die Produktion des OEM liefert. Diese Entwicklung hinsichtlich einer prozessbezogenen Organisation wird von der Aussage des McKinsey Partner Philipp Radtke[20] untermauert, der bzgl. der zukünftigen Industriestruktur sagt, dass „aus der funktional getriebenen Wertschöpfungskette eine auf Wissen gebaute neue Architektur werden muss.“ Verknüpft man diese Aussage mit der prognostizierten Entwicklung der Wertschöpfungsteile und der Studie „Herausforderung Automobile Wertschöpfungskette“ (HAWK) von McKinsey & Company und der TU Darmstadt erhält man folgendes Bild (siehe Darstellung 9) für die Wertschöpfungsarchitektur von morgen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Darstellung 9: Entwicklung Wertschöpfungsarchitektur[21]
[...]
[1] Vgl. Mercer Management / Fraunhofer-Institut: Die neue Arbeitsteilung in der Automobilindustrie, 2003
[2] Der Begriff Hersteller wird in der vorliegenden Arbeit ausschließlich auf die Automobilhersteller bezogen; synonym wird der Begriff OEM (Original Equipment Manufacturer) verwendet.
[3] Vgl. Mercer Management / Fraunhofer-Institut: Die neue Arbeitsteilung in der Automobilindustrie, 2003
[4] Vgl. Mercer Management / Fraunhofer-Institut: Die neue Arbeitsteilung in der Automobilindustrie, 2003
[5] Vgl. Mercer Management / Fraunhofer-Institut: Die neue Arbeitsteilung in der Automobilindustrie, 2003
[6] Vgl. o.V.: Outsourcing 2007, 2002
[7] Angelehnt an Momme, Jesper: Framework for outsourcing manufacturing, 2002, S. 60f.
[8] Die „Supply Chain“ eines Unternehmens bezeichnet die Lieferkette sowohl in Richtung der Lieferanten als auch in Richtung der Abnehmer. Die „Upstream Supply Chain“ ist der Teil der Lieferkette, der von den Lieferanten eines Unternehmens bearbeitet wird; im Gegensatz dazu deckt die „Downstream Supply Chain“ die Logistik und den Vertrieb der Produkte/Services an den Kunden ab.
[9] Die Begriffe Betrieb und Unternehmung werden in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet.
[10] Stakeholder eines Unternehmens sind Mitarbeiter, Kapitalgeber, Lieferanten, Gesellschaften und Partner
[11] Vgl. Schmelzer, Hermann J. / Sesselmann, Wolfgang: Geschäftsprozessmanagement, 2002, S. 27
[12] Vgl. Schmelzer, Hermann J. / Sesselmann, Wolfgang: Geschäftsprozessmanagement, 2002, S. 35
[13] Vgl. Schmelzer, Hermann J. / Sesselmann, Wolfgang: Geschäftsprozessmanagement, 2002, S. 35
[14] Vgl. Schmelzer, Hermann J. / Sesselmann, Wolfgang: Geschäftsprozessmanagement, 2002, S. 41
[15] Vgl. Gluck, F.: Strategic Choice, 1980
[16] Vgl. Porter, Michael E.: Competitive Advantage, 1985
[17] Vgl. Porter, Michael E.: Competitive Advantage, 1985, S. 36
[18] Die „Upstream Value Chain“ bezeichnet die Wertschöpfungskette vom Hersteller aus gesehen in Richtung der Lieferanten. Das Gegenteil hierzu ist die „Downstream Value Chain“, die die Logistik und den Vertrieb an den Kunden darstellt.
[19] Vgl. Roland Berger & Partner GmbH: Automotive Supplier Industry, 1999
[20] Vgl. Radtke, Philip / Zielke, Andreas E. / Abele, Eberhard: Die smarte Revolution in der in der Automobilindustrie, 2004
[21] Vgl. Wesselhöft, Philip: Achtung Baustelle, 2003
- Citar trabajo
- Christian Nitschke (Autor), 2004, Outsourcing in der Automobilindustrie. Entscheidungsmodelle für Strategisches Outsourcing, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25024
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