Literaturverfilmungen gibt es als Genre vieleicht schon fast so lange, wie die Erfindung des Kinematographen es zulässt. Zwei Jahre nachdem die Gebrüder Lumière 1895 auf einem Pariser Boulevard ihre Projektionsapparatur für das Zeigen bewegter Bilder vorstellen, versuchen sie über die bloße Lust an der technischen Wiedergabe fotografisch aufgenommener Bewegungsabläufe hinausweisend, per filmischer mise en scène einer kurzen Passage aus dem "Faust" so etwas wie literarische Assoziationen bei ihren Zuschauern zu wecken. Seitdem ist ein nicht als zu gering einzuschätzender Teil der Filmproduktion durch den Rückgriff auf literarische Stoffe beeinflusst, geprägt und bereichert worden. Die Filmkategorie Literaturverfilmung besetzt seit vielen Jahrzehnten eine wichtige Position an den Schnittstellen von Literatur- und Filminstitutionen. Besonders Klassiker- und Bestsellerverfilmungen haben immer Konjunktur, weil sie in einer mehr oder weniger vorausgesetzten Beziehung zu einer literarischen Vorlage stehen, die als bekannt angenommen werden kann. Hier setzt fast zwangsläufig ein gradatimer Marketing-Effekt ein. Literaturverfilmungen treten zunächst primär als solche auf, erst in zweiter Linie als Filme an sich, "[...] weil die Bekanntheit und das Prestige des Originalwerks nicht zuletzt aus kommerziellen und public-relation-Gründen als ein unterliegendes Referenz-System miteinbezogen wird." Die Rolle des Films als Warenprodukt, als Erzeugnis einer auf Gewinnoptimierung zielenden Warenkonsum-ankurbelnden Industrie kommt in diesem Aspekt deutlich zum Vorschein (vgl. Kap. 2.4.2.2.). Die Seminararbeit ist jedoch primär an der Untersuchung der ästhetischen Seite des intermedialen Vorgangs des Zeichentransfers von Literatur zu Film interessiert.
Ziel dieser Arbeit ist es, den Roman Frankenstein or The Modern Prometheus (1818) von Marry W. shelley mit der ersten populären sowie der bislang jüngsten Verfilmung im Rahmen der Gestaltungskonzeption der jeweiligen medialen Umsetzung des literarischen Stoffes zu vergleichen. Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den drei Erzählformen sollen deutlich gemacht werden. Axiom dieser Vorgehensweise ist, die wesentlichen Differenzen zwischen einem literarischen Text des frühen neunzehnten Jahrhunderts und seinen modernen Verfilmungen darzustellen, die womöglich darin bestehen, dass die unterschiedlichen Erzählformen - Literatur und Film - in verschiedenen Medien zuhause sind.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Komparatistische Analyse der drei vorliegenden Texturen
- Vergleich der Texturen auf der Plot-Ebene
- Abweichungen im Handlungsverlauf zwischen shelley's Novel und whale's Frankensteinfilm
- Abweichungen im Handlungsverlauf zwischen shelley's Novel und branagh's Literaturverfilmung Mary Shelley's Frankenstein
- Vergleich der Texturen auf der Ebene der Figurenzeichnung am Beispiel des Monsters
- Abweichungen zwischen shelley's und whale's Monster
- Abweichungen zwischen shelley's und branagh's Monster
- Vergleich der Texturen auf der Ebene des erzählerischen Point of View
- shelley vs. whale
- shelley vs. branagh
- Vergleich der Texturen auf der szenischen Ebene am Beispiel der Analyse zweier Schlüsselsequenzen
- Die Creation Scene
- Die Creation Scene bei shelley
- Die Creation Scene bei whale
- Die Creation Scene bei branagh
- The End of the Story: Death of a Hero
- Das Roman-Ende bei shelley
- Das Film-Ende bei whale
- Das Film-Ende bei branagh
- Die Creation Scene
- Vergleich der Texturen auf der Plot-Ebene
- Einordnung der beiden Verfilmungen in die gängigen Beurteilungskriterien der Forschung zum Thema Literaturverfilmungen
- Bipolare Analysekriterien
- Vier Untertypen des Genres Literaturverfilmung
- Schlussbetrachtung
- Anhang
- Sequenzenkomplex-Protokoll von whales Verfilmung
- Tabellarischer Vergleich zwischen der Synopsis von SHELLEY und dem Sequenzprotokoll von BRANAGHS Verfilmung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der intermedialen Transformation des Romans Frankenstein or The Modern Prometheus von Mary W. Shelley in zwei seiner Verfilmungen, Frankenstein (1931) von James Whale und Mary Shelley's Frankenstein (1994) von Kenneth Branagh. Ziel ist es, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den drei Erzählformen im Hinblick auf ihre Gestaltungskonzeptionen und medialen Umsetzungen des literarischen Stoffes zu beleuchten. Die Arbeit analysiert die drei Texturen anhand komparatistischer Methoden und fokussiert dabei auf die Plot-Ebene, die Figurenzeichnung, den erzählerischen Point of View und die Inszenierung ausgewählter Schlüsselsequenzen.
- Intermediale Transformationsprozesse von Literatur zu Film
- Komparatistische Analyse von literarischen Texten und ihren Verfilmungen
- Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Roman und Film
- Gestaltungskonzeptionen und mediale Umsetzungen
- Analyse von Plot, Figurenzeichnung, Point of View und Schlüsselsequenzen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Seminararbeit dar und führt in das Thema der Literaturverfilmung ein. Sie erläutert die Bedeutung und den Stellenwert des Genres, insbesondere im Hinblick auf die Adaption von Klassikern und Bestsellern. Die Arbeit konzentriert sich auf die ästhetische Seite des intermedialen Zeichentransfers von Literatur zu Film und untersucht die Transformation des Romans Frankenstein or The Modern Prometheus von Mary W. Shelley in zwei seiner Verfilmungen.
Das zweite Kapitel widmet sich einer komparatistischen Analyse der drei Texturen. Es beginnt mit einem Vergleich der Plot-Ebene und beleuchtet die Abweichungen zwischen dem Roman und den beiden Filmen. Dabei werden die Änderungen im Handlungsverlauf, in der Figurenzeichnung und im erzählerischen Point of View analysiert. Die Analyse der Creation Scene und des Schlussbildes in den drei Texturen bildet den Schwerpunkt dieses Kapitels und zeigt die unterschiedlichen dramaturgischen Betonungen und Inszenierungen auf.
Das dritte Kapitel widmet sich der Einordnung der beiden Verfilmungen in die gängigen Beurteilungskriterien der Forschung zum Thema Literaturverfilmungen. Es werden bipolare Analysekriterien wie Werknähe versus Werkferne sowie vier Untertypen des Genres Literaturverfilmung - Transposition, Adaption, Transformation und Transfiguration - vorgestellt. Die beiden Frankenstein-Filme werden anhand dieser Kriterien eingeordnet und als heterogene Mischformen identifiziert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Schauerroman, die Gothic Novel, Frankenstein, Mary Shelley, James Whale, Kenneth Branagh, Literaturverfilmung, Intermedialität, Zeichentransfer, Plot, Figurenzeichnung, Point of View, Schlüsselsequenzen, Creation Scene, Schlussbild, Bipolare Analysekriterien, Transposition, Adaption, Transformation, Transfiguration.
- Quote paper
- Stephan Schmauder (Author), 1998, Intermediale Transformationsprozesse von der Gothic Novel zu den Literaturverfilmungen "Frankenstein" (1931) und "Mary Shelley`s Frankenstein" (1994), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2488
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