„ Protestparteien artikulieren und bündeln Protest, der sich aus ( i.d.R. ) diffuser Unzufriedenheit
mit Entwicklungen, Zuständen und etablierten Normen in Staat und
Gesellschaft speist. Insofern sind P. ein Indiz für ( subjektiv so empfundene ) Leistungsbzw.
Akzeptanzmängel im politisch- administrativen System und/ oder für Repräsentationslücken
im existierenden Parteiensystem. Dabei sind 2 Dimensionen bzw. Intensitätsgrade
von Protest zu unterscheiden: spezielle Kritik an Politik und Parteienstaat, sowie
zum anderen prinzipielle Systemverdrossenheit bzw. -gegnerschaft. P. können deshalb die
Gestalt von Antisystemparteien annehmen
( z.B. faschistische Parteien ), aber auch in der Mitte des politischen Spektrums stehen (
z.B. die sozial- liberale Parteienallianz in Großbritannien ). P. aller politischen Schattierungen,
v. a. rechte und linke P., sind eine weitverbreitete Erscheinung in westlichen -Demokratien;
der von ihnen erreichte Stimmenanteil ist z.T. so groß, daß in mehreren -Ländern
die gewohnte „Symmetrie“ des Parteiensystems und die Koalitionsbildungen bereits
beeinflußt wurden. In der Bundesrepublik können -Republikaner ( REP ), z.T. auch
-PDS und -Grüne als P. bezeichnet werden.“
( Holtmann, E.: „Politik-Lexikon“, 3. Aufl., 2000, S.562ff )
In wie fern man die PDS heute noch als Protestpartei bezeichnen kann möchte ich im folgenden
versuchen darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Entstehungsgeschichte der PDS
2.1. Reformversuche in der SED und der Weg zur PDS
3. Die Partei
3.1. Organisationsstruktur
3.2. Eliten
3.3. Programmatik
4. Wahlen und Wähler
4.1. Wahlen
4.2. Wählerschaft
5. Zusammenfassung
1. Einleitung
„ Protestparteien artikulieren und bündeln ®Protest, der sich aus ( i.d.R. ) diffuser Unzufriedenheit mit Entwicklungen, Zuständen und etablierten ®Normen in ®Staat und ® Gesellschaft speist. Insofern sind P. ein Indiz für ( subjektiv so empfundene ) Leistungs- bzw. Akzeptanzmängel im ®politisch- administrativen System und/ oder für Repräsentationslücken im existierenden ®Parteiensystem. Dabei sind 2 Dimensionen bzw. Intensitätsgrade von Protest zu unterscheiden: spezielle Kritik an ®Politik und ®Parteienstaat, sowie zum anderen prinzipielle Systemverdrossenheit bzw. -gegnerschaft. P. können deshalb die Gestalt von Antisystemparteien annehmen
( z.B. faschistische ®Parteien ), aber auch in der Mitte des politischen Spektrums stehen ( z.B. die sozial- liberale Parteienallianz in Großbritannien ). P. aller politischen Schattierungen, v. a. rechte und linke P., sind eine weitverbreitete Erscheinung in westlichen ®Demokratien; der von ihnen erreichte Stimmenanteil ist z.T. so groß, daß in mehreren ®Ländern die gewohnte „Symmetrie“ des Parteiensystems und die Koalitionsbildungen bereits beeinflußt wurden. In der Bundesrepublik können ®Republikaner ( REP ), z.T. auch ®PDS und ®Grüne als P. bezeichnet werden.“
( Holtmann, E.: „Politik-Lexikon“, 3. Aufl., 2000, S.562ff )
In wie fern man die PDS heute noch als Protestpartei bezeichnen kann möchte ich im folgenden versuchen darzustellen.
2. Entstehungsgeschichte der PDS
Als am 5.2.1990 der Name PDS ( Partei des Demokratischen Sozialismus ) offiziell wurde, lag ein schwieriger Entwicklungsweg hinter der Partei.
Die Entstehungsgeschichte der PDS, welchen ich im folgenden kurz beschreiben möchte, zeigt, daß die Partei von Anfang an, also seit 1990, den Ruf einer Protestpartei besaß.
2.1. Reformversuche in der SED und der Weg zur PDS
In Folge des eigenen Machtverlustes aus verschiedenen Gründen, wie z.B. die Nichtbeachtung der Reformpolitik Gorbatschows und die damit verbundene Unzufriedenheit in der Bevölkerung, sowie der Öffnung und der Massenflucht über die ungarisch- österreichische Grenze, sah sich die SED- Führung nicht mehr in der Lage die Situation, bei gleichzeitiger Beibehaltung der ‘alten’ Politik, unter Kontrolle zu halten.[1]
Als, am 18.10.1989, Erich Honecker, aus offiziell gesundheitlichen Gründen, zurücktrat, gab es die ‘alte’ DDR nicht mehr. Man versuchte durch eine neue Führung und schnelle Reformen das verpaßte wieder aufzuholen um den Staat, als solchen, noch zu retten. In Folge dessen wurde Egon Krenz, auf der 9. Sitzung des Zentralkomitees, einstimmig als Nachfolger Honeckers gewählt. Seine Wahl traf aber in der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe[2], da er als ehemaliger Vorsitzender des FDJ-Zentralrates und Mitglied des Politbüros weniger als Reformer denn als Verteidiger des status quo galt. Sehr deutlich wurde dies bei seiner Antrittsrede als Parteichef. Er sagte: „Der Sozialismus auf deutschem Boden steht nicht zur Disposition.(...) Unsere Macht ist die Macht der Arbeiterklasse und des ganzen Volkes unter der Führung unserer Partei.(...) Wir halten sie fest und werden sie von den Kräften der Vergangenheit nicht antasten lassen.“[3] Aber die DDR Bürger wollten nicht zurück in alte Verhältnisse und so demonstrierten 1 Millionen Menschen in Berlin für Veränderung. Sie forderten freie Wahlen, Reisefreiheit und die Abschaffung des alleinigen Machtanspruches der SED. Nach dem Rücktritt der Regierung unter Willi Stoph, am 7.11.1989, trat nun mit Hans Modrow ein ausgewiesener Reformer dessen Nachfolge an. Es wurde ein Aktionsprogramm[4] mit folgenden Reformen verabschiedet: ein neues Reisegesetz, die Aufhebung des §213 des Strafgesetzbuches, die Ausarbeitung eines Mediengesetzes, eine Reform des politischen Systems, die Einrichtung eines Verfassungsgerichtshofes und eine umfassende Wirtschaftsreform. Angekündigt wurden auch Volkskammerwahlen durch ein neues Wahlgesetz. Doch all diese Reformversuche waren zwecklos. Die Stimmung im Land war für Erneuerung, aber gegen Krenz und seine Mannschaft. Als am 9.11.1989 nach einer bzw. durch eine Pressekonferenz von Günther Schabowski die Berliner Grenze geöffnet wurde, war für Krenz der Druck so groß, daß er am 6.12.1989 seinen Rücktritt als Staatsratsvorsitzender bekannt gab. Die Folge war das Ende des SED-Staates und der alten Parteistrukturen, sowie die Frage nach dem Fortbestand der Partei. Auf einem außerordentlichen Parteitag, am 7./8.12.1989 konnte, nach kontroverser Debatte, der Auflösung der Partei verhindert werden.[5] Gleichzeitig wurde ein neuer Vorsitzender gesucht und in Gregor Gysi gefunden. Auch wurde der Name SED um den Zusatz PDS ( Partei des Demokratischen Sozialismus ) erweitert. Dieser Name galt bis zum 5.2.1990. Ab diesem Zeitpunkt trat die Partei nur noch unter dem Namen PDS in der Öffentlichkeit auf. Dadurch sollte offen der Neuanfang und das Loslösen von alten Strukturen deutlich gemacht werden.[6]
Die PDS galt von Anfang an als Protestpartei, da sie sich als sozialistische Partei gegen den Kapitalismus wandte.[7] Außerdem sahen vorallem die Bürger der alten Bundesländer die Idee des Sozialismus als etwas nicht akzeptables an.[8] Zusätzlich warf die Haltung der PDS in Bezug auf die deutsche Wiedervereinigung ein schlechtes Licht auf sie. Da sie die Wiedervereinigung nie als eine solche ansah, sondern immer wieder von „einer Vereinnahmung der DDR durch die BRD“ sprach. Sie lehnte die deutsche Wiedervereinigung unter Zuhilfenahme von §23GG von Anfang an ab. Aus ihrer Sicht hätte, durch Anwendung des §146GG, im Zuge der deutschen Wiedervereinigung, eine völlig neue Verfassung entworfen und anschließend dem ganzen Volk zur Abstimmung vorgelegt werden müssen.[9]
3. Die Partei
Die PDS ist als Nachfolgepartei der SED die einzige selbstständig gebliebene Organisation der ehemaligen DDR, die es geschafft hat, sich im bundesrepublikanischen Parteiensystem zu etablieren. Die Partei mußte sich auf Grund der neuen politischen Umstände völlig neu organisieren und strukturieren. Doch hat sie sich tatsächlich von
der alten innerparteilichen Struktur getrennt und basieren ihre programmatischen Forderungen alle auf dem Boden des Grundgesetzes? Diese Fragen möchte ich im folgenden Kapitel versuchen zu beantworten.
3.1. Organisationsstruktur
Die Organisationsstruktur der PDS unterscheidet sich nicht von der anderer Parteien. Die Partei hat es in diesem Punkt geschafft sich von alten Formen zu verabschieden und sich voll den bundesdeutschen Umständen angepaßt.[10] Also ist sie von diesem Standpunkt aus gesehen auf keinen Fall als Protestpartei zu bezeichnen.
Man kann die Organisationsstruktur der PDS durch eine Pyramide skizzieren. Den Sockel der Pyramide bilden dabei die Basisorganisationen, d.h. Orts- und Stadtteilverbände. Diese wählen ihre Vertreter in die Kreisvorstände. Neben diesen Verbänden bilden die Arbeitsgemeinschaften ( AG ) und Interessengemeinschaften ( IG ) den zweiten Teil des Sockels. Sie sind im 1.Statut der PDS definiert als Gemeinschaften, welche theoretische ( Vor- ) Arbeiten leisten und einen klar definierten propagandistischen und agitatorischen Auftrag haben. Die Basisorganisationen entsenden gewählte Delegierte zu Kreis- und diese zu Landesparteitagen. Auf den Landesparteitagen wird der Landesvorstand sowie Delegierte für den Bundesparteitag gewählt.
Im ersten Statut der PDS wurde auch die Einrichtung eines ständigen Parteitages beschlossen. Dieser Parteitag wählt einen Parteirat und einen Parteivorstand. Der Parteivorstand bildet sich aus 12- 20 „profilierten Politikern“ der Partei. Dem Parteirat gehören 75 Personen an, wobei Zweidrittel aus Mitgliedern der Landesverbände und Eindrittel aus Mitgliedern der AG’s, IG’s und Plattformen entstammen. Der Parteirat muß vom Parteivorstand über alle politischen und innerparteilichen Vorhaben und Beschlüsse informiert werden. Der Parteirat kann Kritik bzw. Bedenken an diesen Vorhaben üben, diese sind für den Parteivorstand aber nicht bindend. Er kann sie mit einer zweidrittel Mehrheit beiseite schieben. Falls der Parteirat aber ernste Bedenken an Entscheidungen des Vorstandes hat, kann er dessen zweidrittel Mehrheit mit einer eigenen zweidrittel Mehrheit egalisieren. Wenn dieser Fall auftreten sollte, könnte der Parteivorstand den Parteitag einberufen, dies war aber keine Pflicht. Also hat der Parteivorstand gegenüber dem Parteirat immer das letzte Wort. Über dem Parteivorstand, also an der Spitze der Pyramide, steht das Präsidium, bestehend aus 15 Personen. Diese Instanz vereint alle Macht in sich. Es hat kein Kontrollorgan über sich und kann deshalb fast nach belieben agieren. Daraus folgt, daß es ab dem Parteivorstand keine demokratischen Eingriffsmöglichkeiten für die Mitglieder der Partei gibt.[11] Das ist allerdings nichts besonderes, da dies in anderen Parteien nicht anders ist.
[...]
[1] Vgl. Gerner, Manfred; „Partei ohne Zukunft?: Von der SED zur PDS“, 1994, S.16ff
[2] Vgl. Gerner, Manfred; „Partei ohne Zukunft?: Von der SED zur PDS“, 1994, S.28
[3] Zitiert nach Neues Deutschland, 19.10.1989 in Gerner, Manfred; „Partei ohne Zukunft?: Von der SED zur PDS“, 1994, S.28
[4] Vgl. Gerner, Manfred; „Partei ohne Zukunft?: Von der SED zur PDS“, 1994, S.29
[5] Vgl. Gerner, Manfred; „Partei ohne Zukunft?: Von der SED zur PDS“, 1994, S.79ff
[6] Vgl. Gerner, Manfred; „Partei ohne Zukunft?: Von der SED zur PDS“, 1994, S.84
[7] Vgl. PDS- Parteiprogramm, 1993, „4. Alternative Entwicklungswege“
[8] Vgl. Segall, Christian Peter /Hircher, Gerhard /Schropp-Grabiak, Rita; „Die PDS im Wahljahr 1999-
Politik von links, von unten und von Osten“, 1999, S.34
[9] Vgl. Bortfeld, Heinrich; „Von der SED zur PDS“, S.179
[10] Vgl. Moreau, Patrick; „PDS- Anatomie einer postkommunistischen Partei“, 1992, S.251ff
[11] Vgl. Moreau, Patrick; „PDS- Anatomie einer postkommunistischen Partei“, 1992, S.251ff
- Arbeit zitieren
- Steffen Schier (Autor:in), 2001, Die Partei des Demokratischen Sozialismus PDS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24769
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.