Die Aufgabe meiner Arbeit kommt in weiten Teilen der Gretchenfrage nahe: Wie steht es mit den bilanzpolitischen Einflußmöglichkeiten nach IFRS1? Sind sie größer oder kleiner als im HGB? Um dieser Frage gezielt nachzugehen, habe ich die Bereiche Wertansatz, Bewertung, Ermessensspielräume und die formellen Instrumente systematisch untergliedert und erörtert. Dabei ist mir aufgefallen, daß es Sachverhalte gibt, die explizit nur in einem RS angesprochen werden (Finanzinstrumente), der Sache nach sowohl Ansatz als auch Bewertung betreffen (latente Steuern) oder methodisch ganz unterschiedlich sind und viele Bereiche betreffen (Neubewertungsmethode versus fortgeführte AK/HK). Ich habe diese und weitere Spannungsfelder bestmöglichst aufgelöst und inhaltlich logisch zusammengeführt.
Die Tatsache, daß beide RS auch in unterschiedlichen Sprachen beheimatet sind, war kein Problem. Aber es hat mich viel Zeit gekostet terminologisch gleiche Sachverhalte, Prinzipien und Gegenstände in einen direkten Zusammenhang zu stellen, da es oft mehrere englische Terme für denselben deutschen Begriff gibt (so z.B. beim beizulegenden Wert). Um den Lesefluß zu stärken und Verwirrung schon im Vorfeld auszuräumen, habe ich in Anhang 2 eine terminologische Übersicht mit alphabetischer Sortierung nach den von mir verwendeten englischen Begriffen beigefügt.
Basierend auf der Annahme, daß das HGB im allgemeinen eher geläufig ist als die IFRS, habe ich an manchen Stellen deskriptive Elemente eingeschoben. So wird bei den PV und der Zeitbewertung erst kurz die internationale Vorgehensweise erläutert und dann eine vergleichende Betrachtung nachgeschoben. Eingearbeitet wurden auch zwei Studien, die zum einen den betrieblichen Umstellungsaufwand auf IFRS untersucht haben und zum anderen zeigen, wie deutsche IFRS-Bilanzierende mit den neuen Bedingungen umgehen. Dabei wird auch deutlich, welche Unterschiede in beiden Systemen in der Praxis relevant sind und welche Differenzen eher eine theoretische Daseinsberechtigung haben.
Die Gliederungspunkte 3 und 4 runden meine Arbeit ab, indem der für die Unternehmenspraxis relevante Kosten- und Zeitfaktor bzw. bilanztechnische Erleichterungsvorschriften im Rahmen einer Umstellung auf das internationale Regelwerk aufgezeigt werden.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Aufbau der Arbeit
1.2. Bedeutung der Themenstellung fur die Praxis
1.3. Problemstellung und Zielsetzung
2. Bilanzpolitisches Instrumentarium
2.1. Divergierende Zielsetzung
2.2. Zeitliche Instrumente
2.3. Formelle Instrumente
2.3.1. Bestandteile des Jahresabschlusses je Rechnungslegungssystem
2.3.2. Gliederungspolitische Differenzen
2.3.3. Bilanzierungsgrundsatze und -fahigkeit
2.3.4. Ausweistiefe und -breite in den JahresabschluObestandteilen
2.4. Materielle Beeinflussung
2.4.1. Ansatzunterschiede bei aktivischen Posten
2.4.1.1. Immaterielle Vermogensgegenstande
2.4.1.2. Derivativer Firmenwert
2.4.1.3. Leasingvertrage
2.4.1.4. Disagio
2.4.1.5. Finanzinstrumente
2.4.1.6. Aufwendungen fur Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebes
2.4.2. Ansatzunterschiede bei passivischen Posten
2.4.3. Unterschiede bei der Bewertung
2.4.3.1. Wertansatzdifferenzen
2.4.3.1.1. Vorratsvermogen
2.4.3.1.2. Wertminderung von Vermogensgegenstanden
2.4.3.1.3. Pensionsruckstellungen bzw. Leistungen an Arbeitnehmer
2.4.3.2. Methodische Unterschiede
2.4.3.2.1. Rechnungsabgrenzungsposten
2.4.3.2.2. Langfristige Auftragsfertigung
2.4.3.2.3. Neubewertungskonzept versus Anschaffungskostenprinzip
2.4.3.2.4. Latente Steuern
2.4.3.2.5. Ermittlung und Abschreibung des derivativen Firmenwertes
2.4.4. Ermessensspielraume
2.4.4.1. Verfahrensspielraume
2.4.4.1.1. Abschreibungsmoglichkeiten
2.4.4.1.2. Bewertungsvereinfachungsverfahren
2.4.4.2. Individualspielraume
2.4.4.2.1. Schatzungsbedingte Freiheiten
2.4.4.2.2. Auslegung von Vorschriften
2.4.4.23. Bisher ungeregelte Sachverhalte
3. Unterschiede bei erstmaliger und wiederholter Anwendung von IFRS
3.1. Buchmafiige Abbildung der Umstellung und Anwendungsbereich
3.2. Wahl des Ubergangsverfahrens
3.3. Gestaltungsperspektiven
4. Zeitlicher und finanzieller Umstellungsaufwand
5. Kritische Wurdigung
5.1. Gewinnausweispolitik
5.2. Informationspolitik
5.3. Ansatz- und Bewertungspolitik
5.4. Schlufibetrachtung
Anhang 1
Anhang 2
Anhang 3
Literaturverzeichnis
Hiermit versichere ich an Eides Statt, daB ich die vorliegende Arbeit selbstandig und ohne Benutzung anderer als der in den FuBnoten und im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen angefertigt habe
Kiel, den 02. April
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Zielsetzung der Jahresabschlusse
Abbildung 2 Konzeptionelle Unterschiede bei Transparenz und Bilanzierung
Abbildung 3 Rechnungslegungsgrundsatze nach IFRS
Abbildung 4 Bestandteile des Jahresabschlusses
Abbildung 5 Unterschiede im Bilanzierungskreis
Abbildung 6 Zurechenbarkeit von Leasingvertragen bei IFRS
Abbildung 7 Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS
Abbildung 8 Der Bilanzierungskreis bei Ruckstellungen
Abbildung 9 Aktivierung von Herstellungskosten bei Vorraten
Abbildung 10 Bilanzverkurzung durch Pensionsverpflichtungen bei den IFRS
Abbildung 11 Erfassung von Wertschwankungen im Rahmen der Neubewertung
Abbildung 12 Bilanzierung und Darstellung von latenten Steuern
Abbildung 13 Zweistufiger impairment test
Abbildung 14 Erfassung von Wertanderungen beim impairment test
Abbildung 15 Ansatzkriterien fur selbsterstellte immaterielle Vermogensgegenstande
Abbildung 16 Der UmstellungsprozeB
Abbildung 17 Kostenfaktoren bei der Umstellung
Abbildung 18 Der umstellungsbedingte ErgebniseinfluB
Abbildung 19 Ansatz- und bewertungspolitische Differezen
1. Einleitung
1.1. Aufbau der Arbeit
Die Aufgabe meiner Arbeit kommt in weiten Teilen der Gretchenfrage nahe: Wie steht es mit den bilanzpolitischen EinfluBmoglichkeiten nach IFRS1? Sind sie groBer oder kleiner als im HGB? Um dieser Frage gezielt nachzugehen, habe ich die Bereiche Wertansatz, Bewertung, Ermessensspielraume und die formellen Instrumente systematisch untergliedert und erortert. Dabei ist mir aufgefallen, daB es Sachverhalte gibt, die explizit nur in einem RS angesprochen werden (Finanzinstrumente), der Sache nach sowohl Ansatz als auch Bewertung betreffen (latente Steuern) oder methodisch ganz unterschiedlich sind und viele Bereiche betreffen (Neubewertungsmethode versus fortgefuhrte AK/HK). Ich habe diese und weitere Spannungs- felder bestmoglichst aufgelost und inhaltlich logisch zusammengefuhrt.
Die Tatsache, daB beide RS auch in unterschiedlichen Sprachen beheimatet sind, war kein Problem. Aber es hat mich viel Zeit gekostet terminologisch gleiche Sachverhalte, Prinzipien und Gegenstande in einen direkten Zusammenhang zu stellen, da es oft mehrere englische Terme fur denselben deutschen Begriff gibt (so z.B. beim beizulegenden Wert). Um den Le- sefluB zu starken und Verwirrung schon im Vorfeld auszuraumen, habe ich in Anhang 2 eine terminologische Ubersicht mit alphabetischer Sortierung nach den von mir verwendeten eng- lischen Begriffen beigefugt.
Basierend auf der Annahme, daB das HGB im allgemeinen eher gelaufig ist als die IFRS, habe ich an manchen Stellen deskriptive Elemente eingeschoben. So wird bei den PV und der Zeit- bewertung erst kurz die internationale Vorgehensweise erlautert und dann eine vergleichende Betrachtung nachgeschoben. Eingearbeitet wurden auch zwei Studien, die zum einen den be- trieblichen Umstellungsaufwand auf IFRS untersucht haben und zum anderen zeigen, wie deutsche IFRS-Bilanzierende mit den neuen Bedingungen umgehen. Dabei wird auch deut- lich, welche Unterschiede in beiden Systemen in der Praxis relevant sind und welche Diffe- renzen eher eine theoretische Daseinsberechtigung haben.
Die Gliederungspunkte 3 und 4 runden meine Arbeit ab, indem der fur die Unternehmens- praxis relevante Kosten- und Zeitfaktor bzw. bilanztechnische Erleichterungsvorschriften im Rahmen einer Umstellung auf das international Regelwerk aufgezeigt werden.
Das von mir betrachtete Themengebiet erstreckt sich in der Literatur auf viele hundert Seiten2 und ist selbst nach Ansicht der Autoren damit noch nicht abschlieBend diskutiert. Folglich kann es nicht mein Ziel sein, diese Lucke zu schlieBen als vielmehr die wesentlichen Instru- mente, MaBnahmen und Unterschiede im dialektischen Vergleich in angemessener Tiefe zu erarbeiten.
1.2. Bedeutung der Themenstellung fur die Praxis
Die internationalen Bemuhungen eine Harmonisierung3 , d.h. eine rechnungslegungs- technische Vergleichbarkeit und Gleichwertigkeit unter den Jahresabschlussen, zu erreichen, trifft immer starker auch deutsche Unternehmen, die nach HGB bilanzieren. Ein bisher befrei- ender IFRS KonzernabschluB nach § 292a HGB fur borsennotierte Unternehmen in der EU wird ab 2005 zur Pflicht 4. Daruber hinaus wurde den EU-Mitgliedsstaaten ein Ausubungs- wahlrecht zugesprochen, in eben dieser Weise auch bei Einzelabschlussen zu verfahren. Unterstutzend wirkt sicherlich auch die Absicht der Finanzinstitute, die kunftige Kreditverga- bepraxis eng an Ratings (siehe BASEL II) zu knupfen, was durch einen vergleichbaren inter- nationalen Rechnungslegungsstandard signifikant erleichtert wurde. Es ist auch aus diesem Grund mit einer zusatzlichen ,Sogwirkung’ auf nicht-kapitalmarkt- orientierte Unternehmen seitens der IFRS zu rechnen5. Im Rahmen zunehmender Globalisierung bezuglich Absatz- markten, Anteilseignerstrukturen, Glaubigern, Rechtsraumen, etc... ist m. E. ein befreiender EinzelabschluB nach IFRS fur deutsche Unternehmen in naher Zukunft denkbar6 und wurde schon vom Arbeitskreis ,Externe Rechnungslegung’ der Schmalenbach-Gesellschaft erortert. Aber auch ohne eine rechtliche Veranderung gibt es genugend Argumente fur einen Wechsel zu den IFRS. Der Kreis derer, die eine Umstellung befurworten, umfaBt immer mehr stakeholder, wie z.B. Aufsichtsrat und Anteilseigner, und ihre Argumente werden fortwahrend gewichtiger. Hier seien nur funf der einfluBreichsten Grande genannt :7
- Erleichterter Zugang zu internationalen Kapitalmarkten fur Kapitalbedarf, Finanzie- rungsalternativen, Unternehmensexpansion, etc...
- Starkere Position gegenuber Banken bei Finanzierungsfragen
- Senkung der Integrationskosten bei M&A Aktivitaten bzw. Vereinheitlichung des reporting bei auslandischen Tochterunternehmen
- Investorenkreis bzw. Bekanntheitsgrad erhohen und eine vergleichende Darstellung zwischen verschiedenen Rechtsraumen ermoglichen
- Hohere Transparenz bei der Untemehmensanalyse (durch weniger Wahlrechte), was durch bessere Ratings die Finanzierung verbilligen kann
Daher ist es auch nur logisch, Unterschiede im bilanzpolitischen Instrumentarium zu kennen, um im Falle einer Umstellung von HGB auf IFRS das volle bilanzpolitische Spektrum zur Erreichung der Unternehmensziele ausnutzen zu konnen.
Sieht man Bilanzpolitik i.w.S. auch als JahresabschluBpolitik, dann gibt es, wie nachfolgend zu zeigen sein wird, durchaus tiefgreifende Unterschiede. Diese sollte man nicht vernachlas- sigen, um weitere Spannungsfelder zwischen Bilanzpolitiktragern und Bilanzadressaten be- zuglich der Informationsgestaltung und der finanziellen Entwicklung zu vermeiden .8
1.3. Problemstellung und Zielsetzung
Im allgemeinen wird unter ,Bilanzpolitik’ die zielgerichtete Beeinflussung des Erfolgs-, Ver- mogens- und Liquiditatsausweises in SB und HB durch Ausnutzung von gesetzlichen Vor- schriften zu Bilanzierung, Bewertung und Wahrnehmung von Spielraumen bzw. Sachver- haltsgestaltungen verstanden. Im weiteren Verlauf werden steuerbilanzielle Einflusse ausge- blendet, da diese bei den IFRS keine Berucksichtigung finden.
Im HGB erfolgt eine Differenzierung der Unternehmen nach Kapital- und Personengesell- schaften. Die ersteren werden z.B. bezuglich der Publizitatspflichten nach § 325 (1) HGB in kleine, mittelgroBe und groBe Kapitalgesellschaften unterteilt 9. Im folgenden werden primar Kapitalgesellschaften betrachtet und es wird im allgemeinen nicht auf groBenabhangige Ver- einfachungsregelungen eingegangen. Auch variieren die JahresabschluBbestandteile je nach Rechtsform und GroBe des Unternehmens. Die IFRS differenzieren den Adressatenkreis nur bei Segmentberichterstattung, earnings per share und Zwischenberichterstattung nach bor- sennotierten und nicht-borsennotierten Teilnehmern. Dafur kennen sie keine groBenabhangi- gen Kriterien. Momentan gibt es diesbezuglich nur ein research project, so daB eine Anpas- sung auf absehbare Zeit noch nicht in Sicht ist10.
Obwohl ein IFRS-AbschluB verpflichtend ab 2005 nur bei Konzernabschlussen vorgesehen ist und alle anderen Gesellschaftsformen bzw. Einzelabschlusse von Kapitalgesellschaften wei- terhin einen HGB-AbschluB (aufgrund der MaBgeblichkeit fur die steuerliche Gewinnermitt- lung) erforderlich machen11, gehe ich bei meiner Betrachtung trotzdem im wesentlichen auf den bilanz-politischen Vergleich von Einzelabschlussen bei Kapitalgesellschaften ein. So werden konsolidierungsbedingte Anderungen in dieser Schrift auch nicht betrachtet. Zielset- zung meiner Arbeit ist es vielmehr, die unternehmerischen Entschei- dungsdifferenzen bei der EinfluB- nahme des handelsrechtlichen Jah- resabschlusses zur Erreichung der unternehmenspolitischen Ziele in beiden Rechnungslegungssystemen gegeneinander abzugrenzen, wo es sinnvoll und erforderlich erscheint.
2. Bilanzpolitisches Instrumentarium
2.1. Divergierende Zielsetzung
Akademisch betrachtet, ist es nicht moglich die beiden Systeme nach ihrer ,Bilanzierungsqua- litat’ zu vergleichen. Schon bei der konzeptionellen Betrachtung werden erhebliche Unter- schiede sichtbar (s. Abbildung 1): Die deutsche Rechnungslegung ermittelt (bzw. versucht zu begrenzen) im wesentlichen den ausschuttungsfahigen Gewinn und die zu entrichtenden Steu- ern. Konsequenterweise tritt im HGB der Glaubigerschutz in Verbindung mit dem Vorsichts- prinzip in den Vordergrund. Dies wird am Beispiel von Volkswagen deutlich, als 1999 die Umstellung von HGB auf IFRS vollzogen wurde: das bilanzierte EK stieg von € 9,8 Mrd. auf € 20,9 Mrd., ahnliches gait bei Hoechst 1995 und Daimler-Benz 199312 . Dabei ist gerade heu- te dieser statische, rein auf die Vermogenslage abstellende Ansatz vor dem Hintergrund, daB Banken ihre Kreditvergabepolitik maBgeblich auf CF Betrachtungen und entscheidungsrele- vante Informationsbereitstellung abstellen, fraglich .13
Die IFRS wahlen einen dynamischen Ansatz, um entscheidungsrelevante Informationen be- reitzustellen, wobei die Erfolgsermittlung hohere Prioritat hat als die Vermogensdarstellung. Somit rucken die Interessen von allen Adressaten viel naher zusammen. So beeinfluBt der betriebliche Erfolg Investoren bei ihrer Kaufentscheidung, Arbeitnehmer bei Lohnverhand- lungen, Glaubiger bei der Bemessung der Risikopramie, etc Im Mittelpunkt stehen deshalb die Ermittlung des periodengerech- ten Gewinns und das going concern Prinzip. Das deutsche Vorsichtsprin- zip wird nur am Rande unter dem Grundsatz der Zuverlassigkeit sub- sumiert (s. Abbildung 3).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Daraus ergeben sich wesentliche Unterschiede zwischen beiden Rechnungslegungssytemen. So ist die herrschende Meinung im IFRS
Regelwerk, daß Informationen, die neutral ohne Wahlrechte und Ermessensspielräume gewonnen werden, automatisch einen höheren Entscheidungsnutzen haben. Dieser Ansatz ist dem deutschen Regelwerk fremd. Nach § 264 (2) HGB ist der nach internationalem Bewußt sein stark im Vordergrund stehende kein14. Bricht man die konzeptionelle Ebene auf Einzelregelungen herunter, relativieren sich einige Unterschiede etwas, wie nachfolgend gezeigt wird.
Abbildung 3 - Rechnungslegungsgrundsatze nach IFRS
2.2. Zeitliche Instrumente
Der Bilanzstichtag kann nur sehr eingeschrankt bilanzpolitisch genutzt werden. Dennoch kommt ihm eine wichtige Bedeutung zu, da ca. 60 % der bilanzpolitischen Entscheidungen vor dem Bilanzstichtag getroffen werden mussen, wenn sie Eingang in die abgelaufene Peri- ode finden15 und im unternehmenseigenen Interesse beeinfluBt werden sollen. Interessant kann eine Abweichung von Kalender- und Wirtschaftsjahr im Falle einer Unternehmensgrun- dung sein, wenn Steuerstundungseffekte ausgenutzt werden konnen. In beiden Regelwerken ist die Wahl des Bilanzstichtages, solange das Willkurverbot gewahrt wird, beliebig zulassig. § 240 (2) HGB legt mit 12 Monaten eine Maximaldauer fur ein Geschaftsjahr fest, wahrend eine entsprechende Regelung im internationalen Pendant nicht zu finden ist16. Praktische Re- levanz ergibt sich bei Fusionen, Unternehmensaufgabe oder sonstigen Sondereinflussen, da im Zweifelsfall nach deutschem Recht zwei Jahresabschlusse publiziert werden muBten, einer fur das volle Geschaftsjahr und ein separater fur das Rumpfwirtschaftsjahr.
§ 264 (1) HGB verpflichtet Kapitalgesellschaften den JahresabschluB und Lagebericht binnen den ersten 3 Monaten der nachsten Periode zu veroffentlichen. Auch hier wird nach § 267 (1) HGB zwischen groBen, mittelgroBen und kleinen Kapitalgesellschaften bzw. Genossenschaf- ten unterschieden.
Bei ansatz- und wertverandernden Ereignissen nach dem Bilanzveroffentlichungstermin gibt es keine Differenzen zwischen IFRS 10 (events after balance sheet date) und § 252 (2) HGB. Ein Ruckgang von Absatzpreisen wurde auch nach HGB zu einem niedrigeren Wertan- satz fuhren. Dennoch konnen sich in Einzelfallen Unterschiede ergeben, wenn z.B. eine GmbH die Gewinnverwendung nach AbschluB des Geschaftsjahres beschlieBt. So ware nach HGB eine Dividendenverbindlichkeit anzusetzen, wahrend nach IFRS aufgrund des Fehlens einer ,aufhellenden Wirkung’ keine MaBnahme bzw. Anderung anstunde. Auch bei Vernich- tung der Vorrate durch eine Naturkatastrophe ohne bestehenden Versicherungsschutz waren Unterschiede denkbar. Da in diesem Fall u. U. Zweifel an der Unternehmensfortfuhrung auf- kommen konnten, waren nur Korrekturen im Rahmen der IFRS zu ergreifen.
2.3. Formelle Instrumente
2.3.1. Bestandteile des Jahresabschlusses je Rechnungslegungssystem
Ein vollstandiger AbschluB besteht nach IFRS 1.7 aus funf integralen Bestandteilen, die in Abbildung 4 dokumentiert sind.
Sollte die darzustellende Periode kurzer als ein Jahr sein, ist ein Zwischenbericht, entweder in Form eines vollstandigen Abschlusses oder auch verkurzt, zu erstellen. Die deutsche Diffe- renzierung in Einzel- und Konzernabschlusse sowie einige Branchenspezifikationen, z.B. fur Finanzinstitute oder landwirtschaftliche Betriebe, sind den IFRS (abgesehen vom Punkt Betei- ligungen) weitgehend unbekannt. Es wird aber an entsprechenden Projekten gearbeitet, so daB branchenspezifische Regelungen fur Finanzinstitutionen und Unternehmen der ,Grundstoffin- dustrie’ noch in diesem Jahr zu erwarten sind .17 Bei Borsennotierung bzw. schuldrechtlicher Emission von Wertpapieren sind eine Segmentberichterstattung und das Ergebnis je Aktie auszuweisen. Im Gegensatz zu den IFRS ist die Erstellung der Kapital- fluBrechnung nach TranPuG nur fur borsennotierte Konzerne verpflich- tend, aber dafur seit 2003 gleichwer- tiger KonzernabschluBbestandteil. Nach deutschem Recht bestehen auBerdem branchenspezifische Re- gelungen fur Banken und Kreditinstitute (DRS 2-20).18
Erstaunlicherweise gibt es bei den IFRS, obwohl sie auf Transparenz und Bereitstellung von Informationen soviel Wert legen, keinen Lagebericht. Passagen mit ahnlichem Charakter konnen einem internationalen JahresabschluB naturlich freiwillig beigefugt werden.
In der Literatur werden von manchen Autoren die deutschen Erleichterungsvorschriften (s. Bitz et al (2003)) als sehr positiv hervorgehoben, da sie in der Tat eine enorme Arbeitserleich- terung fur kleine Gesellschaften bedeuten. Der damit einhergehende Informationsverlust bleibt hingegen unkommentiert.
2.3.2. Gliederungspolitische Differenzen
Die Mindestgliederungsvorschriften sind nur fur die Bilanz nach § 266 HGB groBenabhangig und ein allgemeingultiges Schema fur die G&V ergibt sich nach § 275 HGB. Kapitalgesell- schaften haben bei der Darstellung die Wahl zwischen Gesamtkosten- oder Umsatzkostenver- fahren. IFRS 1 gleichen in diesem Punkt dem deutschen Pendant und lassen daruber hinaus eine Wahlfreiheit beim Darstellungsformat der G&V, d.h. sowohl Konto- als auch Staffelform sind zugelassen. Bezuglich der Bilanz besteht nach IFRS momentan noch die Moglichkeit, entweder nach der Fristigkeit oder der Liquiditat darzustellen. Im Rahmen des improvement projects ist jedoch damit zu rechnen, daB nur noch mit nachhaltiger Begrundung (durch die Entscheidungsrelevanz) eine liquiditatsnahe Betrachtung vorgenommen werden kann.19
Von den 100 in der Studie20 untersuchten Betrieben haben die Halfte das HGB induzierte Schema ubernommen, wahrend die andere Halfte entsprechend der Fristigkeit gegliedert hat. Im sachlichen AV kann es dann zu unterschiedlicher Handhabung kommen, da das Prinzip der Liquiditat nicht zwangslaufig der Methode der Fristigkeit entsprechen muB.
Ahnlich sieht es beim G&V Schemata aus, wo sogar 76 % der Befragten weiterhin das in Deutschland ubliche Gesamtkostenverfahren dem international gebrauchlichen Umsatzko- stenverfahren vorziehen. Auch der Umgang mit den Finanzinstrumenten wird bei bereits um- gestellten Unternehmen nicht nach den in den IFRS 39 genannten vier Darstellungskategori- en, sondern nach altbekanntem HGB-Muster gezeigt. Keine der untersuchten Bilanzen hat diesen Sachverhalt fehlerlos abgebildet.
Dies sind m.E. die ersten Hinweise, daB deutsche IFRS-Bilanzierer gerne in den ihnen be- kannten HGB-Dimensionen denken und eventuell auch geneigt sind, in eben derselben Weise bei Bilanzierung und Bewertung zu verfahren. Die Idee einer IFRS konformen aber doch HGB nahen Vorgehensweise wird sich vermehrt in der materiellen Betrachtung zeigen.
Sachanlagen fur spekulative Zwecke (investment property) konnen wahlweise nach pp&e (IFRS 16) oder accounting for investments (IFRS 25) gegliedert werden. Dies kann EinfluB auf zu bildende Kennzahlen haben und ist somit nicht unentscheidend, zumal das deutsche Regelwerk nicht nach diesem Kriterium kategorisiert.
Der nach der POC aktivierte Betrag wird den Forderungen bzw. bei ubersteigendem Saldo mit den bereits abgerechneten Betragen den Verbindlichkeiten zugeschlagen.
Die beiden angesprochenen Sachverhalte waren im HGB nur im Rahmen einer Postenerweite- rung durch § 265 (5) HGB denkbar. Durch die dem HGB teilweise unbekannten Methoden (z.B. POC) wird eine neue Interpretation der entsprechenden Positionen erforderlich. Es gibt aber auch den umgekehrten Fall, daB einzelne Bereiche in den IFRS nicht behandelt werden: So werden ausstehende Einlagen z.B. weder vor dem AV ausgewiesen noch vom gezeichne- ten Kapital abgezogen. Der Sachverhalt ist noch ungeregelt und da die allgemeinen Ansatzkri- terien nicht erfullt sind, erfolgt auch keine Abbildung.
Auch bei bereits vorhandenen Gliederungspunkten kann es zu Unterschieden kommen, die bei der Erstellung von Kennzahlen im innerbetrieblichen Zeitvergleich bereinigt werden21 mussen: Formal werden RAP nicht separat in der Bilanz wie im HGB ausgewiesen, sondern als Unter- posten (prepaid expenses) entweder bei den assets oder liabilities. So werden aktive RAP, wie man sie im HGB kennt, von IFRS-Bilanzierern in die sonstigen Forderungen umgegliedert.
Dabei fallt auf, daB deutsche transitorische und antizipative Posten zusammengefaBt wur- den . Oder auch eigene Anteile werden nach deutschem Verstandnis bei den Aktiva unterge- bracht. Die international Sichtweise setzt sie als Abzugsposten im EK an, so daB ein Verkauf wie eine Neuausgabe erfolgsneutral vollzogen wird.
In den meisten Fallen besteht jedoch formelle Kongruenz. So auch bei den in IFRS 2 definier- ten inventories, die den deutschen Vorraten entsprechen. Im Detail kann es aber dennoch bei geleisteten Anzahlungen, Auftragseingangen nach IFRS 11, landwirtschaftlichen & biologi- schen Produkten als auch bei mineralischen Erzen zu abweichender Darstellung kommen. Die IFRS-Bilanzierer kennen auch keine weitere Untergliederung in diesem Bereich, wie nach deutschem Recht vorgeschrieben. Oftmals wird jedoch der Empfehlung von IFRS 2.8 i.V.m. IFRS 2.37 gefolgt und im Bedarfsfall werden zusatzliche Ebenen eingeschoben.
Es fallt deutlich auf, daB das internationale Regelwerk (bedingt durch die hohe Anzahl an beteiligten Standardsettern) besser auf aktuelle betriebswirtschaftliche Bedurfnisse der Unter- nehmen bei der Darstellung eingeht. So wird kein festes Gliederungsschema vorgegeben, sondern eine Anzahl von ,Mindestpositionen’ festgeschrieben mit ansonsten freier Gestal- tungsmoglichkeit. Es gibt nur wenige grundlegende Unterschiede wie die Darstellungsform der G&V oder die Bilanzgliederung nach Fristigkeit bzw. Liquiditat bei den IFRS. Durch das starrere deutsche Schema und die groBeren Moglichkeiten im internationalen Regelwerk Sachverhalte in den Anhang zu verlagern, kann sich in der Praxis ein deutlich unterschiedli- ches Bild ergeben.
Im Detail konnen Positionen inhaltlich unterschiedliche Tatbestande abbilden und sind des- halb bei der Bilanzanalyse zu bereinigen.
2.3.3. Bilanzierungsgrundsatze und -fahigkeit
Im konzeptionellen Aufbau der beiden Systeme ist zu unterscheiden zwischen Prinzipien, die einen unterschiedlichen Stellenwert haben und solchen, die inhaltlich eine andere Aussage- kraft haben. Zu den ersteren zahlen vor allem das Periodisierungsprinzip, das Vorsichtsprin- zip, die Wesentlichkeit und die Wirtschaftlichkeit.
Zur zweiten Gruppe gehort der Grundsatz der Identitat von Eroffnungs- und SchluBbilanz und i.w.S. auch solche Konzepte, die nicht im framework (vergleichbar den deutschen Grundsat- zen ordnungsgemaBer Buchfuhrung) wohl aber vereinzelt in standards vermerkt sind. Bei- spielhaft seien hier das Stichtagsprinzip (IFRS 10.7 ff.), die Wertaufhellung (IFRS 10.5), Sal- Hayn, S., G. Waldersee (2002), S. 47 dierungsverbote (IFRS 1.33 ff.), Realisations- und Imparitatsprinzip (IFRS 16, 18, 36) oder das Gebot der Einzelbewertung (IFRS 2, 16, oder z.B. 36) genannt .22
Im Rahmen der bereits erwahnten Favorisierung der Investoren- uber die Glaubigerinteressen wird im deutschen Regelwerk der Zuverlassigkeit (hierunter wird auch das Vorsichtsprinzip subsumiert) im Vergleich zur Relevanz klar mehr Bedeutung beigemessen. Die Handhabung bei den IFRS ist eher diametral, da Informationen mit wirtschaftlicher Entscheidungskraft fur externe Adressaten oberste Prioritat haben.
Bei den Aktivierungskriterien ist ein direkter Definitionsvergleich schwierig. Im Ergebnis zeigt sich jedoch ein zusatzliches materielles Kriterium, d.h. die im HGB postulierte selbstan- dige Verwertbarkeit erscheint so nicht im framework. Der Vergleich der Passivierungskriteri- en zeigt den wesentlichsten Unter- schied bei der Quantifizierbarkeit. Die IFRS arbeiten in diesem Be- reich stark mit Wahrscheinlichkei- ten und sehen bei groBer Unsicher- heit statt eines Ansatzes eine Anga- be im Anhang vor. Die HGB ge- treue Forderung der tendenziellen Uberbewertung ist indes mit den IFRS nicht vereinbar. So bleibt zu sagen, daB das aktivierungsfahige Volumen nach HGB eher kleiner ist, wahrend es bei den passivierungsfahigen Posten eher umgekehrt aussieht (Abbildung 5).
Dabei sind nicht in allen Posten Unterschiede festzustellen, vielmehr beschrankt es sich im AV auf immaterielle VG, Aufwendungen fur Ingangsetzung und Erweiterung des Geschaftsbetriebes bzw. Finanzvermogen und im passivischen Bereich auf Ruckstellungen bzw. den Sonderposten mit Rucklageanteil. Die genanten Positionen werden im weiteren Ver- lauf bei den materiellen Gliederungspunkten beleuchtet.
Im HGB gibt es zudem mehr Argumente um Bilanzierungs- und Bewertungsanderungen, d. h. einen VerstoB gegen das Stetigkeitsprinzip, zu begrunden. So kann sich durch geanderte Schatzungen ein verzerrtes Bild der Ertragslage ergeben, wobei dies noch durch das Fehlen einer prazisen Betragsangabepflicht an Brisanz gewinnt. Solche Sachverhalte sind fur den externen Bilanzadressaten ohne konkrete Anhaltspunkte in ihrer vollen Bedeutung naturlich kaum erkennbar. So werden verbale Beschreibungen, ggf. erganzt um Verhaltnis- oder Pro- zentzahlen, als durchaus ausreichend erachtet . 23
Bei einer ruckwirkenden Bilanzkorrektur verfahren beide RS ahnlich. Diese ist nur bei Nich- tigkeit oder erfolgreicher Anfechtung moglich und zieht eine wiederholte Feststellung durch die jeweiligen Gremien nach sich. Als Alternativmethode ist die Richtigstellung in der lau- fenden Periode vorgesehen, wobei diese zwar auch nach HGB erlaubt ist, aber nur bei den IFRS auch in der erfolgsneutralen Variante. Des weiteren gibt es Problemstellungen, wie z.B. ein durch eine steuerliche Betriebsprufung geanderter Wertansatz, der nach IFRS nicht ruck- wirkend geandert wird, da ihm die Bezugsgrundlage fehlt.
Nachfolgend sind weitere Punkte angesprochen, bei denen sich abweichende Vorgehenswei- sen durch die jeweiligen Bilanzierungsgrundsatze ergeben:
- GemaB IFRS 20 (Zuwendungen der offentlichen Hand) wird aufgrund des substance- over-form-Prinzips jede langerfristige Ruckzahlungsverpflichtung, auch wenn ihr die Haftungsfunktion innewohnt, als FK betrachtet. Konsequenterweise wird nachrangi- ges, aber langerfristiges, mit vollstandiger Verlustbeteiligung ausgestattetes GenuBka- pital (anders als im HGB) als FK qualifiziert.
- Erwahnenswert ist ebenfalls die deutsche Anspruchsbemessungsfunktion (des Einzel- abschlusses) fur steuerliche und ausschuttungstechnische Vorgange, die dem interna- tionalen Regelwerk vollkommen fremd ist24 .
- Der in IFRS 39 definierte Begriff der Sicherungsgeschafte wird im HGB nicht aufge- griffen. In der Folge ist nach den allgemein gultigen Grundsatzen zu verfahren. In der Praxis behilft man sich im Bereich des hedge accounting mit der Bildung von Bewer- tungseinheiten, die Grund- und Sicherungsgeschafte vereint abbilden. Der Grundsatz der Einzelbewertung wird des ofteren zu Gunsten einer sachlogischen Darstellung zu- ruckgestellt, findet aber i.d.R. bei der Ablehnung von macrohedges, wo ganze Bilanz- positionen betrachtet werden, seine Grenzen. Bewertungseinheiten konnen nur gebil- det werden, wenn beide Bestandteile bilanziell erfaBt wurden. Damit entfallen cash flow hedges (Absicherung kunftiger CF, die noch keinen Eingang in den AbschluB ge- funden haben) per se.25
2.3.4. Ausweistiefe und -breite in den Jahresabschlutibestandteilen
In der Bilanz ist beim EK fur jede Kategorie von Anteilen, Rucklagen und vorgeschlagenen Dividenden nach IFRS 1.74 eine erklarende Angabe zu machen.26 Eine entsprechende Anwei- sung im deutschen Regelwerk habe ich nicht gefunden.
Auch bei den Ruckstellungen fur latente Steuern sind abweichende Regelungen zu beachten: Das HGB zeigt einen Nettobetrag, wahrend die IFRS i.d.R. einen Bruttoausweis vornehmen und diesen wahlweise bei den langfristigen Positionen ausweisen oder gesondert bei den lau- fenden Steuern. Dies ist fur den externen Bilanzadressaten uberaus aufschluBreich und ermog- licht viel genauere Ruckschlusse auf das laufende Geschaft. Es bleibt auch festzuhalten, daB eine IFRS-Bilanz i.d.R. durch eine geringere Untergliederungstiefe charakterisiert ist, was entweder mit Unwesentlichkeit begrundet wird oder aber weil es in den Anhang verlagert wird (Regelfall).
Auch bei der G&V ist ein solches Vorgehen moglich, wird aber nur in wesentlich geringerem Umfang wahrgenommen 27. Als nennenswerter Unterschied zwischen IFRS und HGB sei in diesem Zusammenhang das nach IFRS gestattete Saldierungswahlrecht bei gleichartigen Vor- gangen genannt. So ware eine Aufrechnung von Wahrungsverlusten in der einen Wahrung mit dem Gewinnen in einer anderen Wahrung denkbar, ist aber je nach AusmaB der betrachteten Position in der Literatur umstritten. In der Praxis ist dieser Sachverhalt eher unproblematisch, zumal sowieso eine Anhangangabepflicht besteht. Weiterhin sehen IFRS 8 eine Erlauterungs- pflicht fur a.o. Ertrage und Aufwendungen vor, derweil im HGB entsprechendes nur fur Kapi- talgesellschaften gilt, und auch nur dann, wenn diese nicht von untergeordneter Bedeutung sind (§ 277 (4) HGB).
Bei der Kapitalflutirechnung (IFRS 7) gibt es keine entscheidenden Unterschiede, da DRS 2 sowohl mit den internationalen als auch den amerikanischen Vorschriften kompatibel ist .28 Erwahnenswert ist das deutsche Mindestgliederungsschema, das aus meiner Sicht eher der Unubersichtlichkeit Rechnung tragt als wesentliche Informationen zu vermitteln. Dividendenzahlungen werden als Finanzierungstatigkeit ausgewiesen, wahrend IFRS optional auch die Nennung unter ,betrieblicher Tatigkeit’ zulaBt. AuBerdem sind im Bereich der Kapi- talzufuhrungen von Minderheitengesellschaftern nach deutschem Standard diese entweder im Anhang oder in der KapitalfluBrechnung zu erwahnen. Ein entsprechender Ausweis nach IFRS fehlt. Bei Zahlungsmittelbestanden von quotal konsolidierten Unternehmen sind diese nach deutschem Standard anzugeben, wahrend nach IFRS 7.48 nur im Falle von Verfugungs- beschrankungen in derselben Weise zu verfahren ist. Wie an den aufgefuhrten Beispielen zu sehen ist, ergeben sich Unterschiede nur im Detail, was groBtenteils auf die bisherigen Har- monisierungsbestrebungen des deutschen Standardsetters zuruckzufuhren ist.
Beim Anhang (in den IFRS notes genannt) sind die Abweichungen mit der groBten Tragweite zu finden: Obwohl es im HGB einige Pflichtangaben gibt, die in den IFRS nur freiwillig auf- zufuhren sind, ist das jedoch der Ausnahmefall. In aller Regel mussen im internationalen Re- gelwerk aber zusatzliche Bestandteile, wie bei Beteiligungsunternehmen, Fristigkeiten, Bezu- gen von Organmitgliedern, Aufgliederungen von Ruckstellungen, RAP bzw. zu speziellen Haftungsverhaltnissen und sonstigen Verbindlichkeiten aufgefuhrt werden.
§§ 284-288 HGB geben begrenzte, groBenabhangige Wahlrechte bei der Erstellung des An- hangs. Dies wird in der Praxis zwar begruBt, geht aber mit Verlust von entscheidungsrelevan- ten Informationen einher. IFRS-Bilanzierer kennen dieses Vorgehen nicht und konnen die meisten der geforderten Angaben wahlweise in der Bilanz oder im Anhang auffuhren, wobei aus Grunden der Ubersichtlichkeit der letztere haufiger verwendet wird. Vor allem durch die Verlagerung von Untergliederungen aus der Bilanz, zusatzliche Angaben zum Risikomana- gement und die Erlauterungen zur Feststellung von Zeitwerten ergibt sich ein wesentlich um- fangreicherer Anhang nach IFRS 29. Anhang 1 enthalt nur einige von mir ausgewahlte Positio- nen, um wesentliche Unterschiede zum HGB hervorzuheben und einen Eindruck in Bezug auf Umfang und Qualitat zu vermitteln.
Auch die Detailtiefe der IFRS ist wesentlich hoher. Nach IFRS 16.60 mussen die Bewer- tungsgrundlagen zur Berechnung des Bruttobuchwertes, die angewandten Abschreibungsme- thoden, die zugrundegelegten Nutzungsdauern bzw. Abschreibungsarten und die Bestandteile des Anlagenspiegels genannt werden. Dies zeigt im Vergleich zum deutschen Anhang, bei dem sich die quantitativen Angaben stark auf den Anlagenspiegel beschranken, wie hoch die Informationsdichte und -breite ist. Viele dieser Informationen waren bei HGB-Bilanzierenden nur durch direkte Ruckfragen im Rahmen einer Analystenkonferenz in Erfahrung zu bringen. Ein weiterer Grund fur die starke Bedeutung der notes ist, daB der internationale Standardset- ter davon ausgeht, daB, solange alle Einzelnormen zur Bilanzierung und Bewertung erfullt werden, sich automatisch ein den tatsachlichen Verhaltnissen entsprechendes Bild ergibt. Fur den Ausnahmefall, wovon es einige gibt, sind zusatzliche Informationen im Anhang an- zugeben. Begunstigt durch die kasuistische Fallentscheidung fuhrt dies in Anbetracht der gro- Beren Anzahl von Ausnahmen zu umfangreichen Angabepflichten.
Obwohl den notes die im deutschen ubliche Korrekturfunktion fehlt, so daB nur Entlastungs-, Erganzungs- und Interpretationsfunktion30 wahrgenommen werden, ist paradoxerweise die Darstellung der getroffenen bilanzpolitischen MaBnahmen im deutschen Regelwerk unzurei- chend. Hinzu kommt, daB durch die Differenzierung der Berichterstattungspflicht in Angaben, Aufgliederungen, Erlauterungen, Darstellungen, Begrundungen und Ausweise die bilanzpoli- tische Einsicht stark erschwert wird, da haufig nur die ersteren verlangt werden. So ist z.B. die Angabe, daB FK-Zinsen in die HK-Ermittlung eingeflossen sind, wichtig, aber der EinfluB auf das Ergebnis bleibt beim HGB weiterhin im Dunkeln.
In den notes hingegen erfolgt die Darstellung systematisch nach folgendem 4-Punkte-Schema:
1. compliance (Bestatigung der Ubereinstimmung mit den IFRS)
2. measurement basis (Wiedergabe der angewandten Bewertungs- grundlagen bzw. Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden)
3. supporting information (zusatzliche Angaben zu den aufgefuhrten Posten)
4. other disclosures (sonstige vermogens- und ertragsbeeinflussende In- formationen quantitativer und qualitativer Art)
Dieser strukturierte Ansatz bietet qualitativ hoherwertige Aussagen als die reine Nennung und Aufgliederung nach deutschem Muster. Das ist entscheidend fur Analysten, da gerade die notes mehr und mehr in den Blickwinkel der Bilanzpolitik geraten.
Nachfolgend werden Unterschiede in ausgewahlten einzelnen Bilanzpositionen genauer be- leuchtet:
Zur Beurteilung von Leasingvertragen sind nach IFRS zusatzlich zu den in der jeweiligen Vermogensklasse (d.h. pp&e (IFRS 16), intangible assets (IFRS 38) und investment property (IFRS 40)) geforderten Erlauterungen quantitative und verbale Aufbereitungen in den notes zu tatigen . 31
Fur immaterielle VG bestehen bei den verschiedenen Vermogenskategorien umfangreiche Offenlegungspflichten, so z.B. fur Lizenzen, Markenzeichen oder Software, wahlweise im Anhang oder in der Bilanz 32. Weiterhin mussen die Abschreibungsdauer und -methode (in- klusive der Prozentsatze), der Bruttowert inklusive der kumulierten Abschreibungen und eine Erklarung zur Wertanderung des VG in der Berichtsperiode angegeben werden. Zusatzliche Erlauterungen ergeben sich nach IFRS 38.113 bei der Wahl der Neubewertungsmethode. Die- se wahre Flut an geforderten Informationen ist im deutschen Regelwerk noch nicht einmal im Ansatz zu erkennen.
So gibt es viele weitere Unterschiede bei den jeweiligen Positionen, von denen nachfolgend nur die wichtigsten genannt seien:
- Im Bereich der Forderungen sind neben Organbeziehungen bei den IFRS auch Anga- ben zu nahestehenden Personen zu tatigen.
- Pensionsruckstellungen sind nach kurz- und langfristigen Bestandteilen zu ordnen. Neben den deutschen Pflichtangaben sehen die IFRS ausfuhrliche Angaben zu wert- beeinflussenden Faktoren vor. Fur die Ruckstellungen ist nach IFRS ein Ruckstel- lungsspiegel zu erstellen mit zusatzlichen, qualitativen Erlauterungen, wie z.B. Dar- stellung der UngewiBheit des Zahlungsabflusses oder potentielle Erstattungen (reimbursements) an Dritte.
- Fur das Disagio hat nach IFRS eine summarische Aufgliederung in kurz- und langfri- stige Verbindlichkeiten zu erfolgen (fur den Fall, daB die Bilanz in eben derselben Weise aufgebaut ist).
- Wenn bei den IFRS 40 (investment property) VG nach dem AK/HK-Prinzip angesetzt wurden, sind Zeitwerte zum Bilanzstichtag im Anhang zu nennen.
- Nach IFRS 12.79 ist die Aufspaltung des Aufwandes bzw. Ertrages vom Ertragssteu- eraufkommen zu untergliedern in den tatsachlichen, den latenten (aufgrund von Ande- rungen in der Periode) und periodenfremden Steueraufwand. Zusatzlich sind Grunde zum Wesen und Herkunft der temporaren Unterschiede darzustellen. Ebenfalls ist die Uberleitung des in der G&V erfaBten Steueraufwands zum sich ergebenden Steuer- aufwand darzustellen .33
- IFRS 15 verlangt mehr Informationen zum bilanziellen Effekt von Preisanderungen und deren ErgebniseinfluB.
In der deutschen Praxis der IFRS-Bilanzierer hat sich bisher gezeigt, daB einige Angaben im Anhang nur bzw. groBtenteils wortlich die Gesetzespassagen wiedergeben und den eigentli- chen Sinn des Anhangs damit konterkarieren 34 . Manche Autoren haben auch festgestellt, daB bei deutschen Darstellungswahlrechten (insbesondere das nach § 265 (7) HGB) eine ,Infor- mationsverwasserung’ dergestalt stattfindet, daB beim Verlagern von Informationen in den Anhang dieselben auf mehrere Gliederungspunkte aufgeteilt werden und somit die eigentliche Aussagekraft bis zur Unkenntlichkeit verstummelt wird .35
Mein Eindruck nach umfangreicher Recherche ist, daB im Falle einer Informationspflicht nach HGB sich viel zu haufig auf reine Angaben und Aufgliederungen 36beschrankt wird. Transparenz i.e.S. wird aber besonders durch Darstellungen und Begrundungen gewahrleistet. Es bleibt festzuhalten, daB die IFRS diesem Aspekt Rechnung tragen, was durch die in der Literatur vorhandenen (minutiosen) Checklisten verdeutlicht wird.
Allein die bisher genannten Unterschiede verdeutlichen, daB nicht nur im Detail umfassendere quantitative und qualitative Information fur externe JahresabschluBadressaten bei den IFRS bereitgestellt werden. Vor Uberfrachtung auf der anderen Seite soll der materialif-Grundsatz schutzen, so daB von der Fulle an zusatzlichen Angaben nur ein geringer (wesentlicher) Anteil berucksichtigt wird.
Der Anlagenspiegel als Teil des Anhangs beschrankt sich auf Sachanlagen (IFRS 16.60), immaterielle VG (IFRS 38.107) und den Firmenwert (IFRS 22.88). Damit fehlen die im deut- schen Regelwerk miteingeschlossenen Finanzinstrumente in Form von Bankkrediten, sonstige Schulden/Vermogen und Forderungen/Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, etc Auch die Segmentberichterstattung als Teil des Anhangs unterliegt Anderungsbedarf bei der Umstellung von DRS 3 auf IFRS 14 (also auf Konzernebene). Als erstes sind die Segmen- tierungskriterien (zumindest in der Theorie) nicht kongruent. Der risks and rewards approach ermittelt die Risikostruktur als primares Gliederungsmerkmal, weshalb Unternehmen explizit nach Produkten oder Dienstleistungen zu gliedern sind. Der deutsche management approach nach DRS 3.9 ff. geht daruber hinaus und erlaubt alle Kriterien, solange sie konsequent in der internen als auch externen Berichterstattung angewendet werden (z.B. Kundengruppen oder juristische Einheiten). Die Segmentabgrenzung im Vergleich ist erheblich subtiler: So stellt IFRS 14.9 wesentlich detaillierter auf das Vorhandensein einer strikten Artverwandtheit in- nerhalb der Segmente ab, um eine exakte Risiko- und Chancenstruktur zu gewahrleisten. Bei der Definition der berichtspflichtigen Segmente sowie der Bilanzierungsmethoden kann ich entgegen der Meinung einiger Literaten keine Differenzen feststellen 37. Die Studie hat ge- zeigt, daB nur 11 der 100 untersuchten Unternehmen eine Segmentberichterstattung erstellt haben und es erscheint unrealistisch, daB in allen Fallen das Unwesentlichkeitsargument ange- fuhrt werden kann. Dies ist m.E. ein weiteres Indiz fur eine ,neue’ Bilanzierung nach ,alten’ Regeln.
§ 289 HGB erlaubt groBen Spielraum bei der Aufstellung des Lageberichtes und eroffnet so die Moglichkeit, positive Tendenzen zu uberzeichnen und negative EinfluBfaktoren zu ver- nachlassigen. Die Darstellung laBt sich also leicht (aus managementstrategischen Beweggrun- den) beeinflussen. Aus internationaler Betrachtungsweise ergab sich noch keine Notwendig- keit, denselben als Pflichtbestandteil in den JahresabschluB aufzunehmen. Es ist den IFRS- Bilanzierern freigestellt, ob sie eine eigenstandige Finanzberichterstattung, die dem Lagebe- richt inhaltlich sehr nahe kommt, erstellen.
Bei den IFRS geht der Grundsatz der Transparenz sehr weit, so daB mancher HGB- Bilanzierer verleitet sein konnte zu glauben, dies fuhre zur Preisgabe von Unternehmensge- heimnissen 38. Diese Befurchtung ist unbegrundet, aber die IFRS lassen in der Tat nur bei ,Unwesentlichkeit’ eine Einschrankung zu. Daruber hinausgehend mussen, anders als im HGB, fur alle JahresabschluBbestandteile (inklusive Anhang) Vorjahreswerte beigefugt werden. Dies ergibt im Rahmen einer Umstellung einen erheblichen Arbeitsaufwand. AbschlieBend bleibt zu sagen, daB im Falle von Abweichungen eine Umstellung der internen Berichterstattung zur Befriedigung des IFRS Regelwerkes auf jeden Fall im Hinblick auf eine Reduzierung des Arbeits- und Kostenaufwands, durchzufuhren ist. Nur durch ein auf die rechnungslegungstechnischen Bedurfnisse abgestimmtes internes Reporting-System kann die vom internationalen Regelwerk geforderte Informations- und Offenlegungspflicht kosteneffi- zient erfullt werden. Als Beispiel sei hier die interne Gliederung der Segmentberichterstattung nach cash-generating units genannt, deren Einteilung auch maBgeblich fur die Aufdeckung des goodwill und spatere impairment tests ist (s. Abschreibungsmethoden) .39
Zur Aufdeckung und angemessenen Interpretation der Bilanzpolitik durch die Bilanzadressa- ten kommt dem nach internationalen Regeln hohen Detaillierungsgrad und der beeindrucken- den Informationstiefe groBe Bedeutung zu.
2.4. Materielle Beeinflussung
Vermogensverandernde MaBnahmen vor dem Bilanzstichtag um die Darstellung der Liquidi- tat zu verbessern, wie z.B. die Verschiebung von Rohstoffbeschaffungen oder Transfer von liquiden Mitteln zwischen verbundenen Unternehmen haben zwar EinfluB auf den Unterneh- menserfolg,40 sind aber in beiden RS gleichermaBen durchfuhrbar. Es ergibt sich somit kein Unterschied, so daB dieser Bereich fur die von mir betrachtete Thematik nicht relevant ist.
Ein weiterer Aspekt sind Sachverhaltsgestaltungen, deren EinfluB sowohl auf Bilanzierung und Bewertung als auch auf Liquiditat und Ertrag wirken. Im weiteren Verlauf sind diese des ofteren in einzelnen Gliederungspunkten (z.B. Leasingvertrage, Gewinnausweispolitik) zu finden und werden in der abschlieBenden Betrachtung getrennt nach ertrags- und bilanzpoliti- schen Gesichtspunkten diskutiert.
2.4.1. Ansatzunterschiede bei aktivischen Posten
2.4.1.1. Immaterielle Vermogensgegenstande
Die sich vollziehende Umstellung von Industriegesellschaften hin zu Dienstleistungs- und Hochtechnologiegesellschaften resultiert in einer steigenden Bedeutung von immateriellen Gutern. Nicht mehr die klassischen Bilanzpositionen wie z. B. Grundstucke oder Vorrate, sondern immaterielle VG, wie z. B. Rechte, Humankapital oder Marktpositionen, stellen mehr und mehr die heutigen zentralen assets eines Unternehmens dar. Ein Ansatz im Jahresab- schluB erscheint unverzichtbar, um dem Bilanzleser ein den tatsachlichen Verhaltnissen ent- sprechendes Bild der Vermogens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln.
Bei beiden RS besteht weitgehende Ubereinstimmung sowohl bei den Begriffsinhalten als auch bei den Bilanzansatzkriterien, so daB ein Transfer in die IFRS problemlos erfolgen kann. Ein wesentlicher Unterschied zum generellen Ansatzverbot 41 im HGB besteht allerdings im Aktivierungsgebot der Entwicklungskosten von selbsterstellten immateriellen VG im interna- tionalen Regelwerk (de facto also nur noch im UV). Betrachtet man nur die Konzernrech- nungslegung, wird dieser Sachverhalt durch DRS 12 konkretisiert. Dort wird das generelle Verbot im AV ebenfalls aufgegeben und eine weitergehende Harmonisierung mit dem inter- nationalen Recht ist angestrebt .42
In diesem Zusammenhang sind auch zwei Begriffselemente voneinander abzugrenzen: zum einen die Entwicklungskosten, welche bei der Suche nach neuen Anwendungsmoglichkeiten fur bestehende Erkenntnisse anfallen. Forschungskosten hingegen setzen eine Stufe fruher an; so daB dort erst nach neuen Erkenntnissen gesucht wird. Beispielhaft seien hier Aufwendun- gen fur die Suche nach neuen Produkten oder (chemischen) Substanzen genannt. De facto hat die Unternehmensfuhrung nach IFRS ein Ansatzwahlrecht fur selbst erstellte immaterielle VG, da die Trennscharfe zwischen zu aktivierenden Entwicklungskosten und als Aufwand zu verbuchenden Forschungskosten gering ist43 .
Die Aktivierungsfahigkeit beinhaltet neben den allgemeinen Ansatzbedingungen drei zusatz- liche Kriterien nach IFRS 38.7+9 fur immaterielle Werte und fur selbsterstellte immaterielle VG weitere 6 Merkmale (s. Abbildung 15). Es wird u.a. ein kunftiger okonomischer Nutzen sowie eine klare Identifizierbarkeit und somit problemlose Trennung vom goodwill vorausge- setzt. Diese ist explizit bei Drucktiteln, Kundenlisten oder ahnlichen Sachverhalten nicht ge- geben.
Bei Aktivierung sollte die Nutzungsdauer 20 Jahre nicht uberschreiten, falls doch, ist der VG einem jahrlichen impairment test (weitergehende Darstellung unter Gliederungspunkt ,Ab- schreibungsmethoden’) zu unterziehen. Als Beispiel soll hier die privatrechtliche Nutzung eines gebuhrenpflichtigen Autobahnabschnitts genannt sein. Die Vertragslaufzeit kann z.B. auf 30 Jahre festgeschrieben sein. Momentan ist die ND noch beschrankt, aber in Anlehnung an das amerikanische Regelwerk ist auch bei den immateriellen VG eine Erweiterung um eine zeitlich unbeschrankte Komponente wahrscheinlich44. In diesem Fall wurde eine planmaBige Abschreibung naturlich entfallen und es wurde inhaltlich eine unuberbruckbare Distanz zum HGB entstehen.
Die Zugangsbewertung erfolgt immer uber das AK/HK-Prinzip. Der zu aktivierende Umfang ergibt sich dabei aus IFRS 38.45 ff. und ist im wesentlichen nichts weiter als eine Analogie zum sachlichen AV. Dabei ist eine der Abnutzung entsprechende Abschreibungsmethode zu wahlen. Als benchmark treatment ist auch bei der Folgebewertung nach den AK/HK zu ver- fahren, wobei alternativ die Neubewertungsmethode zugelassen ist. Voraussetzung hier ist ein aktiver und funktionsfahiger Markt. Dies ist in den meisten Fallen jedoch nur ein theoreti- sches Wahlrecht, da z.B. Patente nicht auf quantitativer Basis handelbar sind. Denkbar waren hier allerdings Taxi- und Fischereilizenzen. Der sich ergebende fair value wurde dann spatere kumulierte Abschreibungen und Wertminderungsaufwendungen berucksichtigen.
Eine von Fullbier/Honold/Klar (2000) durchgefuhrte Untersuchung am ehemaligen ,Neuen Markt’ hat aber gezeigt, daB die vom IASB eingeraumten Moglichkeiten zur verbesserten Abbildung der ,wertsteigernden’ VG i.d.R. nicht wahrgenommen wurden. Erganzt werden kann diese Aussage durch die Studie dahingehend, daB vor allem Unternehmen mit einer ent- sprechend niedrigen Umsatzrentabilitat selbst erstellte VG dieser Kategorie angesetzt haben.
[...]
1 nachfolgend wird nicht zwischen IAS und IFRS differenziert, sondern nur von IFRS gesprochen. Dies ist oft gleichbedeutend mit dem gesamten Normenwerk, bestehend aus IFRS, IAS, SIC, IFRIC und Framework Baetge et al (1997) stellt dieses Thema auf mehr als 1400 Seiten dar
2 vgl. Pellens, B. (1999), S. 363
3 s. Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des europaischen Parlaments und des Rats vom 19.07.2002
4 Hayn, S. et al (2003), S. 1607
5 zumal Unternehmen am ehemaligen ,Neuen Markt’ (jetzt TEC DAX) bereits verpflichtend einen KonzernabschluB nach IFRS oder US-GAAP erstellen; s. auch www.bmi.bund.de/ger/service/pressemitteilungen
6 Kohler et al (2003), S. 2617
7 Tanski et al (1998), S. 609 ff.
8 s. Kerth, A., J. Wolf (1992), S. 310
9 Ludenbach, N., W. Hoffmann (2003), S. 55 ff.
10 Ein befreiender EinzelabschluB ist durch nationale Regelungen (TranPuG) momentan nicht zulassig.
11 Wagenhofer, A. (2003), S. 4
12 Ludenbach, N., W. Hoffmann (2003), S. 21 ff.
13 Begriffserklarungen im weiteren Verlauf in Anhang 2 erlautert
14 vgl. Kerth, A., J. Wolf (1992), S. 315
15 Wagenhofer, A. (2003), S. 134
16 Wagenhofer, A. (2003), S. 440
17 Ludenbach, N., W. Hoffmann (2003), S. 125 ff.
18 Forschle et al (2003), S. 20
19 durchgeführt von Keitz, I. von (2003), S. 1801 ff.; im nachfolgenden ‚Studie’ genannt
20 Hayn, S., G. Waldersee (2002), S. 47
21 Wagenhofer, A. (2003), S. 128
22 vgl. IDW RS HF A 2, Abschnitt 2.2
23 vgl. Wagenhofer, A. (2003), S. 133
24 Wagenhofer, A. (2003), S. 355 ff.
25 Baetge et al (1997), S. 1474 ff.
26 Ludenbach, N., W. Hoffmann (2003), S. 82
27 Forschle et al (2001), S. 120
28 Lüdenbach, N., W. Hoffmann (2003), S. 167 ff.
29 s. Huttche, T., H. von Brandis (2003)
30 s. Huttche, T., H. von Brandis (2003), S. 251
31 vgl. IFRS 38.108
32 Wagenhofer, A. (2003), S. 336
33 Keitz, I. von (2003), 1801 ff.
34 Bitz et al (2003), S. 687
35 Termini definiert in Selchert/Karsten (1985), S. 1890
36 vgl. dazu Nardmann, H. (2003), S. 1947 ff.
37 Bitz et al (2003), S. 662 ff.
38 s. Kirsch, H. (2003), S. 221
39 Wohe, G. (1997), S. 61
40 trotz § 248 (2) HGB konnen im Rahmen der Euro-Umstellung gemaB EGHGB Art. 44 selbst erstellte immaterielle VG des AV separat vor dem AV als Bilanzierungshilfe ausgewiesen werden
41 Forschle et al (2003), S. 129
42 Pellens, B. (1999), S. 432
43Lüdenbach, N., W. Hoffmann (2003), S. 285
- Quote paper
- Sven Dau (Author), 2004, Vergleichende Betrachtung von IFRS und HGB in Bezug auf bilanzpolitische Maßnahmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24646
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