Einleitung
Die Projektfinanzierung (PF) wurde als Finanzierungsform zur Realisierung von Investitionsvorhaben entwickelt, deren Kapitalbedarf die Möglichkeiten einzelner Unternehmen übersteigt. Seit den siebziger Jahren ist eine zunehmende Anzahl von Projektfinanzierungen zu verzeichnen. Viele Banken haben mit der Errichtung spezieller Abteilungen für diesen Bereich reagiert. Zwar ist die PF keine grundsätzlich neue Finanzierungsform, jedoch steigt ihr Stellenwert stetig. Für heutige Investoren und Fremdkapitalgeber sind die „Risikoverteilung“ und „Bilanzneutralität“ der Investition von entscheidender Bedeutung. Diese Wesensmerkmale kennt eine konventionelle Finanzierung mittels Bankkredite nicht. Eine PF kann dies gewährleisten, so dass sie heutzutage neben dem ursprünglichen Bereich der Rohstofferschließung auch für die Finanzierung der verschiedensten Großprojekte (u.a. Eurotunnel oder Euro-Disneyland) angewandt wird. Hinzu kommt die Globalisierung der Märkte, durch die auch Schwellen- und Entwicklungsländer zunehmend als Projektländer in Erscheinung treten.
Die Arbeit gliedert sich dabei so auf, dass zunächst ein Überblick über die Begriffsbestimmung der PF, die Projektbeteiligten, die Projektcharakteristika sowie die Projektphasen gegeben wird. Danach werden die Varianten dieser Finanzierungsform sowie dessen Ablauf erklärt. Weiter werden die verbundenen Risiken und deren Allokation dargestellt, woran im Anschluss erläutert wird, wie ein Projekt hinsichtlich seiner Durchführbarkeit analysiert werden kann. Anschließend erfolgt ein Überblick über die Finanzierungsformen einer PF. Anhand des Herrentunnels in Lübeck wird ein Einblick in eine mögliche Ausgestaltung eines aktuellen projektfinanzierten Großprojektes gegeben. Ein Ausblick auf die mögliche zukünftige Entwicklung der behandelten PF beendet diese Arbeit.
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Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Projektfinanzierung
2.1 Begriffsbestimmung
2.2 Beteiligte einer Projektfinanzierung
2.3 Charakteristische Merkmale der Projektfinanzierung
2.3.1 Off Balance Sheet – Finanzierung
2.3.2 Cash Flow Related Lending
2.3.3 Risk Sharing
2.4 Varianten der Projektfinanzierung
2.5 Projektphasen
2.6 Risikoanalyse
2.6.1 Technische Risiken
2.6.2 Wirtschaftliche Risiken
2.6.3 Politische und Force Majeure – Risiken
2.7 Projektanalyse und Wirtschaftlichkeitsrechnung
2.7.1 Analyse der Projektträger
2.7.2 Feasibility Studie
2.7.2.1 Analyse der technischen Durchführbarkeit
2.7.2.2 Analyse der wirtschaftlichen Durchführbarkeit
2.8 Finanzierungsinstrumente
2.8.1 Eigenkapitalfinanzierung
2.8.2 Fremdkapitalfinanzierung
3. Fallbeispiel – Herrentunnel in Lübeck
4. Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Projektfinanzierung (PF) wurde als Finanzierungsform zur Realisierung von Investitionsvorhaben entwickelt, deren Kapitalbedarf die Möglichkeiten einzelner Unternehmen übersteigt. Seit den siebziger Jahren ist eine zunehmende Anzahl von Projektfinanzierungen zu verzeichnen. Viele Banken haben mit der Errichtung spezieller Abteilungen für diesen Bereich reagiert. Zwar ist die PF keine grundsätzlich neue Finanzierungsform, jedoch steigt ihr Stellenwert stetig. Für heutige Investoren und Fremdkapitalgeber sind die „Risikoverteilung“ und „Bilanzneutralität“ der Investition von entscheidender Bedeutung. Diese Wesensmerkmale kennt eine konventionelle Finanzierung mittels Bankkredite nicht. Eine PF kann dies gewährleisten, so dass sie heutzutage neben dem ursprünglichen Bereich der Rohstofferschließung auch für die Finanzierung der verschiedensten Großprojekte (u.a. Eurotunnel oder Euro-Disneyland) angewandt wird. Hinzu kommt die Globalisierung der Märkte, durch die auch Schwellen- und Entwicklungsländer zunehmend als Projektländer in Erscheinung treten.
Die Arbeit gliedert sich dabei so auf, dass zunächst ein Überblick über die Begriffsbestimmung der PF, die Projektbeteiligten, die Projektcharakteristika sowie die Projektphasen gegeben wird. Danach werden die Varianten dieser Finanzierungsform sowie dessen Ablauf erklärt. Weiter werden die verbundenen Risiken und deren Allokation dargestellt, woran im Anschluss erläutert wird, wie ein Projekt hinsichtlich seiner Durchführbarkeit analysiert werden kann. Anschließend erfolgt ein Überblick über die Finanzierungsformen einer PF. Anhand des Herrentunnels in Lübeck wird ein Einblick in eine mögliche Ausgestaltung eines aktuellen projektfinanzierten Großprojektes gegeben. Ein Ausblick auf die mögliche zukünftige Entwicklung der behandelten PF beendet diese Arbeit.
2. Projektfinanzierung
2.1 Begriffsbestimmung
Unter PF versteht man die langfristige Finanzierung von separierbaren und wirtschaftlich sich selbst tragenden Investitionsvorhaben, wobei die Rückgriffsmöglichkeit auf die am Projekt beteiligten Unternehmen soweit wie möglich ausgeschlossen wird.[1]
Im Gegensatz zu der traditionellen Kreditfinanzierung wird sich bei der PF vornehmlich auf den Cash Flow und die Aktiva des Projektes als Sicherheit für den Zins- und Tilgungsdienst der Kreditmittel gestützt.[2] Die mit der Finanzierung verbunden Risiken werden umfassend strukturiert und auf die einzelnen Beteiligten verteilt. Dabei wird darauf geachtet, dass die bilanziellen Einflüsse des Projektes für den Einzelnen so gering wie möglich sind.[3]
2.2 Beteiligte einer Projektfinanzierung
Bei der Darstellung der PF ist es zunächst bedeutend, die einzelnen Beteiligten dieser Finanzierungsart vorzustellen, da eine solche nur dann zustande kommen kann, wenn alle Mitwirkenden effizient zusammenarbeiten.[4] Mittels eines Vertragsnetzwerkes wird versucht, alle Projektbeteiligten so einzubinden, dass eine Bedienung der finanzierten Fremdmittel gewährleistet werden kann. Mögliche Beteiligte der PF können sein:
a) Projektträger oder Sponsoren. Das sind diejenigen Institutionen und Organisationen, welche das Projekt initiieren, bzw. die Projektidee entwerfen und für dessen Umsetzung verantwortlich sind. Dem Projektträger obliegt die unternehmerische Durchführung sowie die Akquirierung der PF.
Vielfach finden sich mehrere Sponsoren zusammen, um schon bei der Gründung einer Projektträgergesellschaft ihr Eigeninteresse zu berücksichtigen und das Leistungsvermögen zu kombinieren. Der Projektträger, wie typischerweise Abnehmer, Zulieferer oder der Staat, ist mit einer Eigenkapitaleinlage an die gegründete Projektgesellschaft gebunden.[5]
b) Lieferanten und Abnehmer. Die Lieferanten von Anlagenteilen und von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen werden durch langfristige Liefer- und Leistungsverträge an das Projekt gebunden, so dass der Inputfaktor des Projektes gewährleistet ist. Der Absatz des Projektoutputs wird mittels langfristiger Abnahmeverträge mit den Abnehmern gesichert.[6]
c) Fremdkapitalgeber. Dies sind neben kommerziellen Banken, privaten und institutionellen Anlegern auch die staatlichen (z.B. die KfW) und supranationale Institutionen (z.B. die Weltbank). Sie stellen i.d.R. zwischen 50% und 70% der finanziellen Mittel des gesamten Projektvolumens gegen Zahlung eines risikoabhängigen Zins zur Verfügung.[7]
Staatliche Stellen treten als Projektförderer durch Bereitstellung von kostenlosem Bauland oder durch steuerliche Anreize und als Genehmigungsinstanz auf. Daneben runden Financial Advisor und Technical Consultants den Kreis der Beteiligten ab, indem sie die Projektträger hinsichtlich der finanziellen Ausgestaltung, Übernahme des Financial Engineering, und der technischen Durchführung beraten.[8]
2.3 Charakteristische Merkmale der Projektfinanzierung
Die charakteristischen Merkmale einer PF sind:
2.3.1 Off Balance Sheet – Finanzierung
Ein Kennzeichen der PF ist die Neugründung einer rechtlich eigenständigen, zeitlich begrenzten Projektträgergesellschaft zwecks Durchführung des Projektes. Die Sponsoren sind lediglich mit einer Eigenkapitaleinlage an dieser Kapitalgesellschaft beteiligt. Die benötigten Fremdmittel des Projektes werden direkt durch die Gesellschaft und nicht von den initiierenden Sponsoren aufgenommen. Der Ausweis der Kredite erfolgt in der Bilanz der Projektträgergesellschaft, weshalb man von einer Off Balance Sheet – Finanzierung spricht. Durch die Ausgliederung des Projektes aus dem Unternehmensvermögens des Sponsors kann dieser eine Verschlechterung einzelner Kapitalstrukturkennzahlen und der Bonitätsbeurteilung in seiner Einzelbilanz vermeiden.[9] Somit ist die Ausgliederung bilanzschonend für die Muttergesellschaften der Sponsoren.
2.3.2 Cash Flow Related Lending
Ein bedeutsames Merkmal der PF ist es, dass, im Gegensatz zu klassischen Finanzierungsinstrumenten, der mit dem Projekt zu erzielende Cash Flow die Zins- und Tilgungszahlungen gewährleistet. Es findet eine Abkehr von der vergangenheitsbezogenen Adressenorientierung der klassischen Finanzierungssicht und eine Hinwendung zu einer Cash Flow Orientierung statt. Daher wird die PF als Cash Flow Related Lending bezeichnet.[10]
Die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Finanzierung und die Kreditentscheidung der Kapitalgeber ist primär abhängig von den ausreichenden Cash Flow der Projektgesellschaft. Daneben steht den Fremdkapitalgebern noch die Vermögensgegenstände der Gesellschaft als sekundäre und meist unverwertbare Sicherheit zur Verfügung.[11]
2.3.3 Risk Sharing
Unter Risk Sharing versteht man die Identifizierung und Quantifizierung der Projektrisiken sowie deren Verteilung auf die Projektbeteiligten, sowohl Eigenkapitalgeber als auch Fremdkapitalgeber. Dabei sollen die Risiken weitestgehend auf diejenigen übertragen werden, welche das jeweilige Risiko sachkundig beurteilen sowie beeinflussen können und aufgrund Ihrer Interessenlage auch übernehmen wollen . Die Risikoverteilung auf Eigen- und Fremdkapitalgebern sowie Dritte widerspricht der traditionellen Regel, wobei die Eigenkapitalgeber das Unternehmensrisiko tragen. Erst mittels der Verteilung kann dem Problem Rechnung getragen werden, dass die Realisierung großer fremdfinanzierter Kapitalinvestitionen die Tragfähigkeit einzelner Unternehmen übersteigt. Das Sponsorunternehmen kann somit weitere Investitionsvorhaben realisieren, da aus dem rechtlich eigenständigen Projekt durch die Off Balance Finanzierung nur eingeschränkt auf den Sponsor zurückgegriffen werden kann. Die Partizipation verschiedenster Projektinvestitionen ermöglicht dem Sponsorunternehmen eine bessere Risikostreuung des eigenen Investitionsportefeuille.[12]
2.4 Varianten der Projektfinanzierung
Das Rückgriffsrecht der Fremdkapitalgeber auf die Sponsoren beim Ausbleiben des Schuldendienstes kann unterschiedliche Ausprägungen aufweisen.[13]
Full Recourse Financing. Die Fremdkapitalgeber besitzen ein volles Rückgriffsrecht über die gesamte Laufzeit der Projektkredite. Die Sponsoren bürgen neben ihrer Eigenkapitaleinlage auch durch Garantien mit ihrem gesamten Unternehmensvermögen der Muttergesellschaft. Dadurch rückt die Bonität des Sponsors anstatt der Cash Flow Betrachtung in den Mittelpunkt der Kreditwürdigkeitsprüfung bei der Kreditvergabe. Für die Fremdkapitalgeber ist das Risk Sharing nicht mehr von Belang, weil haftungsmäßig für alle Risiken der Projektträger einsteht.[14]
Limted Recource Financing. Die häufigste Form der Sponsorenhaftung begrenzt die Rückgriffsrechte auf bestimmte vereinbarte Umstände. Diese Limitierungen können qualitative (bsp. Missachtung von Kreditauflagen/ Finanzkennzahlen ergeben eine Schadensersatzpflicht), betragliche (wie Haftung bis zum Höchstbetrag) oder zeitliche (bsp. Verlustausgleich in der ersten Projektperiode) Grenzen beinhalten.[15] Die Sponsoren weisen das Projekt in ihrer Bilanz aus.
[...]
[1] Vgl. Schepp, F.: (Praxis PF); 1996; S. 526.
[2] Vgl. Hupe, M.: (Steuerung und Kontrolle); 1995; S. 11.
[3] Vgl. Gröhl, M.: (Bankpolitische Konsequenzen); 1990; S. 9.
[4] Vgl. Backhaus, K.; Sandrock, O.; Schill, J.; Uekermann, H.: (PF); 1990; S. 15.
[5] Vgl. Gröhl, M.: (Bankpolitische Konsequenzen); 1990; S. 13f.
[6] Vgl. Schulte-Althoff, M.: (Projektfinanzierung); 1992; S. 89.
[7] Vgl. Siebel, U.: (Handbuch Projektfinanzierung); 2001; S. 71.
[8] Vgl. Achleitner, A-K.; Thoma G.F.: (Corporate Finance); 1997; S. 9
[9] Vgl. Hupe, M.: (Steuerung und Kontrolle); 1995; S. 12f.
[10] Vgl. Jürgens, W. H.: (neue Institutionslehre PF); 1994; S. 5.
[11] Vgl. Dahmen, A.; Jacobi, P.: (Firmenkundengeschäft); 1998; S.186.
[12] Vgl. Schulte-Althoff, M.: (Projektfinanzierung); 1992; S. 38f.
[13] Vgl. Hupe, M.: (Steuerung und Kontrolle); 1995; S. 20.
[14] Vgl. Schulte-Althoff, M.: (Projektfinanzierung); 1992; S. 42.
[15] Vgl. Höpfner, K.-U.: (Management einer bankbetriebl. Leistungsart); 1995; S. 12.
- Quote paper
- René Eickers (Author), 2002, Grundlagen der Projektfinanzierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2454