Die Böhsen Onkelz sind seit langem die umstrittensten Musiker in Deutschland. Früher eine Skinheadband, geben sie heute vor, sich gewandelt zu haben und organisieren sogar Konzerte für die Opfer rechter Gewalt. Viele stehen dem Wandel der Böhsen Onkelz skeptisch gegenüber und glauben ihnen die Läuterung nicht recht. Andererseits ist die Band, die früher Lieder wie „Türken raus“ schrieb heute die erfolgreichste deutschsprachige Rockband und landet regelmäßig TopTen Platzierungen in den Charts, die Platte „Viva los tioz“ führte sogar mit 800.000 verkauften Exemplaren eine Zeitlang die Hitlisten der Verkaufscharts an. Die ehemaligen Skinrocker sind also bei weitem keine Underground Erscheinung mehr, denn sie werden offensichtlich von einem beachtlichen Teil deutscher Musikhörer geschätzt und verehrt. Wer ist also diese Band, die früher nur in Skinheadkreisen bekannt war? Kann man ihnen ihren politischen Wandel glauben, oder sind sie immer noch verkappte Rechtsradikale? Und was haben die Menschen die ihre Alben kaufen für eine politische Einstellung? Sind das auch alles „Rechte“, wie manche behaupten, oder sind das Fans, die von dem Wandel der Band überzeugt sind und deshalb in Massen zu ihren Konzerten laufen? Diese Fragen sollen in der nun folgenden Seminararbeit erörtert werden.
Gliederung
1. Politische Einstellungen der Böhsen Onkelz im Spiegel ihrer Lieder
2. Aussagen, Aktionen und Vorfälle- Die Onkelz bei Konzertauftritten und in der Öffentlichkeit
3. Die Fans der Böhsen Onkelz
Literatur
Die Böhsen Onkelz
Die Böhsen Onkelz sind seit langem die umstrittensten Musiker in Deutschland. Früher eine Skinheadband, geben sie heute vor, sich gewandelt zu haben und organisieren sogar Konzerte für die Opfer rechter Gewalt. Viele stehen dem Wandel der Böhsen Onkelz skeptisch gegenüber und glauben ihnen die Läuterung nicht recht. Andererseits ist die Band, die früher Lieder wie „Türken raus“ schrieb heute die erfolgreichste deutschsprachige Rockband und landet regelmäßig TopTen Platzierungen in den Charts, die Platte „Viva los tioz“ führte sogar mit 800.000 verkauften Exemplaren eine Zeitlang die Hitlisten der Verkaufscharts an. Die ehemaligen Skinrocker sind also bei weitem keine Underground Erscheinung mehr, denn sie werden offensichtlich von einem beachtlichen Teil deutscher Musikhörer geschätzt und verehrt. Wer ist also diese Band, die früher nur in Skinheadkreisen bekannt war? Kann man ihnen ihren politischen Wandel glauben, oder sind sie immer noch verkappte Rechtsradikale? Und was haben die Menschen die ihre Alben kaufen für eine politische Einstellung? Sind das auch alles „Rechte“, wie manche behaupten, oder sind das Fans, die von dem Wandel der Band überzeugt sind und deshalb in Massen zu ihren Konzerten laufen? Diese Fragen sollen in der nun folgenden Seminararbeit erörtert werden.
1. Politische Einstellungen der Böhsen Onkelz im Spiegel ihrer Lieder
Zur Bandgründung der Böhsen Onkelz kam es im Jahr 1979 durch Stephan Weidner, Peter Schorowsky und Kevin Richard Russel. Der Bandname rührt daher, dass es sich die drei 15- bis16-jährigen Jungen zur Angewohnheit gemacht hatten, die Kinder der Nachbarschaft zu ärgern. Diese riefen dann als Warnung immer:„Vorsicht, die bösen Onkels kommen!“.
Dieser Name wurde übernommen und unterlag bis 1983 immer wieder Variationen in der Schreibweise bis dann schließlich „Böhse Onkelz“ bestehen blieb. Musikalisch inspiriert war das Trio durch die entstehende Punkszene in Deutschland, der damals jedoch keine politische Ausprägung nachgesagt werden konnte. Diese entwickelte sich erst später in Richtung des „linken“ politischen Spektrums. Das bekannteste der Lieder, welches die Onkelz in dieser Zeit schrieben, war Türken raus[2][1]:
Türken raus
Türken raus Türken raus Türken raus
Türken raus Türken raus Türken raus
Alle Türken müssen raus
Türkenfotze unrasiert Türkenfotze nicht rasiert
Türkenfotze unrasiert Türkenfotze
Refrain:
Türkenpack, Türkenpack Raus aus unserm Land
Geht zurück nach Ankara Denn ihr macht mich krank
Nadelstreifenanzug Plastiktütenträger
Altkleidersammler Und Bazillenträger
Türken raus Türken raus Türken raus
Türken raus Türken raus Türken raus
Alle Türken müssen raus
Türkenvotzen, ihr braucht was auf die Schnauze
Inspiriert wurde dieser Song durch ein NPD- Plakat, das Weidner gestohlen hatte und auf dem die Parole „Ausländer-Stopp“ stand.[3] Dieses eindeutig rassistische und faschistische Lied, das auch nie auf Schallplatte, sondern lediglich auf Demotapes veröffentlicht wurde, wurde von den Onkelz mehrmals gespielt, zum letzten Mal im Sommer 1983 bei einem Konzert mit der rechtsextremen Band „Kraft durch Froide“ in Berlin. Bis heute kann man das Bedauern auf Seiten der Onkelz hören, dieses Stück geschrieben zu haben. Das Argument, das man oft v.a. von Fans hört, dass die Band zu dieser Zeit ja Punks gewesen sein[4], und dass das Lied so interpretiert werden muss, dass es eine antifaschistische Grundhaltung impliziert, was es damit relativieren sollte, kann man hier nicht gelten lassen. Denn zum Einen spricht der Text eine unmissverständliche Sprache und zum Anderen war die Punkszene, wie bereits oben erklärt, keineswegs schon geprägt durch Antifaschismus[5], sondern lediglich durch eine negierende Grundhaltung gegenüber allem. Politische Ansichten waren individuelle Angelegenheiten.
Der nächste Weg führte die Band nach Frankfurt, wo das vierte Bandmitglied Matthias Röhr zu ihnen stieß. Zu viert blieben sie der Punkszene noch kurze Zeit treu und veröffentlichten in dieser Zeit die Single Kill the Hippies- Oi[6]. Der umstrittenste Titel dieser Auskopplung war
SS- Staat[7]:
In der BRD der dunkle Staat ist weg
Wird's das nochmal geben, wir wollen's nicht erleben.
Die Judenfrage kein Pardon, das war das Bestreben.
Hackt ihnen doch die Köpfe ab, laßt es uns erleben.
Refrain:
SS-Staat im Staate, wird's das nochmals geben ?
SS-Staat im Staate, wir wollen's nicht erleben.
Ach, du Jude, altes Schwein - Wer soll in der Gaskammer sein ?
Köpfe ab, altes Spiel, bist Du gar schon ausgewählt ?
Wollt ihr Juden sterben sehen, kommt doch mal nach Dachau.
Dort könnt Ihr die Psychos sehen, die das Leben prägt.
Millionen Juden laufen schnell mit Weib und ihren Kindern
Das ist schön, das ist gut, laßt sie uns ficken.
Auf der einen Seite ist das Lied eine ganz klare Absage an das Nazitum, was an der Aussage „SS-Staat im Staate, wir wollns nicht erleben“ oder auch „der dunkle Staat ist weg“ als Anspielung auf die zwölf Jahre nationalsozialistischer Herrschaft in Deutschland erkennbar wird. Auf der anderen Seite stehen demgegenüber Zeilen wie „Millionen Juden laufen schnell mit Weib und ihren Kindern, [d]as ist schön das ist gut, la[ss]t sie uns ficken“ oder „Ach, du Jude, altes Schwein – Wer soll in der Gaskammer sein?“, die wieder eindeutig rassistisch sind und in besonderer Anlehnung zum Nationalsozialismus mit den Bezug auf Juden und Gaskammern stehen. Was mit diesem Lied also letztendlich ausgesagt werden soll, bleibt offen, da gleichzeitig zwei kontroverse Aussagen getroffen werden. Eine Interpretation, die dem Song entspricht, müsste wohl in die Richtung gehen, dass man Judenfeindlichkeit stellvertretend für Ausländerfeindlichkeit sieht, aber einen totalitären Überbau im Sinne dieses „SS-Staates“ nicht mehr wünscht. Dies lässt sich aus durch Aussagen in einem Interview aus dem Jahr 1983 stützen. Hier erklärt Weidner:
„Die Juden hatten damals das Geld, die hatten wahrscheinlich auch Köpfchen gehabt und ham die ganzen Geschäfte besessen, und die Deutschen, die eigentlichen Deutschen, hatten eigentlich nur Arbeiter da, verstehste. Da kommt halt´n Macker an und sagt: Hier, so geht das nicht, ihr seid die Deutschen. Is doch ganz normal wenn so was wiederkommt. Ich mein´ so in dem Ausmaß wird´s wohl nicht mehr kommen, aber wenn die nicht bald irgendwas ändern, die Politiker, dann wird das ganz krass werden, kann ich mir schon vorstellen.“[8]
Später sagt er im selben Interview aus:
[..]Neonazis sind vielleicht in der Beziehung mit Ausländern meiner Meinung, aber nur teilweise, aber ich bin doch kein Adolf-Hitler-Fanatiker, ich hab mit dem doch nix zu tun der war vor vierzig Jahren, der interessiert mich doch überhaupt nicht, wir ham heute ganz andere Probleme, vielleicht ähnlich, aber die kann man anders durchsetzen, und ich mein: Diktatur brauchen wir bestimmt nicht mehr“[9]
Die Quintessenz daraus wäre also, dass Ausländerfeindlichkeit akzeptiert und gewünscht wird, allerdings nicht unter einer Diktatur.
Da sich die Punkszene immer mehr der politischen Linken anpasste spaltete sich ein Teil der Anhänger davon ab und bildete die neue Skinheadszene, die genau wie der Punk von England nach Deutschland überschwappte. Die Skinheadszene war und ist in ihren Ursprüngen zwar eigentlich politisch unmotiviert, aber durch ihre Gewalt- und Männlichkeitsideale waren zumindest Teile der Szene empfänglich für nationales, rechtes Gedankengut. Als sich auch die Böhsen Onkelz vom Punk lossagten und zu Skinheads wurden, musste man sie auch zu Skins der letzteren Art zählen. Ein Song belegt sowohl den Übergang der Band von Punks zu Skinheads als auch die Zugehörigkeit zur rechten Skinheadszene, selbst wenn sie sich im vermeintlich unpolitischen Raum wähnte („Skinheads ham ihre eigene Meinung, das hat net unbedingt was mit Politik zu tun.“[10] ). Deutschland den Deutschen spricht jedoch eine eindeutige Sprache:
Deutschland versinkt in Schutt und Dreck
Doch ihr Schweine seht einfach weg
Die Bullen werden den Aufstand schon niederschlagen
Immer nur draufhauen ohne zu fragen
Lange genug haben wir mitangesehen
Wie unsere Städte zugrunde gehen
Refrain: Deutschland den Deutschen (4x)
Jetzt ist ein Aufruhr in unserem Land
Die Skins von der Straße ham sich zusammengetan
Skinhead ist Zusammenhalt
Gegen euch und eure Kanakenwelt
Refrain
Die Zeit von Liebe ist jetzt vorbei
Gewalt ist das Mittel gegen Ausbeuterei
Wir haben es satt vor euch zu kriechen
Dazu haben wir keine Lust
Wir haben ein besseres Leben verdient
Doch bisher haben immer die Kanaken gesiegt
Das Statement „Deutschland den Deutschen“ lässt wenig interpretatorischen Spielraum zu. Auch wenn die Onkelz sich keiner Partei anschlossen oder verbunden fühlten, trafen sie klare politische Aussagen, die weit im rechten Bereich lagen. Den Wandel vom Punk zum Skinhead ist in diesem Lied übrigens dadurch zu erkennen, dass es eine frühere Version gab, die in der zweiten Strophe „Punks und Skins ist Zusammenhalt gegen euch und eure Staatsgewalt“[11] anstatt der hier gewählten Lyrik lautete. Dies bedeutete also eine klare Abkehr von den „eher links und anarchistisch“[12] gewordenen Punks. Live gespielt wurde dieses Lied nur einmal 1983 bei oben genanntem Konzert mit „Kraft durch Froide“, jedoch wurde es auf Demotapes veröffentlicht und ist somit bis heute im Internet ohne Probleme erhältlich[13]. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten die Onkelz entweder nur Singles und Demos veröffentlichen oder einzelne Lieder auf Samplern von Underground Labels platzieren. Mit der Veröffentlichung des Longplayers Der nette Mann 1984 änderte sich dies jedoch und die Böhsen Onkelz erhielten ihren ersten Plattenvertrag bei Rock-o-Rama. Das Album Der nette Mann ist laut Klaus Farin „das bis heute bedeutendste und einflussreichste Album in der Geschichte der deutschen Skinheadszene.“[14] Die Begründung hierfür liegt darin, dass auf dieser LP alles behandelt und zusammengefasst wurde, was die Skinheadszene um die Onkelz ausmachte. Die zentralen Themen waren Fußball (z. B.: Frankreich 84; Fußball und Gewalt), Gewalt (Dr. Martens Beat: „Dr. Martens- Beat, Dr. Martens-Beat, der Klang einer Stahlkappe die dich in die Fresse trifft“[15] ), Alkohol (Freibier, Alkohol) und allgemein die Glorifizierung der nationalistischen Überlegenheit und Männlichkeit (Böhse Onkelz, Deutschland), sowie mit Stolz der Skinheadklassiker schlechthin:
Einer von vielen mit rasiertem Kopf,
Du steckst nicht zurück, denn Du hast keine Angst!
Shermans, Braces, Jeans und Boots,
die Deutschlandfahne, denn darauf bist Du stolz!
Man lacht über Dich, weil Du Arbeiter bist,
Doch darauf bin ich stolz, ich hör' nicht auf den Mist!
> Refrain:
Du bist Skinhead - du bist stolz!
Du bist Skinhead - schrei's heraus!
Du bist Skinhead - du bist stolz!
Du bist Skinhead - schrei's heraus!
Du hörst Oi, wenn Du zu Hause bist,
Du bist einer von ihnen, denn Du bist nicht allein!
Du bist tätowiert auf Deiner Brust,
denn Du weisst, welcher Kult für Dich am besten ist!
Die Leute schau'n auf Dich mit Hass in den Augen,
Sie schimpfen Dir nach und erzählen Lügen über Dich[16] !
Der hier beschriebene Skinhead stellt wohl den Prototypen aus dem szeneüblichem Idealbild dar: rein optisch mit Glatze, Sherman-Hemd, Hosenträger, Jeans, Stiefel und Tätowierungen und als verachtete Minderheit, die erhobenen Hauptes gegen den Rest der Gesellschaft kämpft und natürlich Skinhead - („Oi“) - Musik hört. Deutlich wurde nicht zuletzt der prägende Nationalstolz, der auch in den Liedern Böhse Onkelz („Wir saufen mit links und herrschen mit der Rechten; [...] Denkt an die Onkelz, denkt an die Macht! Denkt an die Macht!“[17] ) und Deutschland zum Tragen kommt :
Auch zwölf dunkle Jahre in deiner Geschichte machen unsere Verbundenheit zu dir nicht zu nicbte
Es gibt kein Land frei von Dreck und Scherben, Hier sind wir geboren, hier wollen wir sterben
Refrain:
Deutschland, Deutschland, Vaterland
Deutschland, Deutschland, mein Heimatland
Den Stolz, deutsch zu sein, wollen sie dir nehmen, das Land in den Dreck zu ziehen, die Fahne zu verhöhnen
Doch wir sind stolz in dir geboren zu sein, doch wir sind stolz Deutsche zu sein
Refrain
Wir sind stolz in dir geboren zu sein, wir sind stolz darauf, Deutsche zu sein
Deutsche Frauen, deutsches Bier, Schwarz-Rot-Gold wir stehen zu dir!
[...]
Aus diesem Lied wird aber auch ersichtlich, dass es die BRD ist, auf die man stolz ist. Das „Dritte Reich“ wird zwar nur sehr vorsichtig durch den Terminus „zwölf dunkle Jahre“ abgelehnt, aber es sind die Fahne und Farben der Bundesrepublik, die besungen werden.
Indiziert wurde das Album Der nette Mann 1986 schließlich durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften jedoch auch wegen folgender Titel
[...]
[1] Liedtexte, die aus Internetquellen stammen, beinhalten oft eine Menge an Rechtschreibfehlern. Jeden mit „sic“ zu kennzeichnen, würde die Darstellung zu sehr verzerren. Der Text ist aber ansonsten originalgetreu
[2] alle mit kompletten Textangegebenen Lieder finden sich auf der beigelegten CD. Verzeichnis im Anhang
[3] Klaus Farin. Buch der Erinnerungen. Hrsg.: Archiv der Jugendkulturen. Berlin, 2000. S.19
[4] z.B. ebd. S.24
[5] abgesehen davon gibt es euch heute noch einige „Nazipunks“, die sich im äussersten rechten Raum bewegen
[6] Farin, S.101
[7]:http://www.supertemmar.de/onkelz/songtexte_s.htm;
[8] Interview mit Onkelz und anderen Skinheads geführt von einem Studenten; in Farin. Buch der Erinnerungen. S.35; meistens war Weidner der Interviewpartner, ansonsten angegeben
[9] Interview; Farin. Erinnerungen.. S.41
[10] Interview; ebd. S.41
[11] Farin. Erinnerungen S.37
[12] Interview; in Farin. Erinnerungen. S.29; Antwort kommt von einem nicht näher bekannten Skinhead.
[13] Anhang, Nr.
[14] ebd. S.47
[15] ebd. S.49
[16] Farin. Erinnerungen. S.51
[17] http://www.sinac.de/
- Arbeit zitieren
- Peter Lintl (Autor:in), 2002, Die Böhsen Onkelz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24431
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