„Scientia est Potentia“ (lat.= „Wissen ist Macht.“). Die Arbeitsteilung und Spezialisierung haben dazu geführt, dass niemand alle Dinge wissen kann, die für ihn wichtig sind. Sucht man Rat, wendet man sich an einen Fachmann. Doch auch nicht jede Auskunft, die man von einem solchen erhält, ist richtig. Sie kann den Ratsuchenden unter Umständen teuer zu stehen kommen. Rechtlich klar sind dabei die Fälle, in denen eine eindeutige Kunden- oder Mandantenbeziehung besteht und der erteilte Rat der Leistung des Fachmanns eindeutig zugeordnet werden kann. Wird hier schuldhaft falsch beraten und entsteht dem Kunden oder Mandanten hierdurch ein Schaden, ist dies eine haftungsbegründende Schlechtleistung in einem Dienstleistungs- bzw. Werkvertragsverhältnis. Dieser Schaden ist im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen und der gesetzlichen Bestimmungen zu ersetzen. Anders kann es aussehen, wenn eine Auskunft nicht unmittelbar in einem Kunden- oder Mandantenverhältnis erteilt worden ist. Hier ist die Rechtslage nicht ganz so übersichtlich und eindeutig wie in den oben genannten Fällen. Diese Arbeit will aufzeigen, welche Haftungsgefahren sich hierbei aus Auskünften, Ratschlägen und Empfehlungen ergeben können. Beschränken soll sie sich auf solche, die von Fachleuten gegeben werden.
Gliederung
A. Vorweg
B. In Medias Res
I. Haftung wegen Schlechtleistung
1. Schuldverhältnis
a) Auskunftserteilung im Rahmen einer
Geschäftsbeziehung
b) Auskunftskontakt
c) Haftung gegenüber Dritten
d) Beweislast
2. Haftungsausschluss
3. Mitverschulden
4. Verjährung
II. Haftung aus unerlaubter Handlung
C. Fazit
A. Vorweg
„Scientia est Potentia“ (lat.= „Wissen ist Macht.“).1
Die Arbeitsteilung und Spezialisierung haben dazu geführt, dass niemand alle Dinge wissen kann, die für ihn wichtig sind. Sucht man Rat, wendet man sich an einen Fachmann. Doch auch nicht jede Auskunft, die man von einem solchen erhält, ist richtig. Sie kann den Ratsuche nden unter Umständen teuer zu stehen kommen.
Rechtlich klar sind dabei die Fälle, in denen eine eindeutige Kundenoder Mandantenbeziehung besteht und der erteilte Rat der Leistung des Fachmanns eindeutig zugeordnet werden kann. Wird hier schuldhaft falsch beraten und entsteht dem Kunden oder Mandanten hierdurch ein Schaden, ist dies eine haftungsbegründende Schlechtleistung in einem Dienstleistungs- bzw. Werkvertragsverhältnis. Dieser Schaden ist im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen und der gesetzlichen Bestimmungen zu ersetzen.2
Anders kann es aussehen, wenn eine Auskunft nicht unmittelbar in einem Kunden- oder Mandantenverhältnis erteilt worden ist. Hier ist die Rechtslage nicht ganz so übersichtlich und eindeutig wie in den oben genannten Fällen. Diese Arbeit will aufzeigen, welche Haftungsgefa hren sich hierbei aus Auskünften, Ratschlägen und Empfehlungen ergeben können. Beschränken soll sie sich auf solche, die von Fachleuten gegeben werden.
B. In Medias Res
Auf den ersten Blick scheint die Sache auch hier gesetzlich eindeutig geregelt zu sein. Nach § 675 Abs. 2 BGB übernimmt ein Ratschlaggeber grundsätzlich keine Haftung für ungünstige Folgen zuvor erteilter Ratschläge. Eine solche Haftung kann sich nur aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonst wie gesetzlich bestimmten Verantwortlichkeit ergeben. Damit schafft der Gesetzgeber ein Regel-Ausnahme-Verhältnis für diesen Bereich. Regelmäßig, besonders im privaten, alltäglichen Bereich, wird für schlechte Ratschläge nicht gehaftet. Auskünfte von beruflich Sachkundigen können dagegen schon eher zu einer Haftung führen. Hier ist eine Haftungsgefahr nicht zu unterschätzen. Insbesondere eine vertragliche Haftung ist in mehr Fällen anzunehmen, als man auf den ersten Blick vermutet.
I. Haftung wegen Schlechtleistung
Für die vertragliche Haftung wegen Schlechtleistung listet § 280 Abs. 1 BGB deren Voraussetzungen auf. Die dort genannte Pflichtverletzung ist die falsche Auskunft. Auf diese falsche Auskunft muss ein Schaden zurückzuführen sein. Diese Ursächlichkeit der Falschberatung für den Schadenseintritt muss eine sogenannte adäquate Kausalität sein. Das bedeutet, dass der Schadenseintritt nach aller Lebenserfahrung nicht so unwahrscheinlich sein darf, dass man mit ihm nicht hätte rechnen müssen. Auße rdem muss der Ratgeber schuldhaft im Sinne von § 276 BGB, also fahrlässig oder gar vorsätzlich, gehandelt haben. Da grundsätzlich jegliche Fahrlässigkeit ausreicht, eine Haftung zu begründen, und zudem § 280 Abs. 1 S. 1 BGB die Beweislast umkehrt, der Ratgeber also nachweisen muss, dass er die gebotene Sorgfalt eben nicht außer acht gelassen hat, dürfte in der großen Zahl der Fälle ein Verschulden anzunehmen sein. Die entscheidende Voraussetzung bei der Haftung für Auskünfte ist aber das Vorliegen eines Schuldverhältnisses.
1. Schuldverhältnis
Schuldverhältnisse werden in ihrer Mehrzahl durch Vereinbarungen zwischen den Beteiligten begründet. Ein solcher Vertrag bedarf übereinstimmender Willenserklärungen der Parteien. Diese müssen dabei nicht ausdrücklich als solche abgegeben werden, grundsätzlich führt auch ein schlüssiges Verhalten der Parteien zum Vertragsschluss. Eines ist allen Willenserklärungen gleich, ihr Erklärer muss den Willen und das Bewusstsein haben, sich rechtlich zu verpflichten. Das nennt man Rechtsbindungswillen.
Gerade im Bereich der Gefälligkeiten ist die Einordnung nicht ganz eindeutig. Das hängt damit zusammen, dass „gefällig“ im dogmatischen Sprachgebrauch unterschiedliche Bedeutung haben kann. „Gefällig“ wird dabei sowohl als „rechtlich unverbindlich“ als auch als „unentgeltlich“ verstanden.3 Im erstgenannten Zusammenhang spricht man von Gefälligkeitsverhältnissen, die keinerlei Rechte oder Pflichten beinhalten, im letzteren von Gefälligkeitsverträgen, die zwar unentgeltlich erfüllt werden, aber ein Schuldverhältnis mit entsprechenden Pflichten begründen.4
Die Rechtsprechung will jeden Einzelfall seinen Umständen entsprechend beha ndeln und entscheiden.5 Eine generelle Einordnung, wann ein Fall bereits die Grenze zur rechtlichen Verbindlichkeit überschritten hat, ist damit nicht möglich. Allerdings gibt es verschiedene Umstände, deren Vorliegen Indizcharakter für eine rechtliche Verbindlichkeit haben kann.
Der Unentgeltlichkeit alleine kommt keine Indizwirkung zu. Sie kann aber als negati ves Indiz verstanden werden, denn sobald überhaupt ein Entgelt gezahlt wird, sei es dem geleisteten Dienst auch nicht angemessen, ist von einer vertraglichen Bindung auszugehen.6 Weiter soll es auf die Art der Gefälligkeit, ihren Grund und Zweck, ihre wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung, insbesondere für den Empfänger, die Umstände, unter denen sie erwiesen wird, und die dabei bestehende Interessenlage der Parteien ankommen.7
[...]
1 Francis Bacon, englischer Philosoph, Schriftsteller und Staatsmann (1561 - 1626), »Novum Organum« (1620).
2 Näheres u.a. bei Soergel-Häuser/Welter, § 675 Rn. 402 ff. (Rechtsanwälte), Rn. 451 ff. (Steuerberater), Rn. 465 ff. (Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer).
3 Erläuternd Reuss, AcP 154[1955], 485, 496 ff..
4 Erman-Werner, Vor § 241 Rn. 34.
5 Vgl. Staudinger-Schmidt, Einl. zu § 241 ff. Rn . 325.
6 Vgl. Staudinger-Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 231.
7 BGHZ 21, 107; 88, 373, 382; 92, 164, 168; 97, 372; Staudinger-Schmidt, Einl. zu §§ 241 ff. Rn. 232.
- Quote paper
- Alexander Wiesner (Author), 2004, Haftungsgefahr bei Gefälligkeiten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24181
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