Warum ist das Mittelalter so faszinierend? Weshalb wünschen sich kleine Mädchen immer wieder ein Bürgfräulein oder eine Prinzessin „von früher“ zu sein? Wieso finden kleine Jungs Ritter so toll und imposant? Doch nicht nur Kinder, auch Erwachsene lassen sich von der mittelalterlichen Welt verzaubern.
Dabei war das Leben in Mittelalter aus unserer heutigen Sicht doch eher kurios und unverständlich. Kinder, die bereits im Säuglingsalter verheiratet oder zumindest versprochen wurden, 14jährige Mädchen, die ihre Pubertät mit einem um viele Jahre älteren Ehemann an ihrer Seite verbrachten. Kinder, die anstatt zur Schule zu gehen oder mit Gleichaltrigen zu spielen harte Feldarbeit verrichten mussten. Säuglinge, die ausgesetzt wurden, weil die Eltern die Familie auch so schon nicht ernähren konnten. Eltern die ihre Kinder in die Obhut von Klöstern oder Lehrmeistern gaben und somit nichts mit der Erziehung ihrer Kinder zu tun hatten. Kinder, die unter pädagogischen Gesichtspunkt ein unzulängliches Leben führten, da die meisten nicht geschult wurden, sondern die Aufgaben von Erwachsenen zu erfüllen hatten.
Vielleicht ist es ja grade diese Absurdität und Unterschiedlichkeit die uns so anzieht.
Fest steht jedoch, dass es den Raum „Kindheit und Jugend“ so wie wir ihn heute verstehen, damals noch nicht gab; die Kinder mussten sehr schnell lernen sich in der Welt der Erwachsenen zu behaupten und wurden von diesen auch als solche behandelt. Vielleicht nicht mit den selben Rechten, jedoch mit deren Pflichten.
Entgegengesetzt dem Kindertraum von Rittern und Prinzessinnen wird im folgend en Aufsatz das wirkliche Leben der Kinder und Jugendlichen im Mittelalter näher aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
1. Vorwort
2. Einleitung
3. Jugend im Ritterstand
3.1 Ausbildung zum Ritter
3.1.1 körperliche Ertüchtigung
3.1.2 musisch-ästhetische Bildung
3.1.3 Einführung in die höfische Gesellschaft
3.2 Die Altersstufen
4. Jugend auf dem Lande
4.1 Jugend im Lebenskreis der Großfamilie
4.2 Jugend in der Dorfgemeinschaft
4.3 Junggesellen- und Burschenvereine
5. Jugend im urbanen Handwerk
5.1 Der Lehrling
5.2 Gesellen- und Muthzeit
6. Institut für klerikalen Nachwuchs
6.1 Jugend in kirchlichen Schulen
6.1.1 Klosterschulen
6.1.2 Dom- Stiftsschulen
7. Literaturverzeichnis
1. Vorwort
Warum ist das Mittelalter so faszinierend? Weshalb wünschen sich kleine Mädchen immer wieder ein Bürgfräulein oder eine Prinzessin „von früher“ zu sein? Wieso finden kleine Jungs Ritter so toll und imposant? Doch nicht nur Kinder, auch Erwachsene lassen sich von der mittelalterlichen Welt verzaubern.
Dabei war das Leben in Mittelalter aus unserer heutigen Sicht doch eher kurios und unverständlich. Kinder, die bereits im Säuglingsalter verheiratet oder zumindest versprochen wurden, 14jährige Mädchen, die ihre Pubertät mit einem um viele Jahre älteren Ehemann an ihrer Seite verbrachten. Kinder, die anstatt zur Schule zu gehen oder mit Gleichaltrigen zu spielen harte Feldarbeit verrichten mussten. Säuglinge, die ausgesetzt wurden, weil die Eltern die Familie auch so schon nicht ernähren konnten. Eltern die ihre Kinder in die Obhut von Klöstern oder Lehrmeistern gaben und somit nichts mit der Erziehung ihrer Kinder zu tun hatten. Kinder, die unter pädagogischen Gesichtspunkt ein unzulängliches Leben führten, da die meisten nicht geschult wurden, sondern die Aufgaben von Erwachsenen zu erfüllen hatten.
Vielleicht ist es ja grade diese Absurdität und Unterschiedlichkeit die uns so anzieht.
Fest steht jedoch, dass es den Raum „Kindheit und Jugend“ so wie wir ihn heute verstehen, damals noch nicht gab; die Kinder mussten sehr schnell lernen sich in der Welt der Erwachsenen zu behaupten und wurden von diesen auch als solche behandelt. Vielleicht nicht mit den selben Rechten, jedoch mit deren Pflichten.
Entgegengesetzt dem Kindertraum von Rittern und Prinzessinnen wird im folgenden Aufsatz das wirkliche Leben der Kinder und Jugendlichen im Mittelalter näher aufgezeigt.
2. Einleitung
Das Mittelalter war geprägt durch eine besondere Struktureigenart: die Ständegesellschaft.
Betrachtet man das Wort „Ständegesellschaft“ einmal genauer, so stellt man fest, dass es aus „Stand“ und „Gesellschaft“ besteht. Dies bedeutet, dass die Menschen damals in verschiedene Gruppen unterteilt waren, die wiederum einen inhäsiven Charakter zu eigen hatten. Die Stände waren von „oben“ nach „unten“ gegliedert, eine Kombination oder Mobilität von einem zum andern Stand gab es nicht. Hier kommt ein Ausspruch Theodor Haeckers zum Zuge:
„Das meiste macht die Geburt“[1]
Der soziale Status eines Menschen war durch seine Geburt bestimmt und daraus gab es auch fast kein Entkommen. Daran waren viele wichtige soziale Kriterien gebunden, wie etwa das Erlernen oder die Ausübung eines Berufs, die Partnerwahl und die politische Aktivität. Selbst die Geistlichen, die aus allen Schichten kamen, unterschieden sich im klerikalen Rang nach ihrem Geburtsstand. So war das Leben der Menschen innerhalb ihrer Gesamtordnung nicht nur beschränkt, sondern sogar bereits vorgegeben.
Die Stände- oder auch Feudalgesellschaft setzte sich aus folgenden Schichten zusammen:
Adel – Klerus – Bürgertum – Bauern
Wobei das Bürgertum in der Stadt und die Bauern auf dem Land die breite Masse darstellten, wogegen der Adel und der Klerus nur einen kleinen, aber dennoch bestimmenden Teil der Bevölkerung ausmachten. Bis auf die Protektionspflicht der Adeligen gegenüber der Bauern und des Bürgertums und deren Recht die Hilfe dieser jederzeit in Anspruch zu nehmen, kam die Oberschicht kaum mit der Unterschicht in Berührung
Wie sich nun das Leben der Kinder und Jugendlichen in den Ständen im einzelnen abspielte, wird im Folgenden darleget.
3. Jugend im Ritterstand
3.1 Ausbildung zum Ritter
In der höfischen Welt bildete sich eine Gruppe heraus, die zum einen durch ihre ritterliche Geburt dem Ritterstand zugehörten und zum anderen durch ihre spätere Promotion die volle Standesmitgliedschaft erwarben, die aufgrund ihres Alters als Jugend im Ritterstand oder kurz, als Ritterjugend betituliert wurden.
Deren Altersphasen, Erziehungsgestalten und -elemente und ihren sozialen Status nun näher erklärt werden soll:
3.1.1 körperliche Ertüchtigung
Bereits in der Antike oder auch bei den Germanen gab es sportliche Übungen, die zur Kriegsausbildung dienten. Obwohl historisch nicht ganz genau zu beweisen, geht man davon aus, dass beide Linien auf die ritterliche Erziehung eingewirkt haben.
Seit dem 12. Jahrhundert treten immer wieder Künste auf, in denen sich die angehenden Ritter üben mussten. Dies sind neben dem Reiten, Schwimmen, Pfeilschießen, Fechten und Jagen auch das Schachspielen und das Kreieren von Versen, genannt die „probitates“. Im deutsch Raum kamen noch Lauf- und Springübungen, wobei das Schwimmer eher vernachlässigt wurde.
Als Vorübung zur Handhabung der später überreichten Ritterschwerter gab es das Fechten mit Schwert und Schild, „Schirmen“ genannt.
Viele Disziplinen mussten erlernt und vor allem auch beherrscht werden, bevor der Jugendliche als Höhepunkt an den Knappenspielen teilnehmen durfte.
3.1.2 musisch-ästhetische Bildung
Nicht nur in der Beherrschung der Waffen, auch in der „versificari“ der Dichtkunst nach französischem Vorbild sollte sich der ritterliche Nachwuchs üben.
Da in der höfischen Dichtung gegensätzlich zur Lyrik der gebildeten Kleriker, Text und Melodie untrennbar zusammengehörten, enthielt das Erlernen der Dichtung auch die Übung in Gesang und in einem oder gar mehreren Instrumenten.
Selbst die Kleriker förderten die zeitgemäße Bildung für angehende Ritter, so lehrten sie Griechisch und Latein, stellenweise gab es sogar einen Magister für die Lehren des Aristoteles. So vertrat z. B. der klerikale Fürst Abt Stephan von Limburg, „dass es für einen Ritter angemessen sei, Bücher lesen zu lernen“:
„Nobilium filios in suo comitatu plurimos habere solebat, quibus exempla hanestatis et curialis adminisrationis exhibebat. Inter quos Eckenbertum ...hortatusque cum ut in discendo psalterio operam daret. Et dicebat, literarum peritia nemini militaturo obesse, seculum relicturo plurimam prodesse.“[2]
3.1.3 Einführung in die höfische Gesellschaft
Die beiden vorangegangenen Aspekte waren zwar die wesentlichen Elemente in der ritterlichen Ausbildung, trotzdem stand ihnen die höfische Pädagogik vor, die sich am besten mit den Schlagwörtern „môrâliteit“, „zuht“, „kurtoisie“ und “hövescheit“[3] beschreiben lässt. Sie spiegeln die höfische Lebensart wider und spielen somit in der Rittererziehung eine zentrale Rolle.
Unter diesen Begriffen verstand man einen ausgedehnten Anstands-/Sitten- und Tugendkatalog, da fast das gesamte höfische Leben nach Regeln festgelegt war.
So gab es unter anderem Kleidervorschriften, Benimmregeln für Gesellschaft und Tisch, z.B. Gedenken an Gott und der Armen, benehmen bei Tisch, Ehrung der Speisen und des Trankes und festgelegte Umgangsformen mit der verschiedenen Personengruppen. Um dies auch alles praktisch ausführen zu können, wurde die Ritterjugend zur Ausbildung einzelnen Personen, insbesondere Ritter und Frauen, unterstellt. Aus dem reichhaltigen Katalog der Tugenden war die Ritterehre (die êre), die höchstrangig, das Tapferkeitsmotiv der Ritter, kam in der „manheit“ zur Geltung. Auch sehr beliebt war die „mîlte“, denn Milde zu üben gegenüber Witwen und Weisen, Armen und Hilfsbedürftigen, war eine der Leitmotive in der Liturgie während der Ritterweihe.
[...]
[1] Vgl. Feilzer Ständegesellschaft Wien 1971 S. 112
[2] Vgl. Chronicon Wormatiensis c. XXVII ap. Ludewig, Reliquiae manuscript., francof. 1720 II p. 79 Hier nach: F. Specht, Geschichte des Unterrichtwesens..., a.a.O. S. 426 aus: Feilzer, Ständegesellschaft, Wien 1971 S. 171
[3] Ebd.
- Arbeit zitieren
- Heike Doll (Autor:in), 2003, Jugendsoziologie - Jugend im Mittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24023
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