[...] Wie sehen die Verantwortlichen den Beitrag
an der Veränderung im deutschen Gesundheitssystem? Es ist die Vermutung der Verfasser, dass in Bezug auf die Umsetzung eine
große Unsicherheit herrscht und somit die verschiedensten
Durchführungsstadien im deutschen Gesundheitssystem existieren. Anders
ausgedrückt, die Erforschung, ob es eine unterschiedliche Handhabung der
genannten Managementstrategien und deren Umsetzungsmaßnahmen gibt, und
die Fragen, auf welche Weise sie realisiert werden und mit welchen
Konsequenzen für das deutsche Gesundheitssystem, sind also Gegenstand der
vorliegenden Diplomarbeit.
Nach dieser Einleitung folgt das zweite Kapitel, welches die Entwicklung der
Fragestellung der vorliegenden Forschungsarbeit beinhaltet. In Kapitel drei wird
eine Situationsanalyse der Reformen des deutschen Gesundheitssystems
vorgenommen. Hier wird aufgezeigt, wo ein derzeitiger Handlungsbedarf zur
Umsetzung von Clinical Pathways, Case Management, Entlassungsmanagement
und Disease Management besteht. Dies bildet den Grundstock bzw. den
theoretischen Bezugsrahmen für die darauf folgenden Kapitel vier, fünf, sechs
und sieben, in denen diese neuen Versorgungsmodelle dargestellt werden. Diese
Kapitel bilden den theoretischen Hauptteil der Diplomarbeit.
In dem achten Kapitel folgt die Darstellung des Forschungsdesigns, es soll zum
einen die Erhebungs- und Auswertungsmethoden nachvollziehbar abbilden. In
diesem Teil der Arbeit wird ein praktischer Bezug hergestellt, in dem der
reichhaltige Erfahrungsschatz von Experten in die wissenschaftliche Betrachtung
mit einfließt, um so die theoretischen Erkenntnisse aus der diversen Literatur mit
praktischem Wissen über neue Versorgungsmodelle anzureichern. Zum anderen
werden Ergebnisse aus qualitativer Forschung dargestellt mit ausgewählten
Aussagen der Experten, welche zur Veranschaulichung auch im Original zitiert
werden. Dies ist der praktische Hauptteil der Diplomarbeit.
Daran schließt sich Kapitel neun an, in dem ein zusammenfassendes Fazit der
Diplomarbeit von den Forschern gezogen wird und gleichzeitig eine
Ergebnisdarstellung erfolgt.
Anschließend wird in Kapitel zehn der Arbeit eine konzeptionelle Vision für die
umfassende Versorgung von Patienten mit akutem Myocardinfarkt von den
Verfassern aus Ihrer Sicht vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Danksagung
1. Einleitung
2. Entwicklung der Fragestellung
3. Das deutsche Gesundheitssystem und seine Reformen
4. Clinical Pathways
4.1 Clinical Pathways in den USA, Australien und Deutschland
4.1.1 USA und Australien
4.1.2 Deutschland
4.2 Warum Clinical Pathways?
4.3 Die Entwicklung und Implementierung des Clinical Pathways
4.4 Abweichungen
4.5 Vorteile und Grenzen der Clinical Pathways
4.6 Schlussfolgerung
5. Case Managementkonzepte (CM)
5.1 Case Management im Akutkrankenhaus
5.2 Case Management in der ambulanten Versorgung
5.3 Integrierte Versorgung
6. Entlassungsmanagement (EM)
6.1 Überleitungen vom Krankenhaus in die ambulante Versorgung
6.2 Entlassungsplanungsprozess
7. Disease Management Program (DMP)
8. Forschungsdesign
8.1 Das Leitfaden- Interview
8.1.1 Das Experteninterview
8.1.1.1 Auswahl von Experten
8.1.1.2 Vorbereitung des Leitfadens
8.1.1.3 Durchführung von Interviews
8.1.2 Qualitative Inhaltsanalyse
8.1.2.1 Gütekriterien qualitativer Forschungsergebnisse
8.2 Forschungsdurchführung
8.2.1 Zu dem Verlauf der Erhebung
8.2.3 Auswertung der Experteninterviews
8.2.4 Interpretationen
8.3 Auswertung der durchgeführten Experteninterviews
8.4 Ergebnisdarstellung
8.4.1 Clinical Pathways (CP) – implementiert
8.4.2 Clinical Pathways (CP) – Vorteile
8.4.3 Clinical Pathways (CP) – Nachteile
8.4.4 Clinical Pathways (CP) – Akzeptanz
8.4.5 Clinical Pathways (CP) – Nutzen für die Einrichtung
8.4.6 Case Management (CM) – angewandt, Kostenkontrolle
8.4.7 Case Management (CM) – Idealsituation
8.4.8 Case Management (CM) – Probleme
8.4.9 Entlassungsmanagement (EM) – implementiert
8.4.10 Entlassungsmanagement (EM) – Kooperationspartner
8.4.11 Entlassungsmanagement (EM) – Dokumentationsentwicklung
9. Zusammenfassung und Fazit
10. Vision eines umfassenden Versorgungspfades am Beispiel eines Patienten mit Myocardinfarkt
10.1 Aktuelle Situation
10.2 Krankheitsentstehung (Pathogenese)
10.2.1 Risikofaktoren
10.3 Symptome des akuten Herzinfarkts
10.4 Versorgungsablauf des akuten Myocardinfarktes
10.5 Vision, eigene Darstellung
11. Literaturverzeichnis
12. Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Entwicklung der Gesundheitsausgaben in Deutschland (nominal), Quelle: Eigene Darstellung, in
Abbildung 2. Entwicklung der Gesundheitsausgaben Anteil am BIP, Quelle: Eigene Darstellung,
Abbildung 3. Entwicklung der Gesundheitsausgaben in € je Einwohner, Quelle: Eigene Darstellung,
Abbildung 4. Beitragssatzentwicklung in der GKV Jahresdurchschnitte in Prozent, Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 5. Versorgungspfadzyklus, Quelle: Johson, 2002, S. 66
Abbildung 6. Instrument für das Management und Controlling, Quelle: Johnson, 2002, Interdisziplinäre Versorgungspfade, S.41.
Abbildung 7. Vollständige Implementierung von Case Management in Anlehnung an PDF Datei
Abbildung 8. Zusammenhang der Begrifflichkeiten, Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 9. Schaubild einer Entlassungsplanung unter Case Management, Quelle: http://renate-heppner.exhome.de/facharbeit.htm
Abbildung 10. Kontaktierte Institutionen, Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 11. Clinical Pathways (CP), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 12. Clinical Pathways (CP), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 13. Clinical Pathways (CP), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 14. Clinical Pathways (CP), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 15. Clinical Pathways (CP), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 16. Case Management (CM), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 17. Case Management (CM), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 18. Case Management (CM), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 19. Entlassungsmanagement (EM), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 20. Entlassungsmanagement (EM), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 21. Entlassungsmanagement (EM), Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 22. Umfassender Versorgungspfad „Myocardinfarkt“, Quelle: Eigene Darstellung, 2003
Abbildung 23. amerikanische Gesundheitsvorsorge, Quelle: http://www.ahcpr.gov/ppip/adguide
Danksagung
Noch vor Beginn unserer Ausführungen möchten wir all jenen unseren Dank aussprechen, die uns und unserer nun vorliegenden Diplomarbeit mit ihrer Hilfe tatkräftig zur Seite gestanden haben.
Wir danken zunächst Herrn Prof. Dr. R. Hildebrand für die Ermutigung seinerseits, uns diesem überaus komplexen Thema zu stellen, sowie für seine hilfreichen Gedanken zur Bewältigung der Fragestellungen und seine Bereitschaft uns als Erstgutachter zur Verfügung zu stehen.
Ebenfalls zu Dank verpflichtet sind wir Frau Prof. Dr. G. Piechotta dafür, dass sie uns mit Hilfestellungen und Tipps große Hilfe leistete und sich als Zweitgutachterin zur Verfügung stellte.
Auch unseren Interviewpartnern sei an dieser Stelle nochmals gedankt, für die investierte Zeit, in der Sie uns zur Verfügung standen. Die Bereitschaft uns sehr wissenswerte Auskünfte und teilweise Einblicke in Institutionsstrategien zu geben, hat uns bei der Erstellung dieser Diplomarbeit sehr große Hilfe geleistet.
Aber ebenfalls genannt werden müssen die Familienmitglieder beider Diplomanden[1], welche durch ihr Verständnis und ihre teilweise große Hilfestellung im privaten Bereich erst einen Studiengang mit doppelter Belastung ermöglichten.
Für das Korrekturlesen danken wir: Herrn Nerlich (Geschäftsführer BKK ServiceCenter GbR), Heidi Bengs (Bankkauffrau), Birgit Gerwin (Diplompflegewirtin).
Wir möchten es auch nicht versäumen uns gegenseitig einen Dank auszusprechen, da es ein Diplomand ohne den Anderen nicht bis zu dieser Diplomarbeit geschafft hätte.
Eine Gratwanderung dürfte es sein, niemanden zu vergessen beim Ausdruck der Dankbarkeit dafür, in vielen Gesprächen und Diskussionen fruchtbare Anregungen und Informationen zur Verfassung dieser Diplomarbeit bekommen zu haben. Unser Dank gilt deshalb also allen, die uns in den vergangenen Monaten so freundschaftlich unterstützt haben.
1. Einleitung
In den letzten Monaten haben die Debatten um die Reformierung und Modernisierung des deutschen Gesundheitssystems die Öffentlichkeit und die Politik in Atem gehalten. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht die Diskussionen über den enormen Kostendruck im Gesundheitswesen und die Beitragserhöhungen der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) für Schlagzeilen sorgten.
Expertenkommissionen haben darauf hingewiesen, dass das deutsche Gesundheitssystem effizienter werden muss, um dem internationalen Vergleich Stand zu halten. Nach ihren Aussagen stehen so einem hohen Ressourceneinsatz bei Erkrankungen mit hoher Prävalenz häufig nur durchschnittliche Ergebnisse in der Versorgungsqualität gegenüber (vgl. Lauterbach, 2001).
Alle bisherigen Reformvorschläge der Regierung zielen darauf ab, die Ausgaben der GKV zu senken und somit die Kosten für das Gesundheitssystem zumindest stabil zuhalten, dabei soll die Qualität jedoch gewährleistet bzw. erhöht werden. Dies betrifft im gleichen Umfang die stationäre, sowie die ambulante Versorgung, Pflege und Betreuung der Patienten. Einhergehend mit den Diskussionen hat sich ein Paradigmenwechsel in der Gesundheitsversorgung vollzogen. Noch vor wenigen Jahren wurde von den verschiedenen Professionen im Gesundheitswesen und der Politik gefordert, dass alles medizinisch Machbare in der Patientenversorgung auch getan werden müsse. Heute muss sich die medizinische Versorgung an den Standards der evidenzbasierten Medizin unter Beachtung der Kosteneffektivität messen lassen (vgl. Lauterbach, 2001). In diesem Zusammenhang werden Debatten über tatsächliche und prognostizierte Kostenentwicklungen und Qualitätssteigerungen geführt. Gleichfalls werden neue Modelle zur Sicherstellung der Finanzierbarkeit und zur Steigerung der Qualität des Gesundheitswesens diskutiert.
Darüber hinaus findet gegenwärtig ein Wandel der Kostenabrechnung in den Krankenhäusern statt. Das Optionsmodell 2003, in dem die Krankenhäuser freiwillig entscheiden konnten, ob sie auf der Grundlage des neuen Vergütungssystems DRG`s (Diagnosis Related Groups) abrechnen möchten, setzte die Kostenträger und Leistungserbringer der Krankenversorgung schon unter massiven Innovationsdruck. Die geplante gesetzliche Einführung der DRG`s (KHG §17b) im Januar 2004 wird diesen voraussichtlich noch forcieren. Es ist damit zu rechnen, dass die Krankenhausverweildauer erheblich gesenkt wird und gleichzeitig ein weiterer Abbau der Bettenkapazitäten stattfindet. Ein derzeit schon zu beobachtender Trend dürfte sich somit fortsetzen: Es werden weiterhin einige Krankenhäuser dem Druck nicht standhalten können und Schließungen im stationären Sektor vornehmen, oder Klinikverbünde eingehen müssen. Von daher muss mit einem erheblichen Anstieg der Versorgung im ambulanten Sektor gerechnet werden, in dem dann die Patienten eventuell „rascher und kranker“ mit komplexen Pflege- und Versorgungserfordernissen in die häusliche Umgebung zurückkehren (Schaeffer, Ewers, 2002, S.21). Damit sind die Patienten/Versicherten des Gesundheitssystems oftmals überfordert und bedürfen einer verstärkten Unterstützung, um den sog. “Drehtüreffekt“ zu vermeiden.
In diesem Zusammenhang müssen die Krankenhäuser der Verdichtung der Arbeitsabläufe entsprechen und interinstitutionelle sowie institutionsübergreifende (zwischen stationärer und ambulanter Versorgung) Programme für eine Prozessoptimierung, nahtlose Patientenüberleitung und lückenlose Weiterversorgung in den ambulanten Sektor, bei gleichzeitiger Sicherung der Versorgungsqualität, entwickeln. Dies verpflichtet einerseits die Leistungsanbieter zu mehr Vernetzung untereinander, andererseits muss von unserer derzeitigen Regierung die bestehende sektorale Trennung zwischen der ambulanten und stationären Versorgung durch geeignete Reformen überwunden werden. Ansätze hierfür sind in der aktuellen Gesundheitsreform „Agenda 2010“ erkennbar. Somit werden sektorenübergreifende Kooperationsformen, die sich an den Bedürfnissen der Versicherten orientieren, eine zwingende Notwendigkeit.
Wie sieht es im Moment mit der Umsetzung von neuen Modellen in der Praxis, sprich in den Krankenhäusern, bei den gesetzlichen Krankenkassen, den privaten Krankenkassen und ambulanten Einrichtungen aus?
Welche Strukturen und Prozesse müssen aufgebrochen werden, damit diese zum Ziel führen? Welche Instrumente können eingesetzt werden um die Qualität der Versorgung von Patienten zu verbessern? Diesen Fragen wird in der vorliegenden Diplomarbeit empirisch, mittels Experteninterviews, nachgegangen.
Angesichts der aktuellen Entwicklung der Krankenversorgung im Spannungsfeld von Ökonomisierung, Rationalisierung, Rationierung und Patientenorientierung wird in dieser Arbeit auf interdisziplinäre Versorgungspfade (zur Prozessoptimierung) eingegangen, das Case Management (CM), Disease Management (DM) beleuchtet und in diesem Zusammenhang über ein effizientes Entlassungsmanagement diskutiert. Das heißt es werden Versorgungsmodelle in den Blick genommen, die dazu beitragen könnten, die oben erwähnten „alten Strukturen“ aufzuweichen. Beispielhaft wird anhand der Patienten mit einem akuten Myokardinfarkt der gesamte Versorgungsablauf dargestellt, angefangen mit dem Beginn des akuten Geschehens, über die Versorgung im Krankenhaus und die darauf folgende Rehabilitation in einer ambulanten oder stationären Einrichtung bis zur Entlassung nach Hause mit der möglichen Einbindung in ein spezielles Disease Management Program (DMP).
Der Diplomarbeit liegen zwei Hypothesen zu Grunde:
1. Durch die Einführung von neuen Patientenversorgungsstrategien lässt sich die Überleitung in die ambulante Versorgung patientenzentrierter und Kosten sparender gewährleisten.
2. Den neuen Patientenversorgungsstrategien wird insgesamt ein hoher Stellenwert beigemessen.
Die zentralen, sich aus der Kombination beider Annahmen ergebenden Fragen lauten:
Wird den neuen Patientenversorgungsstrategien wie Clinical Pathways, Case Management, Entlassungsmanagement und Disease Management in den verschiedenen Gesundheitsinstitutionen ein hoher Stellenwert beigemessen und werden diese Strategien umgesetzt? Wie sehen die Verantwortlichen den Beitrag an der Veränderung im deutschen Gesundheitssystem?
Es ist die Vermutung der Verfasser, dass in Bezug auf die Umsetzung eine große Unsicherheit herrscht und somit die verschiedensten Durchführungsstadien im deutschen Gesundheitssystem existieren. Anders ausgedrückt, die Erforschung, ob es eine unterschiedliche Handhabung der genannten Managementstrategien und deren Umsetzungsmaßnahmen gibt, und die Fragen, auf welche Weise sie realisiert werden und mit welchen Konsequenzen für das deutsche Gesundheitssystem, sind also Gegenstand der vorliegenden Diplomarbeit.
Nach dieser Einleitung folgt das zweite Kapitel, welches die Entwicklung der Fragestellung der vorliegenden Forschungsarbeit beinhaltet. In Kapitel drei wird eine Situationsanalyse der Reformen des deutschen Gesundheitssystems vorgenommen. Hier wird aufgezeigt, wo ein derzeitiger Handlungsbedarf zur Umsetzung von Clinical Pathways, Case Management, Entlassungsmanagement und Disease Management besteht. Dies bildet den Grundstock bzw. den theoretischen Bezugsrahmen für die darauf folgenden Kapitel vier, fünf, sechs und sieben, in denen diese neuen Versorgungsmodelle dargestellt werden. Diese Kapitel bilden den theoretischen Hauptteil der Diplomarbeit.
In dem achten Kapitel folgt die Darstellung des Forschungsdesigns, es soll zum einen die Erhebungs- und Auswertungsmethoden nachvollziehbar abbilden. In diesem Teil der Arbeit wird ein praktischer Bezug hergestellt, in dem der reichhaltige Erfahrungsschatz von Experten in die wissenschaftliche Betrachtung mit einfließt, um so die theoretischen Erkenntnisse aus der diversen Literatur mit praktischem Wissen über neue Versorgungsmodelle anzureichern. Zum anderen werden Ergebnisse aus qualitativer Forschung dargestellt mit ausgewählten Aussagen der Experten, welche zur Veranschaulichung auch im Original zitiert werden. Dies ist der praktische Hauptteil der Diplomarbeit.
Daran schließt sich Kapitel neun an, in dem ein zusammenfassendes Fazit der Diplomarbeit von den Forschern gezogen wird und gleichzeitig eine Ergebnisdarstellung erfolgt.
Anschließend wird in Kapitel zehn der Arbeit eine konzeptionelle Vision für die umfassende Versorgung von Patienten mit akutem Myocardinfarkt von den Verfassern aus Ihrer Sicht vorgestellt.
2. Entwicklung der Fragestellung
In dieser Arbeit sollen neue Denkmodelle und innovative Lösungsansätze aufgezeigt werden, die dazu beisteuern können, verkrustete Strukturen und veraltete Hierarchien aufzubrechen. Das bedeutet nicht, dass das Gesundheitssystem „neu erfunden“ werden soll, sondern es werden Möglichkeiten aufgezeigt, die in das „alternde“ System integriert werden können, um so der geforderten Effizienzsteigerung unseres Gesundheitswesens bei gleichzeitiger, individualisierter Betreuung der Leistungsnehmer gerecht werden zu können. Hierbei geht es nicht darum, eine in sich geschlossene Gesamtlösung aufzuzeigen, was auch zu vermessen wäre, sondern um das Erforschen des Lösungsraums. Die Verfasser sind der Auffassung, dass sich einige Probleme in der Patientenversorgung durch bestimmte Instrumente verbessern, wenn nicht sogar lösen lassen. Zu diesen Instrumenten zählen die Clinical Pathways, das Case Management, das Entlassungsmanagement, für chronisch Kranke die Einbindung in ein Disease Management Program sowie die Umsetzung der integrierten Versorgung.
Diese Instrumente werden in der Literatur selten in einem Zusammenhang gesehen und diskutiert. Doch gerade diese können dazu beitragen, eine umfassende Versorgung und Betreuung der Patienten zu erbringen. Im Verlauf dieser Diplomarbeit soll ergründet werden, ob sie eine Möglichkeit sind, den oben genannten Lösungsraum zu füllen.
Das gewählte Krankheitsbild des akuten Myocardinfarkts als Beispiel ist für diese Arbeit sehr gut geeignet, um einen Überblick über die vorhandene Versorgungssituation der Patienten in unserem Gesundheitswesen zu geben.
Da der akute Myocardinfarkt und die koronare Herzkrankheit weiterhin mit die häufigsten Todesursachen in Deutschland sind, an denen von ca. 80 Millionen Einwohnern alleine 75.000 Menschen pro Jahr an den Folgen eines Herzinfarktes sterben (Mehmel, 2002), liegt der Verdacht nahe, dass Versorgungsmängel im System versteckt sein müssen. Hier werden wahrscheinlich die vorhandenen Ressourcen nicht bedarfsgerecht verwendet.
Etwa 21 % der Deutschen versterben an akuten oder chronischen Folgen einer Herzkranzgefäßverengung (Sachverständigenrat, 2001).
Dies bestätigt auch der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (SVR):
„Angesichts dieser Ausgangslage hält es der Rat für dringend geboten, nach Lösungsansätzen zur Reduktion der KHK-Morbidität und - Mortalität zu suchen, die nicht in erster Linie auf der Ausweitung symptombezogener diagnostischer und therapeutischer Interventionen basieren. Den im internationalen Vergleich hohen Ressourceneinsatz für interventionelle kardiologische Maßnahmen wertet er als möglichen Hinweis auf (ökonomische) Überversorgung. Wie im weiteren ausgeführt wird, liegen Hinweise auf einen nicht abgedeckten Bedarf an primär- und sekundärpräventiven Interventionen vor (Unter- und Fehlversorgung). Es besteht also ein Missverhältnis zwischen Kuration und Prävention.“
(SVR, Band III.2 zur Über--, Unter- und Fehlversorgung in Deutschland, 2001, S. 44)
Zur Diskussion der Frage, welche Strategien im Einzelfall von den Berufsgruppen oder der Politik zur Lösung von Betreuungs- und/oder Versorgungsproblemen unserer erkrankten bzw. pflegebedürftigen Mitmenschen vorgeschlagen werden, gehört in Anbetracht der speziellen Fragestellung auch der Blick auf das gesamte Gesundheitswesen. Es scheint unumgänglich, auf die externen und internen Einflussgrößen einzugehen, welche die hohe Anzahl von Fehlversorgungen und Schnittstellenproblematiken, das hohe Informationsdefizit und die Diskontinuität im Unterstützungs- bzw. Versorgungsprozess der Patienten hervorrufen bzw. zulassen (Gerwin, 2003).
3. Das deutsche Gesundheitssystem und seine Reformen
Betrachtet man das heutige Modell der deutschen Gesundheitsversorgung, sind nach wie vor tragende sozialstaatliche Grundelemente erkennbar, die noch aus der Zeit Bismarcks (erster Kanzler des Deutschen Reiches von 1871) stammen und als gesellschaftliche Errungenschaften international Anerkennung finden. Zu den wesentlichen Merkmalen gehören die gegliederte Versicherung (keine Einheitsversicherung), Pflichtversicherung, Beitragsfinanzierung, begrenzte staatliche Zuschüsse, Rechtsansprüche auf die Leistungen ohne Bedürftigkeitsprüfung und Selbstverwaltung.
Die Versicherten in Deutschland schätzen den hohen Standard von Behandlung und Pflege und für kundige Beobachter im Ausland ist die Gesundheitsversorgung in Deutschland vorbildlich in Reichweite und Abdeckung, sogar luxuriös im Leistungsumfang (vgl. Salfeld, Wettke, 2001).
Dennoch schneidet unser Gesundheitssystem in dem jüngsten World Health Report der World Health Organisation (WHO) schlecht ab. Im internationalen Qualitätsvergleich aller 191 Mitgliedsländer hat Deutschland nur Platz 25 belegt (vgl. WHO, 2000). Somit ist es weit abgeschlagen hinter dem erstplatzierten Frankreich und dem Zweiten Italien, auch Großbritannien liegt mit Platz 18 noch vor Deutschland. Den 25. Platz legte die WHO unter anderem auf Grund der schlechten Effizienz des Gesundheitssystems fest. Sie konnte feststellen, dass die Ausgaben für die erlangte Qualität der Leistungserbringung nicht in Relation zu dem Output stehen. Alleine im Jahr 2001 haben die gesetzlichen Krankenversicherungen mit etwa 130 Mrd. Euro einen großen Teil der eingenommen Gelder für das Gesundheitswesen aufgewendet.
Die Lebenserwartung unserer Bevölkerung spiegelt diesen enormen Kostenaufwand jedoch nicht wieder, hier liegen wir im internationalen Vergleich nur auf einem Mittelfeldplatz (vgl. Salfeld, Wettke, 2001).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Entwicklung der Gesundheitsausgaben in Deutschland (nominal), Quelle: Eigene Darstellung, in
Anlehnung an Statistisches Bundesamt Deutschland, 2003
Die in Abbildung 1 gezeigten Ausgabensteigerungen erlauben noch keine Aussage zur Effizienz der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Um eine Aussage über die Effizienz treffen zu können, muss neben den Ausgaben auch immer als zweiter Parameter das Outcome berücksichtigt werden.
Demnach reicht eine Konzentration auf einen der beiden Parameter nicht aus, um eine Effizienzverbesserungen innerhalb der GKV zu erzielen. Jedoch wurde in Deutschland eine lange Zeit die Diskussion um die GKV aber fast ausschließlich auf eine mögliche Ausgabenbegrenzung reduziert, ohne dabei auf das Outcome zu achten. Die Folge dieser einseitigen (Kosten) Betrachtung war die Reduzierung der meisten Gesundheitsreformen in der Vergangenheit auf schnell wirkende Kostendämpfungsmaßnahmen, wie kostendämpfende Steuerung der Leist-ungsinanspruchnahme und der Leistungserbringung (vgl. SGB, 2001). Erst seit relativ kurzer Zeit findet diesbezüglich ein Umdenken statt: Vor allem die voraussehbaren Entwicklungen aufgrund des demografischen Effektes scheinen das zentrale Argument dafür zu sein, auch die Outcomeseite stärker in den Mittelpunkt zu rücken und eine systematische Kosten- und Qualitätsevaluation als zentrales Anliegen eines modernen Gesundheitswesens zu betrachten (vgl. Szucs, 1997).
Als Leitmotiv ist die Verminderung oder zumindest die Stabilisierung der Beitragssätze der Krankenkassen anzusehen. Dadurch soll eine Balance zwischen der wirtschaftspolitisch erwünschten Senkung der Lohnnebenkosten und der gesundheitspolitisch notwendigen optimalen Versorgung der Versicherten sichergestellt werden. Als Folge dieser Systematik ist auch der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§71, SGB V) seit 1996 gesetzlich verankert.
Durch die Verhinderung eines Anstiegs (besser noch durch eine Senkung) der Lohnnebenkosten erhofft sich die deutsche Regierung eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und damit verbunden eine Verbesserung der Arbeitsmarktlage. Da die Beitragszahlungen der Versicherten für die gesetzliche Krankenversicherung an die Grundlöhne gebunden sind, stellen die Grundlöhne die maßgebliche Berechnungsbasis der GKV-Einnahmen dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2. Entwicklung der Gesundheitsausgaben Anteil am BIP, Quelle: Eigene Darstellung,
in Anlehnung an Statistisches Bundesamt Deutschland, 2003
So wurden in der Bundesrepublik 2001 ca. 10,9 % des BIP (Bruttoinlandsprodukt) von insgesamt 226 Mrd. Euro ausgegeben, davon hat die GKV rund 130 Mrd. Euro = 56 % finanziert.
Damit liegt Deutschland unter den OECD-Ländern an dritter Stelle in Europa und nimmt somit einen der Spitzenplätze ein. An vierter Stelle rangiert Deutschland bei den Pro-Kopf-Ausgaben (OECD, 2003).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3. Entwicklung der Gesundheitsausgaben in € je Einwohner, Quelle: Eigene Darstellung,
in Anlehnung an Statistisches Bundesamt Deutschland, 2003
Sorge bereitet vor allem die drohende bzw. bereits bestehende Diskrepanz zwischen Ausgaben und Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen. Die sinkende Einnahmebasis der gesetzlichen Krankenkassen ist vor allem auf die weiterhin hohe Arbeitslosenrate, den zunehmenden Anteil der Rentner und die sinkenden Quoten der Arbeitslöhne am BIP zurückzuführen. Die oben erwähnte Diskrepanz ist unter anderem durch die bestehenden Defizite von 3 Mrd. Euro in den Jahren 2001 und 2002 zu erkennen. Da die gesetzlichen Krankenkassen langfristig keine Schulden machen dürfen, haben sie die Beitragssätze angehoben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4. Beitragssatzentwicklung in der GKV Jahresdurchschnitte in Prozent, Quelle: Eigene Darstellung
nach BMG
Die Beitragssätze sind von 13,5% des Bruttolohns im Jahr 2001 auf 14,4% im April 2003 angestiegen. Dies ist als ein relativ steiler Anstieg zu bezeichnen. Der letzte vergleichbare Anstieg war zwischen 1991 und 1993. In diesem Zeitraum stiegen die Beitragssätze von 12,2% auf 13,4% an. Als Folge dieser Entwicklung wurde das Gesundheitsstrukturgesetz (GSG), das umfassendste Reformgesetz der 90er Jahre verabschiedet (vgl. Riesberg/Busse, 2003, S.7).
Das GSG verfolgte zwei unterschiedliche Strategien:
- verstärkte Betonung klarer Kostendämpfungsmaßnahmen wie Budgets und
- mehr Wettbewerb zur Förderung der Effizienz, insbesondere zwischen den Krankenkassen und im stationären Sektor.
Angefangen mit dem Gesundheitsstrukturgesetz von 1993 über die Gesundheitsreform 2000 (Einführung der integrierten Versorgung), bis zum verabschiedeten Fallpauschalengesetz 2002, kam es nur zu kurzfristigen Kostendämpfungen und zu keinen echten Strukturveränderungen im deutschen Sozial- und Gesundheitswesen. Ziel sollte es weiterhin sein, die GKV und die Gesundheitsversorgung unseres Landes effizienter zu strukturieren, Qualitätsvergleiche zu ermöglichen und leistungsgerechte Kostenerstattungsstrukturen einzuführen. Für diese Zielerreichung ist es unumgänglich, dass die Politik die notwendigen Instrumente zur Modernisierung des Gesundheitswesens, wie z. B. sektorenübergreifende Versorgungskonzepte, ein am Prozess der Patientenversorgung orientiertes Management, die Implementierung von Leitlinien und eine höhere Flexibilität bei der Vertragsgestaltung zwischen Kostenträger und Leistungsanbietern, umsetzt (vgl. Mühlbacher, 2002).
Aufgrund des Paradigmenwechsels in der Finanzierung der Krankenhäuser mit der Abkehr von der verweildauerorientierten Vergütung der Patientenbehandlung und der Einführung einer pauschalierenden fallorientierten Vergütung wird in Deutschland vermutet, dass dies zur kompletten Umgestaltung der Krankenhauslandschaft führen könne.
Es wird erwartet, dass die Einführung des DRG- Systems eine leistungsgerechtere Finanzierung der medizinischen und pflegerischen Kosten im stationären Bereich gewährleistet wird und dass es dazu dienen soll, Qualitätsvergleiche der einzelnen Krankenhäuser untereinander zu ermöglichen. Dadurch, dass die Finanzierung der Behandlung der Patienten ausschließlich diagnosebezogen und nicht an die tatsächlich erbrachten Leistungen gebunden ist, wird als Folge der Implementierung dieses Systems eine beachtliche Reduzierung der Verweildauer und damit einhergehend ein weiterer Abbau der Bettenkapazitäten erwartet.
Alleine diese Zukunftsaussicht sollte Anlass dafür sein, die bisherige berufsgruppenorientierte Teilung bei der Bewältigung der therapeutischen und ökonomischen Aufgaben in der Patientenbehandlung zu überwinden. In Hinblick auf die Veränderungen in den Krankenhäusern ist so eine Patientenbehandlung nicht mehr durchführbar. Das bedeutet, wenn an einer Systemkomponente Modifikationen vorgenommen werden, dann können diese nicht nur zu Veränderungen in diesem isolierten Bereich führen, sondern haben vielmehr einen Einfluss auf das gesamte Gefüge. Somit muss das enge Zusammenwirken der Berufsgruppen gefördert werden.
Durch die Reduzierung der Verweildauer und der damit einhergehenden früheren Entlassung der Patienten aus der Klinik wird eine Verlagerung von bisherigen stationären Leistungen hin zu ambulanten Versorgungsleistungen angestrebt. Bei gleichzeitiger Reduzierung ihrer Akutbetten stehen insbesondere die Krankenhäuser der Akutversorgung unter einem wachsenden Leistungsdruck. Infolgedessen müssen sie die auftretende Leistungsdichte während des stationären Aufenthaltes und ihre medizinisch- pflegerischen Behandlungsabläufe und Maßnahmen optimieren. Ein weiterer Fokus der pflegerischen und medizinischen Versorgung stellt dann die professionelle Beratung und Betreuung der Patienten sowie ihrer Angehörigen dar, um die Rehospitalisierung bzw. den Drehtüreffekt zu vermeiden. Dies alles beinhaltet die Notwendigkeit der Erzielung bestmöglicher Ergebnisqualität bei minimalem Ressourceneinsatz im Kontext kurzer Verweildauer.
4. Clinical Pathways
Diese von extern geforderten Strukturveränderungen, wie im vorangegangenen Kapitel 3. beschrieben, fordern grundlegende Veränderungen in der Versorgung und den Behandlungsabläufen von Patienten im Krankenhaus sowie in der anschließenden Behandlung im ambulanten Bereich. Nur auf der Grundlage einer fundierten Prozessoptimierung und damit durch die Einbeziehung Clinical Pathways kann erreicht werden, dass der Forderung nach einem minimalen Ressourceneinsatz und einer kurzen Verweildauer nachgekommen werden kann.
Clinical Pathways bieten die Möglichkeit eine patienten- oder besser fallartenbezogene Ablaufstandardisierung im Krankenhaus und selbst in den ambulanten Sektor hinein zu ermöglichen (vgl. Hildebrand, 1999, S. 410).
Clinical Pathways haben auf der einen Seite die Funktion der Qualitätsverbesserung, die interdisziplinäre Teamarbeit zu fördern, klinische Richtlinien in der Praxis zu implementieren sowie Standards und Ergebnisse im Verhältnis zu den praktizierten Verfahrensweisen zu überwachen. Auf der anderen Seite besteht die Funktion der Clinical Pathways auch darin, eine Kostenkontrolle zu ermöglichen (vgl. Johnson, 2002).
Um den Ursprung der Clinical Pathways zu erklären wird in dem folgenden Abschnitt ein Blick in die USA geworfen. Des Weiteren soll ein kurzer Status Quo im internationalen Vergleich aufgezeigt werden.
4.1 Clinical Pathways in den USA, Australien und Deutschland
4.1.1 USA und Australien
In dem Maße wie in den USA die Gesundheitskosten anstiegen, wurden auch immer mehr Anstrengungen unternommen diese in einem erträglichen Rahmen zu halten. Von der US-amerikanischen Regierung und der WHO wurde gefordert das Gut Gesundheit –ohne Kosteneinsparung- weiter auszubauen. Vor diesem Hintergrund kam es in den USA zur Entwicklung neuer Organisationsformen und neuer Managementstrategien.
Die neu gesteckten Ziele sollten somit bei gleichzeitig hoher Qualität effektiver erreicht werden (Dykes, 2002, S.17).
Clinical Pathways sind ein Bestandteil dieser Konzepte. Clinical Pathways folgen den aus der Industrie bekannten Critical Pathways, die ursprünglich aus den Konzepten des Projektmanagements entstanden. Critical Pathways beschreiben den kürzesten Weg zwischen Ursprung und Ziel der Produkterstellung
Mittlerweile können die Clinical Pathways auf eine dreizehnjährige Existenz zurückblicken. Sie wurden Anfang der 90er Jahre in den USA eingeführt und dienen dort seither als Hilfsmittel des Projekt- und Zeitmanagements im Gesundheitswesen. Der primäre Faktor für die Implementierung war jedoch, dass sie der Aufgabenstellung zur Kostensenkung und Verweildauerreduzierung aufgrund der DRG gerecht wurden. Viele Ärzte und Krankenhäuser glaubten zunächst, dass die Patienten unter der Behandlung mit Clinical Pathways unterversorgt wären und es sich somit nur um einen kurzen Zeitraum handeln könnte, bis das alte System wieder eingeführt würde. Andere jedoch analysierten ihre Prozesse, um Möglichkeiten zur Vermeidung von Misswirtschaft, zur Kostensenkung und zur Qualitätsverbesserung zu entwickeln. Auf diesem Wege entstanden im New England Medical Center in Boston/USA die ersten Behandlungspfade. Heute spielen sie eine bedeutende Rolle im amerikanischen Gesundheitssystem, unter anderem auch bei der Qualitätssicherung.
Weiterhin haben sie sich auch in den anderen Bereichen wie der Planung, Intervention und Evaluation von Behandlungsprozessen in Krankenhäusern bewährt. Werden sie richtig konzipiert, stellen Clinical Pathways eine interdisziplinäre Planung für den Patienten dar (Dykes, 2002, S.27).
In Australien wurde 1992 mit der Erstellung von Clinical Pathways im Rahmen der DRG Einführung begonnen. Mittlerweile werden in vielen Kliniken Australiens Clinical Pathways in mehr oder weniger großem Umfang eingesetzt. Als Beispiel sei hier das St. Vincents Private Hospital Melbourne genannt, in dem derzeit über 100 Pathways im Einsatz sind. In den anwendenden Kliniken werden alle umsatzstarken Fälle pathway-gestützt diagnostiziert und behandelt. Studien, die ihre Einführung begleiteten, zeigten, dass Clinical Pathways die Kosten senken und die Qualität steigern können.
Außerdem konnten Kommunikationsverbesserungen unter den beteiligten Berufsgruppen belegt werden. Zusätzlich werden im St. Vincents Private Hospital Case Manager eingesetzt, die den Patientendurchlauf anhand der Pathways organisieren. In den drei umsatzstärksten Bereichen betreuen sie Patienten vom Erstkontakt an über die Entlassung bis zur nachgehenden Evaluation des Behandlungserfolges. Die australischen Pfade sind jedoch nicht direkt ins deutsche Gesundheitssystem übertragbar, da hier andere Dokumentationsauflagen gelten (Roeder, 2001, S. 16).
4.1.2 Deutschland
In den deutschen Krankenhäusern wurde die zunehmende Notwendigkeit erkannt, dass der Einsatz von Clinical Pathways nicht länger hinaus gezögert werden kann. Dabei fällt aber auch auf, dass der Begriff Clinical Pathways in Deutschland meistens noch falsch verwendet wird. Krankenhäuser sprechen über Clinical Pathways, meinen damit jedoch Leitlinien, Checklisten, Arbeitsanweisungen oder andere Unterlagen, welche in der Vergangenheit erarbeitet wurden, und in der Patientenbehandlung nur eine untergeordnete Rolle spielen. Nur einige wenige Kliniken sind in der Erarbeitung von richtigen Clinical Pathways als Vorreiter anzusehen. Die Stadien der Erarbeitungen sind dabei sehr unterschiedlich.
Das Katharinenhospital in Stuttgart hat derzeit einen Behandlungspfad erstellt und in die Praxis umgesetzt. Aufgrund einer Kosten- Nutzenrechnung konnte eine Reduktion der Behandlungskosten nachgewiesen werden (vgl. Bublitz/ Eisele/Lorenz, 2003). Die Malteser-Kliniken legen bislang Behandlungsmuster und Prozeduren fest, haben jedoch noch keine EDV-Anbindung des Projektes umgesetzt. Die Asklepios-Kliniken haben die Einführung einer Tauschbörse für Behandlungspfade innerhalb der eigenen Kliniken beschlossen und in 14 ihrer Kliniken klinische Behandlungspfade fertig gestellt oder mit der Erstellung begonnen (www.asklepios.com). Krankenhäuser in Hannover und das evangelische Krankenhaus in Oberhausen haben eine Tauschbörse für Behandlungspfade initiiert.
Unter der Internetadresse www.ClinPath.de findet man ein Forum mit einer Online-Datenbank für geplante medizinische Behandlungsprozesse. Das Universitätsklinikum in Köln ist noch ein paar Schritte weiter und hat bereits Clinical Pathways integriert und an ein EDV-System angebunden. Im Krankenhaus München-Schwabing wird flächendeckend an Clinical Pathways gearbeitet. Mittlerweile sind etliche von ihnen fertig gestellt worden und 20 weitere sind in Erarbeitung (www.hmanage.de).
Dies sind nur ein paar exemplarische Beispiele, die herausgesucht wurden um die am Anfang angesprochenen Erarbeitungsstadien deutlich zu machen.
4.2 Warum Clinical Pathways?
Einige Befürworter der Clinical Pathways haben sehr anschauliche Beispiele aufgezeichnet, um dem Benutzer verständlich zu machen wie Versorgungspfade angewandt, eingesetzt und verstanden werden können. Es wird zuweilen von einem „Werkzeug“ gesprochen, dessen Handhabung der Arbeiter genauestens beherrscht und daraufhin den Einsatz des Werkzeugs individuell vornimmt. „Der Arbeiter beherrscht das Werkzeug und nicht das Werkzeug ihn“ (Johnson, 2002, S.25). Andere wiederum sprechen von einem Kochrezept, welches durch erlesene, aufeinander abgestimmte Zutaten und mit Einhaltung der vorgegebenen Reihenfolge zu einem perfekten Menü zusammengestellt wird.
Diese Veranschaulichungen sollen zum Ausdruck bringen, dass es mit dem Einsatz von Clinical Pathways möglich ist, in umfassender Weise die Versorgung der Patienten zu gewährleisten. Sie stellen mehr dar als diagnoseorientierte Behandlungsvorgaben (Leitlinien) für ausgesuchte Patientengruppen. Sie sind ein geeignetes Instrument um den Weg eines Patienten von der Aufnahme (im Idealfall schon davor) bis zur Entlassung transparent und vergleichbar abzubilden. Sie bilden somit den gesamten patientenbezogenen Handlungsablauf in einer „Gebrauchsanweisung“ ab und machen diesen krankenhausintern verbindlich. In ihre Erarbeitung sollen alle Berufsgruppen einbezogen werden, damit die vorhandenen Schnittstellen lokalisiert und die damit auftretenden Probleme verringert werden können.
Eine grenz- und sektorenüberschreitende Vernetzung wird damit zur Regel. Gemeinsames Ziel sollte es sein, die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch Kommunikation, Kooperation und Koordination deutlich zu steigern.
Definition : Clinical Pathways
„Interdisziplinäre Versorgungspfade verknüpfen alle antizipierten Elemente der Versorgung und Behandlung durch alle Mitarbeiter des interdisziplinären Teams für einen Patienten oder Klienten einer bestimmten Fallgruppe oder Auswahl innerhalb einer festgelegten Zeitspanne, um vereinbarte Ziele zu realisieren. Jede Abweichung vom Plan wird als Varianz dokumentiert; ihre Analyse liefert Informationen für die Überprüfung der gegenwärtigen Praxis“ (Johnson, 2002, S. 40).
4.3 Die Entwicklung und Implementierung des Clinical Pathways
Vorweg sollte angemerkt werden, dass es dringend erforderlich ist, dass Einverständnis der Krankenhausleitung zu haben Clinical Pathways zu entwickeln, da sie in der Erarbeitungs- und Integrierungsphase sowie der Evaluierung mit einem enormen Ressourcenverbrauch (Geld, Zeit und Personal) einhergehen. Clinical Pathways, die ohne Beteiligung der Krankenhausleitung entwickelt und implementiert werden, sind von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Mit motivierten und kompetenten Mitarbeitern der unterschiedlichsten Disziplinen und Professionen wird ein Pfadteam gebildet. Vor dem eigentlichen Beginn muss ein Teamleiter ernannt werden, der dann die Arbeitsitzungen leitet und die Hauptverantwortung für den jeweiligen Pfad trägt. Sinnvoll wäre es, die Leitung in die Hände eines Case Managers (professionelle Pflege) oder Arztes zu legen. Dadurch, dass sich das Team aus Vertreten aller Bereiche zusammensetzt, ist eine Interdisziplinarität und Interprofessionalität gegeben.
Dies sind maßgebliche Faktoren für den Erfolg. Diese Gruppe sollte sich z. B. aus einem Arzt und einem Case Manager (Pflege), der in den Pfad einfließenden Disziplinen, einem beteiligtem Physiotherapeuten, evtl. einem Mitarbeiter aus der betreffenden Funktionsabteilung wie Herzkathederlabor und EKG, aus der Herzchirurgie und Anästhesie, dem Diätassistenten, einem Mitarbeiter der EDV- Abteilung und einem Controller zusammensetzen. Zulieferbereiche wie die Apotheke, das Röntgen, das Labor, der Krankentransport etc. sind zusätzlich verbindlich mit einzubeziehen. Sodann beginnt die umfangreiche Arbeit.
Als den wichtigsten Aspekt, der bei der Entwicklung von Clinical Pathways im Auge behalten werden muss, bezeichnet Prof. Hildebrand:
„Zu beginnen ist stets mit dem (geplanten) Ergebnis, den Outcomes für den Adressaten der Bemühungen, den Patienten“.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5. Versorgungspfadzyklus, Quelle: Johson, 2002, S. 66
Um den Prozess der Behandlung einer Erkrankung optimieren zu können, muss dieser dann zunächst einmal beschrieben werden. Dazu gehört die gründliche und schonungslose Analyse des Ist- Zustandes. Bei der Betrachtung des Ist- Zustandes muss alles in Frage gestellt und dabei aufgedeckte „alte Zöpfe“, die sich als überflüssig herausstellen, abgeschnitten werden.
Darauf erfolgt eine neue Zieldefinition.
“Verbesserung der Abläufe in der Patientenversorgung, Sicherung der medizinischen Qualität, Erhöhung der Patientenzufriedenheit, Transparenz der Leistung (...), Transparenz der Kosten, Prozessunterstützung für Mitarbeiter“
(Vogel/ Buchhecker/ Seyfart- Metzger, 2002, S. 789)
Daraus wird ersichtlich, dass die Behandlungspfade von den angestrebten Ergebnissen her entwickelt werden müssen und zwar den besten Gesamtergebnissen aus Patientensicht.
Die neu erstellten Clinical Pathways können mit Meilensteinen versehen werden, die mit einer zu spezifizierenden Wahrscheinlichkeit einzuhalten oder zu übertreffen sind (vgl. Hildebrand, 2003). Diese Meilensteine können einen Anhalt dafür bieten, zu erkennen wo es Abweichungen von dem Pfad gibt und wo Verzweigungen in einen Alternativpfad entstehen.
Ein Kontrollgremium zur kontinuierlichen Überwachung, Anpassung und Optimierung der dokumentierten Clinical Pathways muss geschaffen werden. Das Pfadcontrolling kann anhand der „W“-Fragen ansetzen den Behandlungspfad zu analysieren. W arum wird W as von W em W ann in W elcher Menge W ie lange mit W elchem Ergebnis gemacht? Die gewonnenen Ergebnisse liefern Informationen für eine bedarfsorientierte Planung der Personal- und Sachmittelressourcen. Dabei sollte aber nicht nur die klinische Seite analysiert werden. Besonders der Patient mit seinen Bedürfnissen und Anforderungen an die Behandlung seiner Erkrankung muss mit in die Analyse einbezogen werden. Von daher muss das Pfadcontrolling auch auf Kriterien wie z. B. der Patientenzufriedenheit eingehen (Roeder, 2003, S. 124).
Da nicht alle Patienten des Krankenhauses über interdisziplinäre Versorgungspfade geführt werden können, bietet es sich an, pro Abteilung drei bis fünf Diagnosefelder zu identifizieren. Hierfür sollten Diagnosen, die eine hohe Fallzahl, ein hohes Risiko und hohe Kosten aufzeigen, ausgewählt werden. Es ist auch hilfreich, Diagnosen zu nehmen, die auf Leitlinien (Evidence based Medizin[2]) basieren.
Ein interdisziplinärer Versorgungspfad wird ineffizient, wenn man nicht 90% der Patienten führen kann (vgl. Schmitz-Rixen, 2003). Die Anbindung an ein EDV-gestütztes Informationssystem ist unerlässlich.
Über dieses Informationssystem kann dann die Kommunikation, neben üblichen Medien, wie z. B. Handbüchern, auch über ein Intranet geführt werden. Nach einer Pilotphase mit einhergehenden Änderungen in dem Clinical Pathway erfolgt die Implementierung. Bei der Implementierung ist darauf zu achten, dass das Personal geschult wird. Denn nur, wenn das Personal im Umgang mit Behandlungspfaden sicher ist, werden diese auch akzeptiert und es können wichtige Hinweise über den praktischen Umgang mit ihnen gegeben werden, um den Pfad zu verbessern. Es sollte das Ziel angestrebt werden, die heute gängige Dokumentation durch die pfadbezogene Dokumentation zu ersetzen. Parallel zu der schriftlichen Fixierung des Clinical Pathways für das Personal muss auch ein Patientenpfad konstruiert werden. Idealerweise wird der Pfad 1:1 in einer verständlichen Sprache als Patienteninformation übersetzt. Die spätere Pfaddokumentation muss in das bestehende System eingebunden werden. Die Pfadkontrolle ermittelt entstandenen Kosten und Fehler des Pfades. Des Weiteren forscht sie nach Gründen für eventuelle Abweichungen.
4.4 Abweichungen
In der Realität folgen nicht alle Patienten dem vorgegebenen Pfad, sondern weichen häufiger auch mal von ihm ab. Deshalb müssen individuelle Bedürfnisse und Ereignisse im Vorfeld auch in den interdisziplinären Versorgungspfaden berücksichtigt werden. Solche Abweichungen werden als Varianzen bezeichnet und sind definiert als jede Art der Abweichung von der vorgesehenen Versorgung. Mit der Abweichung von der „Norm“ ist die Modifikation der üblichen Diagnostik- und Behandlungsprozesse gemeint.
Der Hauptgrund für die Aufzeichnung solcher Varianzen ist der, dass sie die Grundlage dafür bilden, den Patienten individuell zu behandeln. Sie identifizieren das Verbesserungspotential für die professionelle Versorgung der Patienten. Somit sorgen die Aufzeichnungen der Abweichungen dafür, dass die Therapie- und Behandlungsfreiheit durch einen interdisziplinären Behandlungspfad nicht eingeschränkt wird.
Abweichungen sollten in regelmäßigen Abständen im Team diskutiert werden. Die Ergebnisse der Abweichungsanalyse sollten dann zur kontinuierlichen Verbesserung des Prozesses und des Pathways auch umgesetzt werden. Gründe für Abweichungen können ein fehlerhafter Pfad, unnötige Therapiemodifikationen Patientenpräferenzen oder Prozessmanagement-probleme sein (vgl. Roeder, 2003). Sind die Pfade und Varianzen zusätzlich ökonomisch bewertet, können sie Grundlage einer qualitätsorientierten Preisvereinbarung sein. Sie können somit als Instrument in den Bereichen des klinischen Managements und im Controlling eingesetzt werden. Medizin und Pflege können sich nicht einer ökonomischen Beurteilung des Preis-Leistungs-Verhältnisses entziehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6. Instrument für das Management und Controlling, Quelle: Johnson, 2002, Interdisziplinäre Versorgungspfade, S.41.
Wenn die Leistungserbringer eine Qualitätsbeschreibung unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel vorlegen können, ist die Verhandlung mit den Kostenträgern objektiver.
Der Einfluss jeder Budgetkürzung auf die Ergebnisqualität kann beschrieben und damit beweisbar thematisiert werden. Andererseits ermöglichen sie es den Krankenversicherungen, klar definierte Leistungspakete auf DRG- Basis für ihre Versicherten zu beschreiben (vgl. Roeder, 2003).
4.5 Vorteile und Grenzen der Clinical Pathways
Clinical Pathways bieten eine Möglichkeit, die Ablaufoptimierung im Krankenhaus und darüber hinaus im gesamten Gesundheitsbereich zu verbessern (Johnson, 2002, S. 28 ff). Mit ihnen sind die Optionen gegeben,
- durch eine kritische Überprüfung der Prozesse und Verfahrensweisen die Pflege und Versorgung der Patienten adäquat zu verbessern und dadurch die Verweildauer zu senken. Dies wird erreicht, wenn alle Berufsgruppen die gleichen Ziele und Resultate für den Patienten anstreben.
- durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen das Team zu stärken und die Arbeit effizienter zu bewerkstelligen. Wenn die Clinical Pathways implementiert sind, kann eine einheitliche und umfassende Versorgung der Patienten durchgeführt werden.
- Versorgungspfade, anhand von Evidenz basierten Leitlinien aufzustellen. Sie bilden für das Team eine wissenschaftlich abgesicherte Grundlage, die es ihnen ermöglicht, den bestmöglichen Behandlungspfad für die Patienten zu entwickeln. Hilfreich ist dabei auch die Einbeziehung des Pflegeprozesses, da in diesem laut Definition Probleme, Ressourcen, Ziele und Maßnahmen festgelegt werden. Gleichzeitig werden durch die Erstellung von Clinical Pathways die veröffentlichten Standards und Richtlinien kontrolliert.
- die Patienten verstärkt in ihre Versorgung mit einzubinden, da sie die Möglichkeit erhalten ihre Wünsche und Erwartungen mit in den Pfad einfließen zu lassen und diesen speziellen Versorgungspfad auch jederzeit einzusehen. Der Clinical Pathway für den Patienten muss in einer für ihn verständlichen Form verfasst werden. Das Dokument sollte in Griffweite des Patienten aufbewahrt werden.
- gleichzeitig auch der Personalschulung zu dienen und zwar durch die gemeinsame Erarbeitung der Theorie spezieller Erkrankungen und derer Therapieformen, mit der daraus folgenden Umsetzung der Versorgung in die Praxis. Ein weiterer positiver Effekt liegt darin, dass die Berufsgruppen einen besseren Einblick in die Arbeitsabläufe der jeweils anderen erhalten.
- als ein Hilfsmittel zur Qualitätssicherung genutzt zu werden. Verbunden mit einer Kostenmatrix (EDV-gestützt) werden die Darstellungen der einzelnen Fälle und deren Kosten möglich. Die Ergebnis- und Leistungsdokumentation kann durch die Aufzeichnung von der Diagnosestellung bis hin zur Entlassung dargestellt werden. Somit bietet es die Möglichkeit für ein Benchmarking und ist gleichzeitig ein Instrument zur internen Qualitätssicherung.
- durch die Einhaltung der Clinical Pathways medizinische- und nichtmedizinische Ressourcen zu managen. Doppeluntersuchungen werden vermieden und erforderliche Untersuchungen können zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt werden. Auch nichtmedizinische Ressourcen wie die Arbeitszeit des Personals oder die technische Ausrüstung können effizient verwaltet werden.
- eine gute Unterstützung bei der Durchführung eines Risikomanagements zu bieten. Während der Zusammenstellung der Clinical Pathways werden Abweichungen und eventuell auftretende Komplikationen mit berücksichtigt. Diese geben der Arbeitsgruppe Hinweise wo Strategien entwickelt werden müssen um diese Gefahren vorwegzunehmen und unerwünschte Situationen zu vermeiden.
Ein weiterer wichtiger Vorteil sollte hier nicht unerwähnt bleiben. CP`s ermöglichen, dass die Qualität messbar und vergleichbar gemacht wird und zwar in den Bereichen der Therapie, Kundenzufriedenheit und Ökonomie. Dieser Aspekt stellt in den Zeiten von Wettbewerb eine große Bedeutung dar (Schwill, 2003, S. 175).
Die Clinical Pathways bestehen nun nicht nur aus Vorteilen, sie haben auch Grenzen. Diese sollen auch genannt werden, um aufzuzeigen wo es Ansatzpunkte für weitere Entwicklungen geben kann.
Laut den Ausführungen von Claudia Schwill ist die Evaluation der Clinical Pathways z. Zt. noch unzureichend. Vorhandene Studien über Kostensenkung und Qualitätsverbesserung sind ihrer Meinung nach nicht ausreichend kontrolliert und Kenntnisse über die Kosten für eine Implementierung sind noch nicht fixiert. Dies kann eine geplante Implementierung erschweren. Außerdem sollte bei der Auswahl der Patientengruppen besondere Sorgfalt angewandt werden, da es Hinweise darauf gibt, dass multimorbide Patienten nicht mit Clinical Pathways behandelt werden können (Schwill, 2003, S. 175). Herr Professor Roeder weist darauf hin, dass es auch problematisch wird, die Clinical Pathways in der Pädiatrie einzusetzen. Auch der Aufwertung der Pflege und dem daraus resultierenden Abbau der Hierarchie stehen einige Berufsgruppen noch eher skeptisch gegenüber. Da muss noch sehr viel Überzeugungsarbeit geleistet werden (vgl. Roeder, 2003).
Eine weitere Grenze besteht, nach Ansicht der Autoren, bereits in der korrekten Pfadzuweisung bei der Aufnahme im Krankenhaus. Es wird nicht immer sofort möglich sein, bei der ersten Untersuchung die zu behandelnde Erkrankung zu diagnostizieren. Dabei kann es passieren, dass der Patient einem falschen Pathway zugeordnet wird. Daraus ergibt sich dann ein erheblicher Mehraufwand in der Dokumentation. Eine Voraussetzung wäre, dass die Aufnahmeuntersuchung von einem Facharzt durchgeführt wird, der sich auch noch gut mit den einzelnen Pfadoptionen auskennt.
4.6 Schlussfolgerung
Die Integration von Clinical Pathways in das Krankenhaus- und Gesundheitswesen stellt ein gutes Instrument zur Prozessoptimierung und Qualitätssicherung dar und ist ein Instrument zur Verzahnung ambulanter und stationärer Behandlungen. Die Pfade zeichnet aus, dass sie ein relativ gleichartiges Vorgehen ermöglichen. Obwohl vom ersten Einsetzen der einzelnen Projektgruppen bis zur Implementierung der Clinical Pathways viele Monate vergehen, ist davon auszugehen, dass der hohe Zeit- und Personalaufwand sich lohnt. Sie bieten eine strukturierte Vorgehensweise um im Zeitalter der DRG zu bestehen.
Die Akutversorgung in den Krankenhäusern kann nicht mehr länger isoliert betrachtet werden. Clinical Pathways geben die Möglichkeit, die prästationäre sowie die in den häuslichen Bereich hineinreichende poststationäre Versorgung in einem Pfad zu verankern. Die Kommunikation zwischen diesen Bereichen wird somit verbessert und für den Patienten kann eine umfassendere Versorgung angeboten werden. Dies setzt voraus, dass Clinical Pathways in den Kontext der Organisationsentwicklung gestellt und nicht isoliert betrachtet werden. Sie bieten dann einen Beitrag, den von der Regierung zerstückelten Behandlungsablauf einer Erkrankung in einer Versorgungseinheit zu sehen und zu behandeln. Bei der Einführung der Clinical Pathways lohnt es sich, internationale Vergleiche vorzunehmen, wo bereits mit Clinical Pathways gearbeitet wird, um Anregungen zu erlangen. Es wird Zeit den kursierenden Vorurteilen von der einschränkenden ärztlichen Behandlungsfreiheit und der nicht individuellen Patientenversorgung entgegenzutreten.
5. Case Managementkonzepte (CM)
Case Management gewinnt seit einiger Zeit auch in Deutschland kontinuierlich an Popularität. Es wird als Antwort auf drängende Herausforderungen in modernen, komplexen und hochgradig arbeitsteiligen Sozial- und Gesundheitssystemen gehandelt und dabei mit hohen Erwartungen belegt (vgl. Ewers/Schaeffer, 2000 a, S. 7).
Definition: Case Management
Verfahren zur Versorgungssteuerung für schwierige und kostenaufwendige Behandlungen mit Fokus auf den individuellen Patienten. Das Ziel ist die Verbesserung der Behandlung, die Kostenkontrolle und die Vereinfachung der administrativen Abläufe.
(Wiechmann, 2003 S. XXVII)
Seit 1997, mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung, sind Modellvorhaben und Strukturverträge im deutschen Gesundheitssystem möglich. Die integrierte Versorgung kam mit der GKV Gesundheitsreform 2000 dazu. Das Gesetz §§140a ff SGB V bietet Gestaltungs-freiheit und zusätzliche Möglichkeiten um Managed Care-Konzepte (dazu gehört auch Case Management) in Deutschland einzuführen. Der Gesetzgeber erhofft sich, durch diese neuen Strukturen die Effektivität und Effizienz der Gesundheitsversorgung zu verbessern.
Dazu gehört unter anderem
- die Einführung von Case Management-Konzepten,
- die Vermeidung unnötiger stationärer Behandlungen mit der Reduktion von Doppel- und Mehrfachuntersuchungen,
- die Einführung von Disease Management,
- die stärkere Koordination der hausärztlichen, fachärztlichen und stationären Behandlung mit Pflege und Rehabilitation, inklusive Entlassungsmanagement.
Der Sachverständigenrat für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen weist in einigen seiner Berichte neben Versäumnissen in der Gesundheitsförderung, Prävention und Qualitätssicherung auch auf die wachsende Desintegration und Diskontinuität des Leistungsgeschehens hin. Dies bedeutet mangelnde Patienten- und Ergebnisorientierung, was ein Hindernis auf dem Weg zu einem gleichsam effektiven und effizienten Sozial- und Gesundheitssystem ist (vgl. Ewers 2000b, S. 31).
Der wirtschaftliche Hauptvorteil des Case Management liegt darin, die Komplikationen zu reduzieren, Therapien unverzüglich zu beginnen und damit, neben einer hohen Patientenzufriedenheit, eine Qualitätssteigerung und Kostenersparnis zu erzielen. Jedoch sollte das Interesse auf allen Seiten, Kostenträger, Leistungserbringer und Patient, vorhanden sein. Beim Case Management ist ein einzelner, komplizierter und kostenträchtiger Krankheitsfall eines individuellen Patienten im Mittelpunkt.
Hierbei wird der integrative Ansatz von Case Management besonders deutlich. Case Management bedeutet nicht nur Gesundheitsförderung, sondern auch im Zusammenhang mit der schwerwiegenden Erkrankung eine persönliche Förderung/Unterstützung des Patienten. Damit ist es denkbar, dass das gesamte soziale System entlastet wird. Es kann eine sehr hohe Zufriedenheit bei den betroffenen Patienten und somit eine positive Motivation für evtl. geänderte Lebensumstände erreicht werden.
In den verschiedenen Literaturen werden an Funktion und Person des Case Managers hohe Erwartungen geknüpft: Case Manager sollen neben der zentralen und durchgängig genannten Kooperations- und Koordinierungsfunktion (beispielsweise Wendt 1997; Raiff/ Shore 1997; Ewers/ Schaeffer 2000) selektive Funktion (Gate-Keeping) und Steuerungsfunktion übernehmen. Sie sind Anwälte (Advocacy-Funktion), Vermittler und Makler (Broker-Funktion), Unterstützer (Support-Funktion) und fallführende Organisatoren. Dass Case Manager es dabei stets mit komplexen Situationen, schwierigem Klientel und unzureichenden Rahmenbedingungen zu tun haben, ist zudem genuines Merkmal dieses neuen „Dienstleistungstypus“ (vgl. Löcherbach, 2002).
[...]
[1] In der vorliegenden Diplomarbeit wird der Einfachheit halber von der männlichen Form gesprochen, damit ist in gleicher Ausprägung ebenfalls die weibliche Form gemeint
[2] (…) Die Evidence-based Medizin versucht bereits vorhandenes Wissen (z. B. in der med. Literatur, in Datenbanken, Leitlinien) für jeweils eine klinische Problemstellung nutzbar zu machen (Müller, 2001, S. 3).
- Quote paper
- Bettina Hannemann (Author), Anja Auberg (Author), 2003, Integrierte Versorgungspfade - Clinical Pathways: Patienten mit Myocardinfarkt im Akutkrankenhaus und deren Überleitung in die ambulante Pflege, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23745
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