„Der sprechende Mensch ist der, der aus Wörtern Sätze bildet [und] die Sprache ist das, was aus Silben Wörter bildet“, wobei Menschsein sprechen heißt und Sprechen Menschsein heißt.
Gemäß der Tragweite der Sprache beschäftigt sich diese Arbeit mit der Thematik der Sprachentwicklung. Den Anstoß für die Auseinandersetzung mit diesem Thema lieferten mehrere Ereignisse.
Zum einen ist da die eigene Erfahrung einer Sprachstörung, dem Stigmatismus, bei dem es sich um eine Störung der Aussprache von Zischlauten handelt, die mit einer Sprachtherapie im Vorschulalter behandelt werden konnte. Zum anderen zeigte sich mir bei einem Praktikum im Kindergarten ein sehr schwankendes Sprachniveau. Ein 2jähriges Mädchen war in ihren sprachlichen Äußerungen vielen 3jährigen voraus. Wobei ein 3jähriges Mädchen kaum sprach, und wenn nur Zweiwortsätze benutzte.
Und schließlich habe ich in meiner Familie momentan selbst die Freude diese sprachliche Entwicklung ein Stück weit miterleben zu können. Aufgrund dieser Erfahrungen stellt sich die Frage, wie die Sprachentwicklung verläuft, wann abgrenzend von einer Störung gesprochen werden kann und welche Behandlungsmöglichkeiten hier Anwendung finden.
Im ersten Teil dieser Arbeit sollen somit die Grundstrukturen des Verlaufs der Sprachentwicklung skizziert werden. Beginnend mit der vorsprachlichen Phase, über die Aussprache des ersten Wortes, hin zur Äußerung von Zwei- und Mehrwortsätzen und der weiteren Entwicklung im Vorschulalter. Besonders soll hier die Rolle der Eltern herausgestellt werden, wobei der Beitrag der Eltern am Sprachentwicklungsprozess aufgegriffen und analysiert wird.
Im zweiten Teil erfolgt eine Betrachtung auftretender Sprachstörungen, bei der ein Schwerpunkt auf die Sprachentwicklungsstörungen gelegt werden soll, da diese die Grundlage weiterer Störungen bilden.
Und im Anschluss werden die pädagogischen Handlungsansätze dargestellt, die einerseits durch die Eltern initiiert werden können und andererseits in der Sprachtherapie Anwendung finden.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Ablauf der Sprachentwicklung
1.1 Vorsprachliche Phase
1.2 Phase der Einwortsätze
1.3 Phase der Zweiwortsätze
1.4 Phase der Drei- und Mehrwortsätze
1.5 Sprachliche Entwicklung im Vorschulalter
1.6 Rolle der Eltern im Sprachentwicklungsprozess
1.6.1 Infant – directed speech
1.6.2 Sprachförderung durch Eltern
2. Sprachstörungen
2.1 Anzeichen einer Sprachstörung
2.2 Sprachentwicklungsstörungen
2.2.1 Abgrenzung und Anzeichen der Sprachentwicklungsstörung
2.2.2 Dysgrammatikus
2.2.3 Dyslalie
2.2.4 Dysnomie
3. Rolle der Eltern und Therapeuten bei Sprachstörungen
3.1 Elterliche Unterstützung bei Sprachstörungen
3.2 Sprachtherapie
4. Schlussbetrachtungen
Literaturverzeichnis
Einleitung
„Der sprechende Mensch ist der, der aus Wörtern Sätze bildet [und] die Sprache ist das, was aus Silben Wörter bildet“1, wobei Menschsein sprechen heißt und Sprechen Menschsein heißt.2
Gemäß der Tragweite der Sprache beschäftigt sich diese Arbeit mit der Thematik der Sprachentwicklung. Den Anstoß für die Auseinandersetzung mit diesem Thema lieferten mehrere Ereignisse.
Zum einen ist da die eigene Erfahrung einer Sprachstörung, dem Stigmatismus, bei dem es sich um eine Störung der Aussprache von Zischlauten handelt, die mit einer Sprachtherapie im Vorschulalter behandelt werden konnte.
Zum anderen zeigte sich mir bei einem Praktikum im Kindergarten ein sehr schwankendes Sprachniveau. Ein3 jähriges Mädchen war in ihren sprachlichen Äußerungen vielen4 jährigen voraus. Wobei ein5 jähriges Mädchen kaum sprach, und wenn nur Zweiwortsätze benutzte.
Und schließlich habe ich in meiner Familie momentan selbst die Freude diese sprachliche Entwicklung ein Stück weit miterleben zu können.
Aufgrund dieser Erfahrungen stellt sich die Frage, wie die Sprachentwicklung verläuft, wann abgrenzend von einer Störung gesprochen werden kann und welche Behandlungsmöglichkeiten hier Anwendung finden.
Im ersten Teil dieser Arbeit sollen somit die Grundstrukturen des Verlaufs der Sprachentwicklung skizziert werden. Beginnend mit der vorsprachlichen Phase, über die Aussprache des ersten Wortes, hin zur Äußerung von Zwei- und Mehrwortsätzen und der weiteren Entwicklung im Vorschulalter. Besonders soll hier die Rolle der Eltern herausgestellt werden, wobei der Beitrag der Eltern am Sprachentwicklungsprozess aufgegriffen und analysiert wird.
Im zweiten Teil erfolgt eine Betrachtung auftretender Sprachstörungen, bei der ein Schwerpunkt auf die Sprachentwicklungsstörungen gelegt werden soll, da diese die Grundlage weiterer Störungen bilden.
Und im Anschluss werden die pädagogischen Handlungsansätze dargestellt, die einerseits durch die Eltern initiiert werden können und andererseits in der Sprachtherapie Anwendung finden.
1. Ablauf der Sprachentwicklung
1.1 Vorsprachliche Phase
Kinder werden bereits mit den organischen, seelisch-geistigen und emotionalen Fähigkeiten zum Erlernen einer Muttersprache geboren.6 Unmittelbar nach der Geburt ist der Säugling schon in der Lage, die menschliche Sprache von anderen Lauten zu unterscheiden.7
Die vorsprachliche Phase stellt hierbei eine Periode erster Vokalisation dar und liegt zeitlich zwischen Geburt und der Äußerung erster bedeutungshaltiger Worte im Alter von 10 bis 13 Monaten.8
In den ersten Lebenswochen nimmt der Säugling die Kommunikation mit der Mutter durch Schreien auf.9 Dabei differenzieren sich verschiedene Arten von Schreien, an denen Mütter die Zufriedenheit ihres Säuglings zu unterscheiden vermögen. Schreien wird folglich eher als eine Kommunikationsform als eine sprachliche Äußerung im eigentlichen Sinne gesehen.
Ab der10. Woche wird die Beweglichkeit der Sprachorgane durch absichtsloses Lallen trainiert.11 Das aktive Spielen mit der Stimme gewinnt ab dem12. Monat noch an Bedeutung hinzu.13 Hier testet der Säugling seine Möglichkeiten, wie quietschen, brummen, gurgeln, schnalzen, krähen, flüstern oder prusten. Ab dem14. Monat beginnt er eigene, zufällig produzierte Laute und deren Verdoppelungen nachzuahmen. Dieses Lallen drückt die Freude an der eigenen Stimme aus.15
In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres hört sich der Säugling einerseits selbst zu und bildet vermehrt angenehm klingende Laute, andererseits horcht er intensiv auf die Laut- und Silbenproduktion seiner Bezugspersonen, und versucht diese nachzuahmen.16 Im Alter von17 Monaten lässt sich eine Rhythmisierung der Babbellaute beobachten, auch als Plaudern bezeichnet, wobei eine Nachahmung der mütterlichen Sprachmelodie erkennbar ist.18
Ab dem19. Monat erkennt der Säugling einfache Wortbedeutungen durch gleichzeitiges Sehen des Objekts und der Person, die die Bezeichnung ausspricht. Der Wortklang wird mit dem Gegenstand gekoppelt und nach mehreren solcher Erfahrungen wird das Wort abrufbar gespeichert. Dies bildet die Basis für die Entwicklung eines passiven Wortschatzes.20
1.2 Phase der Einwortsätze
Durch den Erwerb der wichtigsten Regeln der Lautkombination, können bereits am Ende des 10. Monats einfache Lautmuster nachgeahmt werden.21 Dies bildet die Grundlage der Einwortäußerungen und des Aufbaus eines aktiven Wortschatzes.
Einwortäußerungen zeigen, dass das Kind die Sprache als Symbol entdeckt hat. Gemäß seiner Erfahrung verwendet es meist Wörter, die Objekte (Ball, Auto, Mama), Handlungen (pusten) oder Eigenheiten von Gegenständen (heiß) bezeichnen.2 Hierbei gilt der Intonation der kindlichen Äußerung besondere Aufmerksamkeit. Da ein Wort für die Bedeutung eines ganzen Satzes steht, kommt der Äußerung durch den Tonfall oder die Modulation der Stimme auch eine ganz besondere Stellung zu. Folglich kann hier bereits zwischen Frage-, Aufforderungs- und Antwortsätzen unterschieden werden.
Diese Aussage soll ein Beispiel verdeutlichen. Das Wort „Ball“ kann somit ganz verschiedene Bedeutungsinhalte tragen. „Ball?“, intoniert als Frage, kann heißen: „Wo ist mein Ball?“. Wohingegen „Ball“, intoniert als Aussage, bedeuten kann: „Hier liegt ein Ball.“.
Der Erwerb neuer Worte vollzieht sich am Anfang recht langsam. Es kann22 bis23 Monate dauern, bis der aktive Wortschatz von24 auf 10 Wörter ansteigt.25 Mit26,27 Jahren verfügt das Kind dann über die Fähigkeit circa 25 Worte zu sprechen.
Der Wortgebrauch des Kindes kann sich von dem eines Erwachsenen jedoch deutlich unterscheiden.28 Auf der einen Seite ist es möglich, dass Kinder ein Wort für mehrere Objekte und Ereignisse benutzen (Übergeneralisierung). Beispielsweise wird alles auf29 Pfoten und einem weichen Fell als „Katze“ bezeichnet, da entweder der Name des Tieres vergessen wurde oder er zu schwer auszusprechen ist. Und zum anderen ist eine zu enge Bedeutungsgebung (Diskriminierung) möglich, bei der z.B. der Begriff „nackt“ nur für nackte Füße verwandt wird.
Auch das Sprachverständnis, das über einen enormen Vorsprung gegenüber der eigenen Sprachfähigkeit verfügt, hat sich erheblich weiterentwickelt. So reagiert das Kind, wenn sein Name ausgesprochen wird und versteht ebenso kurze Aufträge.30 Hierbei analysiert es die gehörte Sprache syntaktisch, ist aber selbst noch nicht in der Lage zwei und mehr Wörter syntaktisch miteinander zu verbinden.31 Dies erfolgt erst in der Phase der Zweiwortsätze.
1.3 Phase der Zweiwortsätze
Im Alter von 18 Monaten beginnen die meisten Kinder32 Worte aneinander zu reihen und Zweiwortäußerungen zu bilden. Auch hier sind der nonverbale Aspekt und die Intonation oft ausschlaggebend für die Interpretation der kindlichen Äußerung.33 Bei den Zweiwortsätzen treten hauptsächlich34 Bedeutungsverbindungen auf. Zum einen werden Dauerhaftigkeiten durch die Zusammengehörigkeit zweier Dinge geäußert, ebenso drückt das Kind aus, was es zufällig bewegt oder es will auf etwas aufmerksam machen. Aber auch Verneinungs- und Bejahungssätze werden geäußert.
In diesem Alter erreicht das Kind die sogenannte „magische 50 Wort Grenze“. Von jetzt an werden neue Worte bedeutend schneller gelernt und es kommt zu einer regelrechten Benennungsexplosion.35 Von nun an steht nicht mehr der Wunsch im Vordergrund Informationen mitzuteilen, sondern viel mehr alle Dinge zu benennen und zu kategorisieren.36 Folglich setzt jetzt eine erste Fragephase mit der Frage: „Was ist das?“ ein.
Häufig wird die Form der Zweiwortsätze auch als telegraphische Sprache bezeichnet, da das Kind bestimmte Satzelemente, wie Artikel, Hilfsverben, Konjunktionen oder Präpositionen systematisch auslässt.37 Oft wiederholen Eltern daher die Äußerungen ihres Kindes in grammatikalisch vollständiger Form um sicher zu gehen, das Gesagte richtig verstanden zu haben.
1.4 Phase der Drei- und Mehrwortsätze
Aufgrund einer bestehenden Sensitivität gegenüber den formalen Strukturprinzipien der Sprache, beginnt das Kind in dieser Phase bestehende Wortordnungen einzuhalten.38 So rückt nach dem Erwerb erster morphologischer Regelmäßigkeiten das Verb an die richtige Position im Satz und es treten komplexere Satzkonstruktionen wie Fragesätze auf. Ebenso sind grammatische Morpheme, wie Pluralformen oder das Genitiv –s im Sprachgebrauch des Kindes festzustellen. Auch die Konjugation von Verben und Deminuitive, Verniedlichungen mit –chen oder –lein, charakterisieren den momentanen Entwicklungsstand. Die neu entdeckten grammatikalischen Regeln werden überall angewandt, was oft zu amüsanten Fehlern führen kann. Häufig kommt es auch zu Fehlern in der Aussprache durch Auslassen unbetonter Silben (Aff = Affe), die Reduktion von Konsonantenclustern (Bunnen = Brunnen), oder die Dehnung von Worten (Hehn = Helm).
[...]
1 K. König u. a. (1986), S. 10.
2 Vgl. ebenda.
3 Vgl. H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 521; J. Kagan (2001), S. 255.
4 Vgl. R. Kohnstamm (1990), S. 175; H.M. Trautner (1997), S. 311.
5 Vgl. E. Richter u. a. (2001), S. 22; M. Sovák (1987), S. 81.
6 Vgl. E. Richter u. a. (2001), S. 22.
7 Vgl. W. u. J. Butzkamm (1999), S. 56; R. Kohnstamm (1990), S. 175.
8 Vgl. H.M. Trautner (1997), S. 312; o.A. (2003), S. 598; L. Clark, C. Ireland (1995), S. 65
9 Vgl. C. Boving (1985), S. 103; H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 525.
10 Vgl. H.M. Trautner (1997), S. 312; W. u. J. Butzkamm (1999), S. 57.
11 Vgl. o. A. (2003), S. 598 ; E. Richter u. a. (2001), S. 25.
12 Vgl. H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 521; J. Kagan (2001), S. 255.
13 Vgl. R. Kohnstamm (1990), S. 175; H.M. Trautner (1997), S. 311.
14 Vgl. E. Richter u. a. (2001), S. 22; M. Sovák (1987), S. 81.
15 Vgl. E. Richter u. a. (2001), S. 22.
16 Vgl. W. u. J. Butzkamm (1999), S. 56; R. Kohnstamm (1990), S. 175.
17 Vgl. H.M. Trautner (1997), S. 312; o.A. (2003), S. 598; L. Clark, C. Ireland (1995), S. 65
18 Vgl. C. Boving (1985), S. 103; H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 525.
19 Vgl. H.M. Trautner (1997), S. 312; W. u. J. Butzkamm (1999), S. 57.
20 Vgl. o. A. (2003), S. 598 ; E. Richter u. a. (2001), S. 25.
21 Vgl. E. Richter u. a. (2001), S. 24.
22 Vgl. auch im folgenden G. Szagun (1996), S. 31; R. Kohnstamm (1990), S. 175.
23 Vgl. H.M. Trautner (1997), S. 313.
24 Vgl. auch im folgenden R. Kohnstamm (1990), S. 182; W. u. J. Butzkamm (1999), S.
76; H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 527.
25 Vgl. E. Richter u. a. (2001), S. 27; o. A. (2003), S. 598.
26 Vgl. H. M. Trautner (1997), S. 239.
27 Vgl. auch im folgenden R. Kohnstamm (1990), S. 182.
28 Vgl. H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 525.
29 Vgl. o. A. (2003), S. 598.
30 Vgl. H.M. Trautner (1997), S. 241.
31 Vgl. auch im folgenden H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 533.
32 Vgl. R. Kohnstamm (1990), S. 180.
33 Vgl. auch im folgenden R. Kohnstamm (1990), S. 182.
34 Vgl. H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 525.
35 Vgl. o. A. (2003), S. 598.
36 Vgl. H.M. Trautner (1997), S. 241.
37 Vgl. auch im folgenden H. Grimm, S. Weinert (2002), S. 533.
38 Vgl. R. Kohnstamm (1990), S. 180.
- Citation du texte
- Denise Kouba (Auteur), 2004, Sprachentwicklung beim Kind. Verlauf, Störung und deren pädagogische Behandlung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23593
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