Die folgende Arbeit befasst sich in der Hauptsache mit der ausgeuferten öffentlichen Verschuldung in der Bundesrepublik Deutschland und deren Folgen. Dabei möchte ich zuerst auf die zeitliche Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland eingehen. Diese wird anhand wichtiger Eckdaten verdeutlicht. Dann werde ich auf die Ursachen hinweisen, die zu dieser Entwicklung geführt haben und die damit verbundenen Auswirkungen aufzeigen. Aus den Ergebnissen werden Theorieansätze ermittelt, die zu einer Lösung des Problems hinführen sollen. Abschließend werde ich dann noch einen kurzen Vergleich der wirtschaftlichen Situationen innerhalb der europäischen Union abzeichnen und eine kurzfristige Prognose, in Bezug auf Staatsverschuldung und Wirtschaftswachstum, für die Bundesrepublik Deutschland abgeben.
Inhaltsverzeichnis
VorwortS
I. Die Verschuldung des offentlichen GesamthaushaltesS
1.0 Situation Ende 2002
1.1 Entwicklung in den 60ern
1.2 Entwicklung in den 70ern
1.3 Entwicklung in den 80ern
1.4 Entwicklung in den 90ern
1.5 Entwicklung ab
1.6 Summe der Neuverschuldung
II. Ursachen der Staatsverschuldung
2.0 Zinseszinseffekt
2. 1 Antizyklische Finanzpolitik
2.2 Expansive und kontraktive Schuldenpolitik
2.3 Antizyklische Theorien
2.3.1 zyklischer Budgetausgleich
2.3.2 kompensatorische Budgetlehre
2.3.3 stabilisierende Budgetpolitik
2.4 Konzept der Normalverschuldung
2.5 Scheitern der antizyklischen Budgetpolitik
2.6 Politisches Fehlverhalten
2.7 Gesetzliche Kreditaufnahmegrenze
2.8 Generationenvertrag
2.9 Rolle des Stabilitatspaktes
III. Auswirkungen der Staatsverschuldung
3.0 Crowding-Out-Theorie
3.1 Generationenkonflikt S
3.2 Klassische Theorieansatze
3.2.1 Neue Orthodoxie
3.2.2 Nutzenansatz
3.2.3 Wachstumsansatz
3.2.4 Theorie rationaler Erwartungen
3.3 Pay-as-you-use Finanzpolitik
3.4 Dauerhafte Kreditaufnahme und deren Grenze
IV. Losungsansatze
4.0 Grenze fur Ausgaben
4.1 Sofortige Ruckfuhrung des Defizits
4.2 Schrittweise Ruckfuhrung des Defizits
4.3 Vollprivatisierung
4.4 Teilprivatisierung
5.1 Vergleich der Staatsverschuldung
5.2 Vergleich des Finanzierungssaldo
VI. Prognose
6.0 ifo Institut Prognose
6.1 BDI Prognose
6.2 Prognose der funf Wirtschaftsweisen
6.3 Prognose der Bundesregierung
Vorwort
Die folgende Arbeit befasst sich in der Hauptsache mit der ausgeuferten offentlichen Verschuldung in der Bundesrepublik Deutschland und deren Folgen. Dabei mochte ich zuerst auf die zeitliche Entwicklung der Staatsverschuldung in Deutschland eingehen. Diese wird anhand wichtiger Eckdaten verdeutlicht. Dann werde ich auf die Ursachen hinweisen, die zu dieser Entwicklung gefuhrt haben und die damit verbundenen Auswirkungen aufzeigen. Aus den Ergebnissen werden Theorieansatze ermittelt, die zu einer Losung des Problems hinfuhren sollen. AbschlieBend werde ich dann noch einen kurzen Vergleich der wirtschaftlichen Situationen innerhalb der europaischen Union abzeichnen und eine kurzfristige Prognose, in Bezug auf Staatsverschuldung und Wirtschaftswachstum, fur die Bundesrepublik Deutschland abgeben.
I. Die Verschuldung des offentlichen Gesamthaushaltes
Zu Beginn mochte ich anhand wichtiger zeitlicher Eckdaten grob die Entwicklung der deutschen Staatsverschuldung skizzieren. Dabei soll die Verschuldungsentwicklung des Bundes hervorgehoben werden.
1.0 Beispielsweise stieg von ehemals 15,5 Mrd. Euro, im Jahre 1962, der Schuldenstand des Bundeshaushaltes (einschlieBlich Sondervermogen) bis zum Jahr 2001 auf ca. 756,5 Mrd. Euro an.[1] Im Jahr 2002 war der offentliche Gesamthaushalt mit ca. 1,28 Billionen Euro verschuldet, wobei davon ca. 63% auf den Bund und seine Nebenhaushalte, ca. 30% auf die Bundeslander und ca. 7% auf die Gemeinden entfielen. Das gesamtstaatliche Defizit belief sich fur das Jahr 2002 auf ca. 76,2 Mrd. Euro (3,6% des BIP)[2]. Im Jahr 2000 wurde durch den Verkauf der UMTS-Lizenzen ein einmaliger Haushaltsuberschuss erzielt. Diese Erlose in Hohe von ca. 50,5 Mrd. Euro wurden vollstandig zur Schuldentilgung eingesetzt und im Jahr 2001 durch einen abgesenkten Schuldenstand des Bundes spurbar. Dennoch war der Schuldenstand von Bund und Sondervermogen um ca. 13 Mrd. Euro hoher als im Jahr 1998.[3]
1.1 Bis zur ersten Rezession im Jahre 1966/1967 hatten sich die offentlichen Haushalte nur sehr gering verschuldet, aber im Verlauf dieser ersten starkeren Rezession stieg die Neuverschuldung stark an. Infolge dieses Anstiegs der Nettokreditaufnahme wuchs auch die Staatsverschuldung.
1.2 Die von der ersten Olkrise 1973/1974 ausgeloste Rezession fuhrte ab 1975 zu einem extremen Anstieg der Staatsverschuldung, da die Regierung mittels einer ausgedehnten Nettokreditaufnahme der Rezession entgegenwirken wollte. Die Ausgabenpolitik des Bundes fuhrte in diesem Zeitraum zu einer Verdreifachung der Ausgaben von ehemals 42,1 Mrd. Euro Ende der 60er Jahre auf 125,1 Mrd. Euro im Jahre 1982, die Zinsausgaben stiegen bis dahin um das zehnfache auf 11,3 Mrd. Euro an. Aufgrund der asymmetrischen Handhabung der antizyklischen Finanzpolitik, stieg also der Schuldenstand bis Anfang der achtziger Jahre weiter an.[4] Die Nettokreditaufnahme wurde in diesem Zeitraum zu einem normalen Instrument der Ausgabenfinanzierung.
1.3 In den 80er Jahren wurde die Nettokreditaufnahme zuruckgefuhrt und erreichte 1989 den niedrigsten Stand seit 1974. Auch das Ausgabenwachstum wurde in diesem Zeitraum in Folge starker Konsolidierungsbemuhungen zuruckgefuhrt und eine eher symmetrische Finanzpolitik betrieben.
1.4 In den 90er Jahren stieg die Neuverschuldung als Folge der deutschen Wiedervereinigung und den dadurch entstandenen Kosten erneut stark an. Das Defizit war dabei in absoluten Zahlen betrachtet mit durchschnittlich 22,5 Mrd. Euro hoher als je zuvor. In Relation zum BIP blieb es allerdings unter dem Niveau der 70er Jahre.[5] Der Schuldenstand von Bund inklusive Sondervermogen wuchs von 306,2 Mrd. im Jahr 1990 auf 743,2 Mrd Euro im Jahr 1998 an. Die durch die Vereinigung entstandenen Schulden, wurden als Sondervermogen des Bundes getrennt von der eigentlichen Bundesschuld ausgewiesen. Deshalb ist der Schuldenstand in den Sondervermogen in diesem Zeitraum auch exorbitant von 29 Mrd. auf 255,2 Mrd. Euro angestiegen. Einen groBen Anteil machten hierbei die von der Treuhandanstalt ubernommenen Schulden aus.[6] Nach der Wiedervereinigung stiegen die Ausgaben stark an, vor allem in den Jahren 1990 und 1994. Hierauf folgte zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Ausgabenreduzierung, die eine Haushaltskonsolidierung ermoglichte. Die Ausgabenquote war als Resultat 1998 dann sogar auf dem niedrigsten Stand seit 1962 angelangt.[7] Es ist aber festzuhalten, dass von 1990 bis 1996 in absoluten Zahlen mehr Kredite aufgenommen wurden, als in den davor liegenden 42 Jahren.[8] Von 1990 bis 1998 wurden 288,5 Mrd. Euro fur Zinsen und 272,9 Mrd. Euro fur Investitionen ausgegeben. Im Schnitt nahmen die Zinslasten in dieser Zeit also eine groBere Finanzmasse in Anspruch als die Investitionen.
1.5 Nach dem Regierungswechsel wurden zur Einlosung der Wahlversprechen die Ausgaben des Bundes kurzfristig wieder ausgedehnt. Mit dem Amtsantritt von Bundesfinanzminister Hans Eichel, im Jahr 2000, verringerten sich die Ausgaben aber wieder. Auch die Neuverschuldung sank weiter. Allerdings wurde der Bundeshaushalt auf Kosten der Lander und Kommunen saniert.[9]
1.6 Die Summe der Neuverschuldung und der Zinsausgaben waren in einem Betrachtungszeitraum von 1962 bis 2001 in etwa gleich groB. Das bedeutet, dass die Neuverschuldungsumme dieses Zeitraums, aber vor allem Mitte der 80er Jahre, vollstandig zur Finanzierung der eigens erzeugten Zinslasten eingesetzt wurde.[10]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, S. 19
AbschlieBend soil anhand obenstehender Grafik noch einmal verdeutlicht werden, dass vor allem in den 70er Jahren die Summe der Nettokreditaufnahme die der Zinsausgaben um weites uberstieg. Dennoch fuhr die damalige Bundesregierung mit ihrer Verschuldungspolitik fort. Mit der Realisierung der Gefahr einer uferlosen Neuverschuldung und den damit anwachsenden Zinslasten, wurden dann in den 80er Jahren verstarkte Konsolidierungsbemuhungen angestrengt, die bis auf wenige Ausnahmen bis heute anhalten.[11]
II. Ursachen der Staatsverschuldung
Uber die Ursachen der Staatsverschuldung, wie auch uber ihre Auswirkungen, herrschen in der Fachwelt bis heute groBe Meinungsverschiedenheiten. Teilweise gilt als Hauptgrund fur das Anwachsen der Staatsverschuldung der Zinseszinseffekt.
2.0 Wahrend der letzten Jahrzehnte wurden insbesondere auf dem staatlichen Sektor die falligen Tilgungsraten fur aufgenommene Kredite wirtschaftlich nicht getilgt, sondern durch die fortwahrende Aufnahme neuer Kredite lediglich refinanziert. Aufgrund mathematischer GesetzmaBigkeiten (Zinseszins- und Rentenrechnung) wuchsen deshalb der Schuldenberg und die Zinslasten mit progressiver Eigendynamik in Hohe des Zinseszinssatzes an. Die Refinanzierung der Tilgung und die Neuverschuldung, die zur Finanzierung der gestiegenen Zinslast und fur weitere Ausgaben eingesetzt wird, produziert wieder hohere Defizite durch gestiegene Zinsverpflichtungen, diese wieder neuen Kreditbedarf, usw.[12] Desto groBer dabei die Zinslasten werden, desto geringer werden auch die finanziellen Handlungsmoglichkeiten der jeweiligen Regierung.[13] Allerdings wird das Zinseszinswachstum durch das gegenlaufige Bruttoinlandsprodukt- Wachstum abgebremst. Demnach wachsen auch die Steuereinnahmen, die zur Tilgung bestehender Schulden, bzw. zur Zahlung der Zinslasten verwendet werden konnten. Mittel- bis langfristig reicht das BIP-Wachstum allerdings nicht aus, das Zinseszinswachstum zu uberlagern, weil im langfristigen Durchschnitt der Zinssatz fur Kredite immer um einige Prozentpunkte uber der BIP-Wachstumsrate liegt.[14] Deshalb dient heute die Neuverschuldung faktisch nur noch der Finanzierung der von ihr selbst erzeugten Zinslast. Dabei wachst die Gefahr, dass bei einer hohen Kreditfinanzierungsquote der Verschuldungsprozess infolge wachsender Zinslasten auBer Kontrolle gerat[15]
2.1 Auch die antizyklische Finanzpolitik und deren Handhabung, an der sich die Haushaltspolitik in der Vergangenheit mehr oder weniger stark orientierte, wird seitens der Okonomen haufig als Ausloser fur die heute in Deutschland herrschende Finanzlage der offentlichen Haushalte angesehen. Infolge der keynesianischen Neuorientierung der Finanzwissenschaft wurden dem Staat begrundet durch Marktversagen zunehmend stabilisierungs- und konjunkturpolitische Aufgaben zugewiesen. Dabei wurde Staatsverschuldung als Mittel zur Aufrechterhaltung von Vollbeschaftigung, Preisniveaustabilitat und angemessenem Wirtschaftswachstum eingesetzt. Die Frage nach den Grenzen einer derartigen Staatsverschuldung wurde zur Frage nach der Hohe einer gesamtwirtschaftlich notwendigen bzw. erwunschten offentlichen Verschuldung.[16]
2.2 Da es durch Nachfrageschwankungen in der Wirtschaft zu Ungleichgewichtssituationen auf dem Arbeits- oder Geldmarkt kommen kann, wird im Rahmen der antizyklischen Budgetpolitik die Staatsverschuldung als aktive Nachfragesteuerung eingesetzt. Der Staat soll dabei durch expansive, kontraktive, oder neutrale Schuldenpolitik gesamtwirtschaftlich erwunschte Nachfrageeffekte auslosen. Beispielsweise soll bei Unterauslastung von Arbeitskraften und Produktionsfaktoren die Nachfrage durch offentliche Ausgaben gesichert, oder sogar erhoht werden. Des weiteren sollen offentliche Kredite konjunkturbedingte Steuerausfalle ausgleichen und die Finanzierung der geplanten Ausgaben sicherstellen. Auf diese Weise sollen auch private Nachfrageausfalle kompensiert werden. Umgekehrt muss aber in Zeiten der Uberbeschaftigung, also in einer Phase der Hochkonjunktur, kontraktive Schuldenpolitik betrieben werden.
2.3 Die antizyklische Budgetpolitik kann in drei Theorierichtungen eingeteilt werden: zyklischer Budge tausgleich, kompensatorische Budgetlehre und die stabilisierende Budgetpolitik[17]
2.3.1 Im Konzept des zyklischen Budgetausgleichs werden die in der Rezession aufgenommenen Schulden im Laufe eines Konjunkturzyklusses zuruckgezahlt, wobei dies vorzuglich in der Aufschwungsphase geschehen soll. Die antizyklische Budgetpolitik wurde dabei anfanglich vor allem als diskretionare Budgetpolitik verstanden, bei der sich den politisch Verantwortlichen ein breiter[18]
Ermessensspielraum bietet. Diese weist aber in der praktischen Handhabung eine Reihe von verfahrenstechnischen Schwachen auf. Vor allem die zeitliche Verzogerung des Entscheidungs-, Handlungs- und Vollzugprozesses zwischen Beginn bzw. Erkennen einer Storung des wirtschaftlichen Gleichgewichts und ihrer Beseitigung (time lags)1 fuhrt zu unerwunschten Auswirkungen.[19] So kann ein derartiger Eingriff eine prozyklische Verstarkung der Konjunkturschwankungen entfalten. Daruber hinaus zeigt sich, dass sich eine Ausdehnung der Staatsausgaben politisch wesentlich leichter durchsetzen lasst, als ihre Reduzierung. So unterblieb auch die Ruckfuhrung von Defiziten in den Aufschwungsphasen, wodurch sich dauerhafte Budgetdefizite bilden konnten.
2.3.2 Auf den Ansatz der kompensatorischen Budgetlehre gehe ich in dieser Arbeit nicht ein. Sie stutzt sich auf die Behauptung „einer Tendenz zur sakularen Stagnation[20] fur reife Volkswirtschaften“[21], die in der neueren Literatur durchweg abgelehnt wird.[22]
2.3.3 Die sogenannte stabilisierende Budgetpolitik lehnte eine permanente Staatsverschuldung strikt ab. Mit ihr wurde versucht, die Nachteile der diskretionaren Budgetpolitik zu mildern, indem man den Handlungsspielraum der Einzelentscheidungen und die damit verbunden Verzogerungen im EntscheidungsprozeB durch bestimmte , im voraus festgelegte, Obergrenzen ersetzte.[23]
2.4 Durch ansteigende Staatsschulden und die dadurch zunehmende Kritik der Monetaristen an der antizyklischen Budgetpolitik, entstanden ab dem Ende der sechziger Jahre differenziertere Verschuldungskonzeptionen, die auf eine mittelfristige[24] Verstetigung der Staatsverschuldung ausgelegt waren. In Deutschland wurde dabei ab 1967 das Konzept der Normalverschuldung13 verfolgt, das bis heute nicht vollig aufgegeben, jedoch modifiziert wurde. Als Normalverschuldung galt dabei der als unbedenklich eingestufte Teil der offentlichen Kreditaufnahme. Das Konzept stutzte sich dabei auf die sogenannte Gewohnungsthese, wonach die Privaten daran gewohnt seien, dass der Staat direkt oder indirekt einen Teil des Produktionspotentials durch seine Ausgaben in Anspruch nimmt.[25] [26] Jedoch wurde das Konzept der Normalverschuldung immer haufiger Ziel einer breiter werdenden Kritik. Vor allem die als willkurlich erscheinende Begrundung der Normalverschuldung durch Gewohnung, sowie die Verringerung des als konsolidierungsbedurftig angesehenen strukturellen Teils des Defizits, waren die Hauptkritikpunkte. Auch das Unterstellen einer wachsenden Wirtschaft und der in diesem Rahmen zugelassenen permanenten Nettoneuverschuldung, mit der Folge wachsender Zinszahlungen, wurde kritisiert. So sah sich der Sachverstandigenrat veranlasst, das Konzept zu uberarbeiten. Im derzeit verwendeten Konzept tritt die Idee der Normalverschuldung hauptsachlich in der Bezeichnung der dauerhaft akzeptablen Kreditfinanzierung der offentlichen Haushalte15 zutage. Das neue Konzept orientiert sich dabei an der Begrenzung der Kreditfinanzierung durch Ausgaben fur Investitionen (Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG) erganzt um das Kriterium der Tragbarkeit (Verschuldungsverhalten tragbar, wenn es hierdurch zu keiner Erhohung einer gegebenen gesamtwirtschaftlichen Schuldenquote kommt).[27]
2.5 In der Praxis scheiterte die antizyklische Budgetpolitik in der Hochkonjunktur, da sich eine sparsame Haushaltspolitik in Zeiten hoher Einnahmen regelmaBig politisch nicht durchsetzen lieB.[28] Neben der Theorie des Marktversagens erlangte somit auch die Theorie des Staatsversagens an Bedeutung. Nach der Auffassung Buchanans und Wagners hat in diesem Zusammenhang die Umsetzung der keynesianischen Rezepte in der praktischen Wirtschaftspolitik zu wachsenden Budgetdefiziten, einem bestandigen relativen Wachstum des offentlichen Sektors zu Lasten des privaten Sektors und zu kontinuierlich steigenden Inflationsraten gefuhrt.[29]
2.6 Politisches Fehlverhalten der Politiker, die in erster Linie ihre eigenen Interessen verfolgen, fuhren zu einer verzerrten finanzpolitischen Willensbildung[30] in den politischen Budgetentscheidungen. Um Wahlermehrheiten fur sich und die eigene Partei zu gewinnen, wird von steuerfinanzierten Finanzierungsprogrammen Abstand gehalten. Hohere Steuern werden in der Regel von der Wahlerschaft als unangenehm angesehen und somit wird politisch ein bestehendes Ausgabenniveau eher mittels einer Erhohung der Kreditaufnahme finanziert, oder ausgedehnt.[31] Derartiges Verhalten wird noch zusatzlich durch die sogenannte Gegenwartsfixierung der Wahler verstarkt, durch die vor allem die zeitlich kurz vor einer Wahl liegenden MaBnahmen in die jeweilige Wahl entschei dung einflieBen.[32] Auch die Art des Parteiensystems, wie es in modernen Demokratien vorliegt, kann vor allem in koalitionsgefuhrten Landern eine fortschreitende Staatsverschuldung fordern, da die regierungsbildenden Parteien ihre Interessengebiete vor Kurzungen bewahren wollen. Dieser tendenziell uberhohte Einsatz der Staatsverschuldung in Demokratien ist auch empirisch belegt.[33]
2.7 Die Grenze der staatlichen Kreditaufnahmen ist im Grundgesetz (Art. 115 Abs.1 Satz 2 GG) geregelt. Demnach durfen die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben fur Investitionen nicht uberschreiten. Ausnahmen sind lediglich zur Abwehr einer Storung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes zulassig. Die Lander sind dabei allerdings nicht an die Investitionsausgaben, sondern an die Berucksichtigung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gebunden (Art. 109 Abs.2 GG).[34] Die ersten Schwachen dieser Grenze offenbaren sich dabei bereits im Interpretationsspielraum der Begriffe gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht und Investitionen. Es besteht die Gefahr, dass eine Storung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes vorgegeben wird, ohne dass dieses tatsachlich existiert, um eine erhohte Neuverschuldung zu rechtfertigen. Aufgrund fehlender justiziabler Kriterien, ist es dann schwer klarbar, ob eine derartige Storung tatsachlich vorliegt und ob der Gesetzgeber nachvollziehbar und vertretbar gehandelt hat. Daruber hinaus sind bei einem vorschriftswidrigen Uberschreiten der Kreditaufnahmegrenze auch keinerlei Sanktionen vorgesehen.[35] Dies fuhrte auch dazu, dass Bund und Lander in der Vergangenheit diese gesetzlichen Regelungen missachtet oder zu groBzugig ausgelegt haben. In diesem Zusammenhang ware eine Verpflichtung zur Einhaltung der Schuldengrenzen der einzelnen Gebietskorperschaften dringend notwendig, um im Hinblick auf den europaischen Stabilitatspakt, eine Einhaltung der gesamtstaatlichen Schuldenstandsgrenze zu gewahrleisten. Dies wurde eine Begrenzung der Haushaltsautonomie der Lander erfordern.[36] Hinzu kommt, dass der Investitionsbegriff, der Bruttoinvestitionen und Investitionsausgaben mit fraglichem Charakter einbezieht, durch den Interpretationsspielraum zu weit gefasst ist und die Gefahr einer extensiven Auslegung begunstigt.[37]
2.8 Mit dem im Grundgesetz verankerten investitionsabhangigen Kreditrahmen soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Investitionen nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Zukunft Nutzen spenden. Uber die Kreditfinanzierung soll also gewahrleistet werden, dass die Kosten der Investitionen nicht nur von den Generationen getragen werden, die diese Investitionen tatigten, sondern auch von den nachfolgenden Generationen. Auf diesem Wege sollen die nachfolgenden Generationen ihren finanziellen Beitrag, fur den auf sie entfallenden Nutzen, leisten. Dabei ist es aber hochst unsicher, ob diese Ausgaben fur Investitionen nachfolgenden Generationen uberhaupt noch einen Nutzen spenden.[38] Die Grenze der Kreditaufnahme in Hohe der Investitionen ware nur gerechtfertigt , wenn die Kreditfinanzierung objektbezogen ware und der Schuldendienst nur bis zur Abschreibung des Investitionsobjekts geleistet wurde.[39] Da aber die fur Investitionen aufgenommenen Kredite nicht getilgt wurden und auch die Zinslasten mit Krediten refinanziert wurden, sind die Kreditschulden um ein vielfaches ihres Ursprungsvolumens angewachsen.[40] Die vom Staat getatigten Investitionen erwirtschaften daruber hinaus im Bereich staatlicher Hoheitsaufgaben meist keinen wirtschaftlichen, geldmaBigen Gewinn. Sie sind uberwiegend mit hohen Folgekosten behaftet, wie z.B. Gebaude samtlicher Amter und Behorden, Ausbildungsstatten etc.. Bei diesen Investitionen folgen Personal-, Instandhaltungskosten etc. auf die eigentliche Investition, wahrend Einnahmen in der Regel nicht erwirtschaftet werden. Deshalb sind staatliche Investitionen auch nicht direkt mit privatwirtschaftlichen vergleichbar. Die genannte Verfassungsregelung ist deshalb auch uberholt. Im Gegensatz zu der Zeit des Gesetzesentwurfes, hat die heutige Kreditfinanzierung keinen Bezug mehr zum einzelnen Investitionsobjekt.[41] Die ehemals getrennten Haushalte (auBerordentlicher und ordentlicher Haushalt), die jeweils ausgeglichen sein mussten, wurden inzwischen zusammengefuhrt.[42] Auch die fehlende Tilgungsvorschrift im Grundgesetz lasst die Schwachpunkte des bestehenden Gesetzes zur Beschrankung der offentlichen Kreditaufnahme erkennen. Deshalb wurden die alten Schuldenstande durch kontinuierliche Refinanzierung verewigt, wahrend fur neue Investitionen neue Kredite aufgenommen wurden.[43] Es ist fraglich, ob sich politisch eine Verscharfung des Gesetzes durchsetzen wird, da Politiker wie bereits erwahnt, ihre eigenen Interessen verfolgen und ihre eigenen finanzpolitischen Handlungspotentiale eher ungern einschranken werden.
2.9 Der europaische Stabilitatspakt spielt gegenwartig bei der offentlichen Schuldenentwicklung eine verscharfende Rolle und zwar nicht nur durch die die Haushaltslage verscharfenden Wirkungen von Strafeinlagen und GeldbuBen.[44] So wird eine hohere Verschuldung toleriert, wenn das Wachstum des BIP gleichfalls anwachst, wahrend die Verschuldung begrenzt wird, wenn sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet. Dies zwingt den Staat zu einer rezessionsverscharfenden Parallelpolitik, die eine aktive Konjunktursteuerung verhindert und damit ein Hindernis fur einen Aufschwung und letztlich die Haushaltskonsolidierung darstellt.[45] Das Vorhandensein eines strukturellen Defizits zeigt die Fehler der Vergangenheit auf, wo trotz konjunktureller Normalsituationen die Neuverschuldung uneingeschrankt fortschritt. Damit wurde es versaumt, einen Spielraum fur konjunkturbedingte Defizite zu schaffen, ohne einen VerstoB gegen die 3%-Klausel des Stabilitatspaktes in Kauf nehmen zu mussen. Daruber hinaus lasst der Stabilitatspakt eine Neuverschuldung in Hohe dieser 3% auch in wirtschaftlichen Normallagen zu, und unterscheidet somit nicht zwischen Krisen- und Normalzeiten. Dadurch erhoht sich die Gefahr einer Uberschreitung der 3%-Klausel in Rezessionszeiten. Dass die 3%-Grenze in der politischen Realitat oftmals als Sockelbetrag und nicht als Obergrenze verstanden wird, wirkt ebenfalls Defizit fordernd.[46] Die Gefahr einer Uberschreitung dieses Grenzwertes hatte allerdings in der Vergangenheit durch eine Senkung der Ausgaben abgewendet werden konnen, dass dies nicht gelang, ist wiederum auf ein wahltaktisches Verhalten der jeweiligen Politiker zuruckzufuhren.[47] Die nun von der Bundesregierung in diesem Zusammenhang als Sparpolitik propagierte Steuererhohungspolitik, zur Einhaltung der im Stabilitatspakt aufgestellten Grenzen, bremst den Aufschwung zusatzlich ab. Sie fuhrt zu einer rucklaufigen Wachstumsrate des Sozialprodukts und im weiteren zu einer ansteigenden Neuverschuldung.[48]
Letztendlich ist festzuhalten, dass vor allem die falsch angewendete Finanzpolitik der 70er Jahre den Weg in die heute existierende Schuldenfalle ebnete.[49] Trotz des starken Anwachsens der Zinslasten verschuldete sich die damalige Bundesregierung weiter. Dabei ist noch einmal besonders auf die asymmetrische Finanzpolitik hinzuweisen infolge derer die Ausgaben auch auBerhalb rezessionsbedingter Krisenzeiten nicht zuruckgefuhrt wurden.
III. Auswirkungen der Staatsverschuldung
Welche Auswirkungen von der staatlichen Kreditaufnahme ausgehen und inwiefern sich diese von den Auswirkungen der Steuerfinanzierung unterscheiden, ist eine Frage, die zu unterschiedlichsten Debatten und Theorien gefuhrt hat.
3.0 Eine dieser Debatten ist die sogenannte Diskussion uber die Crowding-Out-Theorie. Im Zuge dieser Theorie wird vor allem von den Monetaristen auf die Gefahr einer Verdrangung der Privatinitiative durch eine ausgeweitete staatliche Kreditaufnahme, wie sie beispielsweise im Rahmen einer antizyklischen Fiskalpolitik stattfindet, aufmerksam gemacht.[50] Ist der Staat also gezwungen, sich zur Finanzierung seiner Ausgaben am Kapitalmarkt zu verschulden, so konkurriert er dort mit den privaten Kreditnehmern um die auf dem Kapitalmarkt verfugbaren Mittel. Dies fuhrt zu einer Zinssatzsteigerung. Da der Staat aufgrund seiner Finanzmasse Zinserhohungen wesentlich besser verkraftet als private Kreditnehmer, kann dies zu einer Verdrangung der Privaten direkt vom Kapitalmarkt, aber auch indirekt vom Gutermarkt fuhren. Durch das erhohte Zinsniveau werden fur Investitionen benotigte Kreditmittel zu teuer und die Privaten werden sich eher zum Sparen entscheiden. Durch die dann unterbleibenden privaten Investitionen werden die belebenden MaBnahmen des Staates im Ergebnis durch den Ruckgang der privaten Wirtschaftstatigkeit aufgehoben.[51] Positive Effekte, die mittels einer antizyklischen Budgetpolitik erreicht werden sollen, wurden dann verpuffen. Bedingungen wie eine auslandsunabhangige Zinssatzentwicklung und die Abhangigkeit der privaten Investitionen lediglich vom Zinssatz, herrschen aber in der Realitat oft nicht vor. Dies fuhrt zumindest bei kurz- bis mittelfristiger Betrachtung zur Verneinung eines Crowding- Out-Effektes.[52] Beispielsweise haben durch Kreditfinanzierung zusatzlich getatigte Staatsausgaben einen expansiven Effekt auf das Volkseinkommen. Dadurch kommt es kurz- bis mittelfristig zu keiner Einkommensverringerung bei den privaten Haushalten, die bei einer steuerfinanzierten Ausgabenausdehnung eingetreten ware. Damit fallen die daraus erwachsenden Wachstumseffekte auch starker aus.[53] Dies wurde also auch auf ein Ausbleiben des Crowding-Out-Effektes hinweisen. Langfristig betrachtet lasst sich in der Vergangenheit ein starker Gleichlauf von offentlicher Verschuldung und Zinsniveau feststellen. Allerdings herrschen unter den Okonomen unterschiedliche Auffassungen uber den tatsachlichen Zusammenhang beider GroBen und deren Auswirkungen.[54] Da der Crowding-Out-Effekt von vielen Einflussfaktoren abhangig ist, kann die staatliche Kreditaufnahme nicht allein fur eine Verdrangung der privaten Nachfrage verantwortlich gemacht werden. Schlesinger geht sogar noch weiter und behauptet: in welchen Verlaufsmustern die Staatsverschuldung auch auf die Investitionsneigung einwirkt, uber einen langeren Zeitraum gesehen bleibt das Ergebnis davon unberuhrt.[55]
3.1 Die Frage einer gerechten intergenerativen Lasten- und Schuldenverteilung nimmt gerade in Anbetracht der standig fortschreitenden Neuverschuldung und des inzwischen angewachsenen Schuldenberges eine immer groBere Rolle in politischen aber auch wissenschaftlichen Debatten ein. Dabei wird untersucht, ob und in welchem Umfang Lasten zwischen unterschiedlichen Generationen mittels Staatsverschuldung verschoben werden, und worin diese Last besteht. Dabei ist es interessant, die Neuverschuldung im Zusammenhang mit den Zinsausgaben zu betrachten. Es wird erkennbar, dass der Staat durch immer neue Kreditaufnahme die bereits vorhandene Zinsbelastung nicht nur in die Zukunft verlagert, sondern durch die so wachsenden Zinsausgaben kunftige Generationen zusatzlich belastet.[56]
3.2 Auch nach Ansicht der Vertreter der klassischen Nationalokonomie erfahren kunftige Generationen bei Kreditfinanzierung eine Wohlstandsminderung. Als legitim wurden bei derartigen staatlichen Eingriffen lediglich Ausgaben angesehen, die den kunftigen Generationen auch noch Nutzen stiften konnten. Es bildeten sich drei die Lastverschiebung bestatigende Theorieansatze heraus[57]: Die Neue Orthodoxie, der Nutzenansatz und der Wachstumsansatz.
3.2.1 Die Neue Orthodoxie besagt, dass in einer geschlossenen Volkswirtschaft eine Inlandsverschuldung zu keiner Lastverschiebung fuhre, da die Gesellschaft als Ganzes die Last aus der getatigten Investition in Form eines Ressourcenverzichtes des privaten Sektors trage. Bei einer Auslandsverschuldung dagegen entstehe die Last erst fur zukunftige Generationen und zwar durch den Schuldendienst, der die im Inland verfugbaren Produktionsmittel reduziere.[58]
3.2.2 Der Nutzenansatz[59] geht im Gegensatz zur Neuen Orthodoxie durchaus von einer zeitlichen Verteilungswirkung, verursacht durch staatliche Inlandsverschuldung, aus. Die Lastverschiebung sei dann in der Finanzierung des Schuldendienstes durch zukunftige Steuerzahler, die einen erhohten Steuerbedarf decken mussen, zu sehen.
3.2.3 Der Wachstumsansatz[60] betrachtet als Last den im Vergleich zur Steuerfinanzierung differentiellen Wachstumseffekt. Die Steuerfinanzierung fuhre dabei zur Verdrangung des privaten Konsums, wahrend die Kreditaufnahme zu einem Crowding-Out der privaten Investitionen fuhre. Folgende Generationen verfugen dann uber ein geringeres Realeinkommen aufgrund der staatlichen Kreditaufnahme.
3.2.4 Die Theorie rationaler Erwartungen[61] geht dagegen von keiner intergenerativen Lastverschiebung durch Staatsverschuldung aus. Allerdings wird in der Finanzwissenschaft heute der Wachstumsansatz weitestgehend akzeptiert.[62]
3.3 Um nun also eine gerechte Verteilung der Lasten auf die einzelnen Generationen zu gewahrleisten, wurde im Zuge der sogenannten Pay-as-you-use-Finanzpolitik[63] die Staatsverschuldung, im Rahmen des Artikel 115 GG, als Mittel angesehen, die Kosten der Investitionen uber mehrere Perioden generationengerecht aufzuteilen.[64] Dabei besteht die Gefahr, dass durch Investitionsbestrebungen, finanziert durch Kredite, die Bedarfslage kunftiger Generationen ubersehen, oder falsch eingeschatzt wird. Daruber hinaus werden diese Generationen in der Regel nicht am EntscheidungsprozeB der jeweiligen Investitionen beteiligt. Das Argument einer gerechten Lastverteilung zwischen den Generationen wird dadurch weiter geschwacht. Auch darf das Argument der Gerechtigkeit zwischen den Generationen nicht als Rechtfertigung fur eine hohe Staatsverschuldung ausgenutzt werden,[65] da es dadurch zu einer ungerechtfertigten Lastverschiebung auf Kosten kunftiger Generationen kommt. Durch die Kreditfinanzierung des Schuldendienstes mussen zukunftige Generationen, sobald die Grenzen der offentlichen Verschuldung eingetreten sind, den dann angehauften Schuldenberg mit eigenen Steuermitteln tilgen. Gegenwartige Generationen konnen dagegen Leistungen noch schuldendienstfrei nutzen, da die Schuldendienstverpflichtungen mit Krediten bezahlt werden. Die gegenwartigen Generationen walzen also die irgendwann fallige Steuerfinanzierung des Schuldendienstes auf die nachfolgenden Generationen ab.[66] Dadurch sind die folgenden Generationen heute bereits mit Zusatzaufwendungen vorbelastet, denen spater kein die jeweiligen Haushaltsjahre begunstigendes, nutzenspendendes Aquivalent gegenubersteht.[67] Buchanan und Wagner fordern deshalb die Ruckkehr zur konstitutionell verankerten klassischen Regel des Budgetausgleichs.[68]
3.4 Die offentliche Kreditaufnahme ist in Deutschland mittlerweile zu einer Dauererscheinung entartet was nicht zuletzt mit der Tatsache zusammenhangt, dass die Neuverschuldung an die Bruttoinvestitionen gebunden ist und durch den Vermogenszuwachs weiter wachsen kann.[69] Dabei mussen dem kurzfristigen Vorteil eines erweiterten kreditfinanzierten Ausgabenspielraums die langfristigen Auswirkungen einer solchen Politik entgegengehalten werden. Durch den standig wachsenden Schuldenstand und dem damit verbundenen Schuldendienst, wird das staatliche Budget immer starker eingegrenzt.[70] Bedingt ist dies vor allem durch die asymmetrische Handhabung der antizyklischen Budgetpolitik. Es stellt sich also die Frage, wo die Grenzen der offentlichen Verschuldung eintreten. So findet nach Kampmann der durch Neuverschuldung ausgedehnte fiskalische Handlungsspielraum endgultig seine Grenze, wenn bereits die Zinsausgaben einer solchen Politik kreditfinanziert werden mussen.[71]
Vor allem ein ausgeuferter Schuldenstand und daraus resultierende hohe Zinslasten, sind also die negativen Auswuchse einer in der Vergangenheit falsch angewendeten Schuldenpolitik. Erste negative finanzielle Auswirkungen sind dabei derzeit schon spurbar und werden mit Sicherheit auch noch in eine weitere Zukunft reichen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die wirtschaftliche Gesamtlage verbessert, damit die notigen Konsolidierungsschritte leichter bewaltigt werden konnen.
IV. Losungsansatze
Wie schon bei der Diskussion nach den Ursachen der Staatsverschuldung, gibt es ahnlich viele unterschiedliche Ansatze zu ihrer Losung. Das oberste Ziel, da sind sich jedoch die meisten Fachleute einig, muss die Konsolidierung der Finanzen sein, um die ausgeuferte Staatsverschuldung wieder unter Kontrolle zu bringen, unabhangig auf welchem Wege sie erreicht wird.
4.0 Die Hohe der Einnahmen muss dann zukunftig auch die definitive Grenze fur Ausgaben darstellen, wenn eine nachhaltige Finanzpolitik betrieben werden soll. Zusatzlich mussen die Ausgaben eingeschrankt werden, damit uberschussige Einnahmen zur Schuldentilgung eingesetzt werden konnen.[72] Die Konsolidierung ist also nur mittels einer Einnahmenvermehrung oder einer Ausgabenverminderung zu erreichen. Allerdings werden durch diese MaBnahmen uberwiegend die Burger zusatzlich belastet.[73]
4.1 Ein kurzfristiger und radikaler Losungsvorschlag ist die sofortige Ruckfuhrung der Neuverschuldung auf null. Das Zinseszinswachstum ware gestoppt und der Schuldenstand wurde nicht mehr weiter steigen. Fur den stagnierenden Schuldenberg waren dann nur noch Zinsen in etwa gleicher Hohe zu zahlen. Allerdings ware dieser Losungsvorschlag politisch wohl kaum durchsetzbar, da die Wahler kaum eine Absenkung des Lebensstandards, infolge massiver Steuererhohungen zur Finanzierung der Zinsausgaben, in Kauf nehmen wurden. Drohende Nachfrageruckgange, wie auch ein Ruckgang des Wirtschaftswachstums und damit verbundene Steuermindereinnahmen, infolge der abrupten offentlichen SparmaBnahmen, konnten dann zu einem gesamtwirtschaftlichen Kollaps fuhren. Deshalb ist dieses Vorgehen auch abzulehnen und eine schrittweise Absenkung der Neuverschuldung auf null zu verfolgen.[74]
4.2 Bei einer schrittweisen Ruckfuhrung der Neuverschuldung wurde sich nach einer gewissen Zeit und nach Absenken der Neuverschulungsquote auf null der Primarsaldo in Hohe der Zinsausgaben auf gleichbleibendem Niveau stabilisieren, so Meyer. Selbiges gelte fur die Zinsausgaben und den Schuldenstand.[75] Durch die zeitliche Ausdehnung dieses Ansatzes wird eine abrupte Einschrankung der Staatstatigkeit, infolge eines eingeschrankten Budgets, und daraus mogliche resultierende Marktschocks verhindert. Dennoch sind die Rechnungen fur diese Losungsvorschlage an bestimmte Annahmen wie z.B. einen festen Zinssatz, einer konstanten jahrlichen BIP Steigerung und eine gleichbleibende Steuerquote, geknupft und deshalb als vage zu bezeichnen.
4.3 Eine Verringerung der Staatsausgabenquote, die knapp 50% des BIP umfasst, soll durch die Privatisierung, von bisher durch offentliche Gebietskorperschaften wahrgenommene Aufgaben, erreicht werden. Dadurch sollen sich die staatlichen Konjunktur- und Defizitprobleme losen, da private Institutionen und Betriebe wirtschaftlicher agieren und es damit zu einer Ausgabenreduktion innerhalb der offentlichen Haushalte kommt. Allerdings ist nur ein bestimmter Teil der offentlichen Ausgaben privatisierungsfahig. Die klassischen staatlichen Hoheitsaufgaben fallen nicht darunter.[76]
[...]
[1] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 1
[2] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 1
[3] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 9 / Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 121
[4] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 58
[5] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 59 f.
[6] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 7
[7] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 12
[8] Vgl. Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 1
[9] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 12 ff.
[10] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 4/ Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 3
[11] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 20
[12] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 32
[13] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 16/ Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 2
[14] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 33
[15] Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Marz 1997
[16] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 33
[17] Vgl. Neumark, F., 1952, S. 631 ff./ Nowotny, E., 1991, S.296 f./ Ziffzer, S., 1980, S. 17 f.
[18] Vgl. Mackscheid, K./ Steinhausen, J., 1978, S. 73 ff.
[19] Vgl. Ka.mpma.nn. B., 1995, S. 35
[20] Vgl. Hansen, A. H., 1941, S. 310
[21] Vgl. Ehrlicher, A., 1991, S.31 f./ Ehrlicher, W., 1981, S.110
[22] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 37
[23] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 37
[24] Vgl. Ehrlicher, W., 1979, S. 33 ff.
[25] Vgl. SVR, Jahresgutachten, 1993/94, S. 278
[26] Vgl. SVR, Jahresgutachten, 1994/95, S. 153
[27] Vgl. SVR, Jahresgutachten, 1994/95, S. 155
[28] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 41
[29] Vgl. Buchanan, J. M./ Wagner, A., 1977
[30] Vgl. Arnim, H. H. v./ Weinberg, D., 1986, S. 74 ff.
[31] Vgl. Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 4
[32] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 43
[33] Vgl. Roubini, N./ Sachs, J. D., 1989 sowie Grilli V. u. a., 1991
[34] Vgl. B S. 20/ Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 114
[35] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 142 ff.
[36] Vgl. Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 61/ Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 114, 172
[37] Vgl. Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 4 f.
[38] Vgl. Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 4/ Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 149
[39] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 37
[40] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 38
[41] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 16
[42] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 39
[43] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 40/ Vgl. Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 5
[44] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 141
[45] Vgl. Scherf, W., ifo Schnelldienst, 22/2002, S. 4
[46] Vgl. Scherf, W., ifo Schnelldienst, 22/2002, S. 5
[47] Vgl. Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 13
[48] Vgl. Scherf, W., ifo Schnelldienst, 22/2002, S. 5
[49] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 20
[50] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 23
[51] Vgl. G. Dieckheuer, 1978, S. 308
[52] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 25
[53] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 25/ Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 32 ff.
[54] Vgl. Schlesinger, H. u. a., 1993, S. 155
[55] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 27
[56] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 6
[57] Vgl. Schimmack, W., 1990, S. 20 ff.
[58] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 28
[59] Vgl. Buchanan, J. M., 1958
[60] Vgl. Musgrave, R. A., 1958/ Modigliani, F., 1961/ Vickrey, W., 1961
[61] Vgl. Barro, R. J., 1974
[62] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 30
[63] Vgl. Musgrave, R. A., 1958, S. 72
[64] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 31
[65] Vgl. Arnim, H. H. v., 1981, S. 518 f./ Brummerhoff, D., 1992, S. 383
[66] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 59 ff.
[67] Vgl. Karl-Brauer-Institut, Heft 85, 1997, S. 3/ Vgl. Kampmann, B., 1995, S.150
[68] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 46
[69] Vgl. Kampmann, B., 1995S. 150
[70] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 48
[71] Vgl. Kampmann, B., 1995, S. 62
[72] Vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Arbeitspapier Nr. 77, 06.2002, S. 23
[73] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 101
[74] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 84 ff.
[75] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 93 f.
[76] Vgl. Meyer, D., Die Schuldenfalle, 2003, S. 106
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- Daniel Gökelmann (Autor), 2004, Die öffentliche Schuldenkrise, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23485
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