Seit Jahrzehnten findet in Deutschland ein deutlich wahrnehmbarer Wertewandel statt. Danach bestehen die hauptsächlichen Austragungsfelder dieses Wandels in jenen Werten, die HELMUT KLAGES als Pflicht- und Akzeptanzwerte einerseits und als Selbstentfaltungswerte andererseits bezeichnet. Hierbei werden Sonderfaktoren aufgrund der deutschen Wiedervereinigung vernachlässigt.
Zu den Pflicht- und Akzeptanzwerten zählen insbesondere Disziplin, Gehorsam, Pflichterfüllung, Treue, Unterordnung, Fleiß, Bescheidenheit, Selbstlosigkeit und Enthaltsamkeit. Selbstentfaltung artikuliert sich in gesellschaftsbezogenem Idealismus, wie Emanzipation, Gleichheit, Demokratie und Autonomie des Einzelnen, im Hedonismus, wozu Genuss, Abenteuer und Ausleben emotionaler Bedürfnisse zählen, sowie im Individualismus, der sich neben anderem in Kreativität, Spontaneität, Selbstverwirklichung, Ungebundenheit und Eigenständigkeit äußert.
Ausdruck des Hedonismus, zumindest im erweiterten Sinne, sind unter anderem Events und Festivals, die seit Jahren im kulturellen Veranstaltungsbereich bemerkenswert an Bedeutung gewinnen. Als Folge hat sich daraus in jüngster Zeit ein eigener Wirtschaftszweig entwickelt. Zahlreiche Spezialagenturen sind entstanden. „Event“ und „Festival“ sind zu Schlüsselbegriffen der letzten Jahre geworden. Im Sog der Erlebnisgesellschaft boomt die Nachfrage nach neuen, erlebnisorientierten Angeboten in Form von inszenierten Events, Festivals und Themenwelten. Immer mehr rückt dabei die Suche nach dem speziellen „Kick“ oder „Thrill“ für den Besucher in den Vordergrund und der Kunde gibt sich insgesamt immer weniger mit standardisierten „gewöhnlichen“ Angeboten zufrieden. Events üben, wenn sie in Clustern zusammengefasst sind, ein hohes Maß an Anziehungskraft aus, insbesondere in der konzentrierten Form von Festivals.
INHALTSVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
1.1. ZIELSETZUNG
1.2. AUFBAU DER ARBEIT
2. BEGRIFFLICHE UND FUNKTIONALE ABGRENZUNG
2.1. TOURISMUS
2.2. REISEVERANSTALTER
2.2.1. Definition und Funktion
2.2.2. Typen von Reiseveranstaltern
2.3. FESTIVALS
2.4. NISCHE
3. ANGEBOTS- UND NACHFRAGESTRUKTUREN IM REISE- VERANSTALTERMARKT
3.1. ENTWICKLUNG DES REISEMARKTES
3.2. VERÄNDERUNG DER ANGEBOTSSTRUKTUR
3.2.1. Aktuelle Entwicklungen auf dem Angebotsmarkt
3.2.2. Fragmentierung und Differenzierung
3.2.3. Segmentierung und Spezialisierung
3.2.4. Standardisierung, Modularisierung und Flexibilisierung
3.3. VERÄNDERUNGEN DER NACHFRAGESTRUKTUR
3.3.1. Allgemeine Trends
3.3.2. Mobilität und Sicherheitsdenken
3.3.3. Individualisierung und Flexibilisierung
3.3.4. Eventisierung und Erlebnisgesellschaft
3.4. TOURISTISCHE ATTRAKTIONEN
4. FESTIVALTOURISMUS
4.1. EIGENARTEN UND TOURISTISCHE BEDEUTUNG VON FESTIVALS
4.2. MARKTRELEVANZ VON FESTIVALS
4.3. UNTERSCHEIDUNGSKRITERIEN VON FESTIVALS
4.3.1. Ort und Gr öß e
4.3.2. Anlass und Thema
4.3.3. Zeitlicher Rahmen
4.4. VERANSTALTER
4.4.1. Veranstaltungsmotiv
4.4.2. Destinationen und Veranstalter
4.5. REISEVERANSTALTER IM FESTIVALSEGMENT
4.5.1. Generelle Aspekte
4.5.2. Generalisten
4.5.3. Spezialisten
5. STRATEGISCHE BETRACHTUNG
5.1. KRITISCHE ERFOLGSFAKTOREN FÜR FESTIVALS
5.1.1. Produktlebenszyklus
5.1.2. Einzugsgebiet, Image und Bekanntheitsgrad
5.1.3. Professionalität und Atmosphäre
5.2. GENERELLE STRATEGIEN
5.3. NISCHENSTRATEGIEN
5.4. CHANCEN UND RISIKEN
5.4.1. Ö konomische und nicht- ö konomische Effekte
5.4.2. Spezialisierung
5.4.3. Lock-In-Effekte und Quasirente
5.4.4. Verschiedene Barrieren
6. ZUSAMMENFASSUNG UND HANDLUNGSEMPFEHLUNG
LITERATURVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
ABBILDUNG 1: Besucher von Festivals
ABBILDUNG 2: Klassifizierung von Reiseveranstaltern
ABBILDUNG 3: Entwicklung der Wochenarbeitszeit und der Urlaubstage
ABBILDUNG 4: Evolutionäre Marktentwicklung
ABBILDUNG 5: Entwicklung des deutschen Reisemarktes
ABBILDUNG 6: Marktsegmentierung unter Berücksichtung von Festivals und Events
ABBILDUNG 7: Touristisches Attraktionsmodell
ABBILDUNG 8: Neugründungen von Festivals in den letzten 150 Jahren
ABBILDUNG 9: Gesamtnutzen von Festivals
ABBILDUNG 10: Au ß en- und innengerichtete Effekte von Festivals
ABBILDUNG 11: Funktionstypen von Festivals
ABBILDUNG 12: Stellenwert von Festivals als Kern- oder Zusatzelement einer Reise
ABBILDUNG 13: Generalisten im Festivalveranstaltermarkt
ABBILDUNG 14: Anbietertypen von Pauschalreisen zu Festivals
ABBILDUNG 15: Spezialisten im Festivalveranstaltermarkt
ABBILDUNG 16: Der Produktlebenszyklus
ABBILDUNG 17: Festspiele innerhalb des Produktlebenszyklusses
ABBILDUNG 18: Interesse der Reiseveranstalter im Bezug auf das Einzugsgebiet
ABBILDUNG 19: Bekanntheitsgrad und verschiedene Reiseveranstaltertypen
ABBILDUNG 20: M ö gliche Strukturierung von Festivals
ABBILDUNG 21: Komponenten der Besucherzufriedenheit
ABBILDUNG 22: Wachstumsstrategien nach A NSOFF
ABBILDUNG 23: Die drei generellen Strategien P ORTERS
ABBILDUNG 24: Der Marketing-Mix für Events und Festivals
ABBILDUNG 25: Stellenwert einzelner Nischenstrategien für Festivalpauschalreisen
ABBILDUNG 26: Ausprägungen der Reiseformen
ABBILDUNG 27: Markteintritts- und Marktaustrittsbarrieren
TABELLENVERZEICHNIS
TABELLE 1: Anbieter für Festivals im deutschen Reiseveranstaltermarkt
TABELLE 2: Nischenstrategien
TABELLE 3: Ausgehende Effekte von Festivals
1. Einleitung
1.1. Zielsetzung
Seit Jahrzehnten findet in Deutschland ein deutlich wahrnehmbarer Wertewandel statt. Danach bestehen die hauptsächlichen Austragungsfelder dieses Wandels in jenen Werten, die HELMUT KLAGES als Pflicht- und Akzeptanzwerte einerseits und als Selbstentfaltungswerte andererseits bezeichnet. Hierbei werden Sonderfaktoren aufgrund der deutschen Wiedervereinigung vernachlässigt.
Zu den Pflicht- und Akzeptanzwerten zählen insbesondere Disziplin, Gehorsam, Pflichterfüllung, Treue, Unterordnung, Fleiß, Bescheidenheit, Selbstlosigkeit und Enthaltsamkeit. Selbstentfaltung artikuliert sich in gesellschaftsbezogenem Idealismus, wie Emanzipation, Gleichheit, Demokratie und Autonomie des Einzelnen, im Hedonismus, wozu Genuss, Abenteuer und Ausleben emotionaler Bedürfnisse zählen, sowie im Individualismus, der sich neben anderem in Kreativität, Spontaneität, Selbstverwirklichung, Ungebundenheit und Eigenständigkeit äußert.1
Ausdruck des Hedonismus, zumindest im erweiterten Sinne, sind unter anderem Events und Festivals, die seit Jahren im kulturellen Veranstaltungsbereich bemerkenswert an Bedeutung gewinnen. Als Folge hat sich daraus in jüngster Zeit ein eigener Wirtschafts- zweig entwickelt. Zahlreiche Spezialagenturen sind entstanden. „Event“ und „Festival“ sind zu Schlüsselbegriffen der letzten Jahre geworden. Im Sog der Erlebnisgesellschaft boomt die Nachfrage nach neuen, erlebnisorientierten Angeboten in Form von insze- nierten Events, Festivals und Themenwelten.2 Immer mehr rückt dabei die Suche nach dem speziellen „Kick“ oder „Thrill“ für den Besucher in den Vordergrund und der Kunde3 gibt sich insgesamt immer weniger mit standardisierten „gewöhnlichen“ Ange- boten zufrieden. Events üben, wenn sie in Clustern zusammengefasst sind, ein hohes Maß an Anziehungskraft aus, insbesondere in der konzentrierten Form von Festivals.
Folge ist, dass die im Zeitalter der Industrialisierung entstandene Zweiteilung des Lebensprozesses „hier arbeiten, dort wohnen“ eine zusätzliche Dimension erhalten hat. Sie ist um die Erholungskomponente ergänzt worden, so dass seither gilt: „hier arbeiten, da wohnen und dort erholen“.4 Dieser Erweiterung tragen im wachsendem Maße auch Reise- und Festivalveranstalter Rechnung. So steigt das Angebot an Festivals und Erlebnismöglichkeiten innerhalb des Tourismus, obwohl die allgemeine wirtschaftliche Situation der Branche rückläufig ist.5
Im Zuge der Eventisierung haben Festivals auch nachfrageseitig - sowohl klassische als auch andere Genre - regen Zulauf erfahren. Angesichts dieses allgemeinen Trends wird in dieser Arbeit geprüft, in wie weit sich hieraus Marktchancen für Reiseveranstalter mittels Nischenpolitik ergeben. Ferner soll diese Untersuchung Aufschluss darüber ge- ben, ob und in welcher Form die Möglichkeit besteht, Festivals als ein touristisches Pro- dukt durch Reiseveranstalter zu vermarkten und zu etablieren. Schließlich befasst sich diese Arbeit mit den von Festivals ausgehenden Wirkungen, bezogen auf Destinationen, Festival- und Reiseveranstalter.
Der Umfang von Literatur über Festivals als spezielle Ausprägung von Events ist bisher noch wenig umfangreich. Vielerorts findet sich zwar unzähliges Material über Events, jedoch fällt die explizite Behandlung von Festivals verhältnismäßig gering aus. Um die empirische Basis, insbesondere qualitativer Aspekte, zu erweitern, wurde eine Großzahl verschiedener Festivals angeschrieben mit der Bitte geeignetes Informationsmaterial zur Verfügung zu stellen. Mangels Rücklauf von verwertbaren Informationen wurde die Anfrage, ergänzt um einige konkrete Fragen hinsichtlich der Gestaltung, des Pro- gramms, wirtschaftlicher Gesichtspunkte und der Einbettung des Festivals in den Ver- anstaltungsort bzw. die Veranstaltungsregion, wiederholt.6 Aufgrund der geringen Fall- zahl verwertbarer Informationen, die repräsentative Aussagen nicht erlauben, werden in dieser Arbeit bestehende Zusammenhänge zwischen Festivals, Reiseveranstaltern und Regionen überwiegend anhand von Einzelbeispielen illustriert.
1.2. Aufbau der Arbeit
Eingangs erfolgt in Kapitel 2 eine inhaltliche Abgrenzung von Tourismus, Reiseveranstalter, Festivals und Nischen, um den Rahmen dieser Arbeit vorzugeben.
Darauf aufbauend, werden im 3. Kapitel die bestimmenden Marktverhältnisse sowohl angebots- als auch nachfrageseitig betrachtet. Eine spezielle Betrachtung erfahren dabei die sich in jüngster Zeit zunehmend verändernden Faktoren, wie Fragmentierung, Segmentierung und Modularisierung auf der Anbieterseite, und auf der Nachfragerseite die am Konsumenten orientierte wachsende Mobilität, Individualisierung und Eventisierung. Zusätzlich wird die touristische Attraktion vor dem Hintergrund des späteren Reisegrundes zu Festivals thematisch behandelt.
Im anschließenden Kapitel 4 wird der Markt des Festivaltourismus mit seinen Eigenschaften und Ausprägungen untersucht und mit den besonderen Aspekten der Nische in Verbindung gebracht. Zunächst wird dabei im Hinblick auf den Kundennutzen das Potenzial des Nischensegments untersucht. Danach gilt die Aufmerksamkeit jenen Unterscheidungskriterien, welche maßgeblich die touristische Attraktivität beeinflussen. Der Diskurs über das Interesse der Veranstalter von Festivals hinsichtlich des Veranstaltungsmotivs und der Destination schließt sich an. Unter Berücksichtigung der generellen Rahmenbedingungen wird das tatsächliche Angebot der Reiseveranstalter im Festivalsegment untersucht. Dies erfolgt durch eine detaillierte Aufteilung der Generalisten und Spezialisten in verschiedene Anbietergruppen.
Kapitel 5 beschäftigt sich nach der grundsätzlichen Behandlung des Marktsegments „Nische“ mit strategischen Aspekten und geht nach einer Untersuchung der wichtigsten Erfolgsfaktoren für Festivals auf generelle und, darauf aufbauend, auf einzelne Nischenstrategien ein. Der Fokus richtet sich dabei auf die im Kapitel 4 zuvor be- schriebenen Anbietergruppen sowie auf den Stellenwert des Festivals innerhalb einer Pauschalreise. Bei der Abwägung von Chancen und Risiken erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit jenen Aspekten, die bei der Verfolgung der einzelnen Strategien zu beachten sind.
In der abschließenden Zusammenfassung des 6. Kapitels werden die gewonnenen Erkenntnisse zu einer Handlungsempfehlung hinsichtlich strategischer Ansatzpunkte verdichtet.
2. Begriffliche und funktionale Abgrenzung
2.1. Tourismus
Was ist Tourismus? Die Antwort auf diese einfach erscheinende Frage erweist sich schwieriger als dies auf den ersten Blick zu vermuten ist. Von zehn befragten Personen wird man wohl kaum eine einheitliche Antwort bekommen. Eine durchaus gängige öffentliche Meinung bezeichnet Tourismus als eine der bedeutendsten Industrien der Welt. Der Stellenwert des Tourismus als Wirtschaftszweig zeigt sich in unter- schiedlichster Form. Besonders in Ländern und Regionen, die in starkem Maße von ihm abhängig sind, wird dies deutlich. Als anschauliches Beispiel sei hierfür Mallorca genannt, dessen Sozialprodukt zu über 50 % Prozent vom Tourismus erwirtschaftet wird und das über zahlreiche auf den Tourismus gemünzte Einrichtungen verfügt.7 Auch in verschiedenen Mittelmeerländern wie Israel, Spanien oder Griechenland wird durch die Einrichtung von Tourismusministerien die hohe Bedeutung dieser Branche ersichtlich. Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass Tourismus als eine eigen- ständige Industrie verstanden wird. Diese Aspekte stellen eine allgemeine Meinungs- haltung dar, reichen für eine wissenschaftliche Betrachtung allerdings nicht aus.
Bei der wissenschaftlicher Betrachtung des Begriffs „Tourismus“ ergeben sich Defini- tionsprobleme. Tourismus ist eine vielschichtige Angelegenheit und besteht aus einer Reihe verschiedener Disziplinen wie beispielsweise Geographie, Soziologie, Wirtschaft und Psychologie.8 Dementsprechend ist es nahezu unmöglich, eine eindeutige de- finitorische Abgrenzung für den Tourismus zu ziehen. Eine allumfassende Definition existiert nicht.9 Diese Problematik umschreibt auch COHEN mit folgender Aussage: “There is no single theory and no single practice for tourism [...] there is also no single type of tourist”.10 Er spricht damit zwei Probleme an. Zum Einen die Tatsache, dass es keine einzelne Theorie oder Disziplin gibt, die Tourismus umfassend und hinreichend behandelt, und zum Anderen impliziert seine Aussage den Hinweis, dass es den Touristen schlechthin nicht gibt. GILBERT kommt in seiner Untersuchung verschiedener Definitionen von Tourismus zu dem Ergebnis, dass dieser eine Verbindung von Mobilität von Personen mit der Motivation zu sozialer Aktivität, aus der ein ökonomischer Nutzen für die so genannte „Tourismusindustrie“ entsteht. ist.11 Nach EURichtlinien ist Tourismus:
„… die Tätigkeit von Personen, die zu Orten außerhalb ihrer gewohnten Umgebung reisen und sich dort höchstens ein Jahr lang zu Urlaubs-, geschäftlichen oder anderen Zwecken aufhalten, wobei hierbei Tourismus als eine Unterkategorie des Reisens gilt, sofern Reisen im weitesten Sinne als Bewegung von einem Ort zum anderen verstanden wird.“12
Somit beschreibt Tourismus im Wesentlichen drei Aktivitäten:
- Die Fortbewegung von Personen aus ihrer üblichen Umgebung für einen be- stimmten Zeitraum,
- die Interaktion von eben diesen Personen untereinander und / oder mit Personen der gastgebenden Region und
- den daraus resultierenden Einfluss auf die Wirtschaft.
Touristen sind somit für den Tourismus elementar. Entsprechend bedarf es auch hier einer Abgrenzung. Ähnlich wie beim Tourismus gibt es jedoch auch für den Begriff „Tourist“ keine einheitliche Definition. Einen recht weit gefassten Erklärungsansatz gibt LEIPER:
“Tourists can be defined in behavioural terms as persons who travel away from their normal residential region for a temporary period of at least one night, to the extent that their behaviour involves a search for leisure experiences from interactions with features or characteristics of places they choose to visit.”13
Etwas ausführlicher ist die Definition der WORLD TOURISM ORGANISATION (WTO), in deren Mittelpunkt die statistische Betrachtung touristischer Ströme steht. Sie schließt zusätzlich die Reisemotivation der Touristen ein:
“Any person residing within a country, irrespective of nationality, travelling to a place within this country other than his usual place of residence for a period of not less than 24 hours or one night for a purpose than the exercise of remunerated activity in the place vis- ited. The motives for such travel may be (1) leisure (recreation, holi- days, health, studies, religion, sports; (2) business, family, mission, meeting.”14
Zusammenfassend sind drei generelle Merkmale eines Touristen zu identifizieren:
- Das Verlassen der heimischen Umgebung um andere Regionen oder andere Länder zu besuchen,
- die zeitliche Begrenzung der Reise mit einer minimalen und einer maximalen Aufenthaltsdauer und
- ein Reisemotiv.
Für die Betrachtung von Festivals erscheinen neben diesen generellen Merkmalen weitere Untergliederungen sinnvoll. Gängig sind unter anderem die Abgrenzungen in nationale und internationale Touristen, sowie zwischen ankommenden (Incoming) und ins Ausland reisenden (Outgoing) Touristen.15 Interessant, in Hinblick auf Festivals, ist jedoch insbesondere die Betrachtung des Besuchers, da die Besucherstruktur die spätere Wahl eines geeigneten Strategieansatzes beeinflusst. GILBERT beschreibt den Besucher als:
“… any person visiting a country other than that in which he has usual place of residence, for any reason other than following an occupation remunerated from within the country visited.”16
Die übliche Unterteilung des Besuchers in Touristen und Tagesausflügler veranschaulicht nachfolgende Grafik:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Besucher von Festivals Quelle: Eigene Darstellung
Diese Unterscheidung nach Touristen und Tagesbesuchern wird für den Rahmen dieser Arbeit als ausreichend angesehen, so dass weitere definitorische Abgrenzungen und Untergliederungen keine Berücksichtigung finden.
2.2. Reiseveranstalter
2.2.1. Definition und Funktion
Die Abgrenzung des Begriffs „Reiseveranstalter“ bereitet im Allgemeinen kaum Schwierigkeiten. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Reiseveranstalter keinem be- sonderen berufsrechtlichen Schutz unterliegen wie beispielsweise Ärzte oder Anwälte. Entsprechend kann jeder als Reiseveranstalter fungieren, der nach eigener Meinung über eine ausreichende Qualifikation verfügt. Angesichts dieser Tatsache ist es jedem möglich, selbst im Markt des Tourismus aktiv zu werden und eigene Reisen zu organisieren. Diese Option der Eigenorganisation wird vielerorts wahrgenommen. Über
50 % der in den Urlaub fahrenden Bevölkerung begibt sich auf so genannte Individualreisen, was bedeutet, dass sie keinen Reiseveranstalter in Anspruch nehmen und ihre Reise selbst organisieren.17 Trotz allem erfüllen Reiseveranstalter einige wichtige Funktionen im Reisemarkt. Bevor auf diese eingegangen werden, zunächst eine kurze definitorische Betrachtung zum Begriff des Reiseveranstalters.
Eine relativ knappe Definition bietet SÜLBERG an:
„Als Reiseveranstalter bezeichnet man Unternehmen, die Einzel- leistungen verschiedener Leistungsträger zusammenstellen und als einheitliches Leistungspaket zu einem Gesamtpreis anbieten.“18
Etwas ausführlicher, aber in die gleiche Richtung zielend, werden Reiseveranstalter von SCHROEDER definiert:
„Reiseveranstalter ist, wer selbständige Reiseleistungen aus dem eigenen Unternehmen und / oder von dritten Leistungsträgern zur Pauschalreise zusammenfasst. Der Reiseveranstalter ist Vertrags- partner des Pauschalreisekunden, der Organisator / Unternehmer einer Pauschalreise, der die Reise aus einzelnen Leistungen zusammenstellt, diese standardisiert und sie als einheitliches Paket oder Arrangement direkt oder über Reisemittler, dem Reisekunden zum Gesamtpreis anbietet, zumeist mit Hilfe von Reisepros- pekten.“19
Beiden Definitionen ist gemein, dass Reiseveranstalter die Leistungsbündelung betreiben und dafür einen pauschalen Preis verlangen, sowie die Notwendigkeit sehen eine Unternehmung zu diesem Zweck betreiben. Die Definition nach SCHROEDER stellt zudem die rechtliche Situation des Reiseveranstalters als Vertragspartner des Endkonsumenten dar. Dementsprechend obliegt dem Reiseveranstalter neben der Planung und Organisation der Produkte auch das Haftungs- und Absatzrisiko. Im Rahmen dieser Arbeit findet die Definition SCHROEDERS Anwendung.
Bezüglich der Funktionen von Reiseveranstaltern bescheinigt HEINE ihnen aufgrund ihrer unterschiedlichen Aufgaben eine relative Schlüsselposition im Tourismusmarkt.20 Einen besonders wichtigen Faktor bildet hierbei die Senkung der Transaktionskosten. Die Informationsbereitstellung und die Informationsbeschaffung gelten dabei als Kern- elemente. Der Reisende benötigt, egal ob für eine individuelle oder pauschale Reise, Informationen, um die Reise zu buchen oder selbst zu organisieren. Entsprechend können Reiseveranstalter als Bündeler oder Aufbereiter von Informationen fungieren und somit eine Senkung der Transaktionskosten für die übrigen Marktteilnehmer bewirken. Transaktionskostenvorteile entstehen insbesondere durch Faktoren wie Häufigkeit (also Wiederholbarkeit), Spezifität (also Kenntnis des Reisemarktsegmentes) und Unsicherheit des Endkunden.21 Zu Recht bezeichnet HEINE deshalb Reise- veranstalter als Informationsbroker („… als Anbieter von Informationsprodukten auf Informationsmärkten …“22 ) der Tourismusbranche. Dieser Entwicklung entgegen wirkt der einfachere Zugang der Allgemeinheit zu Informationen aufgrund verbesserter technischer Voraussetzungen,23 was zur Senkung der Transaktionskostenvorteile des Individuums führt. Allerdings kann auch ein Informationsüberangebot entstehen, so dass bei Reiseveranstaltern verstärkt kundenspezifische Informationsaufbereitung nachgefragt wird.24
Neben dem Informationsvorsprung oder dem einfacheren Zugriff auf Informationen und der Bündelung durch den Reiseveranstalter, kann dieser auch Kostenvorteile durch eine bessere Verhandlungsposition erzielen. Insbesondere bei Pauschalangeboten durch den Einkauf von Kontingenten, erreichen Reiseveranstalter einen Kostenvorteil, den der Endkonsument alleine durchzusetzen nicht in Lage ist.25
Zusätzlich zur Dienstleistungsfunktion des Anbietens einer Reise nimmt ein Reiseveranstalter auch die Funktion des Produkterstellers ein. Durch neue Kombinationen von Ausgangs- oder Teilprodukten kreiert er Produktinnovationen.26 So gesehen haben Reiseveranstalter auch eine Erschließungsfunktion. Erst durch sie werden eine Reihe von Destinationen dem Tourismusmarkt zugänglich gemacht, Produkte entwickelt und einer breiten Masse als Reiseziel zur Verfügung gestellt.27
Eine weitere Funktion der Reiseveranstalter neben dem Vertrieb, den auch Reisebüros übernehmen, bezieht sich auf die Angebots- und Nachfragesteuerung. Neben Pauschal- angeboten werden Teilprodukte - auch als Teilpauschalreisen bezeichnet - verkauft, bei denen nicht alle Leistungen der Reise enthalten sind, wie zum Beispiel exklusive An- reise oder Verpflegung. Mitunter veräußern Reiseveranstalter auch nur Einzelleistungen wie „Flug“ oder „Hotel“. Hier besteht jedoch die Gefahr des „Kannibalismus“ gegenüber der Pauschalreise, da potentiell das gleiche Marktsegment angesprochen wird.28
2.2.2. Typen von Reiseveranstaltern
Innerhalb des Reiseveranstaltermarktes werden für diese Arbeit entsprechend der Themenstellung lediglich zwei generelle Typen von Reiseveranstaltern - „Generalisten“ und „Spezialisten“ - unterschieden. Die nachfolgende Grafik deutet zwar eine Vielzahl von weiteren Unterscheidungskriterien an, jedoch haben diese für diese Arbeit keine Relevanz.29
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Klassifizierung von Reiseveranstaltern Quelle: K IRSTGES (1996), S. 63
Als Generalisten bezeichnet man in der Reisebranche einen Reiseveranstalter, dessen Angebotspalette breit gefächert ist und der entsprechend ein großes Zielpublikum an- spricht. Das Angebot der Generalisten umfasst dabei verschiedene Reisearten, wie Badeurlaub, Städtereisen, Fernreisen, Kulturreisen oder Ähnliches und ist zudem nicht auf ein spezielles Land oder eine bestimmte Region beschränkt. Ferner werden die Reisen mittels unterschiedlicher Verkehrsträger angeboten.30 Im Allgemeinen werden
Generalisten auch als Massenreiseveranstalter bezeichnet. Ihr Kerngeschäft liegt in der klassischen, auf Sonne und Strand ausgerichteten Pauschalreise.31 In diesem Zusammenhang erscheint es gerechtfertigt, die Pauschalreise als wichtigstes Produkt der Generalisten kurz zu betrachten.
Eine Definition, die seitens der EU erstellt wurde, beschreibt die Pauschalreise folgendermaßen:
“Packages means the pre-arranged combination of not fewer than two of the following when sold or offered for sale at an inclusive price and when the service covers a period of more than 24 hours or includes overnight accommodation: transport, accommodation, other tourist services not ancillary to transport or accommodation and ac- counting for a significant proportion of the package.”32
Nach MUNDTS Ausführungen enthält die Pauschalreise sechs Bestandteile:
- die Dienstleistung der Organisation, Planung und Durchführung,
- die Leistungsbündelung,
- ein vorgefertigtes Programm, einen Pauschalpreis,
- das Haftungsrisiko durch den Reiseveranstalter und
- die Erlangung eines subjektiven oder objektiven Vorteils für den Kunden.33
Pauschalreisen sind eine Bündelung von mindestens zwei Hauptreiseleistungen. Hierzu zählen im Wesentlichen Transport, Unterkunft, Verpflegung, Transfer oder Animation. Der Reiseveranstalter ist der Produzent dieser Reise und damit auch für Haftung und Absatz verantwortlich. Eine Pauschalreise wird aufgrund ihres standardisierten und vorgefertigten Charakters klassischerweise über Kataloge vertrieben, wobei neue Kommunikationsmedien zusätzliche Absatzkanäle eröffnen.34
Spezialisten oder Spezialreiseveranstalter grenzen sich von Generalisten dahingehend ab, dass sie nur ein oder wenige bestimmte Marktsegmente im Reisemarkt bedienen.
Die Unterteilung kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen, z.B. thematisch, geografisch oder zielgruppenorientiert, um nur einige zu nennen.35 Auch wenn sich Spezialreiseveranstalter nur auf ein Segment konzentrieren, müssen sie nicht zwangsläufig klein sein. So gehört STUDIOSUS als Spezialist für Studienreisen bereits zu den größten deutschen Reiseveranstaltern.36 Ein ähnliches Beispiel bildete in Großbritannien YUGOTOURS, ein Reiseveranstalter, welcher sich Ende der 80er Jahre allein auf das Land Jugoslawien spezialisiert hatte.37
Bemerkenswert hinsichtlich einer Verbindung zwischen Generalisten und Spezialisten ist die Tatsache, dass generalistische Konzerne durchaus Spezialreiseveranstalter als Tochterunternehmen in ihrem Portfolio haben, wie beispielsweise die TUI mit dem Kreuzfahrtenspezialisten SEETOURS.38
2.3. Festivals
Mit Festivals verbinden die meisten Menschen Großereignisse wie Rock- oder Popkonzerte. Dies ist nicht weiter verwunderlich, da die großen und bekannten Festivals ihren Ursprung nach dem Zweiten Weltkrieg in großen Musik-Open-Air-Veranstal- tungen wie Woodstock, Monterrey oder Newport in den 60er Jahren hatten.
Gleichwohl reicht die Tradition von Festivals bis ins Mittelalter zurück. Der Ursprung von Festivals sind öffentliche Feiern in Verbindung mit einem Festmahl, deren Grund meist auf einem kulturellen Ereignis, wie die Hochzeit von Königspaaren, Kriegsende oder religiösen Aufführungen basiert. Entsprechend ist es nicht überraschend, dass das Festival vom Wortstamm her dem Wort „Fest“ entspringt und eine Zeitspanne des Feierns impliziert.39
Die heutige Definition von GETZ nähert sich dem an. Er versteht unter einem Festival “… a public, themed celebration”40. Eine enumerative Aufzählung der Merkmale eines Festivals liefert FALASSI:
“(a) a sacred of profane time celebration, marked by special obser- vances; (b) the annual celebration of a notable person or event, or the harvest of an important product; (c) a cultural event consisting of a series of performances of works in the fine arts, often devoted to a single artist or genre; (d) a fair; (e) generic gaiety, conviviality, cheerfulness.”41
Durch diese Aufzählung stellt er fest, was ein Festival alles darstellen kann, als Definition reicht sie indes nicht aus. Eine weitergehende begriffliche Klarstellung als GETZ bietet LIEB an, der kulturelle Aspekte in den Mittelpunkt stellt:
„In der Regel wird dann von einem Festival gesprochen, wenn zu einem Thema oder zu einem Themenbereich, zu einem bestimmten Zeitpunkt kulturelle Aufführungen angeboten werden. Die Art der kulturellen Darbietung ist dabei vielfältig.“42
Neben dem kulturellen Aspekt findet hier auch die zeitliche Dimension eines Festivals Berücksichtigung. Die kulturelle und regionale Dimension eines solchen wird durch die Definition von TOURISM SOUTH AUSTRALIA um das Zeitliche und das besondere Erlebnis, welches ein Festival innehaben sollte, ergänzt.43
Festivals bieten also ein besonderes kulturelles, in der Freizeit stattfindendes Erlebnis, welches einen starken Auslöser zum Reisen darstellt und dessen Ereignis für die gastgebende Kommune große Auswirkungen auf das öffentliche Leben hat. Charakteristisch für Events ist zudem die Einzigartigkeit, der innewohnende Span- nungsbogen, das Gemeinschaftserlebnis und zuweilen die Möglichkeit zur aktiven Be- teiligung.44 Zu beachten ist überdies der touristische Aspekt von Festivals.
Durch die Konzentration einer Vielzahl von (meist kulturellen) Events auf einen kurzen Zeitraum, kann ein Festival als touristischer Anziehungspunkt wirken.45 Entsprechend ist es nicht verwunderlich, dass kulturelle Veranstaltungen immer häufiger als Teilelemente der Leistungspalette von Destinationen46 erscheinen.47 Ferner stellen Festivals als künstlich geschaffener temporärer Anreiz einen zusätzlichen Reiz für den Besuch einer bestimmen Region oder Kommune dar.48
Zusammenfassend wird in dieser Arbeit unter einem Festival ein mehrtägiges, mit mehreren Veranstaltungen stattfindendes, kulturelles Ereignis unter einem spezifischen Thema verstanden, welches einen in seinen Auswirkungen nicht genau bestimmbaren Einfluss auf den Tourismus hat.
2.4. Nische
Der Begriff „Nische“ stellt im herkömmlichen Sprachgebrauch einen eindeutigen bild- lichen Begriff dar. Jeder kennt die Nische in der Felswand, im Restaurant oder in einer kleinen Wohnung. Es gibt jedoch etliche Disziplinen, die diesen Begriff analog ver- wenden. So versteht man wissenschaftlich in der Physik die Nische als einen Zwischen- raum von geringem Ausmaß. Die Biologie hingegen betrachtet sie als eine Spezialisie- rung oder Ausprägung, durch die ein Lebewesen überlebensfähiger in seiner Umwelt wird.
In der Betriebswirtschaftslehre gibt es hinsichtlich des Begriffs „Nische“ ebenfalls verschiedene Definitionsansätze. Unter dem Aspekt des Wettbewerbsverhaltens, bezogen auf den Markt, bestimmt sich eine Nische aus einer Divergenz von Anbietern und Nachfragern. PORTER bezieht diese Divergenz ausschließlich auf die Angebotsseite. Ursache der Divergenz sind seiner Auffassung nach Wettbewerbsvorteile, die sich in Differenzierung oder Spezialisierung einzelner Anbieter gegenüber dem Gesamtanbietermarkt widerspiegeln.49 Er sieht dabei in der Differenzierung das wesentliche Merkmal der Nische, wobei einerseits Kostenvorteile (also Kostenführerschaft) im Marktsegment und andererseits Spezialisierungen im Produkt- und Leistungssegment (Fokussierung) die Gründe einer Differenzierung sein können.50
COOPER ET AL. sehen Nischen in einer ähnlichen Art und Weise. Sie passen sich wietestgehend PORTERS Fokussierungsstrategie an, wobei sie allerdings die Konzentration auf spezielle Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt stellen.51 Ebenso erläutert CZEPIEL die Nische als ein Element zur Schaffung eines Wettbewerbsvorteils und beschreibt sie “… as each unique combination of resources and competitive conditions sufficient to support any one type of organisation.”52
Ausgehend vom Gesamtmarkt definieren demgegenüber KOTLER und BLIEMEL Marktnischen als spezialisierte Nebenanbieter eines von großen Firmen dominierten Teilmarktes.53 Ähnlich argumentieren HALLIBURTON und HÜNERBERG, die die Nische ebenfalls auf eine kleine Zielgruppe beschränken, jedoch eine geografische Abgrenzung auf kleine und mittelständische Unternehmen vornehmen.54 CAVALLONI bringt die Nische mit Strategie in Verbindung und bezeichnet sie als Markteintrittsstrategie zur Erschließung neuer Märkte und möglicherweise als Grundlage für einen neuen spezialisierten Betrieb.55 Aus Sicht von ROSENBAUMS stellt die Besetzung einer Nische hingegen eine Nebenstrategie für Generalisten dar, um eine Marktposition zu sichern.56 Da im Mittelpunkt dieser Arbeit die Bedienung des Marktes aus Sicht des Angebotes von Reiseveranstaltern steht und der Absatzmarkt ins Zentrum des Interesses rückt, wird den Definitionen PORTERS und CZEPIELS gefolgt. Auf die einzelnen identifizierten Strategiemöglichkeiten CAVALLONIS und ROSENBAUMS wird indes bei der Betrachtung der verschiedenen Nischenstrategien in Kapitel 5.3. eingegangen.
Unabhängig von definitorischen Aussagen bedarf es gewisser Eigenschaften und Funktionen, die eine Nische zu erfüllen hat. Charakteristisch für sie ist die Notwendigkeit der Unterscheidung und Abgrenzung gegenüber dem Gesamtmarkt. Spezialisierung erweist sich dafür als probates Mittel. Es ist jedoch zu beachten, dass Nischen und Spezialisierung nicht deckungsgleich sind. Die Spezialisierung ist zwar notwendige, jedoch nicht hinreichende Bedingung für eine Nische.57
Als besonderes Merkmal der Nische ist, unter dem Gesichtspunkt der Nachfrage, zudem der im Verhältnis zum Gesamtmarkt außergewöhnliche Kundenwunsch zu sehen.58 Deshalb spielt das Marktsegment in ihrer Besetzung eine wichtige Rolle. Neben der Größe ist auch die Konzentration, das heißt die Anzahl der Mitbewerber und der nötige Spezialisierungsgrad innerhalb des Marktsegmentes von Bedeutung. Allein die Kom- bination eines begrenzten Marktes und einer starken Spezialisierung sie entstehen.59
Funktional erfüllt die Nische zwei wesentliche Aspekte. Erstens bewirkt ihre Existenz Produktinnovation und Produktvariation, da ansonsten eine Marktlücke entstehen würde. Daraus folgernd kommt Nischen eine Ergänzungsfunktion oder Marktver- längerung im Sinne einer größeren Produkt- und Marktvielfalt zu. Diese rührt daher, dass die Entwicklung neuer Produkte - durch bessere Kenntnis der Marktsituation im Nischensegment - wahrscheinlicher als auf dem Gesamtmarkt ist und demzufolge neue Aspekte für die Produktentwicklung gewonnen werden können.60 Ihr zweiter funk- tionaler Aspekt beinhaltet komparative Vorteile, die beispielsweise durch die Spe- zialisierung in Form von Kostenvorteilen, Wissensvorsprung oder Lerneffekten ent- stehen.
Im Rahmen dieser Arbeit soll gezeigt werden, dass eine Nische „Festival“ für den Reiseveranstaltermarkt existiert.
3. Angebots- und Nachfragestrukturen im Reise- veranstaltermarkt
3.1. Entwicklung des Reisemarktes
Als Wiege der organisierten Urlaubsreise wird die 1841 veranstaltete Tagesreise von THOMAS COOK in Großbritannien gesehen.61 Auch wenn hierin die Anfänge der Pauschalreise und somit des kommerziellen Reisens zu finden sind, hat sich die heute zum Tourismus zählende Form der Veranstalterreisen doch in seiner Marktmasse erst nach dem Zweiten Weltkrieg gebildet.
Der Beginn des Reiseveranstaltermarktes im Nachkriegsdeutschland hatte seine An- fänge bei der Bahn. Mittels des 1951 gegründeten Unternehmens TOUROPA wurden durch Sonderzüge und Sondertarife Reisen für eine breite Masse der Bevölkerung er- schwinglich. Neben der Bahn begannen sich in einem zweiten Entwicklungsschritt, nach dem Wiedererlangen der deutschen Lufthoheit im Jahr 1955, umgehend die ersten Charterfluggesellschaften wie das LUFTTRANSPORT-UNTERNEHMEN (LTU) und der DEUTSCHER FLUGDIENST (DFD) zu gründen. Letzterer firmierte 1961 in CONDOR um. Im Zuge der aufkommenden Mobilität traten zudem neben etablierten Busreisever- anstaltern wie HAFERMANN-REISEN (1911) und ANTON GRAF REISEN (1928) neue wie ALPETOUR (1961), RAINBOW TOURS (1987) und SCHUMANN REISEN (1990) in den Markt, die heute zu den größten ihrer Zunft gehören.
Der eigentliche Grundstein des Massentourismus wurde jedoch durch die in den 60er Jahren entwickelte klassische „Baden-Sonne-Strand-Pauschalreise“ gelegt. Die erste Flugreise als weiterer bedeutender Eckpunkt wurde 1961 von NECKERMANN ins Katalogprogramm aufgenommen.62 Mit der Entstehung von NECKERMANN UND REISEN63 (1965; jetzt Teil des THOMAS COOK-Konzerns), TOURISTIK UNION INTERNA- TIONAL64 (1968), ALLTOURS (1974), ÖGER (1969), FROSCH TOURISTIK INTERNATIONAL65 (1981) und DERTOUR (1983) formierten sich in den folgenden Jahren Unternehmen, die bis heute die Touristiklandschaft in Deutschland größtenteils bestimmen. Mit ihrer Entwicklung erlebte auch der Charterflugtourismus seinen großen Aufschwung.66 Dieser war und ist maßgeblich für die touristische Erschließung neuer Destinationen im Mittelmeerraum und in den folgenden Jahren in Fernreiseregionen wie der Karibik oder Süd-Ost-Asien verantwortlich.67
Die Vergrößerung und wachsende Vielfalt des Tourismusmarktes zog eine steigende Anzahl von Reiseveranstaltern nach sich. Gab es in den 60er Jahren im aufkommenden Massentourismus lediglich etwas über 200 Reiseveranstalter, so liegt ihre Zahl heute jenseits der tausender Marke.68 Parallel zur Angebotsausweitung erlebte auch die Nachfrage nach Urlaubsreisen einen kontinuierlichen Zuwachs.
Der sich abzeichnende Reiseboom findet seinen Ursprung bereits in der Nachkriegszeit. Schon relativ schnell nach dem Zweiten Weltkrieg galt Reisen nicht mehr als Luxus- vergnügen. Im Jahr 1953 wurden von 83% der deutschen Bevölkerung69 Reisen nicht als Luxus bezeichnet. Zu verreisen war somit bereits zu dieser Zeit nicht unüblich. Trotzdem fuhr bis 1960 lediglich ein Drittel der deutschen Bevölkerung in den Urlaub.70
Die positive Entwicklung des Reisens ist durch verschiedene Grunddeterminanten bestimmt. An oberster Stelle der Determinanten dürfte hierbei die Reisemotivation stehen. Hinsichtlich dieser identifiziert DANN „Push-“ und „Pull-Faktoren“, welche die Reiseentscheidung des Touristen nachhaltig beeinflussen. Push-Faktoren entstehen aus der Motivation der Person und gelten seiner Meinung nach als Auslöser des Reise- wunsches. Pull-Faktoren wirken dagegen auf die Touristen anziehend im Hinblick auf eine bestimmte Destination.71 Ähnliches ermittelt CROMPTON bei seinen Forschungen. Er trennt Reisemotivation in soziopsychologische (Push) und kulturelle (Pull) Faktoren. Seiner Ansicht nach gibt es lediglich zwei kulturelle Faktoren: Lernen und der Reiz einer neuen Umgebung. Alle anderen Faktoren, wie Flucht aus dem Alltag, Erkundung, Selbsterfahrungen sammeln, Entspannung, Prestige, Freundschaft und soziale Interaktion oder die Rückkehr zu sich selbst, gehören zu den soziopsychologischen Faktoren.72 Letztere beurteilt er als ausschlaggebend für die originäre Reiseentscheidung. Die beiden kulturellen Aspekte des Lernens und des Reiz des Neuen sind für die Entscheidung der Teilnahme an Festivals von besonderer Bedeutung und haben hinzukommend eine Relevanz in der Gestaltung von Destinationsprofilen.73
Weitere wesentliche Faktoren für die Entwicklung der Reisenachfrage sind Freizeit und Geld. Über den Zeitraum des letzten Jahrhunderts haben sich beide Faktoren zu Gunsten der Möglichkeiten des Reisens entwickelt.74 Die nachfolgende Grafik veranschaulicht dies.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Entwicklung der Wochenarbeitszeit und der Urlaubstage Quelle: M UNDT (2001), S. 41
Entscheidender Eckpfeiler für die Entstehung geregelter Freizeit war hierbei das Inkraft- treten des einheitlichen Urlaubsgesetzes vom 08. Januar 1963 in der Bundesrepublik Deutschland, das jedem Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Urlaub zu- billigte.75
Die wachsende Anzahl der freien Tage und ein steigender Wohlstand aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs in den 50er und 60er Jahren, sowie die technischen Entwicklungen, unter anderen im Transportwesen, wie z.B. der Einsatz von düsengetriebenen Flugzeugen und elektrischen Zügen, forcierten die Reisetätigkeit. Die wachsende Mobilität und die Verkürzung der Wochenarbeitszeit, sowie eine wachsende Verstädterung, unterstützten überdies die Nachfrageentwicklung im Tourismus.76 ROTH komprimiert die Entwicklung des Tourismus in einem Satz: „Erst die Industriegesellschaft hat die Voraussetzungen, das Bedürfnis und die Mittel geschaffen, dass immer breitere Schichten am Tourismus teilhaben konnten.“77
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Tourismus seit dem Zweiten Weltkrieg zu einem bedeutenden Industriezweig der Wirtschaft geworden ist.
3.2. Veränderung der Angebotsstruktur
3.2.1. Aktuelle Entwicklungen auf dem Angebotsmarkt
Es gibt keine Statistik in Deutschland, die alle Reiseveranstalter des deutschen Reisemarkts umfasst. Generell lässt sich jedoch sagen, dass es nur wenige große Veranstalter, circa 50 mittelgroße und mehr als 1000 kleine und Kleinstveranstalter gibt. Darin nicht enthalten sind Busunternehmen, Reisebüros, Theater und / oder Festival- veranstalter, die häufig selbst als Veranstalter eigener organisierter Reisen auftreten.78 Allgemein vollzieht sich bei den großen Anbietern eine zunehmende Konzentration. So beispielsweise die Bündelung der touristischen Aktivitäten der Konzerne DEUTSCHE LUFTHANSA und KARSTADT-QUELLE zum neuen Großkonzern THOMAS COOK (Mitte 2001) oder der Aufkauf der THOMPSON TRAVEL GROUP durch die TUI.79 Daher ist es nicht verwunderlich, dass etwa 80 % des Marktes in Deutschland auf 53 Veranstalter entfallen, wobei die großen Drei, TUI, THOMAS COOK und die REWE-GRUPPE davon wiederum über 65 % des Marktes für sich beanspruchen.80
Unabhängig dieser Konzentration scheint zumindest kurzfristig der Zenit des Pauschal- und Massentourismus erreicht zu sein. Waren die Zuwachsraten im Pauschalreisemarkt in den 80ern und 90ern noch über der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsquote, stagniert die Zahl der Pauschalreisenden und ging in den letzten zwei Jahren sogar zurück. Ähnlich verhält es sich bei Kurzreisen, deren Zahl von 58 Millionen in 2001 auf 53 Millionen in 2002 zurückging.81
In Anbetracht der stockenden Umsätze vollzieht sich in der Angebotsstruktur des Tourismus ein starker Wandlungsprozess. Dies gilt vor allem im Hinblick auf neue Angebote, mit denen vornehmlich die großen Veranstalter versuchen, stagnierendem bzw. schrumpfendem Umsatz entgegenzuwirken.
Ein Ansatz für den Wandlungsprozess ist eine Flexibilisierung und Individualisierung der alten Programme. So bieten NECKERMANN und die TUI beispielsweise Urlaub auf Ratenzahlung an.82 DERTOUR bündelt seine Bausteine neu in Form von „Drei-Städte- Reisen“ oder der Kombination von Wellness und Städtereise. Des Weiteren präsentiert sich die TUI mit einer neuen Discount-Marke (DISCOUNT-TRAVEL), sowie einer eigenen Billigairline (HAPAG LLOYD EXPRESS). Auch wird in einigen Unternehmen versucht, den Service weiter auszubauen, wie beispielsweise durch ‚early-check-ins’ und ‚late- check-outs’ in den Hotels oder auch mehrmals wöchentlich startenden Sportpro- grammen in den Clubanlagen.83
Allgemein lässt sich beobachten, dass Pauschalreisen zusehends durch Individualreisen, insbesondere in Folge von Destinationswechseln, substituiert werden.84 Da nach wie vor neue Anbieter in den Markt treten, verschärft sich zudem der Wettbewerb und es kommt zu einer stärkeren Ausdifferenzierung des Angebotes am Markt.85
3.2.2. Fragmentierung und Differenzierung
Ausgehend vom letztgenannten Aspekt in Kapitel 3.2.1. ist es verständlich, dass der touristische Markt zuweilen als fragmentiert bezeichnet wird. Dies ist insofern nachvollziehbar, als dass diverse Indikatoren auf die Fragmentierung des touristischen Marktes hinweisen. Dabei handelt es sich zum Einen um die engen Margen, zum Anderen aber auch um den hart umkämpften Wettbewerb, sowohl innerhalb der großen als auch zwischen den kleinen Anbietern. Die Folge ist die immer stärkere Ausdif- ferenzierung der Produkte, was zwar einerseits Leistungssteigerungen nach sich zieht, andererseits aber auch immer mehr kleine Fragmente und Segmente zum Vorschein bringt. Das Ergebnis ist eine zunehmende Spezialisierung des Angebotes, ohne dass sich das Gesamtvolumen des Marktes vergrößert. Die folgende Grafik veranschaulicht den eben beschrieben Prozess der Fragmentierung.86
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Evolutionäre Marktentwicklung Quelle: R OSENBAUM (2000 ), S. 54
Märkte neigen zur Zersplitterung, wenn die Phase des Wachstums oder der Reife im Marktlebenszyklus erreicht wird.87 Dies trifft auf den Tourismusmarkt in Deutschland zutrifft, was der verstärkte Handel mit einzelnen Komponenten der Pauschalreise wie „nur Flug“ oder „nur Hotel“ oder anderen singulären Bestandteilen einer Pauschalreise indiziert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Entwicklung des deutschen Reisemarktes Quelle: Eigene Darstellung
Sie zeigt eine Zunahme der Segmentierung und damit eine Tendenz zu nischenartigen oder fragmentierten Märkten. Gegen eine vollkommene Fragmentierung und aus- schließliche Entwicklung von Nischenmärkten im Tourismus spricht indes die Tatsache, dass einige wenige große Reiseveranstalter über 50 % des Marktvolumens auf sich ver- einigen.88 Daher erscheint es angebracht, von einer teilweisen Fragmentierung des Reisemarktes, verbunden mit einigen Elementen der Spezialisierung, zu sprechen. Die Trennlinie zwischen Fragmentierung und Spezialisierung verläuft dabei fließend.
3.2.3. Segmentierung und Spezialisierung
Die eben gezeigte Abbildung 5 veranschaulicht, die sich abzeichnende Entwicklung vom Massenmarkt zum Nischenmarkt. Spezialisierung und Segmentierung wachsen in ihrer Bedeutung. Im Gegensatz zur Fragmentierung, die sich vorrangig auf anbieterseitige Marktzersplitterung bezieht, geht es bei der Segmentierung um die bewusste Teilbetrachtung von Kundengruppen und / oder Marketinginstrumenten.
Kennzeichnend für Marktsegmentierung sind nach WILKIE drei Merkmale: Erstens eine hohe Gruppenspezifikation, also eine starke Homogenität der Gruppe, zweitens ein ähnliches Kundenbedürfnis der Gruppe und drittens die Erreichbarkeit der Gruppe durch einen speziellen Marketing-Mix.89
Ziel der Marktsegmentierung ist eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen dem Produkt, seiner Vermarktung und den als Zielgruppe definierten speziellen Abnehmern, so dass eine möglichst homogene Käuferschicht innerhalb des Segments entsteht. Entscheidend ist dabei, dass die einzelnen Segmente klar voneinander trennbar sind. Durch die Aufteilung in Marktsegmente lassen sich Veränderungen am Produkt oder der Leistung besser beurteilen, da die Abnehmer innerhalb der einzelnen Segmente sen- sibler auf Produkt- oder Vermarktungsveränderungen reagieren. Ferner besteht durch die Segmentierung eine bessere Chance eventuelle Marktlücken zu erkennen.90
Hinsichtlich der Unterteilung in Kundensegmente gibt es unterschiedliche Ansätze, wobei eine Abgrenzung mittels demografischer, geografischer, psychologischer oder verhaltensabhängiger Faktoren in der Literatur gängig ist. Diese Unterteilung ist jedoch nicht erschöpfend. Insbesondere unter dem Aspekt der späteren Betrachtung des Festivaltourismus sind andere oder weitere Segmentierungen durchaus wünschenswert. Eine Ergänzung möglicher Faktoren der Abgrenzung, insbesondere mit einem speziellen Bezug zu Festivals und Events, zeigt Abbildung 6.
Neben den üblichen Faktoren der Segmentierung werden in dieser auch Motivation, Wiederholungsmerkmale und andere Voraussetzungen als Basis der Unterteilung in Betracht gezogen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Marktsegmentierung unter Berücksichtung von Festivals und Events Quelle: G ETZ (1997), S. 261
Festzuhalten im Bezug auf Spezialisierung ist, dass sich eine Reihe von spezialisierten auf gewisse Zielgruppen festgelegte Reiseveranstalter entwickelt haben. Diese sind ihrerseits durchaus erfolgreich, so dass sie nicht zwangsläufig kleine Unternehmen bleiben. Beispiel hierfür ist der bereits erwähnte Studienreiseveranstalter STUDIOSUS.
Als Ergebnis wachsender Segmentierungen und Spezialisierungen bleibt zu beachten, dass die Entwicklung neuer Produkte mit einem deutlichen Zuwachs an erlebnisorientierten Angeboten voranschreitet.
3.2.4. Standardisierung, Modularisierung und Flexibilisierung
Die Standardisierung, Modularisierung und Flexibilisierung des Angebotes werden nicht nur für die kleinen Anbieter, sondern auch immer mehr für die großen Reise- veranstalter zur Notwendigkeit. Aufgrund einbrechender Umsätze91 - in erster Linie bei den klassischen Pauschalreisen „zweiwöchiger Badeurlaub in der Sonne“ - sind sie ge- zwungen, ihr Angebot zu modifizieren, umzugestalten und mehr auf den Kunden einzugehen.
Tourismuskonzerne, deren Hauptprodukt weitestgehend die standardisierte „Pauschal- reise“ ist, werden die Möglichkeiten der Modulentwicklung zukünftig stärker berück- sichtigen müssen. Bislang war das touristische Angebot weitestgehend anbieter- gesteuert. Flexibilität und individuelle Wünsche der Kunden wurden allenfalls gering- fügig berücksichtigt. Die großen Konzerne können es sich jedoch aufgrund des Überangebotes an Reisen und des stagnierenden Marktes nicht mehr leisten, die wachsende Nachfrage nach kundenindividuellen und innovativen Lösungen zu igno- rieren. Folglich bedarf es eines grundlegenden Gesinnungs- und Strukturwandels. Ein Ansatzpunkt liefert die Modularisierung. Mittels dieser kann die Pauschalreise in einzelne standardisierte Bausteine zerlegt und anschließend vielfältig neu kombiniert werden.92 Das Baukastenprinzip eröffnet so die Möglichkeit, den Pauschalurlaub individuell auf den Kunden zuzuschneiden. Auch wenn die Einzelelemente des Baukastens selbst nicht viel Neues bieten, kann durch originelles Zusammensetzen standardisierter Komponenten beim Kunden zumindest der Eindruck einer innovativen individuellen Leistung entstehen. Überdies besteht die Chance neue Elemente wie Events oder Festivals in dieses Baukastenprinzip zu integrieren.
Neben dem Vorteil flexibler reagieren zu können, steigert die modulare Entwicklung der Produktion aufgrund ihrer mehrfachen Verwendungsmöglichkeit die Innovations- rate eines Unternehmens.93 So kann behauptet werden, dass auch die wachsende Produktvielfalt im Tourismus, zumindest teilweise, auf der Basis von Modulen und Produktplattformen beruht. Ferner ist festzuhalten, dass die Modularisierung große Möglichkeiten für die Behebung von Komplexität im Unternehmen bietet.94 Die damit einhergehende Standardisierung der Einzelelemente unterstützt zudem die Prozesssicherheit und reduziert Kosten.95 Als Folge fördern Produktsegmentierung und modulare Unternehmen letztendlich Spezialisten zu Tage, welche die vom Markt geforderte Perfektion erreichen.96
[...]
1 Vgl. KLAGES (1984), S. 18f..
2 Vgl. GEBHART & ZINGERLE (1998), S. 28.
3 Die ausschließliche Verwendung des Begriffs „Besucher“ und „Kunde“ etc. dient allein der Lesbarkeit des Textes und ist nicht als Ausdruck einer Diskriminierung von „Besucherinnen“ oder „Kundinnen“ etc. misszuverstehen.
4 Vgl. KRIPPENDORF (1984), S. 51.
5 Vgl. GRUNER & JAHR (2003), http://www.gujmedia.de/marktdaten/pdf/tr_0302.pdf, S. 3.
6 Insgesamt wurden 125 verschiedene Festivalveranstalter per E-Mail angeschrieben, von denen lediglich acht brauchbares Informationsmaterial zur Verfügung stellten. Durch die konkretisierte Fragestellung konnte die Antwortquote zwar auf 45% gesteigert werden, jedoch beschränkten die meisten Festivals ihre Informationen lediglich auf allgemeine Zahlen wie Veranstaltungs- und Besucheranzahl, sowie Auslastungsquote der Veranstaltung.
7 Vgl. MÜLLER, A. (2001), S. 79.
8 Vgl. SCHOSSER (1997), S. 91f..
9 Vgl. SMITH (1989), S. 30ff..
10 COHEN (1979) in LEIPER (1995), S. 20.
11 Vgl. GILBERT (1991), S. 11ff..
12 WAIBEL (2001), http:// uggg-pc-s3.uni-geog.gwdg.de/kus/lehre/wm2000/wm2000-def-eu-all.pdf.
13 LEIPER (1995), S. 11.
14 WTO (1981) in SMITH (1988), S. 180.
15 Vgl. u.a. MIDDLETON (1988, 1994, 2001), S. 4f. und MUNDT (2001), S. 4f..
16 GILBERT (1991), S. 9.
17 Vgl. REISEANALYSE (2002), http://www.fur.de/home/Reiseanalyse_2002.pdf.
18 SÜLBERG (1998) in HAEDRICH ET AL. (1998), S. 588.
19 SCHROEDER (1995), S. 205.
20 Vgl. HEINE (1998), S. 618.
21 Vgl. GÖBEL (2002). S. 139f..
22 HEINE (1998), S. 624.
23 Zum Beispiel das Internet und die Telekommunikation.
24 Vgl. HEINE (1998), S. 626f..
25 Vgl. MIDDLETON (1988, 1994, 2001), S. 413.
26 Vgl. ARTHO (1996), S. 27.
27 Vgl. HEINE (1998), S.618.
28 Vgl. MUNDT (1994), S. 355f..
29 Andere oder ergänzende Typen von Reiseveranstaltern sind zwar existent, werden hier jedoch nicht näher ausgeführt.
30 z.B. Bus, Flugzeug, Schiff oder Auto. Vgl. SCHROEDER (1995), S. 110.
31 Vgl. MUNDT (1994), S. 28.
32 EU KOMMISSION FÜR PAUSCHALTOURISMUS (1993) in MIDDLETON (1988, 1994, 2001), S. 412.
33 Vgl. MUNDT (1994), S. 69ff..
34 Vgl. SCHROEDER (1995), S. 188.
35 Vgl. SCHROEDER (1995), S. 223.
36 Vgl. FVW DOKUMENTATION (2002), S. 5. In dieser wird Studiosus als 10. größter Reiseveranstalter geführt.
37 Vgl. MUNDT (1994), S. 29.
38 Vgl. MUNDT (1994), S. 51.
39 Vgl. DERRETT (1999), S. 6.
40 Vgl. GETZ (1991), S. 54.
41 FALASSI (1987) u.a. in GETZ (1991), S. 53 und HALL (1992), S. 5.
42 LIEB (1994), S. 269.
43 Vgl. TOURISM SOUTH AUSTRALIA (1990) in HALL (1992), S. 4.
44 Vgl. SCHULZE (1998), S. 314.
45 Vgl. LEIPER (1995), S. 149.
46 Eine Destination stellt nach SCHROEDER den Ziel- bzw. Bestimmungsort im Zielgebiet dar. Vgl. SCHROEDER (1995), S. 65.
47 Vgl. FREYER (1996), S. 211.
48 Vgl. INDEN (1993), S. 28.
49 Vgl. PORTER (1990, 1998), S. 73ff..
50 Vgl. PORTER (1980), S. 11ff..
51 Vgl. COOPER ET AL. (1991), S. 67.
52 CZEPIEL (1992), S. 230.
53 Vgl. KOTLER & BLIEMEL (1991), S. 555.
54 Vgl. HALLIBURTON & HÜNERBERG (1993), S.96f..
55 Vgl. CAVALLONI (1991), S. 87ff..
56 Vgl. ROSENBAUM (1999), S. 365f..
57 Vgl. CAVALLONI (1991a), S. 27.
58 Vgl. ROSENBAUM (2000a), S. 56f..
59 Vgl. CAVALLONI (1991), S. 19ff..
60 Vgl. LEIPER (1999), S. 73f..
61 Vgl. HAMBURGER ABENDBLATT (2003), S. 2.
62 Vgl. ROTH, S. (1999), S. 9.
63 Im Folgenden als NUR bezeichnet.
64 Im Folgenden als TUI bezeichnet.
65 Im Folgenden als FTI bezeichnet.
66 Vgl. LIEDKE (2002), S. 31ff..
67 Vgl. MUNDT (2001), S. 37f..
68 Vgl. TID TOURISTIK KONTAKT (2001), S. 151.
69 Diese Angaben beziehen sich bis zum Jahr 1989 lediglich auf die westdeutsche Bevölkerung.
70 Vgl. CONFINO (1998), S. 146.
71 Vgl. DANN (1977) in WITT and WRIGHT (1992), S. 38.
72 Vgl. CROMPTON (1979), S. 410ff..
73 Siehe in den Kapiteln 4 und 5.
74 Vgl. MUNDT (2001) S. 40.
75 Vgl. CONFINO (1998), S. 148.
76 Vgl. MAIER & OBERMAIER (1998), S. 102f.. Bezogen auf die Freizeit ist anzumerken, dass es neuerdings zunehmend Diskussionen über eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit und einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit gibt. Ob sich daraus Veränderungen für das Freizeit- und Urlaubsverhalten ergeben, lässt sich gegenwärtig nicht abschätzen
77 ROTH, S. (1999), S. 9.
78 Vgl. KIRSTGES (1996), S. 67f.. Man sprich in diesem Zusammenhang auch von Eigentouristik.
79 Vgl. LIEDKE (2002), S. 41ff..
80 Vgl. FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND (2002), S. 9.
81 Vgl. REISEANALYSE (2003), http://www.fur.de/home/Reiseanalyse_2003.pdf.
82 Vgl. HANDELSBLATT (2003), S. 14.
83 Vgl. TOURISTIK AKTUELL (2002), S. 21.
84 Vgl. HOMANN (2002), S. 33.
85 Vgl. KREILKAMP (1987), S. 152f..
86 Vgl. ROSENBAUM (2002), S. 54.
87 Vgl. KREILKAMP (1987), S. 165ff..
88 Vgl. FVW DOKUMENTATION (2002), S. 2.
89 Vgl. WILKIE (1994) in MOSCADO ET AL. (2001), S. 30f..
90 Vgl. KREILKAMP (1987), S. 101ff..
91 Vgl. GRUNER & JAHR (2003), http://www.gujmedia.de/marktdaten/pdf/tr_0302.pdf, S. 3.
92 Vgl. GÖPFERT & STEINBRECHER (2000), S. 22.
93 Vgl. MÜLLER, M. (2000), S. 51.
94 Vgl. GÖPFERT & STEINBRECHER (2000), S. 29.
95 Vgl. MAAS (2002), S. 59.
96 Vgl. HOLZ (1989), S. 48f..
- Citation du texte
- Jens Meyer-Bosse (Auteur), 2003, Festivals - eine Nische für Spezialisten oder Generalisten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23445
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