„Zombiefilme? Nein, da kommen keine mehr“ , lautete eine Äußerung des Filmkritikers und Autors Christian Keßler in den 1990er Jahren, in denen der Zombiefilm ein Auslaufmodell zu sein schien. Die Entwicklungen der letzten Jahre machen deutlich: Errare humanum est. Zombies stellen einen gewissen Archetyp dar, der im wahrsten Sinne des Wortes nicht tot zu kriegen ist. In den letzten Jahren eroberte die Figur des Zombies durch Filme wie 28 days later oder dessen Fortsetzung 28 weeks later zunehmend Teile der Leinwand zurück. Auch in anderen Medien und Formaten wie der Computerspielreihe Resident Evil oder der Comicreihe The Walking Dead erleben die Untoten ein bemerkenswertes Revival. Kein Zweifel: Zombies sind in. Nach Vampiren und Werwölfen erheben sich nun auch wieder die Toten um der Welt das Fürchten zu lehren.
Kontrastiert betrachtet scheinen die Zombies seit ihrem letzten großen Auftauchen in den Kinosälen zu Zeiten von George A. Romero, einem evolutionären Prozess unterlegen zu sein. Nur noch wenig erinnert an die träge vor sich hin schlurfenden Kreaturen aus Dawn of the Dead. Aussehen, Bewegungsformen, Arten der Zombifizierung, alles scheint im Wandel begriffen. 28 days later markiert dabei einen neuen Einschnitt in der Konzeption und Darstellung des Zombies, obwohl er narrativ und thematisch sichtlich Anleihen aus Romeros Filmen bezieht. Mehr als einmal mag sich dem geneigten Kinobesucher in diesem Kontext die Frage aufdrängen, die auch Romero in einem Interview äußerte: „Rennende Zombies!? Was soll das denn?“
Die folgende Arbeit wird sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit der Zombie animalische Elemente in sich vereint und wie sich das Verhältnis der tierischen Anteile beim klassischen und modernen Zombie unterscheidet. Gegebenenfalls werden auch Aspekte aufgegriffen, die einer animalischen Auslegung der Figur wiedersprechen. Dabei wird exemplarisch auf die prototypischen Drehbücher von George A. Romeros Dawn of the Dead und Alex Garlands 28 days later zurückgegriffen, die unterschiedliche Generationen einer Zombie-Konzeption repräsentieren. Der Begriff klassisch bezieht sich im Folgenden auf die Zombie-Konzeption, wie sie bei Dawn of the Dead vorliegt, während die Zombies aus 28 days later unter dem Begriff modern subsumiert werden. In der Forschungsliteratur sind auch abweichende Bezeichnungen und Einteilungen gebräuchlich.
Inhaltsverzeichnis:
1. The Dead walkagain
2. Knappe Zusammenfassung der Handlungen in Dawn of the Dead und 28 days later
3. Animalische Elemente des Zombies in Dawn of the Dead und 28 days later
3.1 Der Zombie im Zuge der Biologisierung – Von lebenden Toten und lebenden Lebenden
3.2 Der Zombie als trieb- und instinktgeleitetes Wesen
3.3 Motorik, Gestik, Mimik
3.4 Intelligenz
3.5 Lautproduktion bei den Zombies
3.6 Schmerzempfinden und der zweite Tod
4. Der Zombie: Ein Wesen zwischen mehreren Welten
5. Literaturverzeichnis
1. The Dead walk…again
„Zombiefilme? Nein, da kommen keine mehr“[1], lautete eine Äußerung des Filmkritikers und Autors Christian Keßler in den 1990er Jahren, in denen der Zombiefilm ein Auslaufmodell zu sein schien. Die Entwicklungen der letzten Jahre machen deutlich: Errare humanum est. Zombies stellen einen gewissen Archetyp dar, der im wahrsten Sinne des Wortes nicht tot zu kriegen ist.[2] In den letzten Jahren eroberte die Figur des Zombies durch Filme wie 28 days later oder dessen Fortsetzung 28 weeks later zunehmend Teile der Leinwand zurück. Auch in anderen Medien und Formaten wie der Computerspielreihe Resident Evil oder der Comicreihe The Walking Dead erleben die Untoten ein bemerkenswertes Revival.[3] Kein Zweifel: Zombies sind in. Nach Vampiren und Werwölfen erheben sich nun auch wieder die Toten um der Welt das Fürchten zu lehren.[4]
Kontrastiert betrachtet scheinen die Zombies seit ihrem letzten großen Auftauchen in den Kinosälen zu Zeiten von George A. Romero, einem evolutionären Prozess unterlegen zu sein. Nur noch wenig erinnert an die träge vor sich hin schlurfenden Kreaturen aus Dawn of the Dead. Aussehen, Bewegungsformen, Arten der Zombifizierung, alles scheint im Wandel begriffen. 28 days later markiert dabei einen neuen Einschnitt in der Konzeption und Darstellung des Zombies, obwohl er narrativ und thematisch sichtlich Anleihen aus Romeros Filmen bezieht.[5] Mehr als einmal mag sich dem geneigten Kinobesucher in diesem Kontext die Frage aufdrängen, die auch Romero in einem Interview äußerte: „Rennende Zombies!? Was soll das denn?“[6]
Die folgende Arbeit wird sich mit der Frage beschäftigen, inwieweit der Zombie animalische Elemente in sich vereint und wie sich das Verhältnis der tierischen Anteile beim klassischen und modernen Zombie unterscheidet. Gegebenenfalls werden auch Aspekte aufgegriffen, die einer animalischen Auslegung der Figur wiedersprechen. Dabei wird exemplarisch auf die prototypischen Drehbücher von George A. Romeros Dawn of the Dead und Alex Garlands 28 days later zurückgegriffen, die unterschiedliche Generationen einer Zombie-Konzeption repräsentieren. Der Begriff klassisch bezieht sich im Folgenden auf die Zombie-Konzeption, wie sie bei Dawn of the Dead vorliegt, während die Zombies aus 28 days later unter dem Begriff modern subsumiert werden. In der Forschungsliteratur sind auch abweichende Bezeichnungen und Einteilungen gebräuchlich.[7]
2. Zusammenfassung der Handlungen von 28 days later und Dawn of the Dead
28 days later beginnt damit, dass britische Tierschützer einige Affen, an denen wissenschaftliche Experimente durchgeführt wurden, aus einem Versuchslabor befreien. Was sie nicht ahnen: Ein Virus hat die Affen extrem aggressiv werden lassen. Direkt nach der Befreiung fallen die Affen die Tierschützer an, das Virus überträgt sich in rasantem Tempo auf den Menschen. Die so infizierten Menschen fallen wiederum ihrerseits Menschen an, was zu einem Schneeballeffekt führt. 28 Tage nach diesen Ereignissen erwacht der Protagonist Jim aus einem Unfallkoma und findet ein entvölkertes London vor. Die Menschen sind entweder tot oder sind dem Virus zum Opfer gefallen und haben sich in Infizierte verwandelt, die jeden gesunden Überlebenden anfallen und so das Virus weiterverbreiten. Zusammen mit Celeste, Hanna und ihrem Vater Frank macht sich Jim nach einer Radiomeldung einer Militärstation, die Rettung verspricht, auf den Weg zu dieser. Die Militärstation erweist sich allerdings als eine Falle. Der Befehlshaber hatte seinen Soldaten Frauen versprochen, denn Frauen würden Kinder und somit eine Zukunft für die Menschheit bedeuten. Als ihnen dies bewusst wird, lassen sie einen gefangenen infizierten Soldaten frei und fliehen während seines Amoklaufs. Alle Soldaten der Militärstation kommen um. Im schottischen Hochland lassen sich Jim, Celeste und Hanna in einem leer stehenden Haus nieder. Mit Stoffen aus dem Haus legen sie den Schriftzug „Hello“[8] ins Gras, der zum Schluss von einem Militärflugzeug gesichtet wird. Die Infizierten verhungern zu dieser Zeit bereits.[9]
Dawn of the Dead setzt relativ unvermittelt ein. Eine genauere Begründung, warum die Toten wiederkehren wird zunächst nicht gegeben. Die Zombies ziehen auf der Suche nach Menschenfleisch durchs Land. Ein Biss eines Zombies führt innerhalb von 24 bis maximal 36 Stunden zum Tod und alle Toten erheben sich wiederum als Zombies. Polizei und Armee versuchen die Zombieepedemie einzudämmen, schaffen es jedoch nicht sie unter Kontrolle zu bringen. Es bricht zunehmend Chaos aus. Stephen, ein Hubschrauber fliegender Verkehrsberichterstatter des Fernsehens und seine schwangere Freundin Francine fliehen mit zwei Mitgliedern eines SWAT-Teams namens Roger und Peter in einem Helikopter. Auf ihrer Flucht landen sie auf dem Dach einer verlassenen Shopping-Mall. Schnell erkennen sie, dass ihnen die Mall wichtige Vorräte liefern kann und so verbarrikadieren sie sich im Inneren. Die noch in der Mall umher schlurfenden Zombies töten sie. Als Roger beim Sichern der Mall von Zombies gebissen wird, stirbt er kurze Zeit darauf und muss von seinem Freund Peter ein zweites Mal getötet werden, als er wiederkehrt. Nach mehreren Monaten wird die Mall von einer marodierenden Rockerbande bedroht. Es kommt zu einem Kampf, in dem drei Parteien involviert sind: Die angreifenden Rocker, die verteidigenden Mall-Besetzer und die sich zusammengerottete Zombiehorde. Nachdem die Rocker feststellen, dass ihre Verluste zu groß sind, ziehen sie ab, lassen aber eine schutzlose und verwundbare Mall mit geöffneten Eingangstüren zurück. Stephen, der in der Zwischenzeit von Zombies angefallen wurde und sich verwandelt hat, führt die Zombiehorde zum Versteck seiner ehemaligen Mitstreiter. In der Drehbuchversion fliehen Peter und Francine auf das Dach, wo sich Peter, nachdem er von den Zombies eingekreist wird selbst einen Kopfschuss versetzt. Francine, völlig desillusioniert und verzweifelt, begeht ebenfalls Suizid, indem sie ihren Kopf in die Rotorblätter des gestarteten Helikopters hält. Der kopflose Körper wird von den Zombies zerfleischt.[10]
Da dieses Ende als zu düster, brutal und pessimistisch gewertet wurde, entkamen Peter und Francine in der Filmfassung mit dem Helikopter. Zwar in eine ungewisse Zukunft und mit sehr wenig Treibstoff, aber immerhin lebend.[11]
3. Animalische Elemente des Zombies in Dawn of the Dead und28 days later
3.1 Der Zombie im Zuge der Biologiesierung – Von lebenden Toten und lebenden Lebenden
Erklärungsversuche für das Auftreten von Zombies fallen traditionell eher kurz aus. Doch auch hier zeichnen sich deutliche Tendenzen ab, die moderne und klassische Horrorfilme voneinander abgrenzen. In klassischen Horrorfilmen herrschen demnach magische, mythische oder religiöse Motive vor, welche die Untoten aus ihren Gräbern erheben lassen.[12] Auch in Dawn of the Dead wird man über die genauen Umstände der Zombieinvasion im Unklaren gelassen. Den einzigen Anhaltspunkt bietet eine Äußerung Peters, der die Umstände folgendermaßen begründet: „Somethin` my Grandaddy used to tell us… […] Voodoo… Grandaddy was a priest in Trinidad. Used to tell us… When there`s no more room in hell… The dead will walk the earth.“[13] Also spielen auch in Dawn of the Dead mythische und religiöse Aspekte eine Rolle, was als Weiterführung eines Motivs der Zombiefilme der 1930er Jahre gesehen werden kann.[14]
Dem entgegen ist die Tendenz in modernen Filmen zu beobachten, dass das Auftauchen der Zombies zunehmend in wissenschaftliche Diskurse eingebettet wird, um so einen rationalen Erklärungsrahmen zu schaffen. Dementsprechend wird der Ursprung einer Zombieempedemie meist auf Krankheitserreger wie Viren zurückgeführt, ist also biologischen Ursprungs. Die Verbreitung des Virus wird als Seuche verstanden.[15] Auch die Epidemie in 28 days later beginnt mit einem medizinischen Experiment an Affen. Der Hintergrund des Experiments dabei: „In order to cure, you must first understand. Just imagine: to have power over all the things we feel we can`t control. Anger, violence…”[16]. Um das Phänomen Zorn und Gewalt besser verstehen und vermeintlich abmildern zu können, werden Tierexperimente durchgeführt, indem das Verhalten der Affen auf chemischem Wege genau auf diesen einzelnen Impuls der Aggression reduziert wird. Ironischerweise wird das Virus durch die Aktivität von Tieraktivisten, die die infizierten Affen befreien, in die Welt getragen. Dabei findet ein erster Aufbruch der Dichotomie Mensch-Tier und damit die Ausstattung des Zombies mit tierischen Zügen statt. Der Tollwut-ähnliche Virus wird vom Tier auf den Menschen übertragen. Der Gattungssprung wird problemlos vollführt. Mehr noch, im Zuge der Infektion gleichen sich die Verhaltensweisen beider Gattungen an. Die Umweltaktivisten, die verletzt wurden, agieren in selber Weise wild und unbeherrscht wie die Affen, die vom Virus beherrscht werden. Intelligenz und Kultur fallen in einer Art Regression vom Menschen ab. Endprodukt ist der Zombie.[17]
„In der Figur des Zombies schwingt immer der Verlust dessen mit, was den Menschen, die Gesellschaft oder Kultur ausmacht.“[18]
Dabei ist zu beachten, dass in 28 days later die Ähnlichkeit von Zombies und Menschen in hohem Maße ausgeprägt ist, wohingegen in Dawn of the Dead die Körper der Untoten noch die biologische Zersetzung des Menschen zur Schau stellen.[19] Da die Übertragung durch einen Virus stattfindet, kann diese auch durch eine gewöhnliche Tröpfcheninfektion erfolgen und muss sich so auch nicht zwangsläufig in äußeren Wunden durch Bisse manifestieren. Beispielsweise steckt sich Frank in 28 days later mit dem Virus an, indem er einen einzigen Blutstropfen, der vom Schnabel eines infizierten Raben vom Himmel fällt, in die Augen bekommt.[20] Verwesung ebenso wie das Vorhandensein von sichtbaren Wunden als offensichtliches Unterscheidungsmerkmal von Mensch und Zombie kommt also nicht mehr zum Tragen, was den Zombie in optischer Hinsicht in unmittelbare Nähe zum Menschen rückt. Gesunde und Kranke sind auf den ersten Blick nicht voneinander zu unterscheiden.[21]
[...]
[1] Neumann, Frank: Leichen im Keller, Untote auf der Strasse. Das Echo sozialer Traumata in Zombiefilmen, in: Fürst, Michael/ Krautkrämer, Florian/ Serjoscha, Wiemer (Hg.): Untot. Zombie Film Theorie, München 2011, S. 65.
[2] Vgl. Neumann: Leichen, S. 65-67.
[3] Vgl. Fürst, Michael/ Krautkrämer, Florian/ Wiemer, Serjoscha: Einleitung, in: Fürst, Michael/ Krautkrämer, Florian/ Serjoscha, Wiemer (Hg.): Untot. Zombie Film Theorie, München 2011, S. 9.
[4] Vgl. http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,705388,00.html
[5] Vgl. Meteling, Arno: Das Ornament der Masse. Zu Chronotopie und Medialität im Zobiefilm, in: Fürst, Michael/ Krautkrämer, Florian/ Serjoscha, Wiemer (Hg.): Untot. Zombie Film Theorie, München 2011, S. 217.
[6] http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,368223,00.html
[7] Vgl. Krautkrämer: A matter of life and death. Leben und Tod im Zombiefilm, in: Fürst, Michael/ Krautkrämer, Florian/ Serjoscha, Wiemer (Hg.): Untot. Zombie Film Theorie, München 2011, S. 24-30.
[8] Garland, Alex: 28 days later, London 2002, S. 116.
[9] Vgl. Garland: Days, S. 3-116.
[10] Vgl. http://www.horrorlair.com/scripts/dawnofthedead.txt, Szene 1-750.
[11] Vgl. http://www.schnittberichte.com/artikel.php?ID=46
[12] Vgl. Fürst/ Krautkrämer/ Wiemer: Einleitung, S. 9.
[13] http://www.horrorlair.com/scripts/dawnofthedead.txt, Szene 590.
[14] Vgl. Krautkrämer: Matter, S. 24-26.
[15] Vgl. Fürst/ Krautkrämer/ Wiemer: Einleitung, S. 9.
[16] Garland, Alex: Days, S. 6.
[17] Vgl. Garland: Days, S. 3-8.
[18] Nohr, Rolf F.: Virale Zombifizierung. „Who`s to say we`re not all zombies?“, in: Fürst, Michael/ Krautkrämer, Florian/ Serjoscha, Wiemer (Hg.): Untot. Zombie Film Theorie, München 2011, S. 260.
[19] Vgl. http://www.uni-magdeburg.de/iniew/internetprojekte/zombies/das-filmmonster-zombie/modern
[20] Vgl. Garland: Days, S. 69-73.
[21] Vgl. Krautkrämer: Matter, S. 29/30.
- Citar trabajo
- Stefan Besenhard (Autor), 2011, Als die Zombies laufen lernten. Animalische Elemente des Zombies in den Drehbüchern zu "Dawn of the Dead" und "28 days later", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233408
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