Institutionen prägen maßgeblich das Handeln von Akteuren und sind damit zentrale Säulen der sozialen Ordnung. Sie entstehen spontan in Gesellschaften oder werden gezielt geschaffen. In dieser Arbeit wird aufgezeigt, dass die Übergänge zwischen bewusster Gestaltung und spontaner Entstehung von Institutionen fließend sind. Jeder Versuch, Institutionen bewusst zu gestalten, wird von zeitgleich ablaufenden Prozessen spontaner Ordnungsbildung begleitet und umgekehrt. In welchem Verhältnis ein Gestaltungswillen von außen und spontane Dynamiken von innen zueinanderstehen und wie diese aufeinander wirken, wird am Beispiel der Luftverkehrspolitik der Europäischen Union deutlich gemacht, die für die Mitgliedstaaten
und die nationalen Flugsicherungsorganisationen einen erheblichen
Wandel bedeutet. Seit Ende der 1990er Jahre hat es sich die Europäische Kommission zur Aufgabe gemacht, den europäischen Luftraum neu zu strukturieren
um dessen Fragmentierung durch nationale Landesgrenzen aufzulösen. Zusammengefasst wird diese Initiative unter dem Begriff „Single European Sky“
(SES). 2004 trat ein Gesetzgebungspaket in Kraft, das grundsätzliche Festlegungen zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums beschreibt. Schwerpunkte dieser Reform sind die Einführung eines Leistungssystems sowie die Einrichtung von funktionalen Luftraumblöcken in Europa, die entlang der Hauptverkehrsströme ausgerichtet sein sollen. Für die Mitgliedstaaten und die europäischen Flugsicherungsorganisationen, die bisher allein national bestimmt waren, bedeutet diese „von oben“ auferlegte Steuerung der EU eine grundlegende Wende. Die Staaten sind durch das europäische Recht verpflichtet, nationale Aufsichtsbehörden einzurichten, die regulative Aufgaben übernehmen. Sie stellen sicher, dass die Flugsicherungsorganisationen europaweit gültige Leistungsziele
und Kennzahlen einhalten. Die Flugsicherungen – in Deutschland die Deutsche
Flugsicherung GmbH – bewegen sich damit auf ungewohntem Terrain: Bisher
wurde ihr Handeln rein durch nationales Recht geprägt, nun sind EUVorgaben
maßgeblich. In dieser Arbeit wird untersucht, wo sich SES anhand seines Wirkungszusammenhangs von Gestaltungsintentionen und institutioneller
Dynamik einordnen lässt. Gegenstand ist ebenso, inwiefern SES als Institution
zu bezeichnen ist, wie weit dies von der EU gestaltet wird und inwieweit die Gesetzgebung Freiräume für spontane Prozesse der Selbstordnung „von unten“ läßt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Institutionen - ein Begriff, viele Definitionen
1.1 Entstehung von Institutionen - dynamisch oder gestaltend
1.2 Institutionengestaltung
1.2.1 Funktion - Institutionen als handlungsleitende Elemente
1.2.2 Auslöser
1.2.3 Interessenlagen
1.2.4 Akzeptanz
1.2.5 Dauerhaftigkeit
1.3 Institutionendynamik
1.3.1 Funktion - Institutionen als handlungsleitende Elemente
1.3.2 Auslöser
1.3.3 Interessenlagen
1.3.4 Akzeptanz
1.3.5 Dauerhaftigkeit
1.4 Fazit - Entstehungsprozess als Mischform
2. Luftverkehrspolitik der EU - „Single European Sky“ (SES)
2.1 Gesetzgebung - SES I und II
2.2 Zielsetzung von „Single European Sky“
2.3 Die wichtigsten Akteure
2.3.1 Europäische Kommission
2.3.2 Der Ausschuss für den einheitlichen Luftraum (Single Sky Comittee, SSC)
2.3.3 „Industry consultation body“ (ICB)
2.3.4 Sozialer Dialog
2.3.5 Nationale Aufsichtsbehörden
2.3.6 Eurocontrol
2.3.7 Nationale Flugsicherungsorganisationen
2.4 Die wichtigsten Interessen und Beziehungskonstellationen
3. Auswirkungen von SES in Deutschland
3.1 Bundesrepublik Deutschland (BRD)
3.2 DFS Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS)
4. Bewertung - Paradigmenwechsel der europäischen Flugverkehrspolitik
4.1 Entstehung - SES als Beispiel politischer Institutionengestaltung
4.2 Entstehung - Freiräume für Institutionendynamik
4.3 Ausblick - Hat SES Potential eine Institution zu werden?
Quellenverzeichnis
- Arbeit zitieren
- Michaela Sankowsky (Autor:in), 2012, Politische Institutionengestaltung und Institutionendynamik in der europäischen Luftverkehrspolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233324
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