Die Mobilität wird als Grundbedürfnis des Menschen angesehen und ist ein Indikator
für Wohlstand und Entwicklung einer Gesellschaft. Hervorgerufen wird dieses
Bedürfnis durch die örtliche Trennung von sozialen Aktivitäten. Der Verkehr spiegelt
dabei die Überwindung der räumlichen Distanzen durch den Menschen wider. Neben
Schadstoffausstößen, Unfällen und Flächeninanspruchnahmen geht der Betrieb
eines Verkehrsmittels zumeist mit störenden und schädigenden Lärmemissionen
einher. Im Straßenverkehr sind bundesweit etwa 51 Millionen Kraftfahrzeuge
zugelassen, davon über 80 Prozent Pkws (BMVBS, 2011, S. 133f). Jedes dieser
Fahrzeuge verursacht deutlich wahrnehmbare Außengeräusche, von denen die
Reisenden, durch einen oftmals komfortabel abgeschirmten Innenraum, weitestgehend
unbehelligt bleiben. Anlieger von Stadtstraßen oder nahegelegenen Autobahnen
sind letztendlich die Leidtragenden. Häufig sind sie sowohl am Tag als auch in
der Nacht dem Verkehrslärm ausgesetzt.
Aufgrund dieser Unrechtmäßigkeit wäre es adäquat, Regelungen zu treffen, die die
realen Folgekosten den eigentlichen Verkehrsteilnehmern zuweisen bzw. deren
Nutzerverhalten maßgeblich beeinflussen.
Ziel dieser Studienarbeit ist es, die Anwendbarkeit bestehender Internalisierungskonzepte,
speziell im Hinblick auf den externen Effekt Straßenverkehrslärm, zu
diskutieren und potentielle Umsetzungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um diese im
Anschluss aus ökonomischer und ingenieurtechnischer Sicht zu bewerten.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Straftenverkehrslarm
2.1 Grundlagen
2.2 Larmquellen im Straftenverkehr
2.3 Einflussgroften der Larmempfindung
2.3.1 Physikalische Einflussgroften
2.3.2 Psychologische Einflussgroften
2.4 Wirkung
2.5 Rechtliche Regelungen und Grenzwerte
2.5.1 Europaweite Regelungen
2.5.2 Bundesweite Regelungen
2.6 Berechnungsvorschriften
3 Externe Effekte
3.1 Kategorien externe Effekte
3.2 Straftenverkehrslarm als externer Effekt
4 Monetarisierung
4.1 Schadenskostenansatz
4.2 Vermeidungskostenansatz
5 Internalisierung
5.1 Private Internalisierungsansatze
5.2 Staatliche Internalisierungsansatze
6 Internalisierungsstrategien fur Straftenverkehrslarm
6.1 Grundkonzepte der Internalisierung
6.1.1 Auflagen
6.1.2 Steuern und Abgaben
6.1.2.1 Pigou-Steuer
6.1.2.2 Preis-Standard-Ansatz
6.1.3 Subventionen
6.1.4 Bewertung der Grundkonzepte
6.2 Konkrete Internalisierungsansatze
6.2.1 Auflagen
6.2.1.1 Grenzvorschriften zu Larmemissionen
6.2.1.2 Geschwindigkeitsbeschrankungen und Fahrverbote
6.2.2 Steuern und Abgaben
6.2.2.1 Mehrwert- und Kfz-Steuer
6.2.2.2 Road-Pricing
6.2.2.3 Mineralolsteuer
6.2.3 Wirkungsabschatzung und Bewertung
7 Praxisbeispiele
7.1 London - ..Congestion Charge“
7.2 Singapur - ..Area Licensing Scheme“
7.3 Trondheim - City-Maut
7.4 Bewertung
Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Anteil der Deutschen, die sich durch Larm verschiedener Verkehrstrager belastigt fuhlen 2010
Abbildung 2: Horbereich des Menschen
Abbildung 3: Aurale und extraaurale Auswirkungen bei verschiedenen Schallpegeln
Abbildung 4: Abfolge und EinflussgroRen zur Berechnung des Beurteilungspegels im StraRenverkehr
Abbildung 5: Ineffizienz des Systems Infrastrukturnutzung durch die Externalitat StraRenverkehrslarm
Abbildung 6: Monetarisierungsansatze fur externe Effekte
Abbildung 7: Internalisierung externer Kosten uber eine Pigou-Steuer
Abbildung 8: Preissetzung beim Standard-Preis-Ansatz
Abbildung 9: Internalisierung externer Effekte uber eine Pigou-Subvention
Abbildung 10: Erhebungsgebiet der ..Congestion Charge“ in London
Abbildung 11: Erhebungsgebiet der City-Maut in Trondheim im Jahr 2004
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Grenzwerte fur Fahrgerausche nach RICHTLINIE 2007/34/EG
Tabelle 2: Immissionsgrenzwerte zum Schutz der Nachbarschaft vor schadlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgerausche nach §2 Abs. 1 der 16. BImSchV
Tabelle 3: Immissionsgrenzwerte fur die Larmsanierung nach VLarmSchR 97
Tabelle 4: Bewertung der Grundkonzepte der Internalisierung
Tabelle 5: Einflussmoglichkeiten von InternalisierungsmaRnahmen auf Larmfaktoren
Tabelle 6: Einfluss von City-Maut-Systemen verschiedener Stadte auf Larmfaktoren
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Mobilitat wird als Grundbedurfnis des Menschen angesehen und ist ein Indikator fur Wohlstand und Entwicklung einer Gesellschaft. Hervorgerufen wird dieses Bedurfnis durch die ortliche Trennung von sozialen Aktivitaten. Der Verkehr spiegelt dabei die Uberwindung der raumlichen Distanzen durch den Menschen wider. Neben SchadstoffausstoRen, Unfallen und Flacheninanspruchnahmen geht der Betrieb eines Verkehrsmittels zumeist mit storenden und schadigenden Larmemissionen einher. Im StraRenverkehr sind bundesweit etwa 51 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen, davon uber 80 Prozent Pkws (BMVBS, 2011, S. 133f). Jedes dieser Fahrzeuge verursacht deutlich wahrnehmbare AuRengerausche, von denen die Reisenden, durch einen oftmals komfortabel abgeschirmten Innenraum, weitestge- hend unbehelligt bleiben. Anlieger von StadtstraRen oder nahegelegenen Autobahnen sind letztendlich die Leidtragenden. Haufig sind sie sowohl am Tag als auch in der Nacht dem Verkehrslarm ausgesetzt.
Aufgrund dieser UnrechtmaRigkeit ware es adaquat, Regelungen zu treffen, die die realen Folgekosten den eigentlichen Verkehrsteilnehmern zuweisen bzw. deren Nutzerverhalten maRgeblich beeinflussen.
Ziel dieser Studienarbeit ist es, die Anwendbarkeit bestehender Internalisierungskon- zepte, speziell im Hinblick auf den externen Effekt StraRenverkehrslarm, zu diskutieren und potentielle Umsetzungsmoglichkeiten aufzuzeigen, um diese im Anschluss aus okonomischer und ingenieurtechnischer Sicht zu bewerten.
Zunachst wird dafur die Larmerscheinung mit ihren Ursachen, EinflussgroRen und Wirkungen beschrieben. In diesem Zusammenhang soll ebenfalls ein Uberblick uber bestehende rechtliche Regelungen und Berechnungsvorschriften im StraRensektor gegeben werden. Fortfolgend werden die einzelnen Kategorien der externen Effekte erlautert und der StraRenverkehrslarm eingeordnet. Darauf aufbauend soll die okonomische Wirkung der zu betrachtenden Externalitat auf die Effizienz des Infrastruktursystems dargestellt werden. Zudem werden die Moglichkeiten einer Monetarisierung und generelle Internalisierungswege aufgezeigt.
Im Rahmen dieser Arbeit wird im Kapitel 6 das Hauptaugenmerk auf die, fur Larm in Frage kommenden, theoretischen Grundkonzepte der Internalisierung gelegt. Dabei sollen vor allem die Funktionsweisen sowie die moglichen Probleme der Konzepte im Vordergrund stehen. Nachfolgend werden die Potentiale der ausgewahlten Grundkonzepte, mithilfe von festgelegten Kriterien, bewertet und abgeschatzt. Im weiteren Verlauf wird deren Umsetzung in Form von konkreten Internalisierungs- maRnahmen erortert. Hierfur soll die Anwendbarkeit der einzelnen MaRnahmen, hinsichtlich der Externalitat StraRenverkehrslarm, durch dieselben Kriterien, welche schon bei den Grundkonzepten zum Tragen gekommen sind, uberpruft werden. AnschlieRend wird eine Wirkungsabschatzung und eine zusammenfassende Bewertung der MaRnahmen vorgenommen. Das letzte Themenkapitel setzt sich mit Praxisbeispielen der zuvor in der Bewertung favorisierten InternalisierungsmaRnah- me auseinander. Dabei wird speziell die Eignung der verschiedenen Ausgestaltungs- varianten fur die Internalisierung von Larm diskutiert. Im Fazit werden abschlieRend noch einmal die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit zusammengetragen und allgemeine Verbesserungsmoglichkeiten fur die Anwendung von Internalisierungsan- satzen dargelegt.
2 Straftenverkehrslarm
Im Rahmen der Studie „Umweltbewusstsein in Deutschland 2010“ wurden deutsche Haushalte befragt, inwieweit sie sich durch Larm in ihrem Wohnumfeld gestort fuhlen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich auf 11 Prozent der Bundesburger Verkehrslarm aufterst oder stark belastigend auswirkt. Insgesamt tritt dabei der Straftenverkehr als storendste Larmquelle in Erscheinung, was in Abbildung 1 verdeutlicht wird. (BMU, 2010, S. 80)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Anteil der Deutschen, die sich durch Larm verschiedener Verkehrstrager belastigt fuhlen 2010 (eigene Darstellung nach BMU, 2010, S. 80)
Die Belastung durch Straftenverkehrslarm kann somit als zentrales Umweltproblem in Deutschland angesehen werden. Um sich der Larmproblematik zu nahern, ist es jedoch zunachst notwendig einige Grundlagen darzulegen.
2.1 Grundlagen
Schall und Larm
Den Ursprung jeder Larmempfindung bilden zur Schwingung angeregte Luftteil- chen, die Luftdruckschwankungen hervorrufen. Im menschlichen Gehor werden Schwankungen zwischen 16 Hz und 20.000 Hz als Schall wahrgenommen. Wird der Schall vom Menschen als storend oder unangenehm empfunden, spricht man von Larm. In der Akustik werden Schallereignisse vereinfacht durch die Verhaltniszahl Dezibel1 (dB) ausgedruckt. (BMVBS, 1998, S. 11ff) Der Be- zugswert ist in diesem Fall die Horschwellenintensitat mit 0,00002 Pa, was 0 dB entspricht und in Abbildung 2 dargestellt ist (Winkler, 1999, S. 23). Die Ober- grenze des menschlichen Horbereiches bildet die Schmerzschwellenintensitat bei etwa 140 dB. Auf Grund der logarithmischen Zusammenhange fuhrt eine Verdopplung gleicher Schallereignisse lediglich zu einer Pegelzunahme von 3 dB. Folglich bewirkt eine Halbierung eine Abnahme um 3 dB. Eine empfundene Lautstarkehalbierung tritt jedoch erst bei einer Pegelminderung um 10 dB ein. (BMVBS, 1998, S. 15)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Horbereich des Menschen (Winkler, 1999, S. 23)
A-Schallpegel
Mittels A-Bewertung wird der Schallpegel an die empfundene Lautstarke des Menschen angepasst. Somit wird berucksichtigt, dass das menschliche Gehor Tone mit gleichem Schalldruck aber unterschiedlichen Frequenzen different wahrnimmt. Niedrige Frequenzen werden dabei im Vergleich zu hohen als we- niger laut empfunden. Ein A-bewerteter Schallpegel wird mit der Mafteinheit dB(A) gekennzeichnet. (BASt, 2006, S. 6ff)
Mittelungspegel
Besonders im Verkehr ist es von Bedeutung, die uber einen langeren Zeitraum wechselnde Gerauschsituation beschreiben zu konnen. Aus diesem Grund bedient man sich eines Mittelungspegels. Dieser entspricht dem Pegel eines gleichbleibenden Dauergerausches, der sich aus der gemittelten Schallenergie eines festgelegten Zeitintervalls ergibt. Infolgedessen wird er auch als energie- aquivalenter Dauerschallpegel bezeichnet. (Prenzel & Barnat, 2004, S. 4)
Beurteilungspegel
Der Beurteilungspegel ergibt sich aus dem Mittelungspegel und eventuellen Zu- oder Abschlagen. Diese sind dadurch begrundet, dass die Storwirkungen ver- schiedener Verkehrssituationen unterschiedlich bewertet werden. Verkehrsab- laufe an Kreuzungsbereichen werden beispielsweise von Anwohnern als sto- render empfunden als die auf freier Strecke, wodurch sich ein Zuschlag von bis zu 3 dB(A) ergibt. Weiterhin wird Schienenverkehrslarm im Vergleich zum Straftenverkehrslarm tendenziell als weniger lastig erachtet. Dies wird durch den sogenannten Schienenbonus berucksichtigt, bei dem 5 dB(A) vom Mittelungspegel abgezogen werden. (BMU, 2008)
Emission und Immission
Der Begriff Emission steht fur das abgestrahlte Gerausch einer Schallquelle. Der Punkt an dem sich eine Schallquelle befindet wird als Emissionsort bezeichnet und der dort auftretende Schallpegel als Emissionspegel.
Als Immission gilt der ausgesendete Schall, der auf einen Bezugspunkt einwirkt. Naturgemaft ist daher die Position des Bezugspunktes als Immissionsort und der an dieser Stelle ankommende Schallpegel als Immissionspegel definiert. Die Immissionspegel im Straftenverkehr werden als Beurteilungspegel angege- ben. (Prenzel & Barnat, 2004, S. 5)
2.2 Larmquellen im Straftenverkehr
Generell tritt Straftenverkehrslarm an betroffenen Verkehrswegen als „extrem lokales Phanomen“ auf. Dabei ist es naheliegend, dass die Schallemissionen vorwiegend von den Fahrzeugen hervorgerufen werden, die diese Infrastruktur nutzen. Angesichts der verschiedenen akustischen Eigenschaften, die sich aus unterschiedli- chen Motorcharakteristiken und Geschwindigkeitsverhalten ergeben, ist es jedoch notwendig nach den Kfz-Klassen: (Deutscher Arbeitsring fur Larmbekampfung e.V., 1992, S. 9)
- Personenkraftwagen (Pkw),
- Lastkraftwagen (Lkw) und
- Kraftrad (Krad)
zu differenzieren. Eine im Auftrag des Umweltbundesamtes breit angelegte Studie des TUV Nord zur „Ermittlung der Gerauschemission von Kfz im Straftenverkehr1' hat gezeigt, dass in der Regel die Schallemissionen in der Abfolge „Pkw [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] leichtes Nutzfahrzeug [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] Motorrad [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] schweres Nutzfahrzeuge“ ansteigen (Heinz, 2005, S. 88ff). So ist beispielsweise ein Lkw in etwa so laut wie zehn Pkw. Dagegen treten Motorrader gerade durch stark schwankenden und hohen Spitzenpegel negativ in Erscheinung. (BUND, 2011) Den konventionellen Verbrennungsantrieb, mit dem derzeit noch 99,2 Prozent der Fahrzeuge und Kraftrader im Straftenverkehr ausgestattet sind, haben dennoch alle gemein. Daraus lasst sich schlussfolgern, dass sich ein erheblicher Teil der Schallemissionen auf den Motor, das Getriebe und die Abgasanlage zuruckfuhren lassen. (KBA, 2010, S. 28) Unterschiede innerhalb der Fahrzeugklassen ergeben sich hauptsachlich aus dem Fahrzustand, der Technologie und der Groftenklasse bzw. Nennleistung. So sind die Gerausche von beschleunigenden Fahrzeugen generell hoher als die von frei fahrenden, die Diesel zumeist lauter als die Benziner und die leistungsstarkeren larmender als die schwacher motorisierten Modelle. (Heinz, 2005, S. 89ff) Ab einer Geschwindigkeit von etwa 50 km/h sind es jedoch die Rollgerausche, die dominieren (Winkler, 1999, S. 25).
2.3 EinflussqroRen der Larmempfindunq
Grundsatzlich lassen sich etwa nur ein Drittel der individuellen Reaktionen auf Larm durch messbare Groften erklaren (Otscheid, 1996, S. 43). Der Eindruck der Lastigkeit ist somit nicht ausschlieftlich auf das Gerausch selbst zuruckzufuhren, sondern hangt auch von der individuellen Wahrnehmung des Menschen ab (Staubli, 2006, S. 15ff). Insofern ist es sinnvoll die Einflussgroften, die Schall zu Larm werden lassen, nach physikalischen und psychologischen Gesichtspunkten zu unterschei- den.
2.3.1 Physikalische EinflussqroRen
Zur objektiven Beschreibung der Larmwirkung wird in der Akustik der Begriff „Larmigkeit“ verwendet. Entscheidend fur die „Larmigkeit“ eines Schallereignisses sind neben dem Storabstand2, die schalltechnischen Eigenschaften: (Staubli, 2006, S. 15ff)
- Lautstarke (Schalldruckpegel),
- Einwirkdauer,
- spektrale Zusammensetzung und
- zeitliche Struktur.
Speziell im Straftenverkehr werden diese Komponenten durch verschiedene emissions- und transmissionsseitige Faktoren beeinflusst, die in der Abbildung 5 des Abschnitts 2.6 zusammengetragen sind.
2.3.2 Psvcholoqische Einflussqroften
Dagegen steht die „Larmempfindlichkeit“ fur die nicht-akustischen, psychologischen Wirkungseinflusse. Auf Grund ihrer Subjektivitat wird sie sehr stark von der Tatigkeit und dem individuellen Zustand der larmbetroffenen Person beeinflusst. In diesem Zusammenhang sind vor allem die nachfolgenden psychosozialen Variablen von zentraler Bedeutung: (Geftner & Weinreich, 1998, S. 14f)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abhangig von der Larmempfindlichkeit kann somit ein Gerausch schon bei geringer Lautstarke als lastig oder storend empfunden werden. Welche Schaden sich daraus ergeben, soll im nachsten Abschnitt geklart werden (Geftner & Weinreich, 1998, S. 14).
2.4 Wirkung
Der negative Einfluss von Straftenverkehrslarm auf den Menschen und sein Wohlbefinden ist durchaus vielfaltig. Prinzipiell kann sich Larm direkt auf das Hororgan (aural) oder indirekt auf den Organismus (extraaural) nachteilig auswirken. (Staubli, 2006, S. 27)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Aurale und extraaurale Auswirkungen bei verschiedenen Schallpegeln (Staubli, 2006, S. 27)
Eine Horschadigung allein durch Straftenlarm ist zwar unwahrscheinlich, aber bei hohen Dauerbelastungen wird das Erholungsvermogen des Gehors beeintrachtigt, was zur Entwicklung eines Gehorschadens beitragen kann (Deutscher Arbeitsring fur Larmbekampfung e.V., 1992). Wahrscheinlicher sind hingegen Beeintrachtigungen auf sozialer, physischer und psychischer Ebene, die sich schon bei niedrigen Larmpegeln einstellen konnen. Die diesbezuglich relevanten Wirkungen sind (Staubli, 2006, S. 28ff):
Kommunikationsstorung
Die Storung bei der Kommunikation besteht hauptsachlich darin, dass die ge- sprochene Sprache von Hintergrundgerauschen uberlagert wird. Sachverhalte konnen somit nur unter erhohter Anstrengung ubermittelt und aufgenommen werden, wodurch haufige Unterbrechungen und Wiederholungen vonnoten sind. (Staubli, 2006, S. 29)
Konzentrationsstorung
Das Denken und Uberlegen in einer larmhaltigen Umgebung ist erfahrungsge- maft sehr beschwerlich. Es ist schlicht ein grofterer Aufwand erforderlich, um sich auf das Wesentliche konzentrieren zu konnen. Die Folge ist ein Leistungs- abfall bei den betroffenen Personen, der sich auf Grund einer schnelleren Er- mudung einstellt. (Staubli, 2006, S. 30)
Schlafstorung
Schlafstorungen manifestieren sich unter anderem durch die Veranderung des Schlafverhaltens und einem verminderten Erholungseffekt. Ein verzogertes Einschlafen, unterbrochene Schlafphasen und vorzeitiges Aufwachen gehoren ebenfalls dazu. (Staubli, 2006, S. 28)
Veranderung der Vitalfunktionen und gesundheitliche Risiken
Die Veranderung vegetativer Funktionen kann sich unter anderem in einem erhohten Blutdruck, sowie einer gesteigerten Atem- und Herzfrequenz auftern. Daruber hinaus sind Stressreaktionen, Gefaftverengungen sowie Pupillenerwei- terungen moglich. Bei langzeitiger Larmexposition konnen zudem die Tatigkeit der Verdauungsorgane beeintrachtigt werden und Herz-Kreislauferkrankungen auftreten. (Staubli, 2006, S. 28)
2.5 Rechtliche Regelungen und Grenzwerte
Die Gewahrleistung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus ist ausgesprochenes Ziel der europaischen Gemeinschaftspolitik (EG, 2002a, S. 1). Zu diesem Zweck wurden in Europa und Deutschland Regelungen getroffen sowie Grenzwerte festgelegt, die dazu dienen sollen der Larmproblematik entgegen zu wirken.
2.5.1 Europaweite Regelungen
Im Jahr 1970 wurden bereits mit der „Richtlinie 70/157/EWG des Rates vom 6. Februar 1970 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten uber den zulassigen Gerauschpegel und die Auspuffvorrichtung von Kraftfahrzeugen“ auf europaischer Ebene verbindliche Emissionsgrenzwerte fur Fahrzeuge im Straften- verkehr festgelegt (EWG, 1970). Die zuletzt durch Richtlinie 2007/34/EG, angepass- ten Larmpegel sind in der unterstehenden Abbildung aufgezeigt (EG, 2007).
Tabelle 1: Grenzwerte fur Fahrgerausche nach RICHTLINIE 2007/34/EG (EG, 2007, S. 3)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Immissionsseitig sollen die verbindlichen Regelungen der „Richtlinie 2002/49/EG des Europaischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 uber die Bewertung und Bekampfung von Umgebungslarm“ schadliche Auswirkungen von Umgebungslarm verhindern oder zumindest reduzieren. Die Verordnung beinhaltet Vorgaben zur Ausarbeitung von strategischen Larmkarten und Larmaktionsplanen. Weiterhin soll durch die Kommission eine gemeinsame Bewertungsmethode zur Bestimmung von Larmindizes festgelegt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt konnen jedoch noch angepasste staatseigene Methoden verwendet werden. (EG, 2002b, S. 2ff)
2.5.2 Bundesweite Regelungen
Auf Bundesebene gelten gegenwertig Rechtsvorschriften aus unterschiedlichen Rechtsgebieten, bei denen betroffenen Burgern nur teilweise ein Anrecht auf Schutz vor Straftenlarm zukommt. Grundsatzlich sind Larmschutzmaftnahmen laut Bundes- Immissionsschutzgesetz (BImSchG) nur beim Neubau oder wesentlichen Anderun- gen von Straften vorgeschrieben (BMJ, 1974, S. 6ff). Worauf die Betroffenen in diesem Fall Anspruch haben, ist in der Verkehrslarmschutzverordnung (16. BImSchV) und der Verkehrswege-Schallschutzmaftnahmen-Verordnung (24. BImSchV) geregelt (Figge, 2000, S. 2). In der Tabelle 2 sind die geltenden Immissionsgrenzwerte aufgezeigt, die es bei der „Larmvorsorge“ einzuhalten gilt.
Tabelle 2: Immissionsgrenzwerte zum Schutz der Nachbarschaft vor schadlichen Umweltein- wirkungen durch Verkehrsgerausche nach §2 Abs. 1 der 16. BImSchV (BMJ, 2012)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Fur den Larmschutz an bestehenden Straften existieren dagegen noch keine konkreten gesetzlichen Vorschriften. Der Bund realisiert die „Larmsanierung“ jedoch an Straften eigener Baulasttragerschaft, auf Grundlage haushaltsrechtlicher Regelungen. Die Larmschutzmaftnahmen setzen voraus, dass die Bundesfernstra- Ren vor dem 1. April 1974 gebaut wurden und der Beurteilungspegel einen der nachstehenden Richtwerte nicht uberschreitet. (Figge, 2000, S. 3)
Tabelle 3: Immissionsgrenzwerte fur die Larmsanierung nach VLarmSchR 97 (BMVBS, 1997, S. 26)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Den Landern und Gemeinden ist es freigestellt eigene Sanierungsprogramme festzulegen. Weitere Belange zur „Larmvorsorge“ und „Larmsanierung“ werden in der Richtlinie fur den Verkehrslarmschutz (VLarmSchR97) konkretisiert. (Figge, 2000, S. 3)
Straftenverkehrsrechtliche Maftnahmen zur Larmbekampfung sind in der Straften- verkehrsordnung (StVO) geregelt. Unnotiger Larm bei der Benutzung von Fahrzeu- gen und das Verkehren von Lkw an Sonn- und Feiertagen ist nach §30 StVO gesetzlich verboten (BMJ, 1970, S. 16). Von weiterer Bedeutung ist der §45 StVO durch den die Straftenverkehrsbehorden zum Schutz der Wohnbevolkerung vor Larm und Abgasen die Benutzung bestimmter Straften beschranken oder verbieten konnen (BMJ, 1970, S. 25).
2.6 Berechnungsvorschriften
Um festzulegen, ob es sich bei einer Immission um eine „schadliche Umwelteinwir- kung“ nach §3 Abs. 1 BImSchG handelt, ist es erforderlich fur den Immissionsort einen Beurteilungspegel zu ermitteln. Dessen Bestimmung erfolgt aus Grunden der Reliabilitat und Validitat nicht uber Messungen, sondern durch das in der 16. BImSchV vorgeschriebene Rechenverfahren. (Winkler, 1999, S. 26) Die diesbezugli- che Methodik ist in der „Richtlinie fur den Larmschutz an StraRen“ (RLS-90) niedergelegt und lasst sich vereinfacht in drei Berechnungsschritten darstellen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Abfolge und Einflussgro&en zur Berechnung des Beurteilungspegels im Stra&enver - kehr (eigene Darstellung nach BMV, 1990, S. 11ff)
Wie bereits in Abschnitt 2.1 erwahnt, setzt sich der Beurteilungspegel aus dem Immissionspegel und storbedingten Zuschlagen zusammen. Daruber hinaus ist er getrennt fur den Tageszeitraum von 6:00 bis 22:00 Uhr und den Nachtzeitraum von 22:00 bis 6:00 Uhr zu bestimmen. (BMV, 1990, S. 12)
Neben der RLS-90 existiert noch die „Vorlaufige Berechnungsmethode fur den Umgebungslarm an StraRen“ (VBUS) aus dem Jahr 2006. Diese Berechnungsvor- schrift wurde auf Grund der Vorgaben zur Larmkartierung durch die Richtlinie 2002/49/EG eingefuhrt. Im deutschen Recht entstammt sie dem § 47c BImSchG und der 34. BImSchV. Die VBUS ist an das Verfahren der RLS-90 angelehnt, unterschei- det sich jedoch wesentlich in den folgenden Punkten: (Dober, 2008, S. 11)
- Larmindizes Lden und LNight anstelle Lr,T und L-,n,
- Langzeitmittelungspegel anstelle von Beurteilungspegel,
- Verzicht auf den Kreuzungszuschlag,
- Meteorologische Korrektur statt meteorologisch gunstige Ausbreitungsbedin- gungen,
- Parabolische Schallausbreitung bei Abschirmung im Gegensatz zur kreisfor- migen Ausbreitung.
Als Interimsmethode wird sie ausschlieftlich fur die Kartierung von Umgebungslarm angewandt, bis ein europaweit harmonisiertes Verfahren entwickelt wurde (Bartolomaeus & Schade, 2006). Die Gultigkeider RLS-90 und die 16. BImschV bleiben, im Zusammenhang mit der Larmvorsorge und der Larmsanierung bestehen (BASt, 2006, S. 5).
[...]
1 Das Bel ist keine Einheit, sondern eine Verhaltniszahl, die den dekadischen Logarithmus zweier gleichartiger Leistungs- bzw. Energiegroften kennzeichnet. In der Praxis ist die Verwendung des Dezibels, also des zehnten Teils eines Bels, ublich. (Siart, 2012, S. 2)
2 Als Storabstand wird die durch einen Schallpegel- oder Frequenzunterschied bedingte Heraushebung eines Gerausches aus einem Stor- oder Grundgerauschpegel bezeichnet (Staubli, 2006, S. 16).
- Arbeit zitieren
- Alexander Neumann (Autor:in), 2013, Internalisierung von Lärmemissionen aus ökonomischer und ingenieurtechnischer Perspektive, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232979
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