Die vorliegende Arbeit befasst sich mit nachhaltigen Höchstleistungen im System Spitzensport/Skifahren alpin und ihren psychologischen Voraussetzungen. Inwieweit sind nachhaltige Spitzenleistungen von einem unterstützenden, sozialen Umfeld abhängig? Die qualitative Erhebung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit aktiven und ehemals aktiven Rennläufern des Schweizer und Liechtensteinischen Skiverbands. Ausgangspunkt ist ein Einblick in die Soziologie des Spitzensports. Komplementiert wird die Theorie durch eine Übersicht zu den Themen: Sozialisationsprozess, Bindungstheorie, soziale Netzwerken und Unterstützung sowie zur Rolle des Hochleistungssportlers im Kontext seines sozialen Umfelds. Danach folgt die Befragung von acht aktiven bzw. ehemals aktiven Skirennläufern. Es handelt sich um Einzelfallstudien, kombiniert mit dem Erhebungsverfahren einer Gruppendiskussion und einer inhärenten Strukturlegetechnik. Gearbeitet wurde mit zwei heterogen, natürlichen Gruppen. Die vorliegende Studie bestätigt die unterstützende Wirkung eines positiven sozialen Umfeldes. Dessen Einflussgröße für nachhaltige Höchstleistungen ist individuell verschieden. Sie ist abhängig von den Bedürfnissen der Athleten. Die Nichtbeachtung sozialer und psychologischer Bedürfnisse wirken energieraubend. Sie können die Leistungsfähigkeit der Athleten enorm einschränken. Um den genauen Zusammenhang zwischen nachhaltigen Höchstleistungen im Skifahren alpin und den einzelnen Indikatoren detaillierter zu analysieren, empfiehlt sich eine Längsschnittstudie.
INHALTSANGABE
ABSTRACT
VORWORT
1. EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
1.2 Forschungsstand
1.3 Konkretisierung der zentralen Fragestellung und Zielsetzung
1.4 Beschreibung des Aufbaus
2. TERMINOLOGISCHE ABGRENZUNG
2.1 Spitzensport
2.2 Spitzensportler
2.3 Spitzenleistung
2.4 Erfolg
2.5 Nachhaltigkeit
2.6 Nachhaltigkeit im Spitzensport
2.7 Soziales Netz
2.8 Einblick in die Grundbegriffe systemischen Denkens
2.9 Systembegriff im Kontext seiner Umwelt
3. EINBLICK IN DIE SOZIOLOGIE DES SPITZENSPORTS
3.1 Kennzeichen des Spitzensports
3.2 Bedeutungsvolle Umwelten des Spitzensports
4. SOZIALISATION UND BINDUNG
4.1 Sozialisation
4.2 Persönlichkeitsmerkmale
4.3 Sozialisations- und Persönlichkeitsentwicklung durch Sport
4.4 Bindungen und Beziehungen
4.5 Bindungen und Beziehungen und die Konsequenzen für den Spitzensport
5. NETZWERKE UND SOZIALE UNTERSTÜTZUNG
5.1 Netzwerke
5.2 Soziale Unterstützung
6. PRIMÄRES NETZWERK DER SPITZENATHLETEN
6.1 Spitzenathlet
6.2 Private Komponente
6.2.1 Eltern
6.2.2 Geschwister
6.2.3 Netzwerk Gleichaltriger und Freundschaften
6.2.4 Partner
6.3 Sportlich-soziale Komponente
6.3.1 Trainer im Spitzensport
6.3.2 Coaching im Spitzensport
6.3.3 Qualifikations- und Persönlichkeitsanforderungen an Sport-Mental-Coachs
7. VORBEREITUNG DER QUALITATIVEN SOZIALFORSCHUNG
7.1 Organisation des Spitzensports in der Schweiz
7.1.1 Swiss Olympic – der Dachverband
7.1.2 Ethik-Charta der Swiss Olympic
7.2 Spitzensport-Konzept in der Schweiz
7.3 Das Cluster Spitzensport Schweiz
7.3.1 Der äußere Ring
7.3.2 Der mittlere Ring
7.3.3 Der innere Ring
7.4 Swiss Ski/Abteilung Ski alpin
8. PLANUNG DER UNTERSUCHUNG
8.1 Methode und Ablauf
8.2 Begründung und Darstellung der Methode
9. DURCHFÜHRUNG DER UNTERSUCHUNG
9.1 Postskript des Vorgesprächs der Gruppe 1
9.2 Postskript zur Eröffnung und zur Durchführung am 26.06.20102
9.3 Postskript des Vorgesprächs der Gruppe 2
9.4 Postskript zur Eröffnung und zur Durchführung am 09.08.2012
10. AUSWERTUNG
10.1 Grundlage
10.2 Analyse der Strukturlegetechnik
10.2.1 Inhaltliche Einzelübersicht
10.2.2 Kategorisierung gemäß Punkt 6
10.2.3 Erweiterung der Kategorienbildung
10.2.4 Zuteilung der Faktoren gesamt
10.3 Inhaltsanalyse der Gruppendiskussion
10.4 Interpretation der Ergebnisse
10.4.1 Private Komponente
10.4.2 Sportlich-soziale Komponente
10.4.3 Erweiterte Komponenten
11. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
11.1 Zusammenfassung
11.2 Ausblick
12. KRITISCHE REFLEXION
13. LITERATURVERZEICHNIS
14. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
15. TABELLENVERZEICHNIS
16. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
ABSTRACT
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit nachhaltigen Höchstleistungen im System Spitzensport/Skifahren alpin und ihren psychologischen Voraussetzungen. Inwieweit sind nachhaltige Spitzenleistungen von einem unterstützenden, sozialen Umfeld abhängig? Die qualitative Erhebung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit aktiven und ehemals aktiven Rennläufern des Schweizer und Liechtensteinischen Skiverbands. Ausgangspunkt ist ein Einblick in die Soziologie des Spitzensports. Komplementiert wird die Theorie durch eine Übersicht zu dem Themen: Sozialisationsprozess, Bindungstheorie, soziale Netzwerke und Unterstützung sowie zur Rolle des Hochleistungssportlers im Kontext seines sozialen Umfeldes. Danach folgt die Befragung von acht aktiven bzw. ehemals aktiven Skirennläufern. Es handelt sich um Einzelfallstudien, kombiniert mit dem Erhebungsverfahren einer Gruppendiskussion und einer inhärenten Strukturlegetechnik. Gearbeitet wurde mit zwei heterogen, natürlichen Gruppen. Die vorliegende Studie bestätigt die unterstützende Wirkung eines positiven sozialen Umfeldes. Dessen Einflussgröße für nachhaltige Höchstleistungen ist individuell verschieden. Sie ist abhängig von den Bedürfnissen der Athleten. Die Nichtbeachtung sozialer und psychologischer Bedürfnisse wirken energieraubend. Sie können die Leistungsfähigkeit der Athleten enorm einschränken. Um den genauen Zusammenhang zwischen nachhaltigen Höchstleistungen im Skifahren alpin und den einzelnen Indikatoren detaillierter zu analysieren, empfiehlt sich eine Längsschnittstudie.
VORWORT
Seit vielen Jahren arbeite ich als Sozialpädagogin, seit 4 Jahren davon als verantwortliche Leiterin einer sozialen Einrichtung für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen. Berufsbedingt widme ich dem sozialen Umfeld der Rehabilitanden große Aufmerksamkeit.
Ein ganz besonderer Auslöser war der Hilferuf eines Klienten. Er war heroinabhängig und konnte seine medizinische Rehabilitation erfolgreich beenden. Dennoch wurde er zwei Tage nach seiner regulären Entlassung rückfällig. Der gesamte Rehabilitationsprozess verlief positiv. Wohnung und Arbeit waren ebenfalls vorhanden. Ich musste jedoch konstatieren: Ich habe einen der wichtigsten Faktoren außen vor gelassen! Seither achte ich während der medizinischen Rehabilitation auf die Integration der Herkunftsfamilie der Klienten. Zugleich stellte ich mir die Frage: Ist ein lang anhaltendes suchtmittelfreies Leben bzw. der Therapieerfolg eventuell gänzlich abhängig von der Integration in das soziale Umfeld?
In unserer Rehabilitationseinrichtung habe ich zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen über diese Fragen reflektiert. Wir haben neue Erkenntnisse daraus gewonnen und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Die Anfangsergebnisse waren bereits vielversprechend und mittlerweile kann ich sagen: Die Resultate sind deutlich klar erkennbar.
Kurz darauf absolvierte ich im Jahr 2008 erfolgreich die Ausbildung zum Sport-Mental-Coach über die Tempelhof-Seminare in Augsburg. Im Jahr 2009 konnte ich zum ersten Mal meine erworbenen Kenntnisse effektiv und effizient in der Praxis anwenden. Ich konnte einen jungen Skirennläufer der Skihauptschule Schruns in Vorarlberg coachen und zu einem beachtlichen Erfolg verhelfen. Noch immer sehe ich die freudige Nachricht seiner Mutter vor mir: „Hallo Diana, Patrick ist heute 3. geworden. Hat eine Riesen-Freude. Dir schöne Tage im Allgäu. LG Beate“.
Diese und weitere Coaching-Erfahrungen führten mich zum Masterstudiengang „Coaching, Organisationsentwicklung und Personalentwicklung“ nach Innsbruck. Dabei konnte ich meine Kenntnisse enorm erweitern. Insbesondere der systemische Ansatz im Coaching und der Organisationsentwicklung, ein mir bis dato unbekannter Denkansatz, erweiterten meine Grund- und Wertehaltung nachhaltig positiv.
Die Frage „In welchem Maße sind nachhaltige Spitzenleistungen im System Hochleistungssport/Ski alpin von einem unterstützenden Umfeld abhängig?“ untersuche ich auf dem Hintergrund folgender Erfahrungen:
- meine berufliche Erfahrung in der Sozialarbeit einschließlich Leitungsfunktion,
- mein Interesse am Skisportsport, insbesondere am Skifahren alpin,
- meine neu hinzugekommene Freude und Erfahrung am Coaching,
- meine neu erworbenen Einblicke in den systemischen Ansatz des Aufbaustudiums „Coaching, Organisationsentwicklung und Personalentwicklung“.
„Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit Menschen,
die dem Leben seinen Wert geben!“
Wilhelm von Humboldt
Gerne möchte ich meinen Dank aussprechen:
Dir, meiner verstorbenen Mama! Du hast mir gezeigt, dass Begegnungen mit Menschen etwas ganz Besonderes sind!
Dir, lieber Papa, mit Deiner Kraft und Zielstrebigkeit bist du mir ein großes Vorbild!
Euch, meiner ganzen Familie, für fachlichen Austausch und viel Verständnis!
Danke, Bruder Stefan Epp mit Freundin Anita, Schwester Barbara mit Mann Martin und Schwester Andrea mit Freund Moritz.
Für fachliche Unterstützung danke ich Frau Dr.in Eva-Maria Kremsner, Dr. Peter Heigl, Simone Fietz und Hans Lerch.
Und ein großes Dankeschön gilt u. a. folgenden Interview-Partnern
Tina Weirather, Tobias Grünenfelder, Diego Züger und Dr. Christian Uhl.
Mein ganz besonderes Dankeschön gilt hierbei Jessica Bricker-Walter und Mathias Bricker: Durch euer „Ja“, durch eure Offenheit und durch eure Zuverlässigkeit konnte diese Arbeit beginnen und entstehen.
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich Freude und Erkenntnis!
Die Gleichberechtigung von Frau und Mann liegt mir sehr am Herzen.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit möge man mir nachsehen, dass ich im geschriebenen Text oft nur die männliche Form verwende.
1. EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
Sport hat viele Facetten. Insbesondere die medialen Inszenierungen der Höchstleistungen sorgen für Aufregung, Neugierde, Spannung, Freude, Erholung, Aufschwung und Unterhaltung. Wie kommt es zu sportlichen Spitzenleistungen? Sind Träume, Talent, Gesundheit, systematisches Training und ein starker Wille ausreichend? Was brauchen Athleten um nachhaltig erfolgreich sein zu können? Im Hochleistungssport findet diese Frage kaum Aufmerksamkeit (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 261). Da jedoch nur wenige Spitzenathleten auf lange erfolgreiche Karrieren zurückblicken können, ist diese Entwicklung schwer nachvollziehbar (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 260).
Sind nachhaltige Spitzenleistungen von einem unterstützenden Umfeld abhängig?
Folgende Aussage gibt vielleicht eine Antwort: „Becoming a swimmer, especially a successful swimmer, is much more than one person`s doing“(vgl. Weber, 2003, S. 12, zit. n. Kalinowski, 1985, S. 156). Dies gilt nach Weber (2003, S. 12) nicht nur für den Schwimmsport, sondern für den gesamten Spitzensport. Doch wer gehört zu diesem Personenkreis und wie sollen diese miteinander agieren?
Gehören zu diesem Kreis das Management, das Ärzteteam, das Trainerteam? Oder sind es die Eltern, Geschwister, Gleichaltrige, Lehrer, Ausbilder und Partner? Oder ist es das gesamte Netzwerk der genannten Gruppen? Welche Rolle spielt die gesamte unmittelbare Lebenswelt der Spitzenathleten?
Gemäß den Ausführungen von Hinde (1993, S. 7) bietet ein funktionierendes Netz persönlicher Beziehungen einen grundlegenden Schutz gegen Gefährdungen der psychischen und physischen Gesundheit. Vielleicht ist das auch die entscheidende Unterstützungsquelle für erfolgreiche, nachhaltige Höchstleistungen im Skifahren alpin während einer fordernden Wintersaison? In jedem Fall sind es die Beziehungen zu Mitmenschen, die die Persönlichkeitsentwicklung mitgestalten und das Leben nachhaltig prägen (vgl. Hinde, 1993, S. 7).
Das Unterstützungspotential einzelner Beziehungskonstellationen ist ausreichend bekannt. Nach Digel, Thiel, Schreiner & Waigel (2008, S. 7) haben Trainer großen und entscheidenden Einfluss auf Wettkampfleistungen. Bette und Schimank (1995, S. 292) betonen die außergewöhnliche Bedeutung des familialen Hintergrunds und bezeichnen diese als wichtige Stütze. Insbesondere die primären Sozialisationsinstanzen fungieren als regulative Anregungs-, Allokations- und Platzierungsfunktionen (vgl. Bette & Schimank, 1995, S. 292). Weber (2003, S. 12) erweitert diesen Gedanken mit der Aussage, dass mit einem fehlenden unterstützenden Umfeld sportliche Erfolge im Spitzenbereich eher unwahrscheinlich sind.
Nach Heinzmann (2007, S. 3; zit. n. Gubelmann, 2006, S. 6) fehlen viele Hilfestellungen des sozialen Umfelds oder sind in unkoordinierter Form vorhanden. Viele Athleten fühlen sich alleingelassen und überfordert. Über das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren ist wenig bekannt (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 25). Was brauchen also die Athleten an Unterstützungsleistungen, um nachhaltig erfolgreich zu sein?
Vielleicht ist dies eines der Erfolgsrezepte von Jürgen Klopp, dem Trainer der Dortmunder Fußballer:
[…] Kehl [Spieler bei Dortmund] wartete ein paar Meter abseits, und erst als sich eine Pause ergab, fragte er den neuen Trainer [Jürgen Klopp] höflich, ob er vielleicht gleich noch kurz etwas mit ihm besprechen könne. Was denn sei? Etwas Privates, antwortete Kehl, morgen gehe es natürlich auch noch. Klopp stand sofort auf. (Barth, Kluin, Löer, 2012, S. 48)
1.2 Forschungsstand
Zum weiteren Vorgehen ist die Auseinandersetzung mit dem Forschungsstand relevant. Sportliche Erfolge sind seit Jahren Gegenstand sportwissenschaftlicher Untersuchungen. Laut Digel (2008, S. 201) finden sich die Ressourcen des Hochleistungssports auf drei verschiedenen Ebenen: der Ebene der Gesellschaft, der Ebene der Umwelt des Athleten, sowie der Ebene der jeweiligen Organisation des Hochleistungssports einer Nation. Alle drei zeichnen sich gemäß Digel (2008, S. 201)
durch eine besondere Relevanz für das System Hochleistungssport aus.
Insbesondere der Einfluss der Gesellschaft wurde allumfassend wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass folgende Faktoren das System Hochleistungssport beeinflussen: die Größe der Bevölkerung, die Wirtschaftskraft, der Industrialisierungsgrad, der Bildungsstand, die technisch-wissenschaftliche Entwicklung und die politischen Verhältnisse. Darüber hinaus sind die soziale Struktur, die vorherrschende Ideologie, die klimatischen Bedingungen, die Ernährungssituation, der Gesundheitsstand der Bevölkerung und die Religion eines Landes relevant (vgl. Digel, 2008, S. 200).
Zudem sind die „institutionellen Arrangements in Gestalt von Vereinen, Verbänden, Sponsorbeziehungen und einem assistierenden Medizinsystem in diesem Zusammenhang bereits häufig innerhalb der Sportwissenschaft thematisiert worden“ (Weber, 2003, S. 12).
Zusätzlich nimmt die Ebene der Umwelt der Spitzensportler Einfluss auf dessen Höchstleistungen. Die primäre Umwelt eines Athleten setzt sich aus verschiedenen Personengruppen zusammen: Familie, Peer Group, Trainer und Ausbilder (vgl. Heinzmann, 2007, S. 4). Wissenschaftliche Untersuchungen fokussierten auf dieser Ebene vor allem die Rolle der Familie und Trainer (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 24). Hier eine differenzierte Übersicht zum Forschungsstand:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Forschungsstand (vgl. Wollsching-Strobel & Wollsching-Strobel, 2009)[1]
1.3 Konkretisierung der zentralen Fragestellung und Zielsetzung
Die Eltern und Coachs der Leistungs- und Hochleistungssportler beeinflussen folgende Teilaspekte der Athleten: die Motivation, die Talentrekrutierung und die Talentförderung, das Erreichen eines internationalen Leistungslevels, Spitzenleistungen, die Beendigung der Karriere und den Umgang mit Verletzungen. Sowohl die Eltern, als auch die Coachs besitzen im System Leistungs- und Hochleistungssport eine Schlüsselposition. Sie können neben den positiven Effekten auch das Versagen der Leistungssportler provozieren.
Das Zusammenspiel der sozialen Umfeldkomponenten beeinflusst die physische und psychische Befindlichkeit der Leistungs- und Hochleistungssportler. Zugleich fördert die Zusammenarbeit den lösungsorientierten Umgang mit kritischen Lebensereignissen.
Leistungssportler mit länger anhaltenden Mehrfachbelastungen profitieren von einem sozialen Netzwerk. Über einen Zusammenhang mit erfolgreichen, nachhaltigen Höchstleistungen ist allerdings wenig bekannt. Daraus ergibt sich folgende Fragestellung: Sind erfolgreiche, nachhaltige Spitzenleistungen im System Hochleistungssport von einem unterstützenden sozialen Umfeld abhängig?
Ziel dieser Arbeit ist die Überprüfung eines möglichen Zusammenhangs zwischen einem unterstützenden sozialen Umfeld und erfolgreichen, nachhaltigen Spitzenleistungen im System Hochleistungssport.
1.4 Beschreibung des Aufbaus
Diese Thesis ist in 17 Kapitel gegliedert. Die Kapitel 12 bis 17 beinhalten die kritische Reflexion, das Literatur-, das Abbildungs-, das Tabellen-, sowie das Abkürzungsverzeichnis.
Kapitel 1, die Einleitung, führt anhand der Problemstellung und der Abgrenzung des Forschungsstands zur zentralen Fragestellung und Zielsetzung. Im zweiten Teil folgt die Einführung in die zentralen Grundbegriffe. Kapitel 3 zeigt einen Einblick in die Soziologie des Spitzensports. Fokussiert werden sowohl die Kennzeichen, als auch die Umwelten des Hochleistungssports. In Kapitel 4 und 5 folgen eine Einführung in die Sozialisations- und Bindungstheorie, sowie eine Heranführung an die Bedeutsamkeit sozialer Netzwerke und der daraus resultierenden sozialen Unterstützung. Im Kapitel 6 wird auf den Spitzenathleten im Kontext seiner Umwelt eingegangen.
Kapitel 7 leitet den empirischen Teil der vorliegenden Arbeit ein. Dieses ermöglicht einen Einblick in die Organisation des Spitzensports der Schweiz. Konzentriert betrachtet werden hierbei die Clusterfeldanalyse und die Ethik-Charta der Swiss Olympic, sowie die Abteilung Ski alpin der Swiss Ski.
Die Planung, inklusive Darstellung der Methode, die Durchführung, sowie die Auswertung bilden den Fokus der Kapitel 8 bis 10. Der Abschluss führt zur Interpretation der Ergebnisse. Die Zusammenfassung und der Ausblick schließen mit Kapitel 11 die Arbeit ab.
2 TERMINOLOGISCHE ABGRENZUNGEN
Im Fokus dieses Kapitels steht die grundlegende Einordnung und Abgrenzung folgender Termini: „Spitzensport“, „-sportler“, „-leistung“, „Erfolg“, „Nachhaltigkeit“, sowie Nachhaltigkeit im Kontext Hochleistungssport und „soziales Netz“. Im Anschluss daran folgen ein Einblick in die Grundbegriffe systemischen Denkens, sowie die Betrachtung vom Systembegriff im Kontext seiner Umwelt.
2.1 Spitzensport
In der vorliegenden Arbeit wird der Terminus „Spitzensport“ und „Hochleistungssport“ synonym und in Abgrenzung zu den Begriffen „Leistungs-„ und „Breitensport“ verwendet. Charakteristisch für den Spitzensport sind die stetigen Überbietungen erbrachter Leistungen und die daraus resultierende Präsentation der Nationen (vgl. Bona, 2001, S. 64). Ausführlich wird der Spitzensport im Punkt 3.1 beschrieben. Ein Element des Systems Hochleistungssport ist der Hochleistungssportler.
2.2 Spitzensportler
„Spitzensportler“, „Hochleistungssportler“, „Spitzenathlet“ und „Athlet“ werden in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet. „Spitzensportler stellen eine nationale Elite dar“ (Braun, Faure, Gebauer, Suaud, 1999, S. 62) und repräsentieren anhand ihrer Leistungen in Europa-, Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen ihre jeweilige Nation. Andauernd der sportlichen Wettkämpfe unterliegen Hochleistungssportler definierten Klassifikationsnormen und unterscheiden sich anhand dieser von Breiten- und Leistungssportlern (vgl. Braun, Faure, Gebauer, Suaud, 1999, S. 62).
Charakteristisch für Hochleistungssportler ist, auf Grund der permanenten Erbringung von Spitzenleistungen, der begrenzte Zeitraum zur aktiven und erfolgreichen Ausführung der jeweiligen Sportart (vgl. Braun, Faure, Gebauer, Suaud, 1999, S. 63). Während der aktiven Zeit bewegen sich Spitzenathleten oftmals im Grenzbereich menschlicher Leistungsfähigkeit (vgl. Digel, Mayer & Thiel, 2010, S. 7). Detaillierte Ausführungen zum Hochleistungssportler folgen im Punkt 6.1.
2.3 Spitzenleistung
Gemäß Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel (2009, S. 50) fordern Spitzenleistungen ein Handeln am persönlichen Limit und/oder stehen in Konkurrenz zu Anderen. Somit gelten diese als außergewöhnliche Leistungen (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 50). Höchstleistungen werden oftmals in einem bestimmten Handlungsfeld erbracht, welches sich aus mehreren Teilhandlungsfeldern zusammensetzt (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 50). Spitzenleistungen fordern ein Zusammenwirken der einzelnen Segmente. Im Handlungsfeld Skifahren alpin werden diese beispielsweise wie folgt aufgeteilt: die Sprungkraft, die Kondition, die Technik, das Umsetzungsvermögen, die koordinativen Fähigkeiten, die Ausdauer und die Körperbeherrschung.
Gemäß den Ausführungen von Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel (2009, S. 50) können Spitzenleistungen im Laufe des Lebens in verschiedenen Handlungsfeldern, jedoch im Regelfall nicht in unterschiedlichen Bereichen gleichzeitig erbracht werden. Höchstleistungen beanspruchen fokussierte Konzentration (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 50). Angestrebte und umgesetzte Leistungsexzellenz und fortlaufend optimierte Leistungsfähigkeit zielen auf Erfolg.
2.4 Erfolg
Der Terminus „Erfolg“ beinhaltet eine beabsichtigte, angestrebte und positive Wirkung (vgl. Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, 2008-2011). Wie Hänsel, Sternecker, Strobel, Strobel (2009, S. 19) feststellen, ergibt sich der Grad des Erfolges durch die Relation zu einer Referenzgruppe, bzw. durch erstellte Messwerte. Im System Hochleistungssport definieren sich diese durch die formalen Kriterien wie Kaderzugehörigkeit, Teilnahmehäufigkeit und Siege. Erfolg ist demnach von deren Bewertung abhängig (vgl. Hänsel, Sternecker, Strobel, Strobel, 2009, S. 19).
Talent, Gesundheit, systematisches Training, Wille und Durchhaltevermögen sind für Höchstleistungen im alpinen Skisport grundlegend. Nachhaltig erfolgreich zu sein heißt nicht nur oben anzukommen, sondern Spitzenniveau zu halten.
2.5 Nachhaltigkeit
Die Schweiz ist das erste Land, welches den Begriff „Nachhaltigkeit“ in der Verfassung verankert hat (vgl. Grober, 2010, S. 204). “Sie [Schweizerische Eidgenossenschaft] fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.“ (Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1999) Im alltäglichen Sprachgebrauch bezeichnet Nachhaltigkeit eine dauerhafte und langfristige Wirkung (vgl. Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, 2008-2011).
Der „Begriff“ Nachhaltigkeit geht auf die erste schriftliche Erwähnung von Hanns Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann aus Freiberg/Sachsen zurück. Dieser erwähnte im ältesten Lehrbuch der Forstwirtschaft von 1713, der ‚Sylvicultura oeconomica’, den Ausdruck „nachhaltend“ im Zusammenhang mit der Art und Weise der Waldnutzung (Holthusen, 2003, S. 283; zit. n. Carlowitz, 2000). Er forderte einen Ausgleich zwischen den Holzfällarbeiten und der Aufforstung (vgl. Lexikon der Nachhaltigkeit, 2012).
Ergänzend zum Gedanken der Aufforstung weisen Jacob Grimm und Wilhelm Grimm darauf hin, dass dauerhafte, langfristige Nutzung einen vorausschauenden und weitsichtigen Umgang voraussetzt. „Nachhaltiger Ertrag des Bodens wird nur erzielt, wenn der Boden in gutem Zustand erhalten wird.“ (Deutsches Wörterbuch, 1998-2011)
Ein weiterer Gedankengang zur Nachhaltigkeit konnte durch die World Commission on Environment and Development entwickelt werden. Diese macht auf den notwendigen verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen aufmerksam und definiert Nachhaltigkeit wie folgt: „Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“ (World Commission on Environment and Development, 1987)
Die Begriffe und Prinzipien der Nachhaltigkeit, bzw. der nachhaltigen Entwicklung gingen mittlerweile in viele andere Bereiche über und wurden zu einer grundlegenden Handlungsmaxime in Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen (vgl. Spindler, 2012,S. 4). Zudem erwähnt Spindler (2012, S. 4), dass weniger die exakte Definition, sondern die Bestimmung dessen, was Bestand haben soll, im Vordergrund steht. Dies hat auch Gültigkeit für den Hochleistungssport. Spitzenleistungen zielen auf Beständigkeit.
2.6 Nachhaltigkeit im Spitzensport
Es ist schwierig, an die Spitze zu kommen, jedoch bedeutend schwieriger dort oben zu bleiben (vgl. Barth, Kluin, Löer, 2012, S. 38). Nachhaltigkeit im Spitzensport heißt nicht nur den „Berg“ des Gelingens zu erklimmen, sondern auch erfolgreich das erreichte Leistungsniveau zu halten (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 260). Dies ist im Hochleistungssport für eine erfolgreiche Karriere unabdingbar.
Voraussetzung für nachhaltige Spitzenleistungen ist die fortlaufende Optimierung leistungsrelevanter Faktoren. Dazu gehören: die Selbstbeobachtung, die Selbstreflexion und die Selbstveränderung (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 260). Darüber hinaus sind nach Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel (2009, S. 260) lang anhaltende Spitzenleistungen auf einen kontinuierlichen Expertiseaufbau angewiesen. Diese werden durch das soziale Umfeld gestützt (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 273).
2.7 Soziales Netz
Überdurchschnittliche Leistung erfordert sozialen Austausch (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 273) – ein soziales Netzwerk vorausgesetzt.
Ein soziales Netzwerk ist ein System sozialer Beziehungen zwischen Individuen. Dieses System wird entsprechend der Metapher des Netzes als eine Struktur angesehen, die aus Knoten und Verbindungssträngen besteht, wobei die Knoten Personen oder andere soziale Entitäten darstellen und die Verbindungsstränge Formen des Austausches zwischen Personen symbolisieren, etwas Freundschaft, Zuneigung oder materielle Hilfe. (Klusmann, 1989, S. 38)
Soziale Netzwerke und die daraus entstehende Unterstützung beeinflussen überdurchschnittliche Leistungsfähigkeit (vgl. Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel, 2009, S. 153). Eine detaillierte Beschreibung zum Thema Netzwerke und soziale Unterstützung folgt im Punkt 5.
2.8 Einblick in die Grundbegriffe systemischen Denkens
Systemisches Denken entsteht durch das Zusammenwirken verschiedener theoretischer Grundlagen und setzt sich im Besonderen mit der Struktur, den Verbindungen und dem Verhalten komplexer Systeme auseinander (vgl. Ulrich, 1970, S. 132).
Urvater der Systemtheorie ist der Biologe Karl Ludwig von Bertalanffy (1968). Dieser erkannte, dass ein ausschließlich linearer Erklärungsansatz die Kohärenz der Wirklichkeit nicht erfassen kann. Nach Bertalanffy steht diese Theorie in Abgrenzung zur eindimensionalen Ursache-Wirkungs-Betrachtung der klassischen Physik. Dieser betonte die Einzigartigkeit lebendiger Systeme. Resultierend daraus entstand die Notwendigkeit, Systeme mit anderen Systemen vernetzt zu sehen.
Ein Vorläufer der Systemtheorie war der Mathematiker Norbert Wiener (1948). Dieser gilt als der Gründer der Kybernetik, griechisch ‚kybernetike‘ bezeichnet ‚Steuermannskunst‘. Dieser bemühte sich um geschlossene, selbstregelnde und sich selbst steuernde Mechanismen. Kybernetiker befassen sich nach Ulrich (2001, S. 137) mit Prozessen und Regelungsvorgängen in dynamischen Systemen.
Der Physiker Heinz von Foerster (1995), Vater der Kybernetik zweiter Ordnung, beschäftigt sich mit Systemen, die Beobachtungen ausführen. Aussagen der Kybernetik zweiter Ordnung sind Aussagen über den Beobachter als System.
Eng verwandt mit der Kybernetik zweiter Ordnung ist der Konstruktivismus. Der Gründer Ernst von Glaserfeld (2005) geht davon aus, dass bei der Betrachtung der Welt, niemals ein Abbild der Realität, sondern die Wirklichkeit immer im Auge des Betrachters entsteht. Systeme sind folglich subjektabhängige und zu interpretierende Auffassungen von der Wirklichkeit und lediglich Konstruktionen (vgl. Berghaus, 2004, S. 24). Die daraus resultierende Haltung wird im Punkt 6.3.2 Coaching im Spitzensport beschrieben.
2.9 Systembegriff im Kontext ihrer Umwelt
Der Begriff „System“ geht aus dem griechischen Wort „systima“ hervor und bedeutet „Zusammenstellung“, „Vereinigung“, „Ganzes“ (vgl. Flechtner, 1966, S. 228). Nach Heinzmanns (2007, S. 69) Auffassung beinhaltet der Begriff ,,System“ eine „geordnete Gesamtheit von zueinander in Beziehung stehenden Elementen mit klaren Grenzen zur Umwelt“. Weiter führt Heinzmann (2007, S. 69) aus:
Jedes Element erhält aber seine Bedeutung erst durch das System, und das System funktioniert erst durch das Zusammenspiel der Elemente. Man kann deshalb die Elemente eines Systems nicht einzeln analysieren, sondern nur im Systemzusammenhang und man kann das System nicht verstehen, ohne die genauen Kenntnisse seiner Elemente.
Mit „Umwelt“ bezeichnet Weber (2003, S. 25) alles, was außerhalb der Sinngrenze eines Sozialsystems liegt. Jedes System ist nicht von einer einzigen Umwelt umgeben, sondern mit vielen, verschiedenartigen Umwelten konfrontiert. Ein System im Kontext zu seiner Umwelt kann grafisch wie folgt dargestellt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Allgemeine Systemdarstellung (vgl. Heinzmann, 2007, S. 69)
Systeme unterliegen gemäß Ulrich (2001, S. 145) einer Zweck- und Zielorientiertheit. Der Zweck entspricht der Funktion und das Ziel beinhaltet die vom System angestrebten Verhaltensweisen (vgl. Ulrich, 2001, S. 144). Dies betrifft ebenfalls den Hochleistungssport. Dieser verfolgt Funktionen im Interesse seiner Umwelt und bietet zugleich die Möglichkeit, eigene Ziele festzulegen und deren Verwirklichung anzustreben (vgl. Ulrich, 2001, S. 145). Weiter führt Ulrich (2001, S. 145) aus, dass sich Ziele und Zwecke in sozialen Systemen sowohl ergänzen, als auch für Differenzen ausschlaggebend sein können. Zu beachten ist, dass sich im System Hochleistungssport die Lebensumwelt der Heranwachsenden radikal wandelt (vgl. Baur & Burmann, 2008, S. 234). Dies kann zu unterschiedlichen Ziel- und Zweckvorstellungen führen.
3 EINBLICK IN DIE SOZIOLOGIE DES SPITZENSPORTS
Im folgenden Kapitel werden primär die Kennzeichen des Hochleistungssports entlang der Begriffe „Sport“, „Breiten-“ und „Leistungssport“ erschlossen. Weiter folgt die Betrachtung vom Hochleistungssport im Kontext seiner Umwelten. Besonders hervorzuheben sind hierbei nach Bona (2001, S. 64) die gesellschaftlichen Teilsysteme: Medien, Wirtschaft und Politik.
3.1 Kennzeichen des Spitzensports
Aus soziologischer Sicht ist Sport eine Handlung, gekennzeichnet durch Wettkampf zwischen zwei und mehr Parteien (vgl. Anders, 2008, S. 308). Dieser beinhaltet nach Anders (2008, S. 308) eine spielerische, auf körperliche Geschicklichkeit, Taktik und Strategie ausgerichtete Aktivität.
Wopp (2008, S. 322) beschreibt den Breitensport als eine Idee des Sports für alle. Hier überwiegen nach Schulke (1983, S. 301) der Gedanke der Integration, die Vielfalt der Aktivitäts- und Gestaltungsmöglichkeiten und die Heterogenität in der Gruppenzusammensetzung. Demgegenüber dominieren im Spitzensport das Prinzip der Auslese, die Spezialisierung der Sportart sowie die Homogenität der Gruppenzusammenstellung (vgl. Schulke, 1983, S. 301). Dies lässt sich anhand der folgenden graphischen Darstellung verdeutlichen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Integration versus Auslese
Wie Anders feststellt (2008, S. 309) beinhaltet der Breitensport ein Sporttreiben auf unterem bis mittlerem Wettkampfniveau. Sowohl der Breitensport, als auch der Leistungs- und Hochleistungssport beinhalten ein „Leisten/Nicht Leisten“ (Anders, 2008, S. 308). Ein signifikanter Unterschied geht einher mit der Platzierung.
Insbesondere der Leistungs- und Hochleistungssport stellen „Sieg oder Niederlage“ (Anders, 2008, S. 308) vor das „Leisten/Nicht Leisten“ (Anders, 2008, S. 308). Gewinnen und stetige Leistungssteigerung werden somit zum erstrangigen und maßgebenden Ziel. Nach Ausführungen von Anders (2008, S. 309) ist der Hochleistungssport eingebettet in einen internationalen Konkurrenzkampf mit einer fortlaufenden Überbietung bereits erzielter Höchstleistungen. Bette und Schimank (2008, S. 281) vervollständigen diesen Gedanken mit der Aussage, dass der Spitzensport von einer „permanenten hochgradigen Überproduktion von Siegeshoffnungen“ lebt.
Ein weiteres Kennzeichen des Hochleistungssports ist „ein nach Geschlecht, Alter Leistungsstandard, Gewicht usw. differenziertes Wettkampfsystem“ (Kemper, 1983, S. 116). Ziel ist der möglichst gerechte Vergleich der erbrachten Leistungen (vgl. Kemper, 1983, S. 116). Zudem verfügt der Spitzensport entsprechend den Ausführungen von Kemper (1983, S. 116) über ein direktives, normatives System. Dieses ermöglicht die Gestaltung eines reibungslosen Ablaufs, die Sanktionierung bei systemimmanentem abweichendem Verhalten, die Disposition der Leistungsabstufungen sowie die Berücksichtigung der Gratifikationen.
3.2 Bedeutungsvolle Umwelten des Spitzensports
Neben der wechselseitigen Abhängigkeit des Hochleistungssports gegenüber Politik, sind besonders die Medien und die Wirtschaft hervorzuheben. So sahen die alpinen Rennen, von Oktober 2010 bis einschließlich März 2011 in 3000 Übertragungsstunden, mehr als 3,1 Milliarden Zuschauer (vgl. Infront Sports & Media, 2012).
Nach den Erläuterungen von Anders (2008, S. 312) steigt mit zunehmender Medienattraktivität die Verknüpfung des Spitzensports mit Wirtschaftsunternehmen. Sponsoren des Hochleistungssports nutzen diese Kooperation zum Imagetransfer und zur Erhöhung des Bekanntheitsgrads von Produkten. Den alpinen Gesamtweltcup sponserten neun Wirtschaftsunternehmen, darunter drei Lebensmittelkonzerne, zwei Textilunternehmen, zwei Versicherungsgesellschaften und zwei Produktionsfirmen (vgl. Infront Sports & Media, 2012). Diese Verknüpfungen führen, wie bereits Anders & Schilling (1984) beschrieben, zur Kommerzialisierung des Sports.
Eine weitere bilaterale Verbindung besteht zum Teilsystem Politik. Nach dem 12. Sportbericht der Bundesregierung (vgl. Bundesministerium des Inneren, 2010) leitet das Bundesministerium des Inneren (BMI) den Sport des Bundes. Das Ministerium zielt auf eine fortlaufende Förderung des Spitzensports, der Sportmedizin und der Sportwissenschaft. Zudem koordiniert dieses internationale Angelegenheiten und den Ausbau von Sportstätten.
[...]
[1] Die Daten der tabellarischen Darstellung Autoren/Jahr und Ergebnis von Hänsel, Sternecker, Wollsching-Strobel, Wollsching-Strobel wurden der Internetseite www.wollsching-strobel.de entnommen. Auf diese wird im Buch Die Leistungsformel, 2009, S. 22 von oben genannten Autoren hingewiesen.
- Quote paper
- Diana Epp (Author), 2012, Erfolgreiche, nachhaltige Höchstleistungen im System Spitzensport/Skifahren alpin, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232879
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.