Bei einem Portfolio handelt es sich um einen schriftlichen Report, der das Selbststudium theoretischer Texte (Monographien, Buchkapitel, Aufsätze) dokumentiert, die in Eigenarbeit gelesen und kommentiert werden. Im Portfolio werden die wichtigsten Thesen der jeweiligen Texte knapp referiert. In diesem Portfolio geht es um die Forschung im Bereich der Türkendramen der Vormoderne.
Inhalt
Einleitung
Christiane Ackermann: Dimensionen der Medialität. Die Osmanen im Rosenplütschen „Turken Vasnachtspil“ sowie in den Dramen des Hans Sachs und Jakob Ayrer
Christiane Ackermann/Rebekka Nöcker: Wann gantz geferlich ist die zeit. Zur Darstellung der Türken im Werk des Hans Sachs
Horst Brunner: Dulce bellum inexpertis. Bilder des Krieges in der deutschen Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts
Glenn Ehrstine: Fastnachtsrhetorik. Adelskritik und Alterität in „Des Turken Vasnachtspil“
Reinhard Hahn: Pontus uind Sidonia. Geographischer Raum im Prosaroman des 15, Jahrhunderts
Jens Haustein: Jacob Ayrer
Stefan Hohmann: Türkenkrieg und Friedensbund im Spiegel der politischen Lyrik. Auch ein Beitrag zur Entstehung des Europabegriffs
Joachim Kissling: Türkenfurcht und Türkenhoffnung im 15./16. Jahrhundert. Zur Geschichte eines „Komplexes“
Kleinlogel, Cornelia: Vom Spektakel zum Exempel. Das Türkenthema im Werk von Hans Sachs
Cornelia Kleinlogel: Von der ernsten Posse zur Tragödie. Ayrers Türkendramen
Joachim Knape: Boccaccio und das Erzähllied bei Hans Sachs
Hansjürgen Linke: Aspekte der Wirklichkeitswahrnehmung im weltlichen Drama des Mittelalters
Gert Melville: Die Wahrheit des Eigenen und die Wirklichkeit des Fremden. Über frühe Augenzeugen des osmanischen Reiches
Werner Mezger: Narrenidee und Fastnachtsbrauch. Studien zum Fortleben des Mittelalters in der europäischen Festkultur
Eckehard Simon: Der Türke in Nürnberg. Zur Türkenpolemik nach 1453 und „Des Turcken vasnachspil“
Michael Schilling: Aspekte des Türkenbildes in Literatur und Publizistik der frühen Neuzeit
Matthias Thumser: Türkenfrage und öffentliche Meinung. Zeitgenössische Zeugnisse nach dem Fall von Konstantinopel (1453)
Literaturverzeichnis
Einleitung
1. Definition:
Bei einem Portfolio handelt es sich um einen schriftlichen Report, der das Selbststudium theoretischer Texte (Monographien, Buchkapitel, Aufsätze) dokumentiert, die in Eigenarbeit gelesen und kommentiert werden. Im Portfolio werden die wichtigsten Thesen der jeweiligen Texte knapp referiert.
2. Textauswahl
Portfolios werden in den vier Spezialisierungsmodulen und im Modul „Ideen-, Kultur- und Wissensgeschichte“ angefertigt.
Die zu erarbeitenden Texte werden von den Dozenten der Oberseminare vorgegeben und ergeben sich aus dem Thema des jeweiligen Seminars.
3. Umfang und Gestaltung
Insgesamt soll das Portfolio 15 – 20 Seiten (Times New Roman, 12pt, 1,5-zeilig) umfassen.
4. Bewertung
Das Portfolio geht in die Note des Oberseminars ein, prozentual je nach Maßgabe des Seminarleiters.
Christiane Ackermann: Dimensionen der Medialität. Die Osmanen im Rosenplütschen „Turken Vasnachtspil“ sowie in den Dramen des Hans Sachs und Jakob Ayrer
Autoren wie Hans Rosenplüt, Hans Sachs oder Jakob Ayrer greifen die Osmanen in ihren Werken auf, um auf fehlende Werte innerhalb der christlichen Gemeinschaft hinzuweisen bzw. deren Fehlen zu kritisieren und den Zusammenhalt im Kampf gegen den Feind zu stärken. In der Realität bekämpften sich die Länder Europas häufig untereinander, anstatt sich geeint gegen die Osmanen zu stellen.
Die immer weiter ausgreifenden Eroberungen der Osmanen führten ab dem 15. Jahrhundert dazu, dass sich die christliche Gesellschaft mit der ihr fremden Kultur auseinandersetzen musste. In Folge dessen bildeten sich eine Vielzahl von Liedern, Schriften und Flugblättern, die sich unter Einbezug negativer Stereotypen mit den Osmanen beschäftigten und sie zum Erbfeind, zum „Antichristen“[1] ausgestalteten.
Die Darstellung der Osmanen geschieht auf vielfältige Weise durch die Sprache, die Körper der Protagonisten und die Ausgestaltung des Raumes. Die obszöne Sprache des Fastnachtspiels wird vielfach genutzt um das Dargestellte für das Publikum weniger schrecklich zu gestalten, während die Körper im Zusammenhang mit ihrer Kleidung und ihrem Verhalten auf der Bühne Ausdruck für die Überlegenheit der Christen, aber je nach Stück auch der Osmanen, sein können. Der Raum schließlich zeigt ebenso die Dominanz einer der Kulturen, aber auch ihre Verbindung untereinander. Dies kann sich sowohl auf die Verbindung zwischen Christen und Osmanen beziehen, als auch auf Bindungen innerhalb der christlichen Gemeinschaft.
Der Sultan in Des Turken Vasnachtspil von Rosenplüt hat deswegen ein großes Interesse auf sich gezogen, da er überraschenderweise weit weniger negativ auftritt, als es in Europa zur Zeit der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen üblich war. „Er nimmt [...] die Position des politischen und moralischen Mahners ein.“[2] Die Autorin kommt jedoch zu dem Schluss, dass die Stereotypen über die Osmanen im Stück sehr wohl der Zeit entsprechend ausgestaltet werden.
Der osmanische Raum kann in den Texten ein Fluchtpunkt sein oder allgemeiner gesagt einen Ort außerhalb der christlichen Welt darstellen, der auf deren innere Zerrüttung hinweist.
Kommentar
Der Autorin gelingt es mit geeigneten Beispielen die Darstellung der Osmanen in verschiedenen Schriftstücken zu analysieren und auch für Personen verständlich zu machen, die diese Texte nicht selbst gelesen haben. Interessant wäre in der Tat eine weitere Bearbeitung der Medialität im Theater unter Einbezug der Türkenthematik.
Christiane Ackermann/Rebekka Nöcker: Wann gantz geferlich ist die zeit. Zur Darstellung der Türken im Werk des Hans Sachs
Als Mittel die Türken möglichst grausam erscheinen zu lassen nutzt Hans Sachs als „frühzeitlicher Meister der Medien,“[3] Aufzählungen ihrer Gräueltaten wie z.B. Brandschatzen, Raub, Plünderung und Vergewaltigung.
Um die Einstellung des Türken als Christenfeind unter den Menschen schnell zu verbreiten kamen Flugblätter zum Einsatz, auf denen mit bekannten Schlagworten die Kontraste zwischen Gut und Böse skizziert wurden.
Sachs sah in den Türken die Strafe Gottes für unchristliches Verhalten. Nur mit einer sofortigen Rückbesinnung auf das Christentum glaubte er den Krieg gewinnen zu können.
Die Absicht, die türkische Bedrohung als Mittel für mehr Gläubigkeit zu nutzen, zeigt sich in Sachs' Interpretation der neunten Novelle von Boccaccios Decameron 1526. Hier beschreibt er den Sultan als grausamen antichristlichen Richter, um erneut vor einer unchristlichen Lebensweise zu warnen.
Auch in seinem Drama Pontus und Sidona werden die Türken als mordlustige Heiden gezeigt, die schließlich nur dank göttlichen Beistandes besiegt werden können. Durch die Gattung des Textstückes kann Sachs, im Gegenteil zum Meisterlied, die gewünschte christliche Lebensweise sehr lebendig beschreiben und gleichzeitig die „türkische Unrechtsherrschaft“[4] hervorheben.
Sachs Haltung zu einem „Gott zugewandtem Leben“[5] entgegen und im Hintergrund der möglichen Zerstörung der Christenheit durch die Türken, erscheint 1572 erstmals ein Türkentext ohne kriegerischen Hintergrund. Darin werden keine Gräueltaten beschrieben, sondern, unterstützt durch Holzschnitte, Ämter und Personen des türkischen Hofes informativ dargestellt. Sachs' Ziel war es, den Christen die orientalische Kultur näher zu bringen und so Platz für neue Gedanken und eventuell sogar ein Umdenken zu schaffen.
Kommentar
Mit der Beschreibung der Einstellung Hans Sachs' gegenüber den Osmanen und wie er diese Einstellung in seinen Werken umsetzt, werden von den Autorinnen im Aufsatz wichtige Aussagen über einen der bedeutendsten Dichter des 16. Jahrhunderts getroffen. Einem Dichter, den man sich wegen seines genreübergreifenden Schreibstils und der großen Bandbreite an Attributen von positiv bis negativ, die er seinen osmanischen Protagonisten zuschrieb, nicht entgehen lassen sollte.
Horst Brunner: Dulce bellum inexpertis. Bilder des Krieges in der deutschen Literatur des 15. und 16. Jahrhunderts
Sachs fordert in seinen Texten zunächst nicht zum Krieg gegen ein anderes Volk auf, er beschreibt die Türken, ebenso wie Martin Luther, als Strafe für unchristliches Leben.
Als wichtiges zeitgenössisches Ereignis widmet sich Sachs auch mehrmals der türkischen Belagerung Wiens 1529. Bezeichnet er die Türken zunächst nur als Erbfeind und lobt die tapferen Soldaten, bröckelt seine friedliche Art über dieses Ereignis zu schreiben jedoch schon 1535. Hier fordert Sachs erstmals direkt zum Krieg gegen die Türken auf. Desweiteren beschimpft er die Feinde als Kinderschänder und Mörder, um die Gewalt gegen sie zu rechtfertigen.
Ein erneutes Interesse an Kriegsberichterstattung fand Sachs nach der Türkenbedrohung im Schmalkaldischen Krieg, über den er rein informativ berichtete. Im weiteren Verlauf seiner Dichtungen mahnte und warnte Sachs zunehmend vor der Gefahr einer Eskalation, anstatt zu Gefechten zu inspirieren.
Kommentar
Brunner behandelt in seinem Aufsatz die Einstellung Hans Sachs' zum Krieg gegen die Türken. Interessant und lehrreich ist vor allem die Wandlung in der Einstellung des Dichters zum Krieg, die der Autor an Beispielen nachzeichnet.
Glenn Ehrstine: Fastnachtsrhetorik. Adelskritik und Alterität in „Des Turken Vasnachtspil“
Verkehrung ist eines der wichtigsten Stichpunkte im Zusammenhang mit der Fastnacht, doch ihre Funktion war lange umstritten. Eigentlich sollte durch die gespielte Machtübernahme von gesellschaftlich niedergestellten Gruppen eine Revolution fingiert werden, bei der die Menschen sich abreagieren konnten, um letztendlich die von Gott gegebene gesellschaftliche Ordnung in der realen Welt zu bestätigen. Andere Forscher fanden allerdings heraus, dass auch wirkliche Rebellionen daraus entstanden.
Auch Spielorte wie die Schweiz oder Tirol werden nun stärker ins Auge gefasst und nicht mehr nur Nürnberg.
Die Fäkalsprache vieler Fastnachtspiele wird als Bestandteil der Verkehrung mit einer ganz eigenen Rhetorik betrachtet.
Im Turken Vasnachtspil sind die Türken zwar eine positive Kontrastfolie für die verkommende Gesellschaft der christlichen Welt, werden allerdings auch durch Fäkalsprache ins Lächerliche gezogen und nicht nur positiv dargestellt. Dem Sultan ist es einerseits erlaubt die herrschenden Strukturen zu kritisieren, weil er sich im Spiel nicht innerhalb der Gesellschaftsordnung befindet, andererseits ist er dennoch ein Heide und darf deswegen verspottet werden.
Die Türken werden durch ihre Alterität prädestiniert für fastnächtliche Verkehrung. Das Publikum kann seine reale Furcht vor den Türken am Sultan ausleben, auch wenn die Drohungen nicht umgesetzt werden. Außerdem wirken die Türken als Maske für das Bürgertum, die die Verfehlungen des Adels so kritisieren können. Eine weitere Verkehrung ist in der Darstellung des Sultans als guter Christ zu sehen, wenn er dem Heiligen Römischen Reich den Abfall von Gott anklagt.
In Anlehnung an ein Zitat von Bruno Quast: „Die Angst vor dem Fremden besiegt die karnevaleske Unordnung,“[6] stellt Ehrstine am Ende ihres Aufsatzes jedoch gegenteilig fest, dass im Turken Vasnachtspil „die karnevaleske Unordnung die Angst vor dem Fremden“[7] besiegt.
Kommentar
Glenn Ehristine untersucht, vor allem im Bezug auf das Turken Vasnachtspil von Hans Rosenplüt, die fastnächtliche Verkehrung. Sie kommt zu dem Schluss, dass der Sultan im genannten Fastnachtspiel der Verkehrung unterworfen wird, während andere Forscher zu einem differenten Ergebnis gelangen.
Reinhard Hahn: Pontus und Sidonia. Geographischer Raum im Prosaroman des 15. Jahrhunderts
Zwar werden alle Arten geographischer Orte (wie Bretagne, England und Spanien) beim Namen genannt, jedoch „meist allgemein und unanschaulich.“[8] Lediglich wichtige Orte bekommen eine eigene Individualität, indem einzelne Stadtteile, wie eine bestimmte Mauer oder ein Tor, genauer beschrieben werden.
Obwohl der Autor von Pontus und Sidonia gerade bei Kampfszenen sehr unkonkrete Aussagen bezüglich der Räume trifft und stellenweise (im Unterschied zu Tristan) auch überhaupt keine geographischen Angaben macht, muss er sich gut auf französischem Gebiet ausgekannt haben. Darauf deutet die große Anzahl historisch korrekter Namen von Personen und Orten hin, die an anderer Stelle eingebaut sind.
Oftmals werden längere Reisen nur mit einem Satz erwähnt und es findet keine genauere Beschreibung statt. Zusätzlich lagen den Prosahelden Sprachbarrieren fern. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es dem Autor prinzipiell nur um das Resultat einer Handlung, hier einer Reise, ging und nicht um die Handlung an sich.
Prosaromane grenzen sich klar von den gleichzeitig erschienenen Autobiographien bzw. Reiseberichten ab, da sie ausschließlich aus der höfischen Epik übernommene Räume benutzen, die allgemeinen Charakter haben (z.B. Küste, Meer, Wald).
Kommentar
Der Aufsatz von Reinhard Hahn untersucht verschiedene Theorien, wie und in welchem Zusammenhang geographische Räume in Pontus und Sidonia dargestellt werden. Der Autor vergleicht dabei auch Pontus und Sidonia mit Tristan und findet dabei einige Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede.
[...]
[1] Ackermann, Christiane: Dimensionen der Medialität. Die Osmanen im Rosenplütschen "Turken Vasnachtspol" sowie in den Dramen des Hans Sachs und Jakob Ayrer, In: Ridder, Klaus (Hg.): Fastnachtspiele. Weltliches Schauspiel in literarischen und kulturellen Kontexten, Tübingen 2009, S. 189 - 220, S. 200.
[2] Ebd. S. 189.
[3] Ackermann, Christiane/Nöcker, Rebekka: Wann gantz geferlich ist die zeit. Zur Darstellung der Türken im Werk des Hans Sachs, In: Ackermann, Christiane/Barton, Ulrich (Hrsg.): "Texte zum Sprechen bringen." Philologie und Interpretation. Festschrift für Paul Sappler, Tübingen 2009, S. 437 - 464, S.437.
[4] Ebd. S. 458.
[5] Ebd. S. 464.
[6] Ehrstine, Glenn: Fastnachtsrhetorik. Adelskritik und Alterität in "Des Turken Vasnachtspil", In: Werkstattgeschichte 37 (2004), S. 7 - 23, S. 10.
[7] Ebd. S. 19.
[8] Hahn, Reinhard: Pontus und Sidonia. Geographischer Raum im Prosaroman des 15, Jahrhunderts, In: Huschenbett, Dietrich/Margetts, John (Hrsg.): Reisen und Welterfahrung in der deutschen Literatur des Mittelalters. Vorträge des XI. Anglo-deutschen Colloquiums, Würzburg 1991, S. 215 - 227, S. 217.
- Citar trabajo
- Bachelor Ramona Schilling (Autor), 2012, Portfolio zu den „Türkendramen“ der Vormoderne, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231186
-
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X. -
¡Carge sus propios textos! Gane dinero y un iPhone X.