Sterben als Entwicklung? In unserem Verständnis impliziert "Entwicklung" den Übergang auf eine höhere Stufe, eine Entwicklung zum Besseren. Der Glaube an das Jenseits und ein verheißungsvolles Leben nach dem Tod verlor und verliert aber immer mehr an Einfluss - in der Vorstellung der meisten Menschen unseres Kulturkreises endet das Leben mit dem Tod. Deshalb erscheint es paradox, genau in dieser Phase, in der der Körper und oft auch der Geist abbaut, einen letzten Wachstumsprozess anzunehmen.
Zwar ist sich der Mensch grundsätzlich und in abstrakter Weise seiner Endlichkeit bewusst - Testamente werden gemacht, Lebensversicherungen für die Hinterbliebenen abgeschlossen, ein Lebenstraum wird realisiert in Hinblick darauf, dass es irgendwann zu spät sein könnte. - Eine konkrete Beschäftigung mit dem Sterbeprozess erfolgt aber gewöhnlich erst durch äußere Auslöser z.B. Krankheit, Tod eines Angehörigen.
Trifft einen Menschen die Diagnose des baldigen Todes im hohen Alter, empfindet er selbst und auch die Angehörigen dies meist als gerecht, vielleicht schon erwartet; die durchschnittliche Lebenserwartung liegt heute etwa bei 70 Jahren - es ist also wesentlich wahrscheinlicher, erst im dritten Lebensabschnitt zu sterben, als z.B. zu Anfang des letzten Jahrhunderts, als die Lebenserwartung bei etwa 44 Jahren lag. Der frühe Tod wird in unserer Zeit deshalb meist problematischer, weil unerwartet und ungerecht empfunden. So ist die Verarbeitung des frühen Todes eines Angehörigen, womöglich sogar des eigenen Kindes weit schwieriger (vgl. Baltes+Skrotzki, 1998 S.1137ff).
Robert Havighurst formuliert meiner Meinung nach den Begriff der Entwicklungsaufgabe sehr schlüssig: Es ist eine Aufgabe, die dem Individuum in einer bestimmten Phase seines Lebens gestellt ist; das erfolgreiche Meistern dieser Aufgabe führt zu Zufriedenheit und Erfolg beim Lösen der noch kommenden Aufgaben; das Scheitern führt zu Unzufriedenheit und potentiellen Schwierigkeiten bei folgenden Entwicklungsaufgaben. Manche Aufgaben sind biologisch determiniert, z.B. wird von normal entwickelten Kindern das Sprechen im Alter von 2 - 3 Jahren erlernt. Frühere Versuche, dies dem Kind beizubringen, können nichts bewirken, da es die kognitiven Voraussetzungen noch nicht entwickelt hat. Verpasst das Kind diesen Zeitpunkt, z.B. durch Deprivation, kann es diese Lücke später nie vollständig schließen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Ein letzter Wachstumsprozess?
2. Das Erleben des eigenen Sterbens
2.1 Elisabeth Kübler-Ross und das Phasenmodell des Sterbens
2.2 Kritische Betrachtung der Arbeit von Elisabeth Kübler-Ross
3. Die Trauer der Angehörigen
3.1 Trauer als Wachstumsprozess?
3.2 John Bowlby und die Bindungstheorie
3.3 Das Phasenmodell der Trauer nach John Bowlby
3.4 Kritische Betrachtung des Themenkomplexes Trauer bei John Bowlby.
4. Der Umgang mit Tod und Trauer in verschiedenen Kulturen
4.1 Funktion der Rituale
4.2 Griechische Klagegesänge
4.3 Präsenz des Todes in Mexiko
5. Trauern in unserer Kultur – Hindernisse und Möglichkeiten
Literaturverzeichnis
1. Einleitung: Ein letzter Wachstumsprozess?
Sterben als Entwicklung? In unserem Verständnis impliziert „Entwicklung“ den Übergang auf eine höhere Stufe, eine Entwicklung zum Besseren. Der Glaube an das Jenseits und ein verheißungsvolles Leben nach dem Tod verlor und verliert aber immer mehr an Einfluss – in der Vorstellung der meisten Menschen unseres Kulturkreises endet das Leben mit dem Tod. Deshalb erscheint es paradox, genau in dieser Phase, in der der Körper und oft auch der Geist abbaut, einen letzten Wachstumsprozess anzunehmen.
Zwar ist sich der Mensch grundsätzlich und in abstrakter Weise seiner Endlichkeit bewusst – Testamente werden gemacht, Lebensversicherungen für die Hinterbliebenen abgeschlossen, ein Lebenstraum wird realisiert in Hinblick darauf, dass es irgendwann zu spät sein könnte. - Eine konkrete Beschäftigung mit dem Sterbeprozess erfolgt aber gewöhnlich erst durch äußere Auslöser z.B. Krankheit, Tod eines Angehörigen.
Trifft einen Menschen die Diagnose des baldigen Todes im hohen Alter, empfindet er selbst und auch die Angehörigen dies meist als gerecht, vielleicht schon erwartet; die durchschnittliche Lebenserwartung liegt heute etwa bei 70 Jahren – es ist also wesentlich wahrscheinlicher, erst im dritten Lebensabschnitt zu sterben, als z.B. zu Anfang des letzten Jahrhunderts, als die Lebenserwartung bei etwa 44 Jahren lag. Der frühe Tod wird in unserer Zeit deshalb meist problematischer, weil unerwartet und ungerecht empfunden. So ist die Verarbeitung des frühen Todes eines Angehörigen, womöglich sogar des eigenen Kindes weit schwieriger (vgl. Baltes+Skrotzki, 1998 S.1137ff).
Robert Havighurst formuliert meiner Meinung nach den Begriff der Entwicklungsaufgabe sehr schlüssig: Es ist eine Aufgabe, die dem Individuum in einer bestimmten Phase seines Lebens gestellt ist; das erfolgreiche Meistern dieser Aufgabe führt zu Zufriedenheit und Erfolg beim Lösen der noch kommenden Aufgaben; das Scheitern führt zu Unzufriedenheit und potentiellen Schwierigkeiten bei folgenden Entwicklungsaufgaben. Manche Aufgaben sind biologisch determiniert, z.B. wird von normal entwickelten Kindern das Sprechen im Alter von 2 – 3 Jahren erlernt. Frühere Versuche, dies dem Kind beizubringen, können nichts bewirken, da es die kognitiven Voraussetzungen noch nicht entwickelt hat. Verpasst das Kind diesen Zeitpunkt, z.B. durch Deprivation, kann es diese Lücke später nie vollständig schließen. Es scheint also einen Entwicklungszeitpunkt zu geben, an dem es biologisch vorgesehen ist, bestimmte Fähigkeiten zu erlernen. Andere Aufgaben sind sozial determiniert, wie z.B. lesen lernen. Es ist weder überlebensnotwendig, überhaupt lesen zu lernen, noch dies zu einem bestimmten Zeitpunkt zu tun. Trotzdem lernen es, zumindest in unserer Gesellschaft, alle Kinder etwa im gleichen Alter. Außerdem gibt es noch persönliche Wünsche und Einstellungen, die Lebensaufgaben formulieren, wie z.B. soziales Engagement (vgl. Havighurst, 1981, S. 1-7).
Sterben und Trauern enthalten alle drei dieser Komponenten. Einerseits treten Krankheiten und Unfälle in jedem Alter auf und haben verschiedene Ursachen, trotzdem hat man im Alter die Gewissheit, nur noch eine gewisse überschaubare Höchstdauer zu leben. Weil die meisten Menschen erst im Alter sterben wird es oft als Entwicklungsaufgabe des dritten Lebensabschnitts bezeichnet.
Die Aufgabe der Trauer begegnet dem Menschen mehrmals im Leben. Im ersten und zweiten Lebensabschnitt muss man z.B. Abschied nehmen von den Großeltern und den Eltern, im dritten Abschnitt oft vom Lebenspartner. Da Frauen durchschnittlich länger leben als Männer und Ehefrauen durchschnittlich jünger sind als ihre Ehemänner, gibt es etwa doppelt so viele Witwen wie Witwer (ebd., S. 107). Die/der Verwitwete ist oft selbst auf Hilfe angewiesen, was wieder zu einer Aufgabe der Kinder werden kann.
Ich möchte in dieser Arbeit einen fruchtbaren Umgang mit dieser letzten Phase darstellen, egal in welchen Lebensabschnitt sie fällt. Diejenigen, die selbst dem Tod entgegengehen, können inneren Frieden finden und bereit werden das Leben zu verlassen – hierbei stütze ich mich auf das Phasenmodell von Elisabeth Kübler-Ross und behandle auch diesbezügliche Kritik. Auch E. Mansell Pattison und Avery D. Weisman entwickelten Phasen des Sterbeprozesses, die aber bei weitem nicht so einflussreich waren und auf die ich im Rahmen dieser Arbeit deshalb nicht näher eingehen möchte.
Diejenigen, die einen Angehörigen verloren haben und Trauerarbeit leisten, können lernen den Verlust zu akzeptieren und persönlich zu wachsen – hierbei behandle und diskutiere ich das Phasenmodell der Trauer von John Bowlby.
Abschließend stelle ich exemplarisch einige Trauersitten in verschiedenen Kulturen vor, um dadurch hilfreiche Faktoren für den Trauerverarbeitungsprozess in westlichen Kulturen abzuleiten.
2. Das Erleben des eigenen Sterbens
2.1 Elisabeth Kübler-Ross und das Phasenmodell des Sterbens
Die Beschäftigung mit Tod und Sterben galt Ende der sechziger Jahre, in Europa und noch mehr in Amerika als Tabu. Eine ganze Gesellschaft versuchte dieses Thema so gut es ging zu vermeiden, eine öffentliche Beschäftigung damit schien unmöglich – der Tod wurde als etwas behandelt, das gemeinhin nur anderen zustößt. Auch in der Wissenschaft wurde das Sterben vernachlässigt, es gab wenig Forschung und Literatur diesbezüglich (vgl. Waldrich, 1993, S.179).
In dieses Klima gerät Elisabeth Kübler-Ross (*1926), gebürtige Schweizerin und junge Ärztin bei ihrer Einwanderung in die USA. Sie hatte im Studium ihren Mann, einen Amerikaner, kennen gelernt und folgte ihm in seine Heimat.
Nach dem zweiten Weltkrieg leistete sie mehrfach Freiwilligendienste zum Wiederaufbau, dabei beschreibt sie in ihrer Autobiographie (vgl. Kübler-Ross, 1997, S. 88ff) als eindrücklichstes Erlebnis den Besuch im polnischen Konzentrationslager Majdanek, in dem sie die Überreste tausender Toter sah. Seit diesem Zeitpunkt beschäftigte sie sich immer wieder mit dem Thema Sterben. Im Zuge ihrer Lehrtätigkeit an der medizinischen Fakultät Chicago griff sie dieses Thema in einer Seminarreihe wissenschaftlich auf, indem sie Interviews mit Sterbenden führte. Studenten und Pfleger, die an den Seminaren teilnahmen waren begeistert, erschüttert und gefangengenommen von der nahen und menschlichen Herangehensweise; auf Seiten der Ärzte stieß sie auf heftigen Widerstand: Die Klinik solle nicht dafür bekannt werden, dass dort Leute sterben (vgl. Gill, 1981, S. 301ff). Den Kranken brachte sie den größten Trost: Durch ihre Anteilnahme sprachen viele zum ersten Mal über ihre Todesängste, die von Ärzten und Verwandten oft abgetan wurden. Aus dieser Interviewreihe entstand Elisabeth Kübler-Ross’ erstes Buch On Death and Dying (Kübler-Ross, 1969) (Dt. Titel: Interviews mit Sterbenden. Kübler-Ross, 1980), das sofort ein Bestseller wurde.
Darin stellt sie erstmals ihr Fünf Phasen Modell des Sterbens dar, das heute zum Ausbildungskanon von Krankenpflegern, Psychiatern und Theologen (zumindest in den USA) gehört (vgl. Elisabeth Kübler-Ross Center, 1992).
Kübler-Ross bezeichnet die Phasen als typischen Ablauf, der in erster Linie dazu beitragen soll, dass die Sterbenden verstanden werden und sich selbst verstehen lernen. Dabei betont sie, dass manche Sterbenden nicht alle Stufen durchlaufen, weil sie z.B. zu plötzlich sterben; sie aus äußeren Gründen noch am Leben festhalten, z.B. weil die Angehörigen noch Hoffnung auf Genesung haben oder sie ihren Tod trotz aller Vorbereitung und Gesprächen nicht annehmen können. Das Phasenmodell soll kein starres Schema sein, eher eine Spirale, in der Patienten auch von einer höheren Stufe auf eine niedrigere zurückgeworfen werden und manche Stadien mehrmals durchlaufen bzw. übersprungen werden.
Die erste Phase: Nichtwahrhabenwollen und Isolierung
Die typische erste Reaktion auf die Diagnose, an einer bösartigen Krankheit zu leiden, ist das Leugnen: Der Patient weigert sich zu glauben, dass die Diagnose richtig ist, er zieht mehrere Ärzte zu Rat, vermutet z.B. eine Vertauschung der Röntgenbilder. Patienten, denen die Diagnose sehr unvermittelt und unsensibel mitgeteilt wurde, reagierten besonders häufig und lange mit Leugnen. Die Flucht in ein Nichtwahrhabenwollen hilft dem Patienten, sich von seinem Entsetzen zeitweilig zu erholen; im tiefsten Inneren weiß er wohl, dass kein Versehen vorliegt, so sehr er es auch hoffen mag. Auch in späteren Phasen wird der Patient seine Krankheit gelegentlich versuchen zu ignorieren oder er isoliert die Krankheit für einige Zeit von sich, um sein Leben überhaupt fortsetzen zu können. Diese Phase ist fast immer nur vorübergehend, von Frau Kübler-Ross’ Patienten hielten nur ca. zwei Prozent dauerhaft an dieser Verdrängung fest (Kübler-Ross, 1980, S. 42). Man sollte niemals einen Patienten dazu drängen, die Wahrheit anzuerkennen, sondern ihn in dieser, wie auch in allen anderen Stadien, seinem eigenen Entwicklungstempo folgen lassen (ebd., S. 41-49).
Die zweite Phase: Zorn
Meist folgt nach dem Eingestehen der Krankheit Zorn und Neid: Warum ich? Warum nicht ein anderer? Warum jetzt? Warum so?
Der Zorn kann sich an Kleinigkeiten entladen und gerade die Menschen, die es gut mit dem Patienten meinen und helfen wollen, werden zur Zielscheibe seiner Wut. Oft mischt sich in den Zorn die Angst vor dem Vergessen werden und der Patient wird laut um zu zeigen, dass er noch aufbegehren kann. Die Schwierigkeit dieser Phase besteht für seine Mitmenschen darin, die bösen Worte nicht auf sich zu beziehen und ihn z.B. weiterhin zu besuchen, bis er den Zorn loslassen kann (ebd., S. 50-76).
Die dritte Phase: Verhandeln
Obwohl diese Phase nur von kurzer Dauer ist, ist das Verhandeln mit Gott oder Schicksal ein wesentlicher Bestandteil des Wachstumsprozesses: Der Krankheit wurde ins Auge geblickt, der Zorn hat sich entladen und so versucht der Kranke durch Wohlverhalten (z.B. Diät einhalten, Untersuchungen ertragen, das Rauchen aufgeben) sich mehr Zeit, Schmerzfreiheit oder die zeitweilige Entlassung nach Hause auszuhandeln. Oft feilscht der Kranke darum, ein bestimmtes Ereignis noch erleben zu dürfen: Weihnachten, die Hochzeit der Schwester, die Einschulung des Sohnes. Da der Tod aber zu keinem Datum recht kommen kann, wird um eine neue Frist gebeten, sobald der letzte Wunsch erfüllt wurde. Gelegentlich kann ein solches Versprechen z.B. „sein Leben Gott widmen“ auch auf Schuldgefühle hindeuten, z.B. zu wenig im Glauben gefestigt zu sein und Gottes Zorn auf sich gezogen zu haben. Solche irrationalen Befürchtungen können mit viel Einfühlungsvermögen erkannt und besprochen werden, damit sie den Zustand des Kranken nicht noch unnötig belasten (ebd., S. 77-79).
Die vierte Phase: Depression
Der Sterbende erleidet mit fortschreitender Erkrankung immer mehr Verluste: der Körperfähigkeiten, der Beweglichkeit, des Aussehens, des Arbeitsplatzes, des Geldes (besonders in den USA durch ein schlechtes Gesundheitssystem) – kurzum: der Kontrolle über sich selbst und sein Umfeld. Die Reaktion auf diese Anhäufung von Verlusten in allen Bereichen des Lebens ist oft Verzweiflung und Depression. Wenn andere Personen vom Patienten abhängig sind, z.B. Kinder, Ehepartner oder Eltern, die gepflegt, geliebt und versorgt werden wollen verschlimmert die Verantwortung die Depression noch zusätzlich. Bei diesen „reaktiven“ Depressionen, die aus schon erlittenem Verlust entstehen, kann ein Gesprächspartner nützlich sein, der eine positive Einstellung ausstrahlt und Hilfe, z.B. bei organisatorischen Dingen anbietet. Bei Depressionen, die durch die Vorbereitung auf das nahende Ende, den eigenen Verlust all dessen was der Kranke geliebt hat entstehen, soll aber keine positive Ermunterung folgen, der Kranke soll trauern dürfen und seinen unaussprechlichen Schmerz aussprechen dürfen, zuviel Einmischung könnte bei dieser Phase der Besinnung sogar störend sein (ebd., S. 80-98).
Die fünfte Phase: Zustimmung
Wenn der Kranke ausgiebig um alles getrauert hat, kann er dazu gelangen, sein Schicksal ruhig anzunehmen – das bedeutet nicht, vor dem Tod zu resignieren, sondern einzuwilligen in sein Schicksal. Meist ist der Sterbende schwach und müde und braucht viel Ruhe; Besuch ist am willkommensten, wenn er durch seine schweigende Anwesenheit zeigt: „Ich bin da. Du bist nicht allein.“ Dieser Zustand ist frei von Gefühlen: der Schmerz und die körperlichen Beschwerden drücken nicht mehr, die Stimmung ist gelöst, friedlich. Besonders diejenigen, die einen Sinn in ihrem Leben gekannt haben, gelangen leichter auf diese Stufe der Zustimmung (ebd., S. 99-119).
Hoffnung:
In jeder Phase ist auch immer die Hoffnung vorhanden. Selbst wenn dem Kranken der Verstand sagt, dass es keine Rettung mehr geben kann, hofft er immer noch auf ein neues Medikament oder eine neue Therapie in letzter Sekunde, die gerade ganz neu erforscht wird. Es ist wichtig, dem Kranken diesen Hoffnungsschimmer zu lassen (keinesfalls sollte man ihn aber belügen), die Hoffnung macht die letzten Monate und Tage erträglicher. Wer vollkommen ohne Hoffnung ist, ist meist schon nah an seinem Ende (ebd., S. 120-134).
Interviews mit Sterbenden brachte Elisabeth Kübler-Ross ein enormes Medieninteresse ein, es folgten Berichte über ihre Arbeit in Zeitschriften und im Fernsehen. Sie quittierte ihre ärztliche Tätigkeit um sich ganz den Sterbenden anzunehmen, zahlreiche weitere Bücher zu schreiben und Vorträge in der ganzen Welt zu halten. Ihr wurden rund 20 Ehrendoktorhüte verliehen und sie schaffte es als Einzelperson die Einstellung einer ganzen Gesellschaft zum Tod zu revolutionieren. Nach mehreren Schlaganfällen lebt sie nun in der Wüste Arizonas, bettlägerig, und wartet auf ihren eigenen Tod: „Mein Leben war schön, unverschämt schön - und ich freue mich, durch alle Galaxien zu tanzen." (Kübler-Ross, 2002. In: Haupt, 2002).
2.2 Kritische Betrachtung der Arbeit von Elisabeth Kübler-Ross
Die Arbeit und die Publikationen von Elisabeth Kübler-Ross wurden in der Gesellschaft begeistert aufgenommen und ihre Vorträge und Workshops waren äußerst beliebt; in Fachkreisen wurden und werden ihre Ergebnisse aber kontrovers diskutiert. Der stärkste Kritikpunkt ist dabei die angewendete Methodologie – diese ist leider völlig undurchsichtig und wurde auch nie publiziert, was mehrere Fragen und Bedenken aufwirft: Da Kübler-Ross ab 1970 ihren Beruf als Ärztin nicht mehr ausübte, unterstand sie auch keiner Klinik oder universitären Forschungseinrichtung, d.h. sie konnte weitestgehend selbständig Daten sammeln, auswerten und publizieren, die keiner wissenschaftlichen Prüfung stand halten mussten (vgl. Chaban, 2000, S. 18).
Auch die Quelle ihrer Daten ist weitgehend unklar. Evaluierte sie Krankenhauspatienten, Teilnehmer ihrer Workshops oder auch Briefe und Protokolle ihrer Mitarbeiter? Wie waren ihre Mitarbeiter ausgebildet?
Ich finde, einige der Fragen in den Interviews sind sehr suggestiv gestellt, so dass man eine Beeinflussung des Patienten und sogar einen Beobachter Bias annehmen kann: „ Sagen Sie, Herr J., jetzt sind sie nicht mehr jung, und vielleicht werden Sie das alles nicht mehr machen können – wie finden sie sich damit ab? Wahrscheinlich wird der Arzt mit der heilenden Spritze niemals an ihrem Bett stehen“ (Kübler-Ross, 1980, S. 127). Die Erwartung des Interviewers bedingt also die gestellten Fragen und diese natürlich die Art der Daten.
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- Citation du texte
- Caroline Krätz (Auteur), 2004, Sterben als Entwicklungsaufgabe: Der Umgang mit dem Tod aus Sicht des Sterbenden und des Trauernden und die Chance des persönlichen Wachstums, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23117
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