Die Angst vor der Lepra, dem Aussatz, ist im seelischen Leben des Mittelalters weit verbreitet. Will man den zahlreichen vor allem bildlichen Überlieferungen glauben, so begreift man die Lepra als Strafe Gottes ähnlich wie Hölle und Fegefeuer, die wissenschaftlich unerklärlichen Epidemien werden in diesem Kontext als unabwendbare Heimsuchungen gedeutet.
Von unheilbarer Krankheit befallen zu werden, war eine der quälendsten Angstvorstellungen der Zeit, um so mehr als man der Gefahr machtlos gegenüber stand. In diesem Zusammenhang fällt aber auch auf, dass der Umgang mit der Krankheit immer magisch zu sein scheint. Das gilt für den alltäglichen Umgang mit der Lepra genauso wie für ihre göttliche Ursache.
Dieser magischen Bedeutung der Lepra soll nachgegangen werden. Es wird zu zeigen sein, dass Aussatz nicht nur praktische magische Dinge mit sich bringt (vgl. 2.2), sondern der magische Moment auch der religiösen Bedeutung der Krankheit inne liegt.
2. Lepra im Mittelalter
2.1. Die Lepra im Alltag des Mittelalters
Die große, täglich neue Furcht im Mittelalter galt dem Aussatz. Ein Aussätziger bedeutete eine öffentliche Gefahr, die Gesunden hatten ein Recht sich zu schützen, und der Aussätzige wurde aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Diese Ausschließung ging ursprünglich mit großer Feierlichkeit vor sich und war bis ins 11. Jahrhundert von einem erniedrigenden Ritual begleitet, das 643 in der Edictus Rothari festgeschrieben wurde. Im Beisein des noch lebendigen, als aussätzig Erklärten wurde eine Totenmesse gelesen. Dann hüllte man ihn in ein Leichentuch, legte ihn in einen Sarg und warf drei Schaufeln Erde auf ihn.
Gemäß des III. Laterankonzils von 1179 warf man die Kranken dann regelrecht aus der Stadt und schickte sie in sog. Leprosorien. Die Aussätzigen mussten eine besondere Kleidung tragen, an denen sie ihre Mitmenschen erkennen konnten. Dies war meist war es ein grauer, langer Mantel mit Kapuze. Außerdem musste er die anderen durch eine Klapper auch akustisch vorwarnen, so dass alle noch rechtzeitig vor ihm fliehen konnten.
Inhaltsangabe
1. Einführung
2. Lepra im Mittelalter
2.1. Die Lepra im Alltag des Mittelalters
2.2. Die magische Bedeutung der Lepra
2.3. Die kirchlich-biblische Bedeutung der Lepra
2.3.1. die alttestamentarische Bedeutung der Lepra
2.3.2. die neutestamentarische Bedeutung der Lepra
3. Die Lepra und der Arme Heinrich
3.1. Der Arme Heinrich und sein Leidensweg
3.2. Die magische Verwandlung Heinrichs
4. Zusammenfassung und Interpretation
5. Literaturangaben
1. Einführung
Die Angst vor der Lepra, dem Aussatz, ist im seelischen Leben des Mittelalters weit verbreitet. Will man den zahlreichen vor allem bildlichen Überlieferungen glauben, so begreift man die Lepra als Strafe Gottes ähnlich wie Hölle und Fegefeuer, die wissenschaftlich unerklärlichen Epidemien werden in diesem Kontext als unabwendbare Heimsuchungen gedeutet.
Von unheilbarer Krankheit befallen zu werden, war eine der quälendsten Angstvorstellungen der Zeit, um so mehr als man der Gefahr machtlos gegenüber stand.
In diesem Zusammenhang fällt aber auch auf, dass der Umgang mit der Krankheit immer magisch zu sein scheint. Das gilt für den alltäglichen Umgang mit der Lepra genauso wie für ihre göttliche Ursache.
Dieser magischen Bedeutung der Lepra soll nachgegangen werden. Es wird zu zeigen sein, dass Aussatz nicht nur praktische magische Dinge mit sich bringt (vgl. 2.2), sondern der magische Moment auch der religiösen Bedeutung der Krankheit inne liegt.
2. Lepra im Mittelalter
2.1. Die Lepra im Alltag des Mittelalters
Die große, täglich neue Furcht im Mittelalter galt dem Aussatz. Ein Aussätziger bedeutete eine öffentliche Gefahr, die Gesunden hatten ein Recht sich zu schützen, und der Aussätzige wurde aus der Gemeinschaft ausgestoßen. Diese Ausschließung ging ursprünglich mit großer Feierlichkeit vor sich und war bis ins 11. Jahrhundert von einem erniedrigenden Ritual begleitet, das 643 in der Edictus Rothari[1] festgeschrieben wurde. Im Beisein des noch lebendigen, als aussätzig Erklärten wurde eine Totenmesse gelesen. Dann hüllte man ihn in ein Leichentuch, legte ihn in einen Sarg und warf drei Schaufeln Erde auf ihn[2].
Gemäß des III. Laterankonzils von 1179 warf man die Kranken dann regelrecht aus der Stadt und schickte sie in sog. Leprosorien. Die Aussätzigen mussten eine besondere Kleidung tragen, an denen sie ihre Mitmenschen erkennen konnten. Dies war meist war es ein grauer, langer Mantel mit Kapuze. Außerdem musste er die anderen durch eine Klapper auch akustisch vorwarnen, so dass alle noch rechtzeitig vor ihm fliehen konnten.
Um Ansteckung zu vermeiden durfte er die Esswaren oder Brunnenwasser nicht berühren, er durfte seine Kleider und Wäsche nicht im Fluss waschen, kein Barbier durfte ihn rasieren oder ihm das Haar schneiden.
Praktisch tat man im Mittelalter also alles, was man konnte, um sich zu schützen. Interessant ist nur, dass es im Mittelalter, wie es der Zeit entsprach, hier medizinisch begründete Maßnahmen mit religiös-magischen vereint wurden.
2.2. alltäglich magische Bedeutung der Lepra
Betrachtet man die magische Bedeutung der Lepra näher, so fallen mehrere Dinge auf.
Die Angst vor den Aussätzigen ging weit über das sachlich Gerechtfertigte hinaus. Man traute ihnen zu, dass sie mit Absicht andere Menschen anstecken wollten. Auch beschuldigte man sie, Brunnen zu vergiften und geheime Künste auszuüben[3].
Natürlich kannten die Menschen des Mittelalters auch eine „wirksame“ Waffe gegen den Aussatz, die ebenso magisch anmutet: Sie wandten sich heimlich an den Henker, damit er ihnen das Blut von Hingerichteten verkaufte, das angeblich von Epilepsie und Aussatz befreite[4].
Diese magischen Mächte der Krankheit oder gegen sie haben keinerlei biblische Fundierung, sie entbehren außerdem jeder wissenschaftlichen Grundlage. Auch der rigide Umgang der Christen mit der Krankheit entsprechen nicht dem biblischen Vorbild, dem Auftrag der Nächstenliebe.
2.3. die kirchlich-biblische Bedeutung der Lepra
2.3.1. die alttestamentarische Bedeutung
Betrachten wir den biblischen Umgang mit der Lepra einmal genauer, so begegnet uns bereits im alten Testament – so will es scheinen – die Lepra. Doch wenn man der Forschung glauben darf, so handelt es sich bei der im AT genannten Krankheit nicht um die Lepra, wie wir sie heute kennen, sondern um eine andere, ebenfalls ansteckende Hautkrankheit.
In Leviticus Kapitel 13 und 14 werden ganz klare Vorschriften zum Umgang mit Aussatz aufgestellt. Zieht man die Übersetzung des Begriffes Aussatz, der den Menschen ja unrein macht, heran, so wird die gesamte Tragweite dieser Krankheit bewusst. Das Wort ‚Aussatz’ bedeutet im Hebräischen nämlich ‚von Gott gestraft’, ‚von Gott geschlagen’[5]. ‚Aussatz’ wird also als eine von Gott verhängte Plage angesehen, als Zeichen der Sündhaftigkeit eines Menschen. So kann Gott jemanden mit Aussatz schlagen, der ihn nicht achtet und schlecht über ihn redet wie Miriam in Num 12, 1-10.
Weil diese Krankheit von Gott geschickt wurde, kann sie auch nur von Gott geheilt werden, und nicht durch die Medizin.
In Lev 13 steht deutlich, dass beim Verdacht der Lepra nicht etwa ein Arzt zu konsultieren ist, sondern ein Priester. Denn nur dieser kann aufgrund seiner nahen Stellung zu Gott zum ersten die Krankheit als Gottesstrafe deuten und zweitens – eben weil er als Priester unter dem besonderen Schutz Gottes steht - mit dem Kranken in Berührung kommen.
Die weiteren Anweisungen in Lev 13 und 14 sind Anweisungen zur Hygiene, denn schon damals hatte man erkannt, dass die Krankheit ansteckend ist. So wurden etwa alle Kleidungsstücke des Kranken verbrannt und der Kranke unterlag strengen, geradezu demütigenden Regeln:
„Es soll aber der Aussätzige, der ein Mal an sich hat, in zerrissenen Kleidern einhergehen, mit entblößtem Haupt und verhüllten Lippen, und er soll ausrufen: Unrein, unrein!“[6]
2.3.2. Die neutestamentarische Bedeutung
Die bisher dargelegte Bedeutung der Krankheit verstärkt sich auch im Neuen Testament. Auch Jesus schickt die Aussätzigen in Lk 17, 11-19 zuerst zum Priester. Durch den Glauben an die Weisung Christi werden die zehn dann auch tatsächlich von Gott geheilt. Wichtiger an dieser Geschichte ist jedoch, dass einer dabei ist, der umkehrt und Gott in seiner Größe tatsächlich auch lobt.
Christus sagt ihm dann auch ganz deutlich
[...]
[1] Edictus Rothari, § 176.
[2] Vgl. Hergemöller, S.262 f.
[3] Vgl. Varron
[4] Vgl. Vogt-Lüerssen
[5] vgl. Deut 28, 27
[6] Lev 13, 45
- Citation du texte
- Alexandra Meier (Auteur), 2003, Über die Lepra des armen Heinrich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23005
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