Am 13. Juli dieses Jahres jährt es sich zum hundertsten Mal, dass der südsteirische Dichter Ernst Goll seinem Le¬ben durch einen Sturz vom zweiten Stock des Grazer Universitäts¬gebäudes freiwillig ein Ende bereitete, einem Leben, von dem Peter Rosegger urteilte: "Wir haben wahrscheinlich an Ernst Goll ein bedeutendes Dichtertalent verloren!". Einem Leben aber auch, das in seiner menschli¬chen Tragik einerseits, seiner dichterischen Berufung anderer¬seits unvollendet, daher auch schwer deutbar und noch schwerer lehrbar erscheint.
Es scheint dieses Leben nicht anders als zahlreiche andere auch verlaufen zu sein. Als Sohn des angesehenen k. k. Oberpostmeisters und Gastwirtes Ernst Goll am 14. März 1887 in Windischgraz (heute: Slovenj Gradec), südwestlich des Bacherngebirges geboren, wurde der Dichter schon in frühen Jahren der heimatlichen Nestwärme entrissen, um in Marburg an der Dräu ein Gymnasialstudium zu absolvieren. "Fremd unter Fremden", so klagt der Dichter während dieser Zeit einer Brieffreundin, habe die Umwelt ihn zur "Maschine" gemacht, "die man dreht und schiebt nach eigenem Belieben und die funk¬tionieren muß". Schon früh macht sich im Dichter ein schwermüti¬ges Gefühl der Isoliertheit von den übrigen Menschen breit, in jungen Jahren schon klingt eine fremd anmutende Todesnähe - "In mir ist's ewig, ewig dunkle Nacht" - in einigen Gedichten an.
Ernst Goll
Am 13. Juli dieses Jahres jährt es sich zum hundertsten Mal, dass der südsteirische Dichter Ernst Goll seinem Leben durch einen Sturz vom zweiten Stock des Grazer Universitätsgebäudes freiwillig ein Ende bereitete, einem Leben, von dem Peter Rosegger urteilte: "Wir haben wahrscheinlich an Ernst Goll ein bedeutendes Dichtertalent verloren!". Einem Leben aber auch, das in seiner menschlichen Tragik einerseits, seiner dichterischen Berufung andererseits unvollendet, daher auch schwer deutbar und noch schwerer lehrbar erscheint.
Es scheint dieses Leben nicht anders als zahlreiche andere auch verlaufen zu sein. Als Sohn des angesehenen k. k. Oberpostmeisters und Gastwirtes Ernst Goll am 14. März 1887 in Windischgraz (heute: Slovenj Gradec), südwestlich des Bacherngebirges geboren, wurde der Dichter schon in frühen Jahren der heimatlichen Nestwärme entrissen, um in Marburg an der Dräu ein Gymnasialstudium zu absolvieren. "Fremd unter Fremden", so klagt der Dichter während dieser Zeit einer Brieffreundin, habe die Umwelt ihn zur "Maschine" gemacht, "die man dreht und schiebt nach eigenem Belieben und die funktionieren muß". Schon früh macht sich im Dichter ein schwermütiges Gefühl der Isoliertheit von den übrigen Menschen breit, in jungen Jahren schon klingt eine fremd anmutende Todesnähe - "In mir ist's ewig, ewig dunkle Nacht" - in einigen Gedichten an.
In Graz, wohin Goll sich zum Studium anfänglich der Rechtswissenschaften, später zu dem der Germanistik und Romanistik begab, lebte der Achtzehnjährige sowohl als Mensch wie auch als Dichter wieder auf. Sein "junges, frohes Studentenblut" nahm Anteil an dem damaligen regen Kunstschaffen und kulturellem Einsatz der steirischen Landeshauptstadt. Allmählich nahm er auch Verbindung mit der geistig führenden Schicht dortselbst auf, und verdankte Männern wie Josef Marx, Fritz Silberbauer, Julius Franz Schütz und vielen anderen zahlreiche frohe Stunden wie auch wertvolle Anregungen für sein Werk. 1908 lernt der Dichter auch seine spätere Braut Berti Auer kennen, die dem Dichter und Menschen Goll verständnisvoll zur Seite stand und ihm einen Gutteil von Glücksgefühl und Lebensfreude schenkte.
Und doch, mischte sich auch in diese Grazer Zeit immer wieder eine dem Dichter selbst unerklärbare, doch stets bewusste Verzagtheit am Leben und Melancholie, und immer deutlicher wird eine gewisse Gespaltenheit im Wesen Ernst Golls anhand seiner Dichtung nachempfindbar: hier Daseinsbejahung und das starke Bemühen, "bei all dem Leid, das unsere Brust durchzittert, dennoch an die Schönheit im Leben zu glauben", dort ein klares Überwiegen der depressiven Wesenszüge und eine "wilde, heiße, namenlose Angst", die den Dichter am Leben verzweifeln lässt. Aus beiden Grundzügen schließlich resultierend: "die krampfhafte Lustigkeit, die" - nach des Dichters eigenen Worten - "die mich manchmal erschrecken macht in ihrer Wildheit..."
"Die krampfhafte Lustigkeit" wird in den folgenden Jahren durch rein äußerliche, existentielle Bedrohtheit immer mehr und immer öfter Ausgangspunkt für die "erschreckende Wildheit" in des Dichters Gemüt. Zum unglücklich gewählten Dissertationsthema, das eine Beendigung des ohnedies für die ungeduldigen Eltern allzu langen Studiums in unerreichbar scheinende Ferne rückte, kam das Problem, dass sein Leben materiell noch keineswegs gesichert war und daher auch ein ersehnter Lebensbund mit Berti Auer immer zahlreicheren Hindernissen gegenüberstand.
Vor der durch nähere biographische Fakten kaum erklärbaren Tat seines Selbstmordes soll Ernst Goll gesagt haben, er habe eine Prüfung zu bestehen. In der Rocktasche des Fünfundzwanzigjährigen fanden sich Briefe an ihm nahestehende Menschen.
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- Arbeit zitieren
- Gerhard Meixner (Autor:in), 2013, Ernst Goll. Ein vergessener steirischer Dichter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229799