„Im Schloss ihres Erzfeindes kriecht Buffy Mojo, deine alternative Identität, durch das Tunnellabyrinth des Verlieses. Die Wände sind feucht, das Licht ist schummrig, die Ruhe Unheil verkündend. Buffys einziger Verbündeter ist durch einen Fluch in eine Kröte verwandelt worden. Deine Hände auf der Tastatur sind feucht; dein Herz schlägt laut. Wenn Buffy hier unten auf den falschen Darsteller trifft, bedeutet dies deinen Tod. Hunderte Stunden Arbeit, die du in die Ausführung ihres Auftrags gesteckt hast, würden verschwendet sein. Doch es steht mehr auf dem Spiel, als nur das Leben deines imaginären Darstellers, denn Buffys Schicksal beeinflusst die virtuellen Leben anderer, die Freunde aus der wirklichen Welt repräsentieren. Du befindest dich in einem MUD, gemeinsam mit weltweit Zehntausenden anderer, die im Netz eine Phantasie-Welt errichten.“
Auf diese Art beschreibt Howard Rheingold in seinem Buch „Virtuelle Gemeinschaften“ (1994) ein Multi-User-Dungeon (MUD), dessen Fantasy-Geschichte einen teilhabenden Spieler stundenlang in seinen Bann ziehen kann. Jedoch welche Auswirkungen hat diese (schier) endlos erscheinende Verweildauer in den MUDs von teilweise 30 Stunden und mehr in der Woche auf die Spieler? Inwieweit wird ihr soziales Verhalten und Umfeld davon beeinflusst? Fördert diese Art der Spiele eine Gemeinschaftsbildung und somit einen Aufbau sozialer Beziehungen zu anderen Spielern, oder ist das Gegenteil der Fall? Birgt es Gefahren in sich und lassen diese langen Immersionen in die virtuelle Spielwelt den Spieler vereinsamen?
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Fragestellung
2 Allgemein: Statistik über Internetnutzung und Internetspiele
3 MUDs
3.1 Was sind MUDs?
3.2 Arten von MUDs
3.3 Technische Voraussetzungen für MUDs
4 Empirische Forschungsergebnisse einer Studie von Götzenbrucker
4.1 Soziodemographische Gegebenheiten der Befragtengruppe
4.2 Lebensstile und Freizeitverhalten der Befragtengruppe
4.3 Warum werden MUDs gespielt?
5 Soziale Auswirkung von MUDs auf den Nutzer
6 Fazit
7 Literaturverzeichnis
1 Einleitung und Fragestellung
„Im Schloss ihres Erzfeindes kriecht Buffy Mojo, deine alternative Identität, durch das Tunnellabyrinth des Verlieses. Die Wände sind feucht, das Licht ist schummrig, die Ruhe Unheil verkündend. Buffys einziger Verbündeter ist durch einen Fluch in eine Kröte verwandelt worden. Deine Hände auf der Tastatur sind feucht; dein Herz schlägt laut. Wenn Buffy hier unten auf den falschen Darsteller trifft, bedeutet dies deinen Tod. Hunderte Stunden Arbeit, die du in die Ausführung ihres Auftrags gesteckt hast, würden verschwendet sein. Doch es steht mehr auf dem Spiel, als nur das Leben deines imaginären Darstellers, denn Buffys Schicksal beeinflusst die virtuellen Leben anderer, die Freunde aus der wirklichen Welt repräsentieren. Du befindest dich in einem MUD, gemeinsam mit weltweit Zehntausenden anderer, die im Netz eine Phantasie-Welt errichten.“
Auf diese Art beschreibt Howard Rheingold in seinem Buch „Virtuelle Gemeinschaften“ (1994) ein Multi-User-Dungeon (MUD), dessen Fantasy-Geschichte einen teilhabenden Spieler stundenlang in seinen Bann ziehen kann. Jedoch welche Auswirkungen hat diese (schier) endlos erscheinende Verweildauer in den MUDs von teilweise 30 Stunden und mehr in der Woche auf die Spieler? Inwieweit wird ihr soziales Verhalten und Umfeld davon beeinflusst? Fördert diese Art der Spiele eine Gemeinschaftsbildung und somit einen Aufbau sozialer Beziehungen zu anderen Spielern, oder ist das Gegenteil der Fall? Birgt es Gefahren in sich und lassen diese langen Immersionen in die virtuelle Spielwelt den Spieler vereinsamen?
In den nachfolgenden Kapiteln möchte ich versuchen, Antworten auf diese Fragen zu geben. Um das Thema behandeln zu können, werde ich eine klare Abgrenzung von anderen Online-Spieleformen vornehmen und mich ausschließlich auf die Untersuchung von MUDs und deren Auswirkungen auf die Spieler konzentrieren. Andere Arten der Internetspiele wie zum Beispiel Online-Ego-Shooter (Counter-Strike, Half Life, Quake etc.), Werbespiele usw. werden außen vor gelassen, da diese den Rahmen dieser Arbeit sprengen würden.
Gerade die Art von Internetspielen, wie sie MUDs verkörpern, ist interessant, da es meines Erachtens ein erhöhtes Abhängigkeitspotential gibt, gleichzeitig aber auch ein sehr guter Grundstein für neue Freundschaften und Beziehungen sein kann.
Bei keiner anderen Internet-Spieleart gibt es eine derart lange Online-Verweildauer[1] wie bei MUD-Spielen.
Bislang wurden noch keine umfangreichen, repräsentativ angelegten, empirischen Untersuchungen der Auswirkungen von Internetspielen auf das soziale Leben der Spieler gemacht. Die Studien, die es bereits gibt, analysieren meist nur eine sehr kleine Gruppe von Spielern und sind somit nicht repräsentativ. MUD-Spieler sind eine kleine Minderheit der rund 3,5 Millionen Online-Spieler, die es in Deutschland gibt. Die meisten „Computerfreaks“ spielen One-Person-Shooter (anzuführen sind Spiele wie Counter Strike und Quake III) über Netzwerke und nur in seltenen Ausnahmen MUDs (meist Online-Rollenspiele) wie „Ultima Online“, „Palazzo“, „Everquest“ oder „Silberland“. Diese Rollenspiele sind sehr zeitaufwändig, komplex und meist nur mit Texteingaben (ohne graphische Oberfläche) zu spielen. Das führt dazu, dass die eigentliche Attraktivität der MUDs den meisten verborgen bleibt. Eine detailliertere Abhandlung dieser Thematik folgt in Kapitel 3 (MUDs).
2 Allgemein: Statistik über Internetnutzung und Internetspiele
Einführend sei kurz die Tragweite des Internets und der Internetspiele anhand von aktuellen Nutzungsdaten aufgezeigt. Eine sehr geeignete Quelle für statistische Erhebungen in diesem Themengebiet ist die ARD/ZDF-Online Studie, die jährlich von den gleichnamigen Fernsehsendern in Auftrag gegeben wird.
Laut dieser Studie nutzten im Jahr 2003 mehr als die Hälfte aller Deutschen das Internet. Nach einem schwachen Zuwachs im Vorjahr sind die Zahlen wieder deutlich angestiegen. 34,4 Millionen Erwachsene, das sind 53,5 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren, sind inzwischen online. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 22 Prozent. 62,6 Prozent aller deutschen Männer ab 14 Jahren nutzen das Internet, bei den Frauen sind es 45,2 Prozent. Am häufigsten wird das Internet von 14- bis 19-Jährigen (92,1 Prozent) genutzt, am wenigsten von Menschen über 60 Jahren (13,3 Prozent). Erstaunlicherweise sind jedoch gerade in dieser Altersgruppe die Zuwachsraten besonders hoch.
Weiter berichtet die Studie, dass im Jahr 2003 Bevölkerungskreise zum Internet fanden, die dem neuen Medium bisher relativ distanziert gegenüber standen. Maßgeblicher Anreiz für den Neuzugang war neben der Kommunikation mit anderen Internet-Nutzern und schneller Informationsbeschaffung vor allem der Zugang zu Märkten und Produkten sowie zu internetspezifischen Serviceleistungen.
Damit bleibt das Internet für die meisten Nutzer hauptsächlich ein Kommunikations- und Informationsmedium. Unterhaltungsangebote, wie zum Beispiel Internetspiele spielen weiterhin nur eine geringe Rolle: 11 Prozent der 34,4 Millionen Internetnutzer in Deutschland sind „online“ um zu spielen, davon entfällt ca. ein Drittel auf die Altersgruppe der 14-19 Jährigen[2].
3 MUDs
3.1 Was sind MUDs?
An dieser Stelle möchte ich kurz erläutern, was ein modernes MUD ist. MUD steht für Multi-User-Dimension oder auch Multi-User-Dungeon, benannt nach dem Pionier in Sachen Rollenspiele Dungeons & Dragons von Gary Gigax. Der Begriff Dungeon (engl. Verlies) hat sich bis heute gehalten und beschreibt einen virtuellen Raum, der mit anderen Teilnehmern (Multiplayer) gemeinsam erlebt wird. Bei den MUDs handelt es sich meist um so genannte Echtzeit-Multiplayer-Online-Rollenspiele. Das Spiel ist auf ein- oder mehreren Servern gespeichert und kann von jedem Computer der Welt aus mit Internetanschluss und gewissen Systemvoraussetzungen gespielt werden. Dadurch gibt es wenige soziale oder räumliche Barrieren und es wird somit ein multikultureller Austausch zwischen den Spielern ermöglicht.
Die Spieler kommunizieren meist über schlichte Texteingabe miteinander. Es gibt auch grafische MUDs, die so genannten MOO (MUD-Object-Oriented), die meist kommerziell aufgesetzt sind und eine geringe Teilnahmegebühr verlangen, um vollwertig mitspielen zu können. Die meisten MUDs sind jedoch frei von Gebühren und schlicht auf Textbasis aufgebaut.
Die Anfänge der ersten MUDs liegen bereits über 20 Jahre zurück. Der Name MUD tauchte zum ersten Mal 1978 auf. Damals experimentierte ein Student im englischen Essex an einem Universitätsrechner mit einem Einzelplatz-Textadventure und baute es für mehrere Spieler um. Dieses Spiel wurde MUD1 (Multi-User-Dungeon One) getauft. MUD1 war sehr beliebt unter den Studenten, jedoch war es vorerst nur für Studenten der Universität in Essex zugänglich. Es wurde ständig erweitert und so reichten bald die Kapazitäten des Programms nicht mehr aus. Als Konsequenz wurde es völlig umgeschrieben und über das Internet zugänglich gemacht. Somit war das erste Internetspiel geboren.
Dieses so genannte MUD2 existiert noch heute. Es war der Vorreiter aller weiteren MUDs. Sie entwickelten sich kontinuierlich weiter und mittlerweile gibt es mehrere verschiedene Arten von MUDs. Es wird geschätzt, dass weltweit über 1.500 MUDs in verschiedenen Ländern und Sprachen existieren, und es werden ständig mehr. Eine aktuelle internationale Übersicht gibt [http://www.mudconnect.com] und eine nationale Übersicht für Deutschland ist unter [http://www.mud.de] einzusehen.
3.2 Arten von MUDs
Im Laufe der letzten 20 Jahre entwickelte sich eine Vielzahl unterschiedlicher MUDs, die ich hier kurz vorstellen möchte:
Da gibt es zum einen die Adventure-MUDs, bei denen es Ziel ist, Rätsel zu lösen und Kämpfe gegen andere feindliche Clans, Monster, Drachen, Zauberer usw. zu bestehen.
Die Organisational-MUDs sind Kommunikationsplattformen zur Schaffung von internationalen Arbeits- und Diskussionsräumen.
Social-MUDs sind dagegen themen- und interessenbasierende Kommunikations-Räume mit Programmierfunktion, im Gegensatz zu Chat-enviroments die keine Programmierfunktion haben.
Die Educational-MUDs sind im Sinne der interaktiven Lernumgebung zu finden und tragen im Allgemeinen zur Bildung bei[3].
Außerdem gibt es folgenden Formen von MUDs, die ich hier aber nicht weiter erläutern möchte:
- MOO (MUD Object-Oriented)
- MUSE (Multi User Shared Environments)
- MUSH (Multi User Shared Hallucination)
- MUX (Multi User X-perience)
In meiner Betrachtung gehe ich ausschließlich auf die Adventure-MUDs ein. Gerade hier gibt es die höchste Online-Verweildauer und somit macht es Sinn, diese Gruppe in Bezug auf die Thematik dieser Arbeit herauszugreifen.
Inhaltlich handeln diese Adventure-MUDs meist von Fantasiegeschichten, in denen man Schätze suchen, mit Drachen kämpfen und mit anderen Spielern kommunizieren muss. Das höhere Ziel ist es meist, die Welt zu retten oder sie zumindest zu verbessern. Man stößt unter anderem auf Gegenstände, die man einsammeln kann, Rätsel, die man lösen muss, kämpft gegen andere Spieler oder verabredet sich einfach nur mit Freunden und „chattet“ (Kommunizieren per Texteingabe über die Tastatur).
[...]
[1] vgl. Götzenbrucker (2001) S.20
[2] Auftraggeber der ARD/ZDF-Online-Studie 2003 ist die ARD/ZDF-Medienkommission. Die Untersuchung zur Verbreitung und Nutzung des Internet in Deutschland wird seit 1997 vom Institut ENIGMA GfK für Medien- und Marktforschung, Wiesbaden, durchgeführt. Die Repräsentativerhebung erfasst das Verhalten von Online-Nutzern ab 14 Jahren in Deutschland.
[3] vgl. Götzenbrucker (2001) S.13
- Citar trabajo
- Dominik Wolf (Autor), 2004, Der einsame Spieler: Vereinsamung durch Internetspiele, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22964
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