Der Begriff des Raumes ist einerseits ein komplexer, andererseits für den Menschen ein fundamentaler Begriff. Die Komplexität dieses Begriffes ergibt sich daraus, dass Raum dreidimensional ist und die Konstruktion eines Raumes sowie die Orientierung darin immer egozentrisch sind und sich folglich unterschiedliche Perspektiven ergeben können. Raum gehört jedoch zu den grundlegenden Erfahrungen, da er im Alltäglichen stets präsent ist und es ermöglicht, eine strukturierte Ordnung zu konstituieren. Auch die Darstellung von Räumen in literarischen Textsorten ist ein grundlegendes Kriterium, das es ermöglicht, eine fiktionale Wirklichkeit zu erschließen. Im Bereich der Literaturwissenschaft versteht man unter dem Begriff Raum ein breit gefächertes Spektrum an raumtheoretischen Grundlagen und Methoden. Primär handelt es sich dabei um ästhetische Raummodelle, die mit kulturwissenschaftlichen Überlegungen verknüpft sind. Diesen Modellen ist gemein, dass der Begriff Raum prinzipiell mit dem Begriff Bewegung korreliert, da (literarische) Räume erst in dieser Relation verortet und beschrieben werden können. Raumausdrücke sind also kontextabhängig, wobei insbesondere die Raumkognition bedeutend ist, um die Wahrnehmung von Räumen sprachlich wiedergeben zu können. Ein Sprecher referiert sprachlich auf einen Raum, den ein Rezipient kontextual integriert – folglich entsteht auf beiden Seiten eine mentale Vorstellung von Raum.
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1 Vgl. Dieter Wunderlich: Sprache und Raum. In: Studium Linguistik (1982), H. 12, S. 1ff.
2 Vgl. Wolfgang Hallet / Birgit Neumann (Hg.): Raum und Bewegung in der Literatur. Die Literaturwissenschaften und der Spatial Turn. Bielefeld: transcript 2009, S. 11f, 16, 20.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Allgemeine Beobachtungen
- Präliterarische Textgestaltung
- Struktur
- Orientierung, Perspektivierung und Lokalisierung
- Raumdeixis
- Primäre Raumdeixis
- Sekundäre Raumdeixis
- Raumerfahrungen
- Raumbeschreibungen
- Wegbeschreibungen
- Wohnungsbeschreibungen
- Zimmerbeschreibungen
- Bewegung im Raum vs. Blickführung
- Zoom-Technik
- Raumdeixis
- Sprache und Raum
- Lageverhältnisse
- Lokale Präpositionen
- Präpositionen und statische Verben / Bewegungsverben
- Richtungspräpositionen
- Lageverhältnisse
- Präliterarische vs. literarische Textgestaltung
- Struktur
- Raumdarstellung im literarischen Text
- Das Dorf
- Topographie
- Metaphorischer Raum
- Raum als Zeichen
- Das Gebirge
- Topographie
- Beschreibung
- Das Schusterhaus
- Raumbeschreibung
- Wohnungsbeschreibung
- Zimmerbeschreibung
- Raumbeschreibung
- Die Dörfer Gschaid und Millsdorf
- Primäre Raumdeixis
- Sprachliche Kategorien
- Die Irrwanderung
- Darstellung des Wegverlaufes
- Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung von Raum in Adalbert Stifters Erzählung „Bergkristall“ aus raumlinguistischer Perspektive. Sie analysiert, wie räumliche Kategorien im Text eingesetzt werden, um eine fiktionale Wirklichkeit zu schaffen und welche Rolle sie für das Geschehen spielen.
- Die sprachliche Verortung von Räumen und Orten in literarischen Texten
- Die Rolle von Raumdeixis, Perspektivierung und Blickführung in der räumlichen Gestaltung
- Die Bedeutung von Orts- und Raumangaben für die narrative Struktur und das Verständnis des Plots
- Die Funktion von Raum als Zeichen und Symbol in „Bergkristall“
- Der Einfluss von sprachlichen Kategorien wie Präpositionen, Verben und Adverbien auf die Darstellung von Raum
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel führt in die Thematik von Raum und seiner sprachlichen Darstellung ein und erläutert die Relevanz des Begriffs sowohl in der Sprachwissenschaft als auch in der Literaturwissenschaft.
- Allgemeine Beobachtungen: Dieses Kapitel analysiert die Raumdarstellung in „Bergkristall“ und stellt fest, dass Stifters deskriptiver Stil die Örtlichkeit und Umgebung des Geschehens stark betont.
- Präliterarische Textgestaltung: Das Kapitel stellt das Konzept von Rüdiger Harnisch zur präliterarischen Textgestaltung vor und vergleicht es mit der Struktur von „Bergkristall“.
- Orientierung, Perspektivierung und Lokalisierung: Das Kapitel behandelt die Raumdeixis und die verschiedenen Perspektiven, die in der Darstellung von Räumen zum Tragen kommen.
- Sprache und Raum: Dieses Kapitel beleuchtet die Verwendung von lokalen Präpositionen, Richtungsangaben und sprachlichen Kategorien, die auf Lageverhältnisse im Raum verweisen.
- Präliterarische vs. literarische Textgestaltung: Das Kapitel vertieft den Vergleich zwischen Harnischs Konzept und der Struktur von „Bergkristall“ und untersucht Unterschiede in der Raumdarstellung.
- Raumdarstellung im literarischen Text: Dieses Kapitel stellt fest, dass literarische Texte reale Entitäten in den fiktiven Raum integrieren und beleuchtet die Bedeutung von Raumdarstellung für die erzählte Wirklichkeit.
- Das Dorf: Das Kapitel analysiert die räumliche Beschreibung des Dorfes in „Bergkristall“ und deutet auf dessen symbolische Bedeutung im Kontext der Erzählung hin.
- Das Gebirge: Dieses Kapitel behandelt die topographische und deskriptive Darstellung des Gebirges und untersucht, wie der Wegverlauf durch den Raum sprachlich vermittelt wird.
- Das Schusterhaus: Das Kapitel analysiert die Beschreibung des Schusterhauses und die Bedeutung der Schusterarbeit im Kontext der Erzählung.
- Die Dörfer Gschaid und Millsdorf: Das Kapitel untersucht die Darstellung der beiden Dörfer und die räumlich-soziale Trennung, die zwischen ihnen besteht.
- Die Irrwanderung: Dieses Kapitel analysiert die sprachliche Darstellung der Irrwanderung der beiden Protagonisten und untersucht, wie Stifter die Orientierungslosigkeit und Bewegung im Raum darstellt.
Schlüsselwörter
Raumdarstellung, Raumdeixis, Perspektivierung, Orientierung, Bewegung, Topographie, Beschreibung, Zeichen, Symbol, literarische Erzählung, „Bergkristall“, Adalbert Stifter, raumlinguistische Analyse.
- Citation du texte
- Silke Wallner (Auteur), 2013, Sprache und Raum in Adalbert Stifters literarischer Erzählung "Bergkristall", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229555