über die Transformation der Bundeswehr soll die seit dem Wegfall der bipolaren Weltordnung, der fortschreitenden Globalisierung und der neuen Terrorismusgefahr veränderten Grundfragen der Deutschen Außen- und Sicherheitspolitik darlegen und die dadurch notwendig gewordene grundlegende Umwandlung der Bundeswehr aufzeigen.
Bereits seit dem Ende des Warschauer Paktes und der Auflösung der Sowjetunion unterliegen die sicherheitspolitischen Fundamente der deutschen Politik einer grundsätzlichen Neuausrichtung. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht mehr Frontstaat an der Grenze zweier, sich feindlich gesinnter Militärblöcke, sondern von befreundeten Staaten umgeben. Daher ist die Landesverteidigung, auf die sich der Auftrag der Bundeswehr bis dahin primär bezog, derzeit und auf absehbare Zeit der unwahrscheinlichste Einsatzfall geworden.
Jedoch ist spätestens seit den Anschlägen des 11. September 2001 deutlich geworden, dass neue asymmetrische Bedrohungen existent sind, wie beispielsweise der internationale Terrorismus, Islamismus, Proliferation von Massenvernichtungswaffen und weitreichender Trägermittel, Zerfall von Staaten, Bürgerkriege aber auch die Zunahme von global operierender organisierter Kriminalität. Daher werden zukünftig vorwiegend Einsätze zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung gemeinsam mit den Bündnispartnern in EU und NATO und eingebunden in das multinationale Umfeld von VN und OSZE Aufgabe der Bundeswehr sein. Sicherheit lässt sich nicht mehr geographisch begrenzen, nationale Interessen können überall auf der Erde verteidigt werden.
Gleichzeitig ist deutlich geworden, dass die komplexen Aufgaben und die Ausrüstung, Struktur und Finanzmittel der Bundeswehr in keiner Weise in Einklang stehen. Es soll eine Konzentration auf die militärischen Kernfähigkeiten (z.B. durch Out-sourcing und Zivil-militärische Kooperation) erfolgen, die europäische und transatlantische Rüstungskooperation intensiviert werden sowie ein stringenter fähigkeitsorientierter, teilstreitkraft- und bereichsübergreifender Gesamtansatz gefunden werden. Die Bundeswehr befindet sich im Wandel zu einer Armee im Einsatz, der zunächst einmal die Wehrpflicht erhalten bleibt, die sich aber bereits versucht von ihr unabhängig zu machen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Parameter Deutscher Außen- und Sicherheitspolitik
2.1. Bedrohungsanalyse
2.1.1. Der internationale Terrorismus
2.1.2. Weitere sicherheitspolitische Gefahren
2.2. Die rechtliche Lage
2.3. Die Verteidigungspolitischen Richtlinien
3. Die Dreiteilung der Kräfte
4. Wehrpflicht
5. Vernetzte Operationsführung
6. Neue Aufgaben - Neue Ausrüstung
6.1. Landstreitkräfte
6.2. Luftstreitkräfte
6.3. Seestreitkräfte
7. Zusammenfassung
8. Literaturverzeichnis
8.1. Bücher
8.2. Aufsätze
8.3. Internetquellen
1. Einleitung
Die grundsätzliche Reform der Bundeswehr ist nicht etwa seit den Terroranschlägen des 11. September 2001 in New York und Washington notwendig geworden, sondern bereits seit dem Wegfall der bipolaren Weltordnung mit dem Ende des Ost-West-Konfliktes nach den Ereignissen des November 1989 unabdingbar. Denn bis dahin bestand die Hauptaufgabe der Bundesdeutschen Streitkräfte darin, innerhalb der damaligen Grenzen im Zusammenwirken mit den Verbündeten einen möglichen Angriff von Seiten des Warschauer Paktes abzuwehren. Dementsprechend waren Struktur und Umfang auf die Landesverteidigung mit ca. 500.000 Mann im Rahmen der NATO ausgelegt.
Die veränderte politische Situation und die Wiedervereinigung Deutschlands führten dazu, dass neben der (unwahrscheinlicher gewordenen) Heimatverteidigung auch die Bündnisverteidigung außerhalb Deutschlands sowie Beiträge zur internationalen Krisenbewältigung und Konfliktverhütung zu Aufgaben der Bundeswehr wurden. Dieser veränderten Einsatzsituationen wurde erstmals mit dem „Ressortkonzept zur Anpassung der Streitkräfte, der territorialen Wehrverwaltung und der Stationierung“ vom 15.03.1995 sowie einer neuen Bundeswehrstruktur Rechnung getragen. Die Folgen waren eine Reduzierung des Personalumfanges auf zunächst 370.000, später 330.000 Soldaten und die Untergliederung der Streitkräfte in Krisenreaktionskräfte (KRK), Hauptverteidigungskräfte (HVK) und militärische Grundorganisation, ohne jedoch die Wehrpflicht zur Disposition zu stellen.
Allerdings schmälerte das nach wie vor für die Abwehr eines Angriffs aus dem Osten konzipierte und vielfach veraltete Material die Kriseninterventionsfähigkeit und trieb die Betriebskosten in die Höhe. Die Ausrüstung der Truppe ließ sich nur schwer auf die Bedingungen am Einsatzort adaptieren, es fehlten Luftverlegemöglichkeiten und die Bewaffnung war vielfach zu schwer, da sie noch auf den Panzerkrieg ausgelegt war.
Zudem waren die Krisenreaktionskräfte mit 60.000 Mann angesichts des stetig steigenden Umfanges an Auslandseinsätzen deutlich zu gering dimensioniert.
Dies machte eine erneute Reform notwendig.
Als dann im Herbst 2001 mit den Anschlägen in den vereinigten Staaten überdeutlich wurde, dass sich nach dem Ende des Kalten Krieges die von dem damaligen US-Präsidenten Bush (senior) genährten Hoffnungen auf eine stabilere, sicherere und friedfertigere Welt nicht bewahrheitet hatten, wurde auch die Abwehr der internationalen Terrorbedrohung fundamentaler Teil Deutscher Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
Angesichts der somit nötig werdenden Investitionen bei gleichzeitig annähernd stagnierendem Verteidigungshaushalt blieb der Bundeswehr nur die gänzliche Schwerpunktänderung in ihrer Aufgabenwahrnehmung und eine weitere Senkung der Personalkosten.
Seit diesem Zeitpunkt spricht man auch von einer „Reform der Reform“ oder einer Transformation, also nicht länger die Abänderung von etwas Bestehendem sondern die Wandelung zu etwas Neuem.
Die Deutschen Streitkräfte werden zu einer so genannten „Armee im Einsatz“ gewandelt, das heißt die Landesverteidigung rückt stark in den Hintergrund, während internationale Auslandseinsätze zur Kernaufgabe werden.
Diese Entscheidung spiegelt sich deutlich in den vom Bundesminister der Verteidigung Dr. Struck am 21. Mai 2003 erlassenen „verteidigungspolitischen Richtlinien“ wieder, mit denen „Konsequenzen gezogen“ werden „aus der grundlegend veränderten sicherheitspolitischen Situation in Europa und der Welt.“[1]
In der vorliegenden Arbeit sollen nun die veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen Deutschlands dargelegt werden, um die verschiedenen dadurch notwendigen gewordenen grundlegenden Veränderungen der Streitkräftestruktur verständlich zu machen.
Es soll analysiert werden was die gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben der Bundeswehr sind, nachdem mit der deutschen Einheit vom 3. Oktober 1990, dem Zerfall des Warschauer Paktes sowie der Auflösung der Sowjetunion die NATO und mit ihr die deutschen Streitkräfte zunächst ihre Existenzberechtigung verloren zu haben schienen.
2. Parameter Deutscher Außen- und Sicherheitspolitik
Mit dem Ende des Warschauer Paktes und der Auflösung der Sowjetunion hat sich die sicherheitspolitische Lage in der Bundesrepublik Deutschland fundamental verbessert. Die Bundesrepublik ist nicht länger Frontstaat an der Grenze zweier, sich feindlich gesinnter Militärblöcke. Der Wegfall der Bipolarität und der damit einhergegangenen weltweit größten, konventionellen Truppenansammlung an der ehemals innerdeutschen Grenze sind Kennzeichen dieser Entwicklung. Deutschland ist wiedervereinigt, hat seine volle Souveränität zurückerlangt und die geostrategische Lage in der Mitte Europas wird von seinen Nachbarn akzeptiert und nicht mehr als Bedrohung angesehen. Aufgrund der Neumitgliedschaft Polens, Ungarns und der Tschechischen Republik grenzt Deutschland nun auch im Osten an Mitgliedsstaaten des Atlantischen Bündnisses und ist somit nur noch von Partnern und befreundeten Staaten umgeben. Die Bundesrepublik Deutschland hat in höchstem Maße von den Veränderungen in der weltpolitischen Situation profitiert. Dadurch sind die sicherheitspolitischen Konzeptionen aus der Zeit der Systemkonfrontation obsolet geworden – nicht jedoch die Sicherheitspolitik als Ganzes.
2.1 Bedrohungsanalyse
Zur Zeit des Ost-West-Konflikts war das Sicherheitsverständnis auf die territoriale Integrität des Staates konzentriert. An die Stelle dieser engen Wahrnehmung ist ein Sicherheitsbegriff getreten, der neben der klassischen territorialen Kategorie auch wirtschaftliche, soziale und ökologische Faktoren als konstitutiv für die Stabilität eines Staates ansieht. Der Begriff der Globalisierung bezieht sich nicht allein auf engere wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Verflechtung der Märkte, auf die zunehmende Bedeutung und den Ausbau der Kommunikationsmöglichkeiten, sondern auch auf die Tatsache, dass sich Konflikte, Krisen und ihre Folgen, ganz gleich ob ökonomischer, sozialer oder militärischer Natur, kaum noch regional und erst recht nicht nationalstaatlich begrenzen lassen. Im Zeitalter der Globalisierung stellt die Anarchie die neue Herausforderung dar. Nicht mehr die starken, sondern schwache, zerfallende Staaten, nichtstaatliche Akteure, veränderte Formen der Kriegsführung mit „verschwimmenden“ Zuständigkeiten von innerer und äußerer Sicherheit, aber auch frontenlose Kriege sind Teil dieser Herausforderung.
[...]
[1] http://www.bmvg.de/misc/pdf/sicherheit/vpr_broschuere.pdf (aus dem Vorwort der Verteidigungspolitischen Richtlinien für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung)
- Arbeit zitieren
- Stefan Hansen (Autor:in), 2004, Transformation der Bundeswehr - Die Anpassung der deutschen Streitkräfte an die veränderte Weltlage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22811
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