Das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ist ein philosophisches Krisenjahrzehnt. In den Jahren 1793 bis 1796 entfaltet Georg Christoph Lichtenberg, der den sprechenden Terminus 'Unphilosophie' prägte, eine Sprach- und Erkenntniskritik, die an Schärfe und Rücksichtslosigkeit gegenüber bisherigen Denkgewohnheiten ihresgleichen sucht. 1798 - die Datierung ist unsicher - schreibt Novalis einen 'Monolog', worin Sprache als "ein bloßes Wortspiel" entlarvt und der "lächerliche Irrthum" demaskiert wird, man spreche "um der Dinge willen". Sprache mache vielmehr, wie die "mathematischen Formeln", eine "Welt für sich" aus, nichts anderes spiegele sich in ihr als "das seltsame Verhältnißspiel der Dinge."
Was hier als problematisch erfahren wird: Ob Sprache "die Dinge" sagen, und zwar wesentlich sagen, ausdrücken könne oder nicht vielmehr ein rein selbstbezügliches System sei, bedenkt das philosophisch äußerst bewegte Jahr 1799 als sowohl ontologisches als auch epistemisches Problem. Das Problem-Bewußtsein hierfür weckte Friedrich Heinrich Jacobi, der in seinem Sendschreiben 'Jacobi an Fichte' (März 1799) dem Autor der 'Wissenschaftslehre' vorwirft, über den von den Dingen vorgeworfenen Anspruch auf Sein mit einem "Machtspruch der Vernunft" hinweggegangen zu sein. Die Nihilismus-Schelte, die Jacobi in diesem Zusammenhang vorbringt, stößt auf breite Resonanz. Jean Paul schreibt im Dezember 1799 eine Satire mit dem Titel 'Clavis Fichteana seu Leibgeberiana', die Jacobi gewidmet ist und auf dessen Sendschreiben beruht. Fichte selbst publizierte im darauffolgenden Jahr seine 'Bestimmung des Menschen', die allerdings schon vorher kursierte, und auf die sich etwa Jean Paul bezogen hatte. In dieser Schrift setzt sich Fichte sowohl mit dem Vorwurf des Atheismus als auch mit der Nihilismus-Schelte auseinander, liefert aber in erster Linie das eine: ein Krisendokument, nämlich das Dokument der in die Krise gestürzten Subjektphilosophie, das Dokument eines selbstkritisch gewordenen Idealismus, das Dokument einer Wahrheitskrise.
INHALT
EINLEITUNG. Am Abgrund der Moderne
HAUPTTEIL. Die ‘Bestimmung des Menschen’ unter dem Vorzeichen der Nihilismus-Schelte
ERSTER TEIL
1. Zum Ersten Grundsatz der Jenenser Wissenschaftslehre
2. Zum Satz vom Grund
3. Begründungsstruktur ‘absolute Relation’
4. Das Sendschreiben Jacobis
ZWEITER TEIL
1. Zweifel am Satz vom Grund. Zum Ersten Buch
2. Am Abgrund des Wissens: Verzweiflung. Zum Zweiten Buch
2.1 Dingliche Wahr-Nehmung als Ichmodifikation
2.1.1 Fläche und Raum
2.2. EXKURS: Zu Kleists Kant-Krise
2.2.1 Kants Kritik der Urteilskraft als mögliche Quelle
2.2.3 Kants Kritik der reinen Vernunft als mögliche Quelle
2.2.4 Fichtes Bestimmung des Menschen als mögliche Quelle
2.3 Transzendentalphilosophischer Mangel an Sein. Zur Modalitätenfrage I
2.4 Der Nihilismus der Begründungsstruktur
2.4.1 Begründungsstruktur ‘Synthesis’
2.4.2 Begründungsstruktur ‘Wechselwirkung’
2.4.3 Implosion
2.4.3.1 Grund - Abgrund
2.4.3.2 Ich denke - Es denkt
2.4.3.3 Freiheit - Angst
2.4.3.4 Bewußtsein - Traumbewußtsein
2.4.3.5 Sein - Nichts
3. Glauben als Letztgrund: Die Bestimmung des Menschen. Zum Dritten Buch
3.1 Zur Modalitätenfrage II
3.2 ‘Vernehmende Vernunft’ und ‘Salto mortale’
3.3 Eschatologischer Vorbehalt? Schlußüberlegungen
BIBLIOGRAPHIE
EINLEITUNG
Am Abgrund der Moderne
Das letzte Jahrzehnt des 19.Jahrhunderts ist ein philosophisches Krisenjahrzehnt. In den Jahren 1793 bis 1796 entfaltet Georg Christoph Lichtenberg, der den sprechenden Terminus ‘Unphilosophie’ prägte,[1] eine Sprach- und Erkenntniskritik, die an Schärfe und Rücksichtslosigkeit gegenüber bisherigen Denkgewohnheiten ihresgleichen sucht.
1798 - die Datierung ist nicht ganz sicher - schreibt Novalis einen Monolog, worin Sprache als „ein bloßes Wortspiel“ entlarvt und der „lächerliche Irrthum“ demaskiert wird, man spreche „um der Dinge willen.“ Sprache mache vielmehr, wie die „mathematischen Formeln“, eine „Welt für sich“ aus, nichts anderes spiegele sich in ihr als „das seltsame Verhältnißspiel der Dinge.“[2]
Was hier als kritisch erfahren wird: Ob Sprache „die Dinge“ sagen, und zwar wesentlich sagen, ausdrücken könne oder nicht vielmehr ein rein selbstbezügliches System sei, bedenkt das philosophisch äußerst bewegte Jahr 1799 als sowohl ontologisches als auch epistemisches Problem. Das Problem-Bewußtsein hierfür weckt Friedrich Heinrich Jacobi, der in seinem Sendschreiben Jacobi an Fichte (März 1799) dem Autor der Jenenser Wissenschaftslehre vorwirft, über eben dieses Pro-blem, über den von den Dingen vor-geworfenen Anspruch auf Sein, mit einem „Machtspruch der Vernunft“[3] hinweggegangen zu sein. Die Nihilismus-Schelte, die Jacobi in diesem Zusammenhang vorbringt, stößt auf breite Resonanz. Jean Paul schreibt im Dezember 1799 eine Satire mit dem Titel Clavis Fichtiana seu Leibgeberiana, die Jacobi gewidmet ist und auf dessen Sendschreiben beruht. In den letzten Dezembertagen des Jahres 1799 schließlich hält Brentano im Kreis der Caroline Schlegel seine Philister-Rede, die Jacobis Nihilismus-Schelte in besonders sarkastische Worte faßt.
Und der Beschuldigte selbst? Er publiziert im darauffolgenden Jahr eine Schrift mit dem Titel Die Bestimmung des Menschen (1800), die allerdings schon zuvor kursierte, und auf die sich etwa Jean Paul bereits bezogen hatte. In dieser Schrift setzt sich Fichte sowohl mit dem Vorwurf des Atheismus als auch mit Jacobis Nihilismus-Schelte auseinander, liefert aber in erster Linie das eine: ein Krisendokument, nämlich das Dokument der in die Krise gestürzten Subjektphilosophie, das Dokument eines selbstkritisch gewordenen Idealismus, das Dokument einer Wahrheitskrise.
Daß eine Erkenntniskrise immer auch eine Existenzkrise bedeutet, daß das Leiden am Dasein das Leiden an der Wahrheit allererst begründet, erlebt ein Jahr später Heinrich von Kleist. In seinem von der Forschung so genannten Kant-Brief (1801) bekundet er Zweifel an der Möglichkeit von Wissen, die ihre Quelle in der Lektüre von Fichtes Bestimmung haben könnten und daher näher zu betrachten sind. Im Zentrum der vorliegenden Arbeit soll aber Fichtes Replik auf die Nihilismus-Schelte stehen.
HAUPTTEIL
Die ‘Bestimmung des Menschen’ unter dem Vorzeichen der Nihilismus-Schelte
ERSTER TEIL
„Wahrlich, mein lieber Fichte, es soll mich nicht verdrießen, wenn Sie, oder wer es sey, Chimärismus nennen wollen, was ich dem Idealismus, den ich Nihilismus schelte , entgegensetze.“[4]
Jacobis Sendschreiben vom 3. bis 21. März 1799 gilt als erster philosophiegeschichtlich einschlägiger Beleg des Terminus ‘Nihilismus’.[5] Daß ausgerechnet Fichtes Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre von 1794 eines solchen bezichtigt wird, mag verwundern. Was man im allgemeinen unter ‘Nihilismus’ versteht: eine aus dem Pessimismus hervorgehende Umwertung oder „Entnatürlichung der Werte“ ins Negative,[6] läßt sich mit dem Erkenntnisoptimismus der auf schlechthin unbedingte Gewißheit gründen wollenden Wissenschaftslehre kaum in eins denken. Wie kommt Jacobi dazu, eine Philosophie mit dem programmatischen Titel ‘Grund-Satzphilosophie’ in den Abgrund des Nichts stürzen zu sehen?
Im folgenden ERSTEN TEIL soll dreierlei geklärt werden:
Erstens, wer oder was die Grundsatzphilosopie zur Grundsatzphilosophie macht - dies ist anhand der Jenenser Wissenschaftslehre zu ermitteln.
Zweitens, wie sich Grund-Satz und Satz vom Grund zueinander verhalten - hierzu soll ein Blick auf Heideggers Der Satz vom Grund geworfen werden.
Drittens, inwiefern der zur Grundsatzphilosophie erhobene Satz vom Grund ein abgründiger ist - dies soll in einem ersten Schritt Jacobis Nihilismus-Schelte erweisen, bevor diese Frage im ZWEITEN TEIL an Fichtes Bestimmung des Menschen gestellt wird.
1. Zum Ersten Grundsatz der Jenenser Wissenschaftslehre
Fichtes Begriffsschrift nimmt ihren Ausgang bei dem Postulat, es müßte in einer Wissenschaft wenigstens „Ein Satz gewiss seyn, der etwa den übrigen seine Gewissheit mittheilte.“[7] Was den Grundsatz zum Grundsatz macht, scheint also seine Gewißheit zu sein. Allerdings kann er nur dann mit Gewißheit auf seiner Gewißheit gründen, wenn sich diese „nicht erst durch die Verbindung mit den übrigen [Grundsätzen]“ konstituiert, ihnen vielmehr vorgängig ist[8]: Erst „ein solcher vor der Verbindung vorher und unabhängig von ihr gewisser Satz heisst ein Grundsatz.“[9]
Der §1 der Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre ist als ein solcher konzipiert, ist es doch der Grundsatzcharakter selbst, also die Gewißheit, die hier zum Grundsatz erhoben wird: Als absolut-erster Satz des Denksystems Wissenschaftslehre soll der §1 nicht nur Gewißheit, sondern unbedingte, ja, schlechthin unbedingte Gewißheit vermitteln:
„Wir haben den absolut-ersten, schlechthin unbedingten Grundsatz alles menschlichen Wissens aufzusuchen. Beweisen oder bestimmen läßt er sich nicht, wenn er absolut-erster Grundsatz sein soll“.[10]
Es liegt notwendig im Begriff der Unbedingtheit, unmittelbar gewiß, nicht deduzierbar, lediglich auffindbar zu sein, denn ein Grundsatz, der sich be-gründen ließe, wäre nicht mehr Grund-, sondern bereits Folgesatz und somit bedingt.
Nun soll der gesuchte Grundsatz eine „Tathandlung“ ausdrücken, und zwar eine solche, „die unter den empirischen Bestimmungen unseres Bewußtseins nicht vorkommt.“[11] Auch dies ist eine zwingende Wirkung des Unbedingtheitspostulats - wie nämlich könnte ein auf ding-lich-objektiver Erfahrung beruhendes Wissensprinzip jemals un-bedingt sein?
Andererseits aber muß dieses Prinzip ein wissbares, d.h. bewußtseinsfähiges sein, soll es doch Wissen systematisierbar, nicht etwa nur Glauben erahnbar machen. Daher darf der erste Grundsatz zwar nicht empirisch sein, er muß aber doch „allem [empirischen] Bewußtsein zum Grunde“ liegen, es allererst ermöglichen.[12] Der § 1 der Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre muß, um es kantisch zu sagen, die unbedingte Ermöglichungsbedingung alles Wissens formulieren.
Hervorgehen soll der „Grundsatz allen menschlichen Wissens“ aus einer Art Filtrationsprozess, bei dem reflektiert wird über das, „was man zunächst dafür [für einen solchen Grundsatz] halten könnte“, um so - nach Abstraktion von allen „empirischen Bestimmungen unseres Bewußtseins“ - den Boden-satz, das eigentliche Substrat zu gewinnen, wie man es „notwendig denken müsse“.[13] Dasjenige, was man notwendiger-weise zu denken hat, fällt in die Modalität der Notwendigkeit. Es bleibt die Frage: auf Grund wovon? Eben diese Frage ist hier aber notwendig nicht zu stellen: Soll es sich doch um ein unmittelbar logisches Denken handeln. So er möglich t der „ohne allen weitern Grund“ gewisse formallogische Zusammenhang des Identitätssatzes die Möglichkeit, „etwas schlechthin zu setzen“.[14]
Indessen ist auch das A=A nicht ganz ohne Grund. Nichts ist ohne Grund, daher ist die Identität des Ich notwendig, um dem Gleichheits-Zeichen Seinsgehalt zu verleihen: „Wenn A im Ich gesetzt ist, so ist es gesetzt; oder - so ist es". Identität, die ist, die wirklich ist, kann A demnach nur erlangen, wenn im Ich etwas ist, „das sich stets gleich, stets Ein und ebendasselbe" ist: die Konstante des "Ich = Ich; Ich bin ich.“[15]
Indem nun Fichte den Schwerpunkt von der Tatsache „Ich = Ich“ auf die Tat-Handlung „Ich bin“ verlegt, unternimmt er den Versuch, Wirklichkeit im Wirken, Sein in der Tat zu begründen ,[16] denn das In-eins- Setzen des „Ich bin Ich“ ist eine „Tätigkeit an sich“[17] - die es zu geben scheint, obschon das Reich des Dings an sich (durch Fichte) untergegangen (worden) ist.
Hieraus ergibt sich die ursprüngliche Einheit von Setzen und Sein qua Tathandlung: „Das Ich setzt sich selbst, und es ist, vermöge dieses bloßen Setzens durch sich selbst; und umgekehrt“:[18] Das Ich ist „dasjenige, dessen Sein (Wesen) bloß darin besteht, daß es sich selbst als seiend, setzt.“[19]
Für das Ich - im übrigen wohl nur für das Ich - ist das Sein seiner selbst notwendig ichhaft: Ist das Ich überhaupt da, dann so, daß es sich als Ich seiend setzt. Noch das prädikatsnominale Ich der zweiten Position des Ich bin Ich ist somit auf-grund des Ich (der ersten Position), das seinerseits losgelöst von allen anderen Bestimmungen für sich selbst gültig, d.h. ein absolutes ist . Es steht daher zu vermuten: Sollte sich das von allen Außen gründen verlassene absolute Ich als in sich nichtig erweisen, so würde auch der Grund seines Seins ein abgründiger - und der Satz der Identität würde gleich mitgerissen, erschiene plötzlich grundlos oder aber als ein Grund von Schizophrenie.
Dies ist der Punkt, an dem die Auto-Creatio ex nihilo , an dem das ursprünglich schlechthin sein eigenes Sein setzende „omnireale“ Ich[20] in sein Nicht-Sein umzuschlagen droht.
„Ich bin schlechthin, weil ich bin“ bzw. „Ich bin schlechthin, was ich bin“:[21] Das heißt zunächst:
1. Das Ich ist, weil es sich setzt.
2. Sich setzen = Sein
3. Das Ich ist, weil es ist.
Das kann aber auch heißen:
1. Das Ich hat keinen Grund, sich selbst zu setzen
2. Sich setzen = Sein
3. Das Ich ist nicht.
Das heißt ferner:
1. Das Ich ist, als was es sich setzt.
2. „Das sich setzende Ich“ = „Das seiende Ich“
3. Das Ich ist, was es ist.
Ferner kann das aber auch heißen:
1. Das Ich ist, als was es sich setzt.
2. „Das sich setzende Ich“ = „Das grundlose Ich“
3. Das Ich ist grundlos/Das Ich ist ein Abgrund.
Worin liegt der Grund dieser Grundlosigkeit? Eben darin, daß das Ich seinen Grund in sich selbst hat, causa sui ist gemäß:
„Ich bin schlechthin, w e i l ich bin.“[22]
2. Zum Satz vom Grund
Warum muß überhaupt ein Grund von Ich-Sein angenommen werden? Weil nichts ohne Grund ist. Weil der Satz vom Grund ein notwendig scheinendes Denkgesetz benennt, wenn er sagt:
Nihil est sine ratione. Nichts ist ohne Grund. In der bejahenden Form heißt dies: Omne ens habet rationem. Jedes Seiende hat einen Grund.[23] Genauer: Jedes auf welche Weise immer Seiende hat einen Grund, das Sein ist in jeder seiner Modalitäten begründet, auch das möglicherweise Seiende hat einen Grund seiner Möglichkeit.[24] Daß der Satz vom Grund in jeder Seins-Modalität gültig sei, ist eine Annahme, die ihrerseits der Modalität der Notwendigkeit zugehört - gemäß: Es ist notwendig, ausnahmslos so, daß auch das möglicherweise Seiende nicht ohne einen Grund seiner Möglichkeit ist.[25] Ein Satz, der notwendigerweise gewiß ist, kann oder muß nach Kapitel 1 ein Grundsatz genannt werden. Nach Heidegger ist der Satz vom Grund nun nicht nur ein Grundsatz, sondern „der Grundsatz aller Grundsätze.“[26] Man kann nämlich sowohl fragen, auf-grund wovon A identisch mit A sein müsse (Satz der Identität) als auch, auf-grund wovon A nicht gleich ¬A sein dürfe (Satz vom Widerspruch) als auch, auf-grund wovon gelten müsse - und zwar ausnahmslos: A ist niemals zugleich mit B identisch und mit B nichtidentisch (Satz vom ausgeschlossenen Dritten).[27] Daß der Satz vom Grund der Grundsatz aller Grundsätze ist, hindert freilich nicht, die Frage nach dem Grund seines Grundsatz-aller-Grundsätze-Seins zu stellen, vielmehr liegt diese Frage im Satz vom Grund selbst begründet: Jedes Seiende hat einen Grund, also auch der Satz vom Grund, wenn er denn ist. Und doch hat die Frage etwas Abgründiges:
„Drängt der Grund des Grundes nicht über sich hinaus zum Grund des Grundes des Grundes? Wo ist, wenn wir in dieser Art zu fragen fortfahren, noch ein Halten und damit noch eine Aussicht auf Grund? Ginge das Denken diesen Weg zum Grund, dann müßte es doch unaufhaltsam ins Grundlose fallen.“[28]
Muß also nicht ein fundamentum inconcussum angenommen werden, nach dessen Grund nicht weiter zu fragen ist: ein Erst- oder Letztgrund, der nicht zugrunde gefragt werden darf - so wie etwa Fichte die Frage nach dem Grund (hier dem Grund von Identität) mit dem (Identisch)Sein des Ich letztgültig beantwortet wissen will ? Liefert der Satz vom Grund als Grund vom Satz[29] nicht einen Grund seiner selbst, eine causa sui, die nicht begründet werden muß?
Handelt es sich nicht um ein ‘Axiom’, wie Leibniz meinte?[30] Heidegger gründet das Axiom-Sein etymologisch, indem er das griechische Wort axiwma mit ‘das von sich aus im höchsten Ansehen Stehende’ übersetzt.[31] In neuerer Zeit habe man dieses ‘von sich aus im höchsten Ansehen Stehende’ funktionalisiert, in seinem ‘Von-sich-aus’ entfremdet, um „den Aufbau eines widerspruchsfreien Systems von Sätzen“ sicherzustellen:
„Der axiomatische Charakter der Axiome besteht ausschließlich in dieser Rolle der Ausschaltung von Widersprüchen und Sicherung gegen sie. Was ein Axiom, für sich genommen, noch aussagen könne, bleibt ohne gegenständliche Bedeutung.“[32]
Der Sachgehalt des Grundsatzes aller Grundsätze muß damit reichlich fragwürdig erscheinen. Nun gehen im Falle des Satzes vom Grund Sach- und Seinsgehalt, essentia und existentia, auseinander hervor, gemäß: Wenn der Satz ‘Nichts ist ohne Grund’ ist, dann ist er einen- Grund -habend, dann ist er begründet, richtig, sachgerecht gegenüber der eigenen Aussage, und umgekehrt: Genau-dann-wenn der Satz vom Grund einen Grund hat, dann ist er. Sein und Begründet-Sein stehen hier im Verhältnis der Bisubjunktion:
x ist <-> x hat einen Grund.
Wenn also das Axiom keine „gegenständliche Bedeutung“, keinen sachlichen Grund hat, dann kommt ihm auch kein Seins-Gehalt zu, oder aber der positive Sachgehalt ‘Grund’ müßte in die Negativität des Abgrunds umschlagen, so daß der Satz vom Grund zwar immer noch wäre, aber als der Satz vom Abgrund.
Grundsätzlich, also ungeachtet der kategorialen Differenz von Identität und Kausalität,[33] scheint der Satz vom Grund demnach die gleiche Wendestruktur aufzuweisen wie Fichtes sich selbst setzendes Ich:
1. Der Satz vom Grund ist, als was er sich setzt
2. Der sich setzende Satz vom Grund = Der seiende Satz vom Grund
3. Der Satz vom Grund ist, was er ist.
Oder, wenn dieses ‘Was-er-ist’, die Quiddität, negativ gefaßt wird:
1. Der Satz vom Grund ist, als was er sich setzt.
2. Der sich (ohne weiteren Grund/grundlos) setzende Satz vom Grund = Der grundlose Satz vom Grund
3. Der Satz vom Grund ist grundlos/ist ein Abgrund.[34]
Wie kann dieser Negativität des Sach- und Seinsgehalts, wie kann der Zirkelstruktur ‘Der Satz des Grundes ist der Grund des Satzes’[35] entgegengewirkt werden? - Heidegger führt an dieser Stelle eine ‘Langfassung’ des Satzes vom Grund ein, die er von Leibniz übernimmt. Dieser spricht vom principium reddendae rationis, welches besagt, quod omnis veritatis reddi ratio potest.[36] Heidegger übersetzt interpretierend: der Grundsatz vom zuzustellenden Grund besage, daß für jede Wahrheit, das heiße: für jeden wahren Satz, der Grund zugestellt werden könne.[37]
Die Übersetzung des lateinischen Gerundivums [ratio] reddenda mit ‘ein zuzustellender’ [Grund] ist insofern treffend, als die Modalität der Notwendigkeit [die gängige Übersetzung mit modalem Hilfsverb wäre: ‘man muß zustellen’] auf diese Weise wörtlich zur Geltung kommt. Die Bedeutungsstruktur des Gerundivums legt aber noch ein weiteres nahe: die Ergänzungsfrage nach dem dativus auctoris, gemäß: Cui ratio reddenda est? Wem/welcher Sache ist der Grund ein zuzustellender? Heidegger ergänzt: cognitioni, dem Erkennen ist der Grund ein zuzustellender.[38] Nach dem gängigen Übersetzungsmodus heißt dies: Das Erkennen muß den Grund zustellen, es ist notwendigerweise auctor, Urheber, man könnte auch sagen: Ur-Sache des Zustellens von Gründen. Wo nämlich das Gerundivum keinen dativus auctoris bei sich hat, verbleibt das zu Tuende in der bloßen Möglichkeit: Ein liber legendus, der kein mihi nennt, muß nicht wirklich gelesen werden, obschon er ein zu lesender ist. Das reine Gerundivum bedeutet gleichsam die abstrakte Notwendigkeit, während der dativus auctoris den von dieser Notwendigkeit konkret Betroffenen nennt. Die Konstruktion Verbaladjektiv+dativus auctoris leistet also nicht nur eine nähere, nämlich modale Bestimmung des Prädikats, sondern gründet sich zugleich auf einem Subjekt,[39] wenn dieses auch nicht nominativisch genannt wird. Selbst die unpersönliche Form des elliptischen reddendum est kann ohne Ergänzung eines ‘Es’ nicht gedacht werden. Der Grund davon liegt darin, daß jeder Aussagesatz eines Grundes bedarf, eines upokeimenon als dem zu Grunde Liegenden, demjenigen, was als Grund vorliegt für die Aussage darüber: als dem subiectum des prädikativen Urteils.[40] Diese Argumentation gründet allerdings auf nichts als der Begründungs struktur. Wie die Syntax von jeder Aktualität, von der Jedesmaligkeit des Sprechaktes abstrahiert, um allein die Denkbarkeit von Sprache zu systematisieren oder aus eigener Machtvollkommenheit zu generieren, so würde die rein strukturelle Begründung des Satzes vom zuzustellenden Grund in der bloßen Begründbarkeit verharren, wenn sie nicht die Frage nach der Substanz des Grundes stellte.
Substanz scheint der Satz vom Grund aber aus seinem Bezug auf Seiendes, auf das wirkliche Wesen der Natur zu gewinnen. Heidegger zitiert hier wiederum Leibniz und übersetzt: „Grund ist in der Natur, warum etwas vielmehr existiert als nichts.“[41]
Jedes wie immer Existierende ist also seiner Natur nach grundartig, schlechthin weil es ist. Diese Neigung zum Seiend-Sein kommt den Dingen nach Leibniz zu um willen eines ur-wirklichen Seienden, einer als göttlich zu denkenden ultima ratio. Diese wird „Ens necessarium“ genannt,[42] erweist sich also einmal mehr als notwendige Annahme, die in den Begründungsstrudel führt, wenn man sie ihrerseits in Frage stellt: ‘Gott ist der Grund des Satzes vom Grund - der Satz des Grundes ist der Grund Gottes’, lautet der Kern dieses Strudels.
Kann es einen zureichenden, über die Abgründigkeit der Begründungsstrudel hinaus reichenden Grund überhaupt geben? Wodurch wird das principium reddendae rationis zum principium reddendae rationis sufficientis ?[43] Wie kann es der Instanz des Zustellers, des für die Zustellung Zuständigen gelingen, den Grund zu einem zureichenden zu machen?[44] Dies scheint nur möglich, indem eine Modulation des Themas ‘Nichts ist ohne Grund’ vorgenommen wird: Heidegger leitet die erste Tonart des Satzes vom Grund: ‘ Nichts ist ohne Grund’ über in eine zweite, die Betonung verlagernde: „Nichts ist ohne Grund“: Jedes Seiende (als Seiendes) hat einen Grund.“[45] Nur das Seiende also kann als recht eigentliches upokeimenon des Satzes vom Grund fungieren, denn „der Satz vom Grund ist […] keine Aussage über den Grund, sondern über das Seiende, insofern es jeweils ein Seiendes ist.“[46] Inwiefern aber ist das Seiende ein Seiendes? Heideggers Lesart des ‘ist’ als eines prägnanten, seins-schwangeren gründet das Seiend- Sein des Seienden im Sein. Folglich sagt der Satz vom Grund „vom Sein des Seienden“[47] als eines wesentlich grundartigen, grundhaften: „Sein west in sich als gründendes“[48] oder „Sein ‘ist’ im Wesen: Grund.“[49] Es ist also grundlos, inwiefern es grundartig ist - kann doch, was von der Art des Grundes ist, keinen Grund haben. Das Sein des Grundes stellt sich nicht wieder auf Gründe, sondern es ist die Begründungsleiter los, hat sie abgeworfen: „Der Grund bleibt ab vom Sein. Im Sinne solchen Ab-bleibens des Grundes vom sein ‘ist’ das Sein der Ab-Grund“[50], fällt es in den Abgrund seiner eigenen Grundlosigkeit. Dennoch ‘ist’ Sein nicht Abgrund, denn es entzieht sich jeder Prädizierbarkeit: Ein ‘ist’ kann ihm nicht zugesprochen werden, sofern das Sein als Sein, nicht als Seiendes bestimmt werden soll. Heidegger codiert das nicht-seiende Sein des Seins mit einem mittig gesetzten Doppelpunkt als Zeichen einer Leerstelle des Sagens, die zugleich voller Bedeutungs-Potenz ist: „Sein und Grund : das Selbe. Sein : Der Ab-Grund.“[51] Der Weg in diese Bedeutungspotenz gleicht nach Heidegger einem Sprung, der „mit einem Satz“ in das Wesen des in sich gründenden Seins führe[52], in das Wesen des Satzes vom Grund als eines Satzes vom Sein.[53] Dieser ‘Satz’ ist ein Sprung in den Abgrund, sofern sich im denkerischen Vollzug des Doppelpunktes Sein verbirgt, als ein leeres erweist, zugleich handelt es sich um den Sprung in den gründigsten Grund, in dem Sein sich entbirgt - beides zugleich.[54] Mit dieser als Doppelpunkt codierten Wendestruktur des Seins distanziert sich die Heideggersche Seinsphilosophie aufs entschiedenste vom „absoluten Sichselbstwissen des absoluten Geistes in der Metaphysik des deutschen Idealismus“, worin die Entbergung des Seienden hinsichtlich seines Seins voll-endet worden sei, um nicht zu sagen: verendet sei.[55]
Was Heideggers Grund-Satz zum Grundsatz macht, ist das dem Grund zugesprochene Sein: Der Grundsatz aller Grundsätze ist ein Satz vom Sein. Was Fichtes Grund-Satz zum Grundsatz macht, ist die ihm zugesprochene Ge wiß heit: Der Grundsatz aller Grundsätze ist ein Satz vom Wissen,[56] und zwar der absolut-erste, schlechthin unbedingte Grundsatz allen menschlichen Wissens.[57] Von dieser - freilich fundamentalen - Differenz abgesehen, ist die Begründungsstruktur jedoch durchaus vergleichbar:
Sein, das „in sich als gründendes“ west,[58] bzw. Ich-Sein , dessen Sein (Wesen) bloß darin besteht, daß es sich selbst als seiend, setzt“,[59] haben als Letztgründe[60] gemeinsam, die Begründungsleiter abgeworfen und die frei-schwebende Sprosse ‘Selbstbezug’ grund-sätzlich verankert zu haben (die aus Münchhausenhaar gebaut sein mag, aber wer weiß das wirklich ?). Damit erweist sich nicht nur Heideggers Grundsatz vom Grund, der von dieser Paradoxie weiß, als potentiell abgründig, sondern auch Fichtes Grundsatz vom Wissen, der hiervon freilich nichts wissen will.
3. Begründungsstruktur ‘absolute Relation’
Bei allem Wissen um die Paradoxie eines in sich gründenden Abgrunds schlägt Heidegger doch nicht die dritte Tonart des Themas ‘Nichts ist ohne Grund’ an, die da lauten könnte:
Das Nichts ist, ohne Grund. Wegen der Artikellosigkeit des Lateinischen kann auch diese Modulation nicht ausgeschlossen werden. Es handelt sich freilich um eine recht eigentlich nihilistische Lesart, die erst im ZWEITEN TEIL zu behandeln ist. Hier soll nur erwähnt werden, daß Heidegger zwar das Sein des Grundes als ein zugleich abgründiges denkt, nicht aber das Sein des Seins als zugleich nichtig. Es wird dem Sein kein Nicht-Sein gegenübergestellt, jedenfalls nicht explizit, jedenfalls nicht an diesem Ort.
Fichte dagegen setzt im §2 der Wissenschaftslehre dem Ich ein Nicht-Ich entgegen und stiftet auf diese Weise eine grundsätzliche Widerständigkeit, an der sich das absolute, schlechthin das eigene Wirklich-Sein setzende Ich qualitativ konturieren, profilieren, vertiefen soll: Die qualitative Kategorie ‘Realität’ soll zugleich die ‘Negation’ umschließen, als eine causa prohibitans, die im Ich mitbegründet ist:
„Soll aber das Nicht-Ich überhaupt etwas im Ich setzen können, so muß die Bedingung der Möglichkeit eines solchen fremden Einflusses im Ich selbst […], vor aller wirklichen fremden Erfahrung vorher gegründet sein; das Ich muß ursprünglich und schlechthin in sich die Möglichkeit setzen, daß etwas auf dasselbe einwirke, es muß sich […] für ein anderes Setzen gleichsam offen erhalten“.[61]
Diese Offenheit soll verhindern, daß das Ich aus Gründen der Auto-Genese zugrunde geht, daß es degeneriert zum solus ipse seiner Selbst-Setzung, ohne jemals wirklich gewesen zu sein. Eine ‘schlechthin unbedingte’ Ich-Realität scheint also doch nicht denkbar, vielmehr hat Wirklichkeit etwas mit der Möglichkeit fremder Einwirkung zu tun, und das Ich kommt nicht umhin, sich von seinem Anderen, von seinem Nicht-Ich bedingen zu lassen. Inwiefern Realität und Negation des Ich nun in einem nicht-schizophrenen, „identischen Bewußtsein gesetzt werden“ sollen, kann nicht eigens begründet werden, sondern fällt, so Fichtes notwendige Folgerung, mit Fug und Recht in die Befugnis eines „Machtspruch[s] der Vernunft“.[62]
Was qualitativ nur per Machtspruch in eins gesetzt werden kann, erweist sich auch relational als problematisch. Mit Blick auf potentiell abgründige Begründungsstrukturen ist hier eigens auf die Kausalität zu achten: Hat das Ich seinen Grund in sich selbst, wie kann es abhängen von einer fremden Einwirkung? - so wird man zu fragen geneigt sein, um das Machtwort zu vernehmen, die Relation selbst, die Kausal struktur, das Begründungs verhältnis sei hier das Unbedingte: „Die Relation soll absolut, und das Absolute nichts weiter sein als Relation.“[63]
Demzufolge kommt dem Ich als Glied einer Kausalbeziehung nur relative Realität zu;[64] nicht seine Wirklichkeit begründet das Nicht-Ich, sondern sein Bezogensein auf dasselbe. Begründung konstituiert sich nicht durch einen Real-Grund, sondern durch „die in sich selbst leere und tote Form einer Relation“,[65] durch die reine Kausalität von Begründendem und Begründetem.
In der Relation der Wechselbestimmung nimmt sich dies aus als „das Geschehen des Wechsels selbst“,[66] welcher schlechthinnige Wechsel-als-solcher „ein Übertragen“ genannt wird.[67] Dieses Übertragen soll nicht gebunden sein an die Glieder des Wechsels, und doch sollen die Glieder erst in der Verbindung zu wechselnden Gliedern werden. Hier stoßen Gegensätze aufeinander, die nur durch Setzung einer unabhängigen Tätigkeit lösbar scheinen, einer produktiven Einbildungskraft, die Ich und Nicht-Ich, Endliches und Unendliches, Naturnotwendigkeit und Denkmöglichkeit aus frei schwebendem Vermögen vereinigt. Nun garantiert die als Vermögen, als Potenz konzipierte Einbildungs-Kraft nicht für die Aktualität oder Realität ihres Tuns. Die Zaubermacht dieser „Synthese aller Synthesen“[68] mag außerhalb der Grenzen Phantásiens, wo unendliche Geschichten zwischen zwei Klappendeckel passen, keine Wirkung haben - wie auch der Titel ‘Grundsatz aller Grundsätze’ scheinbar nur innerhalb der jeweiligen Grundsatzphilosophie Geltung beanspruchen kann.
4. Das Sendschreiben Jacobis
Das Sendschreiben Jacobis ist im Umkreis des Atheismusstreits zu verorten (1798/99).[69] Der äußere Anlaß dieses Streits war ein Aufsatz Friedrich Karl Forbergs, eines ehemaligen Schülers von Fichte. Dieser hatte im Sommer 1798 bei der von Fichte herausgegeben Zeitschrift Philosophisches Journal Überlegungen zur Entwicklung des Begriffs der Religion eingereicht, die Fichte mit einer eigenen Vorrede einleitete, um die Positionen Forbergs zu modifizieren. In dieser Vorrede identifizierte Fichte unter dem Titel Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung die übersinnliche, also göttliche Weltordnung mit der sittlichen[70] und sah sich alsbald dem Vorwurf des Atheismus, der Leugnung eines personalen Gottes, ausgesetzt. Die Reaktion Fichtes war ein Appelationsschreiben[71], worin sich der Beschuldigte unter anderen auf Jacobi berief.[72]
Die Antwort Jacobis nun, das Sendschreiben vom 3. bis 21. März 1799, setzt sich nicht explizit mit dem Atheismusstreit auseinander, sondern präsentiert sich als Grundsatzkommentar zu Fichtes Wissenschaftslehre. Jacobi konfrontiert die „Alleinphilosophie“ des „Meßias der speculativen Vernunft“, des „echten Sohn[s] der Verheißung“, als den er Fichte tituliert, mit der eigenen „Unphilosophie“[73], die „ihr Wesen hat im Nicht-Wißen.“[74]
Jacobi räumt ein, daß „eine reine, das ist, durchaus immanente Philosophie; eine Philosophie aus Einem Stück; ein wahrhaftes Vernunft-System“ nur auf die Fichtische Weise möglich sei.[75] Soll Philosophie aber überhaupt „aus Einem Stück“ sein und alles aus sich selbst herleiten? Wenn Jacobi sich mit Fichte darin einig erklärt, daß „Wissenschaft lediglich in dem „Selbsthervorbringen ihres Gegenstandes bestehe; nichts anderes sey, als dieses in Gedanken Hervorbringen selbst; daß also der Inhalt jeder Wißenschaft, als solcher, nur ein inneres Handeln sey“[76], so wird zugleich deutlich, daß Jacobi die Autopoiesis und Autoreferentialität der Fichteschen System-Philosophie gerade negativ bewertet. Er führt aus:
„Jede Wissenschaft, sage ich, wie Sie, ist ein Objekt-Subjekt, nach dem Urbilde des Ich, welches Ich allein Wißenschaft an sich, und dadurch Princip und Auflösungsmittel aller Erkenntnißgegenstände, das Vermögen ihrer Destruction und Construction, in bloß wißenschaftlicher Absicht, ist. In Allem und aus Allem sucht der Menschliche Geist nur sich selbst, Begriffe bildend, wieder hervor; strebend und widerstrebend; unaufhörlich vom augenblicklichen bedingten Daseyn, das ihn gleichsam verschlingen will, sich losreißend, um sein Selbst- und in-sich-Seyn zu retten.“[77]
Die Kopernikanische Wende,[78] derzufolge sich das Prinzip allen Erkennens nicht nach der Jedesmaligkeit der „Erkenntnißgegenstände“ richtet, sondern das In-Erscheinung-Treten etwa der geometrischen ‘Dinge’ nach unserem Konstruktionsplan: diese Selbstermündigung der aufgeklärten Vernunft ist nach Jacobi janusköpfig, denn sie bedeutet eine Bevormundung der ‘Dinge’. Wird aber das Erkenntnisobjekt zum Konstrukt eines Subjekts degeneriert- qua „Objekt-Subjekt“ -, so sieht es sich in der ihm eigenen „Gegenständigkeit“[79], also von Grund auf vernichtet.
„Wir begreifen eine Sache nur in sofern wir sie construieren in Gedanken vor uns entstehen, werden laßen können […]. Wenn daher ein Wesen ein von uns vollständig begriffener Gegenstand werden soll, so müßten wir es objectiv - als für sich bestehend - in Gedanken aufheben, vernichten, um es dadurch subjectiv, unser eigenes Geschöpf - ein bloßes Schema werden zu laßen.“[80]
Wer Gegenstände nach einem Schema re konstruiert - denn vorgängig ist die De konstruktion der Gegenständigkeit -, der hat dem Objekt seines Tuns eine Schablone aufgelegt, der gestaltet es nach Maßgabe des eigenen Theorie-Designs. Nicht die Sinnes-wahr-nehmung eröffnet also einen Zugang zu den Dingen, sondern der verfälschende Gedankenentwurf. So erklärt sich Jacobi auch „fast zornig“ über Fichtes „künstliches Von-Sinnen-Kommen“[81], das sich an dem vergreift, was es begreifen will[82]. Verständlich ist allein das, was der Verstand selbst zustande gebracht hat, woraus folgt, daß der menschliche Geist, „um in das Reich der Wesen einzudringen, um es mit dem Gedanken zu erobern, Welt-Schöpfer, und - sein eigener Schöpfer werden“ muß.[83] Nur dasjenige Sein kann dieser Geist bezeugen, das er selbst erzeugt hat. Da jedoch die Erzeugung von Verstandeskonstrukten eine Zerstörung wesentlichen Seins, eben der Gegenständigkeit, zur Voraussetzung hat, kann der Verstand auch sein eigener Schöpfer nur unter der Bedingung sein, daß er sich „dem Wesen nach“ vernichtet, „um allein im Begriffe zu entstehen, sich zu haben.“[84] Diese Auto-Poiesis oder Auto-Genesis entstammt also einer Negation, mündet in eine solche, sofern das sich wesenhaft Vernichtende durch einen solchen Akt nichts Wesentliches hervorbringt, hat ihr ou eneka, ihr Worumwillen, ihr Wofür, ebenso wie ihren Ort im Nichts: „aus Nichts, zu Nichts, für Nichts, in Nichts“ entsteht dieser Begriff „eines reinen absoluten Ausgehen[s] und Eingehen[s]“:[85] eine Begriffsbildung, die auf das Aus des zu Begreifenden ausgeht, um dabei nichts und niemand einzuholen als eben diese Bewegung und sich selbst als Bewegenden: nichts außer dem Ein- und Ausgehen, das sich um seiner selbst willen vollzieht: ein „Nichts-Außer-Ich.“[86] Das Ich wenigstens mit seiner „freyen Einbildungskraft“,[87] mit seinem Vermögen, „aus Nichts, zu Nichts, für Nichts, in Nichts“sich etwas einzubilden, bleibt folglich „außer“-halb des Nichts? Schafft es sich einen Hort im Sein, indem es „alleinthätig“ alles hervorbringt?
Es schafft sich einen Strickstrumpf. Es strickt sich ein Ich zurecht, das wenn nicht den Verstand, so doch sämtliche Wirklichkeitsmaschen zu verlieren droht, wenn man den Auflösungsmechanismus einmal in Gang setzt. Dies tut Jacobi. Er stellt sich vor, am Ende des Ich-Strumpfes zu ziehen und ihn am „Faden der Identität“ ablaufen zu lassen.[88] Es zeige sich dann,
„wie dieses Individuum, durch ein bloßes hin- und herbewegen des Fadens, das ist, durch ein unaufhörliches Einschränken seiner Bewegung, und Verhindern, daß er seinem Streben ins Unendliche hinaus folgte - ohne empirischen Einschlag, oder sonst eine Beymischung oder Zuthat, zur Wirklichkeit gelangte.“[89]
Stricken funktioniert nach dem Muster ‘Nadel einstecken, Faden umschlagen, Nadel durchziehen.’ Dabei entsteht ein Gewebe, ein Maschengefüge, eine Textilstruktur.
Was das Ich der Strumpf-Allegorie ‘einzustecken’ hat, kommt nicht aus der Außenwelt, sondern ist die Nadel des in ihm selbst gegründeten Nicht-Ichs, ist nichts als die causa prohibitans seines Strebens nach unendlichem Sein. Wenn diese Nadel ‘Nicht-Ich’ also in die Maschen des eigenen Konstrukts gesteckt wird, so findet nicht etwa ein dialektischer ‘Umschlag’ statt, sondern das Ich wird mit nichts als dem eigenen Ich verkettet - ist die Wolle, mit der gestrickt wird, doch aus schlechthin identischem Ich-Sein gesponnen. Somit ist die Maschenstruktur auch nicht von Empirie ‘durchzogen’, vielmehr sind die in den Strumpf gewebten Muster nichts „als ein Product der, zwischen dem Ich des Fadens und dem Nicht-Ich der Drähte schwebenden productiven Einbildungskraft der Finger.“[90] Die strickende Einbildungskraft ist nun in keiner Weise anwendungsorientiert, vielmehr erachtet sie das bloße „Verhältnisspiel“[91] zwischen Ich und Nicht-Ich für so bestrickend, daß sie empiriespöttisch äußert:
„Was sind alle Strümpfe, und was ist alles Strümpfe tragen im Himmel und auf Erden gegen die Einsicht in ihre Entstehung; gegen die Betrachtung des Mechanismus, durch welchen sie überhaupt hervorgebracht werden; gegen das Nacherfinden im Allgemeinen und immer Allgemeineren ihrer Kunst.“[92]
Wogegen Jacobi hier polemisiert, ist „ein blos logischer Enthusiasmus, das ist: Ein nur sich selbst vorhabendes und betrachtendes Handeln, blos des Handelns und Betrachtens wegen, ohne anderes Subject oder Object; ohne in, aus, für, oder zu.“[93]
‘In’, ‘aus’, ‘für’, ‘zu’ sind Verhältni s worte, Präpositionen, die den Ort, die Herkunft und das Worumwillen einer Handlung, mithin die tragfähigen Strukturen derselben angeben. Wo etwa ein denkerischer Akt nur um seiner selbst willen vorgenommen wird, mit keinem anderen Zweck als der Einsicht in den eigenen Mechanismus, da verortet er sich im Nichts, entstammt einem solchen und worauf er sich zudenkt, ist ein reines absolutes Aus- und Eingehen auf sich selbst.[94]
Hier begegnet, was Wolfgang Janke sehr treffend als „Nihilismus des Reflektiersystems“ bezeichnet:[95] Das Denken macht sich ein Bild von seinem Gegenstand, es kann nicht anders. Sobald es aber darauf verfällt, daß Prinzip seiner Abbildung nicht mehr im Sein des Gegenstands zu suchen, sondern in dem selbstproduzierten Bild davon, sobald nicht mehr Gegenständigkeit abgebildet, sondern Bilder von Gegenständen eingebildet werden, verkommt Reflexion zur Spiegelbildnerei, depotenziert sich die Einbildungs-Kraft zum „Bilden von Bildern eines Bildes“: „Der Idealismus wird zum Nihilismus.“[96] Als im emphatischen Sinne kritischen Punkt dieses Umschlags macht Janke die Frage nach dem „positiven Sinn von Sein“ geltend.[97]
Eben diese Frage stellt Jacobi: Nicht die „in sich selbst leere und tote Form“ einer Relation von Ich und Nicht-Ich qua Selbst-Bewußtsein erachtet er für frag-würdig, vielmehr ist es ihm um das Verhältnis von Wissen und Sein, und das heißt hier: Dasein, zu tun.[98]: „Ohne die Beziehung und Absicht auf ein menschliches Bein“,[99] so heißt es mit Blick auf den Strickstrumpf, wäre das Wissen von der Mechanik des Strickens, schlechthin gehaltlos, wäre nichts als die Selbstbespiegelung vom „blossen Weben eines Webens.“[100] Der Strickstrumpf des reflektierenden Ich wäre dann äußerst fadenscheinig, kaum mehr als (denkerische) Mache um der Mache willen: eine leere Masche oder Machenschaft[101] - vor der wenigstens Jacobi zurückschreckt:
„Ich sage aus, daß meine Vernunft, mein ganzes Inwendiges auffährt, schaudert, sich entsetzt vor dieser Vorstellung; daß ich mich abwende von ihr, als von dem Gräßlichsten unter allen Gräßlichsten.“[102]
Er ist indessen nicht der einzige. Auf dem Wendepunkt des Idealismus zum Nihilismus erheben auch Jean Paul und Clemens Brentano ihre kritischen Stimmen, wie eingangs bereits erwähnt.
Im Dezember 1799 schickt Jean Paul seine in knapp vierzehn Tagen entworfene Clavis Fichtiana seu Leibgeberiana an Jacobi, der lebhaften Beifall spendet.[103] Die Widmung an Jacobi formuliert Jean Paul folgendermaßen:
„Er [der letzte von fünf Lorbeerkränzen] sei dir zugeeignet, wie mein Inneres schon so lange dem deinigen. Unsere geschriebenen Briefe, weißt du, sind nur die Nachfahrer unserer gedruckten; ja ich habe dich früher oder länger geliebt, Heinrich, und weit gründlicher. Denn aus deiner Hand empfing ich die von der Schönheit demaszierte Waffe, an der die gegen das Leben gezuckten Zergliederungsmesser der Zeit zerspringen.“[104]
An welche „Zergliederungsmesser der Zeit“ mag Jean Paul gedacht haben? Gegen die Seziermesser welches Geistesanatoms galt es sich zu bewaffnen? Aus einer Anmerkung in der Vorrede der Clavis geht hervor, daß vieles aus der vorliegenden Satire gegen Fichtes Bestimmung des Menschen gerichtet sei, die mit Jean Paul „von J. zurückgefahren“ sei. Jean Pauls Lektürebilanz lautet: „Ohne Kenntnis der Wissenschaftslehre bleiben die ersten Abschnitte unverstanden; und der dritte, der am meisten popular sein soll, gar mißverstanden.“[105]
Über diesen konkreten Tadel hinaus übt die Clavis, analog zu Jacobis Sendschreiben, Grundsatzkritik am Seinsmangel der Fichtischen Philosophie. In der Vorrede heißt es:
„Der sozusagen idealische Idealismus Fichtes lebt und webt dergestalt im Absoluten, daß - da sich im Schwerpunkt einer Welt die Schwere, durch die Bestimmungslosigkeit aufhebt - daß nun gar kein Weg mehr herein in die Endlichkeit und Existenz geht (so wenig als rückwärts aus dieser ins Absolute) ohne die unermeßlichen dogmatischen Sprünge, Flüge und Unbegreiflichkeiten, die eben zu erklären waren, aber hier erklären wollen.“[106]
Fichtes Reflexion, so die Stoßrichtung der Kritik, verstrickt sich derart im absoluten Vollzug ihrer selbst, daß sie den existentiellen Boden unter den Füßen verliere, ihres Seinsgehalts verlustig gehe und in der Schwerelosigkeit des Unbestimmten umhertaumelt, ohne jemals an das wahrhaft Absolute zu reichen. Jacobi bekundet „einen schrecklichen Abscheu“ vor solchem Zikadentum des Geistes, das seine Sprünge im „Nichts, dem absolut Unbestimmten, dem durch und durch leeren“[107], zu landen unternimmt: vor diesem Idealismus, den er Nihilismus schilt,[108] und auch Jean Paul enthüllt das Fichtische Reflektiersystem als ein nihilistisches, indem er ihm nicht nur Sein abspricht - für Jean Paul, in Überschreitung der Kantischen Kategorientafel, „die Kategorie der Kategorien“ -, sondern auch Begründet-Sein. Mehr noch: Die Grundlosigkeit scheint eine unmittelbare Konsequenz aus dem aufgedeckten Seinsmangel zu sein:
„Die zur Erklärung des Bewußtseins ertrotzte Ob-Subjektivität des Ich wird durch ein tertium comparationis, durch eine absolute Frei- oder Ichheit begründet und gesetzt, der man als dem Grund des Denkens die Denkbarkeit, als dem Grund der Akzidenzen die Substanzen und Kräfte alles dieses, als dem Grund der Existenz die Existenz (die sich zum absoluten Handeln verhält wie die Zeit zur Ewigkeit, Dasein zur Allgegenwart) allgemein abspricht. Ja ich würde dieser absoluten Ichheit - da es hier gar nicht mehr auf das Denkbare ankommt, weil wir schon die Kategorie der Kategorien, die höchste Gattung, das Sein, verlassen haben - dieser Ichheit würd’ ich, insofern sie der Grund ihres Grundes ist, auch diesen ableugnen; so daß zuletzt nicht sowohl nichts übrig bliebe - das wäre zu viel und schon bestimmt, weil nichts schon das Alles ausschließet - als unendlich weniger als nichts und unendlich mehr als alles, kurz die Grundlosigkeit der Grundlosigkeit.“[109]
Wo Jacobi das gräßliche Nichts plaziert, scheint Jean Paul ein reines Zuwenig, ein Unendlich-weniger-als-nichts: den unendlichen Mangel an Sein sowohl als an Grund, in ein leeres Zuviel umschlagen zu lassen, dessen Unendlich-mehr-als-alles als zutiefst abgründig bloßgelegt wird. Die Clavis gestaltet diese Entblößung auf satirische Weise und erinnert hierin an Clemens Brentanos Rede Der Philister, vor in und nach der Geschichte, gehalten in den letzten Dezembertagen desselben Jahres 1799, im Jenenser Kreis der Caroline Schlegel - in Anwesenheit Fichtes. Brentano zählt hier auf, worin die Philosophie lächerlich sei, und nennt sechstens
„lächerlich, daß der Mensch, um zu philosophieren, nichts tut, als einen unendlichen Strickstrumpf aufziehen, und dann die Wolle auch aufziehen möchte, und das Schaf, und die ganze Schafheit und Geschaffenheit, und wenn es möglich wäre, daß ein Hund, der sich immer nach seinem Schwanze umdreht, denselben erwischte und sich rücklings mit Haut und Haaren auffräße, so würde die ganze Schöpfung bald wieder von den Philosophen, als Beilage zu ihrem Kompendium, mitsamt dem Kompendium ins absolute Nichts zurückgedacht sein. Ja, es ist wahrlich nur der kleine Unterschied zwischen ihnen und Gott, daß dieser, als er dachte, schaffen mußte, und je unendlicher er dachte, je herrlicher und gegliederter war die Schöpfung, und endlich steigt die ganze Welt, ein unendlich harmonisches Meisterstück, aus seinen Gedanken heraus, und obendrauf saß der Philosoph selber, er reitet auf dem Fädchen, mit welchem der Strickstrumpf sich endigt; dieser nun, wenn er denkt, muß von sich heraus alles rückwärts entschaffen, da er aber alles in einer Reihe entschaffen soll und er doch gar keine Stelle findet, wo er das viele geschaffene Zeug hinbergen könnte, so ist er häufig wie die Lalenbürger beschäftigt, ein Loch zu graben, um den Schutt eines andern hineinzuwerfen.“[110]
[...]
[1] Lichtenberg, Georg Christoph: Sudelbücher II, 200, H II 151.
[2] Novalis, Monolog, 438 f. Sudelbücher II, 200, H II 151. [2] Novalis, Monolog, 438 f.
[3] Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre, 26.
[4] Jacobi, Friedrich Heinrich: Friedrich Heinrich Jacobi an Fichte in Jena, 245 (im folgenden abgekürzt als ‘Jacobi an Fichte’), Hervorheb. v. Verf.
[5] Vgl. Arendt, Dieter: Der Nihilismus, 355.
[6] Nietzsche, Friedrich: Aus dem Nachlaß der Achtzigerjahre, 533, 37.Aphorismus des ‘Willens zu Macht’.
[7] Fichte, Johann Gottlieb: Über den Begriff, 40.
[8] Ebd., S. 41.
[9] Ebd.
[10] Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage, 11.
[11] Ebd.
[12] Ebd.
[13] Ebd.
[14] Ebd., 13.
[15] Ebd., 14.
[16] Hammacher, Klaus: Die Bestimmung, 93 formuliert: „Indem ich in allem meine eigene Tätigkeit wiedererkenne, wird die Ich-Struktur selbst faßbar.“
[17] Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage, 16.
[18] Ebd.
[19] Ebd., 17.
[20] Janke, Wolfgang: Fichte, 26.
[21] Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage, 18.
[22] Ebd.
[23] Vgl. Heidegger, Martin: Der Satz vom Grund, 16.
[24] Vgl. ebd., 17.
[25] Vgl. ebd., 18.
[26] Ebd., 21.
[27] Carl Friedrich von Weizsäcker etwa stellt diese Frage in seiner Quantenlogik, und er stellt damit das ‘tertium non datur’ selbst in Frage. Wenn er nämlich den Dualismus von Welle und Teilchen dahingehend deutet, daß ein ‘tertium datur’ notwendig sei, dann verliert damit zwar der Satz vom ausgeschlossenen Dritten seinen Grundsatzcharakter, der Satz vom Grund aber wirkt noch in der Negation: Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten ist kein Grundsatz, der Grundsatz vom ausgeschlossenen Dritten ist nicht, weil es einen Gegengrund seines Gültig-Seins, weil es wenigstens ein x gibt, bei dem möglicherweise gilt: A ist mit B identisch und A ist mit B nicht-identisch. Hierbei ist die Aussage ‘Der Satz vom ausgeschlossenen Dritten ist kein Grundsatz’ ein Seiendes, das, gemäß des Satzes vom Grund, einen Grund hat und daher ist, der Satz vom ausgeschlossenen Dritten selbst aber hat, weil es einen Gegengrund gibt, keinen immer gültigen Grund und ist daher nicht Grundsatz, ist streng genommen überhaupt nicht, denn sein Sein ist ja gerade ein grundsätzliches. Andererseits aber muß der Satz vom ausgeschlossenen Dritten doch sein, denn der Satz ‘tertium non datur’ ist immerhin ein Satz, für den der Satz vom Grund einen Grund liefern muß, sofern er wirklich Grund vom Satz ist.
[28] Heidegger, Martin: Der Satz vom Grund, 28.
[29] Ebd., 31.
[30] Vgl. ebd., 33.
[31] Ebd., 34 f.
[32] Ebd., 41.
[33] Heidegger differenziert im übrigen zwischen ‘nihil est sine ratione’ und ‘nullus effectus sine causa’: Das Grund-Folge-Verhältnis sei nicht identisch mit der Ursache-Wirkung-Relation, wiewohl gelte: „Das Kausalitätsprinzip gehört in den Machtbereich des Satzes vom Grund (ebd., 43 f.).
[34] Vgl. ebd., 27 f. und andernorts.
[35] Ebd., 39.
[36] Ebd., 44.
[37] Ebd., 44 f.
[38] Ebd., 46.
[39] Jedenfalls das neuzeitliche Denken und Sprechen legt ein Subjekt zugrunde, indem es den Auctor einer Handlung im Ersten Fall zu begreifen pflegt. Es ist insofern nicht weiter erstaunlich, daß das reddere bei Leibniz „bezogen auf und vollzogen durch das vorstellenden Ich“ ist, daß Leibniz die „sprachliche Wendung“ auf unrömische Weise subjektiviert: so, daß er damit „die Prägung der neuzeitlichen Epoche einleitete und das vorbereitete, was durch Kants Denken unter dem Titel des ‘Transzendentalen’ ans Licht gehoben wurde“ (ebd., 169).
[40] Vgl. ebd., 23. Man könnte daraus, wenn man wollte, schließen, daß der Grund des Satzes vom Grund ein sprachlich verfaßter sei.
[41] Ebd., 52.
[42] Ebd., 53.
[43] Ebd., 64.
[44] Ebd.
[45] Ebd., 75.
[46] Ebd., 82.
[47] Ebd., 90, Hervorheb. v. Verf.
[48] Ebd.
[49] Ebd., 93.
[50] Ebd.
[51] Ebd.
[52] Ebd., 96.
[53] Vgl. ebd., 105.
[54] Vgl. ebd., 113.
[55] Ebd., 114.
[56] Vgl. zu dieser Thematik: Denker, Alfred: Fichtes Wissenschaftslehre und die philosophischen Anfänge Heideggers und Strube, Claudius: Heideggers Wende zum Deutschen Idealismus. Die Interpretation der ‘Wissenschaftslehre’ von 1794.
[57] Vgl. Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage, 11.
[58] Ebd.
[59] Ebd., 17.
[60] Vgl. hierzu Gerten, Michael: Fichtes Wissenschaftslehre vor der aktuellen Diskussion um die Letztbegründung.
[61] Fichte, Johann Gottlieb: Grundlage, 189.
[62] Ebd., 26.
[63] Ebd., 118 f.
[64] Janke spricht mit Blick auf die Reflexion des Ich-Subjektes von etwas Relativem, „das zum Absoluten verfälscht“ werde (Janke, Wolfgang: Fichte, XI).
[65] Ebd., 27.
[66] Ebd., 82.
[67] Ebd., 83.
[68] Schäfer, Dorothee: Die Rolle der Einbildungskraft, 120.
[69] Vgl. zum folgenden: Rohs, Peter: Johann Gottlieb Fichte, 111-120.
[70] Fichte, Johann Gottlieb: Über den Grund unseres Glaubens an eine göttliche Weltregierung, 351.
[71] Ders.: Appelation an das Publikum über die durch ein Kurfürstlich Sächsisches Konfiskationsreskript ihm beigemessenen atheistischen Äußerungen; ab Januar 1799 im Druck erschienen.
[72] Anhaltspunkte, sich gerade auf Jacobi zu berufen, mochte Fichte aus Jacobis Briefen Ueber die Lehre des Spinoza gewonnen haben. Hier heißt es, Mendelssohn habe gezweifelt, ob Jacobi „im Grunde des Herzens dem Atheismus oder dem Christianismus ergeben sey“ (Ueber die Lehre, 114). An anderer Stelle schreibt Jacobi schlankweg: „Spinozismus ist Atheismus“, womit sich der Autor, der über eben diesen Spinozismus publizierte, sehr leicht einem ähnlichen Verdacht wie Fichte hätte aussetzen können.
[73] Jacobi an Fichte, 225.
[74] Ebd., 226. Möglicherweise übernimmt Jacobi den Titel der ‘Unphilosophie’ von Lichtenberg, der ihn allerdings eher sprach- als erkenntniskritisch verwendet, jedenfalls im folgenden Aphorismus: „Die Philosophie ist, wenn sie spricht, immer genötigt, die Sprache der Unphilosophie zu reden“ (Lichtenberg, Georg Christoph: Sudelbücher II, 200, H II 151).
[75] Jacobi an Fichte, 233.
[76] Ebd., 231.
[77] Ebd.
[78] Vgl. Kant, Immanuel: Kritik der reinen Vernunft, Vorrede, 14.
[79] Vgl. Heidegger, Martin: Der Satz vom Grund, 132 (Hervorheb. v. Verf.): „Der Grund, der dem Gegenstand seine Möglichkeit als Gegenstand zureicht, umschreibt das, was wir die Gegenständigkeit der Gegenstände nennen. Die Gegenständigkeit ist das kantisch verstandene Sein des erfahrbar Seienden. Die Gegenständigkeit des Gegenstandes ist offensichtlich das Eigenste des Gegenstandes.“
[80] Jacobi an Fichte, 233 f.
[81] Ebd., 233.
[82] Nichts von einer „Jungfräulichkeit des Geistes“, von einer „Scheue vor dem Stoffe“, wie sie sich etwa Hölderlin als „zuträglich“ denkt (Brief an Schiller, zwischen dem 15. und 20.August 1797). Statt dessen erkennt man sein x wie Adam sein Weib.
[83] Jacobi an Fichte, 234.
[84] Ebd.
[85] Ebd.
[86] Ebd., 235.
[87] Ebd.
[88] Ebd., 236.
[89] Ebd.
[90] Ebd.
[91] Novalis, Monolog, 438 f.
[92] Jacobi an Fichte, 237.
[93] Ebd.
[94] Vgl. ebd., 234.
[95] Janke, Wolfgang: Fichte, 26.
[96] Ebd.
[97] Ebd., 27.
[98] Ebd.
[99] Jacobi an Fichte, 238.
[100] Ebd.
[101] Vgl. Celan, Paul: Brief, 86 f.- Die aktuelle Erscheinungsform des Maschendenkens mag sich in denjenigen „akademischen Selbstbefriedigungsspiralen“ finden, die, sei es als „reines Konstrukt Subjektivität“, sei es als „Destrukt Non-Subjektivität“, in den Strudel einer „Meta-Kritik der Meta-Kritik“ geraten, statt den Blick „auf die realen Subjekte“ zu richten“ (Welsch, Wolfgang: Subjektsein heute, 350 f., vgl. zu „Destrukt“ und „Konstrukt“ Jacobi an Fichte, 231).
[102] Jacobi an Fichte, 238.
[103] Jean Paul: Clavis Fichtiana, Anmerkungen, 1130.
[104] Ebd., 1018.
[105] Ebd., 1017, Vorrede, Anmerkung Jean Pauls.
[106] Ebd., Vorrede, 1014.
[107] Jacobi an Fichte, 245.
[108] Ebd., 238.
[109] Jean Paul: Clavis Fichtiana, Vorrede, 1014 f.
[110] Brentano, Clemens: Der Philister, 968 f.
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